Aktuelle Dermatologie 2019; 45(03): 107-113
DOI: 10.1055/a-0645-5367
Übersicht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schimmel im Outdoor-Bereich – klinisch bedeutsam?

Are Fungal Spores Relevant Outdoor Allergens?
U. Rabe
Zentrum für Allergologie und Asthma, Johanniter-Krankenhaus im Fläming Treuenbrietzen GmbH
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. Uta Rabe
Zentrum für Allergologie und Asthma
Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen
Johanniterstr. 1
14929 Treuenbrietzen

Publication History

Publication Date:
04 October 2018 (online)

 

Zusammenfassung

Alternaria alternata ist ein bedeutsames Inhalationsallergen. Bei ca. 6 % der in unserer Einrichtung betreuten Patienten mit einer Beschwerdesymptomatik an den oberen und unteren Atemwegen in den Sommermonaten fanden wir eine Sensibilisierung gegenüber diesem Allergen. Sehr häufig sind bei Kindern und Jugendlichen die Sporen für die Entwicklung oder Persistenz einer unspezifischen bronchialen Hyperreaktivität und zum Teil für therapierefraktären Reizhusten bzw. therapierefraktäres Asthma im Sommer verantwortlich. Wenn bei Graspollenallergikern die Beschwerden über Ende Juni hinaus persistieren, kann eine Allergie gegenüber Beifußpollen, aber auch eine Allergie gegenüber Alternariasporen ursächlich sein. Häufig bestehen Graspollen- und Alternariaallergie gleichzeitig. In den Sommermonaten treten des Öfteren gleichzeitig hohe Sporen- und hohe Pollenkonzentrationen auf. Um zu differenzieren, welches Allergen z. B. für schwerere allergische Reaktionen, vor allen Dingen für asthmatische Beschwerden verantwortlich ist, weisen wir auf die Notwendigkeit des Führens eines Symptomkalenders durch die Patienten hin. Insbesondere bei Doppel- oder Dreifach-Sensibilisierungen werden Therapieentscheidungen und -empfehlungen erleichtert. Informationen zu regionalen Pollen- und Alternariasporenbelastungen sollten zur Verfügung stehen (Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst, Deutscher Wetterdienst). Wie hoch auch in Deutschland die Alternariasporenbelastung sein kann, zeigen die Auswertungen der regionalen Pollenfalle Treuenbrietzen. Bedeutsam sind Sporenfragmente von Alternaria alternata. Diese treten z. B. nach Gewittern auf und haben für die Auslösung von Asthmaexazerbationen eine hohe Relevanz. Vor dem Beginn einer SIT mit Alternaria alternata sollte die klinische Bedeutsamkeit der Sensibilisierung durch Schleimhautprovokationstests bewiesen werden.

Die Indikationsstellung für die Durchführung einer spezifischen Immuntherapie mit Alternaria alternata entspricht dem Vorgehen auch bei anderen Inhalationsallergien, insbesondere Pollenallergien. Entsprechende Empfehlungen sind in der aktuellen Leitlinie nachzulesen [1]. Die Allergenextrakte von Alternaria alternata sind in der Anwendung und Verträglichkeit ebenso sicher wie die anderer Inhalationsallergene.


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Abstract

Alternaria alternata spores are important allergens causing “hayfever”. Outdoor fungal exposure is primarily associated with increased asthma symptoms and increased risk of asthma exacerbations. In our outpatient-clinic, we investigated patients who presented with symptoms of allergic conjunctivitis and respiratory symptoms in the summertime. We found a sensitisation to Alternaria alternata in about 6 % of the investigated patients. Especially in children and teenagers, the sensitisation is clinically important. The spores of Alternaria alternata are responsible for the development and persistence of nonspecific airway hyperresponsiveness and in a group of patients also for a difficult-to-treat asthma in the summer. We should always bear in mind that prolonged symptoms (after end of June) in grass pollen allergic patients might be caused by additional sensitisation to Alternaria alternata spores or mugwort pollen. In our patients, we were able to show a sensitisation to Alternaria alternata in grass pollen allergic patients rather frequently. In the summertime, high counts of Alternaria spores and pollen often appear simultaneously. Our findings show a considerable effect of Alternaria sensitisation on the asthma morbidity and exacerbations. In this article we refer to the necessity of keeping a patient diary of allergic symptoms and the importance of information from regional pollen traps about the counts of pollen and Alternaria spores. Only then we will be able to differentiate, which allergen is responsible for the severe “hay fever”, especially in patients with severe asthma episodes. Before the start of a specific immunotherapy with Alternaria alternata it is recommended to perform a mucosal provocation test, to prove the clinical significance of the sensitisation. It has been shown that also in Germany, there are high counts of Alternaria spores in the summer. The results of the pollen and alternaria count in the year 2009, measured in the regional pollen trap (Treuenbrietzen), are shown in [Abb. 1 – 5]. We have also found broken Alternaria spores. They are associated with increased asthma exacerbations and appear often during thunderstorms and harvesting. An allergen-specific immunotherapy with Alternaria alternata is a safe treatment and it is effective in improving respiratory function. The safety and efficacy is comparable to the one found in the allergen-specific immunotherapy with pollen.


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Einleitung

Schimmelpilze als Outdoor-Allergene werden unterschätzt. Die am häufigsten nachgewiesenen Schimmelpilzallergene sind Alternaria, Cladosporium, Aspergillus und Penicillium. Die größte klinische Relevanz für allergische Reaktionen an den Schleimhäuten der oberen und unteren Atemwege haben unstrittig Alternaria alternata und Cladosporium herbarum. Dieser Beitrag behandelt ausschließlich die Frage der IgE-vermittelten Schimmelpilzallergien.

In verschiedenen Veröffentlichungen, überwiegend von Autoren aus den USA, Australien und Europa, wird davon ausgegangen, dass bei ca. 4 – 25 % der Patienten mit saisonalen allergischen Beschwerden an den oberen und unteren Atemwegen Sensibilisierungen gegenüber Alternaria alternata vorliegen. Häufig bestehen gleichzeitig relevante Inhalationsallergien gegenüber Gräser- und/oder Beifußpollen. Die Häufigkeit der Sensibilisierungen ist abhängig von der untersuchten Region und der jeweiligen Belastung mit Alternariasporen [2] [3] [4] [5] [6]. Die Gattung Alternaria zählt ca. 40 Arten. Für die IgE-vermittelten „Sommerbeschwerden“ durch Schimmelpilzsporen ist fast ausschließlich die Art Alternaria alternata verantwortlich zu machen. Optimale Bedingungen sind eine relative Luftfeuchte von 85 % für die vegetative Phase, von 94 % für die Vermehrungsphase und von 89 % für die Sporenreifung. Die Sporulationsrate wird zusätzlich durch Licht erhöht. Der Allergengehalt und die Allergenfreisetzung sind abhängig vom Stadium der Sporenreifung. Nicht alle Sporen setzen Allergen frei [7]. Diese freigesetzten Allergene sind kleinere Strukturen, die sehr gut in die tieferen Atemwege vordringen können. Alternariasporen sind bis 50 µm lang, aber nur 3 – 6 µm dick. Wenn sie sich „stromlinienförmig“ legen, können sie bis in kleine Bronchien vordringen und für Asthmaanfälle verantwortlich sein. Des Weiteren ist die Bedeutung von Sporenfragmenten für Asthmaauslösung beschrieben [8]. Gräserpollen haben einen Durchmesser von 36 – 44 µm. Wind, hohe Luftfeuchtigkeit und Regen führen zum „Platzen“ der Pollenkörner. Ca. 75 % der Graspollenkörner platzen in Wasser innerhalb von 5 Minuten. Feine Partikel von 0,12 – 4 µm werden freigesetzt und sind dann auch respirabel [9] [10]. Wie bei der Alternariaexposition wird auch hier eine Assoziation zum „Gewitterasthma“ berichtet [11].

Pilzsporenexpositionen unterscheiden sich von Pollenexpositionen in der Quantität. Des Weiteren besteht die Pilzsporenexposition über Monate, die Pollenexposition jeweils nur für einige Wochen. Die höchste Konzentration von Alternariasporen ist in den Sommermonaten zu erwarten, also dann, wenn die Patienten „Sommer-Sonne-Ferienzeit“ genießen.

Alternaria alternata und Cladosporium herbarum entwickeln allergierelevante Sporenkonzentrationen in den Monaten Mai bis September. Alternaria alternata entwickelt sich insbesondere auf trockenen Pflanzen. Sehr hohe Sporenmengen finden sich auch auf Getreidekörnern. Betroffene beschreiben typischerweise beim Rasenmähen oder beim Vorbeigehen oder Vorbeiradeln an Feldern mit reifem Getreide als auch bei der Getreide- und Rapsernte starke allergische Beschwerden an den Konjunktiven, Schleimhäuten des oberen und unteren Respirationstraktes, teilweise auch Urtikaria bzw. Exazerbation eines atopischen Ekzems.

Insbesondere, wenn die Beschwerden bei Graspollenallergikern über Ende Juni/Anfang Juli hinaus bestehen, ist auch bei nachgewiesener Graspollen- und/oder Beifußpollenallergie an eine Allergie gegenüber Alternaria alternata zu denken.

Die Bedeutung der Exposition gegenüber Schimmelpilzsporen im Sommer wird seit den 90er-Jahren diskutiert. Allerdings war das Interesse in Deutschland bis in die Jetztzeit nicht übermäßig hoch.

In der Literatur werden starke Korrelationen zwischen Alternariasensibilisierung, hoher Alternariasporenkonzentration in den Sommermonaten und schwerem Asthma bzw. lebensbedrohlichen Asthmaanfällen beschrieben. Die Korrelation ist besonders stark bei Kindern und Jugendlichen zu finden, wurde aber auch bei erwachsenen Patienten nachgewiesen [3] [4] [5] [6] [12] [13] [14] [19].

In den Jahren 1997 – 1999 untersuchten Downs et al. [13] 399 Schulkinder mit positiven Pricktestungen gegenüber 1 oder mehreren Aeroallergenen. Sie wollten die Frage klären, welchen Einfluss die Alternariasporenkonzentration auf die Asthmaschwere hat. Zu 5 Zeitpunkten registrierte die Arbeitsgruppe Histaminreaktivität, pfeiffende Atemgeräusche und Bronchodilatatorverbrauch. Während der gesamten Studie wurde die Konzentration von Alternariasporen in einer Burkhardfalle gemessen. Die durchschnittliche tägliche Konzentration während eines Monats betrug 2,2 – 307,7 Sporen/m3. Atemwegsreaktivität, pfeiffendes Atemgeräusch und Bronchodilatatorverbrauch stiegen signifikant mit der Sporenzahl an. Bei Kindern, die gegenüber Alternaria sensibilisiert waren, war der Anstieg der Atemwegsreaktivität am stärksten.

Black et al. [3] untersuchten die Sensibilisierungen gegenüber ubiquitären Inhalationsallergenen bei Asthmatikern, die wegen akuter Atemnot in einem Krankenhaus auf einer Normalstation bzw. wegen lebensbedrohlicher Atemnot auf einer Intensivstation aufgenommen wurden. Als Kontrollgruppe diente eine Gruppe Asthmatiker, die sich in Behandlung wegen eines Asthma befanden und eine reguläre antiasthmatische Therapie durchführten. Die Autoren wiesen nach, dass 40,5 % der Patienten auf der Intensivstation, 26 % der Patienten, die wegen des Asthmas hospitalisiert werden mussten, und 24 % der Asthmatiker in der Kontrollgruppe gegenüber Alternaria alternata sensibilisiert waren.

Pulimood et al. [8] nutzen, wie andere Autoren vor ihnen, den Begriff des epidemischen Asthmas, hervorgerufen durch Alternariasporen. Sie verglichen eine Gruppe von 26 Patienten, die älter als 18 Jahre waren und nach einem Gewitter, das am 29. und 30. 07. 02 über Großbritannien niederging, wegen eines Asthmaanfalls in der Universitätsklinik behandelt wurden, mit einer Gruppe Patienten, die unter saisonalem allergischem Asthma litten. Von den 26 Patienten, die nach dem Gewitter behandelt wurden, hatten 23 eine IgE-vermittelte Sensibilisierung gegenüber Alternaria alternata und 22 gegenüber Gräserpollen. Von den 26 Behandelten mussten 3 Patienten auf der Intensivstation aufgenommen werden. 25 der 26 Patienten berichteten von einer Asthmaanamnese und Exazerbationen ausschließlich im Sommer. Nur 1 Patient beschrieb auch Exazerbationen im Herbst. 18 der 26 Patienten litten an Asthma seit der Kindheit, 24 von ihnen gaben „Heuschnupfen“ an. Im Gegensatz dazu hatten in der Kontrollgruppe von 31 Patienten, die unter saisonalem Asthma litten, nur 11 Asthmaexazerbationen im Zusammenhang mit Gewitter angegeben. In dieser Gruppe wurde nur bei 10 Patienten eine Sensibilisierung gegenüber Alternaria nachgewiesen. Die Autoren fassten ihre Ergebnisse und die Ergebnisse anderer Autoren wie folgt zusammen: Alternariasensibilisierung ist ein strenger Prädiktor für mit Gewitter assoziiertem Asthma; die Odds Ratio lag bei 9,31; als Schwellenkonzentrationen für die Triggerung allergischer Symptome werden 100 Sporen/m3 Alternaria alternata, mehr als 10 Sporenfragmente/m3 und 50 Graspollen/m3 angenommen; eine höhere Anzahl von Sporenfragmenten erhöht die Zahl von stationären Aufnahmen um das 2,2-Fache. Eine verlängerte Graspollensaison führt bei Personen mit Doppelsensibilisierung gegenüber Graspollen und Alternaria alternata zu bronchialer Hyperreaktivität.


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Eigene Untersuchungen und Erfahrungen

Für den Zeitraum vom 1. August 1993 bis 31. Dezember 1994 haben wir die Daten von 1125 Patienten ausgewertet. Die Patienten stellten sich zur allergologischen Diagnostik wegen Beschwerden an den Schleimhäuten der oberen und unteren Atemwege und/oder Konjunktiven vor. Bei 58 (5,2 %) Patienten wiesen wir eine Sensibilisierung (Prick und/oder spezifisches IgE positiv) gegenüber Alternaria alternata nach. 32 % der Sensibilisierten waren im Alter zwischen 6 und 10 Jahren, weitere 31 % zwischen 11 und 20 Jahren. Unter den 58 Sensibilisierten fanden sich 37 Asthmatiker. 38 (65,5 %) der 58 Sensibilisierten hatten eine durch Provokationstestung nachgewiesene, klinisch relevante Alternariaallergie und 43 (74 %) waren gleichzeitig gegenüber Gräserpollen sensibilisiert. Durch Schleimhautprovokationen bewiesen wir bei 16 Personen das gleichzeitige Vorliegen einer Alternaria- und Gräserpollenallergie. Die Anzahl wäre wahrscheinlich noch höher, wenn alle Patienten sich einer Provokationstestung unterzogen hätten. Retrospektiv überprüften wir nochmals vom 01. 01. bis 30. 03. 1999 die Häufigkeit und Bedeutung einer Alternariasensibilisierung für die Auslösung bzw. Persistenz eines Asthma bronchiale. In diesem Zeitraum unterzogen sich 32 Patienten mit nachgewiesener Sensibilisierung gegenüber Alternaria alternata einer Provokationstestung mit diesem Allergen. Bei 15 (47 %) der 32 Personen war im nasalen und/oder konjunktivalen und, bei negativem Testausfall, im bronchialen Allergenprovokationstest ein positives Provokationsergebnis zu verzeichnen. Es konnte davon ausgegangen werden, dass eine klinisch relevante Alternariaallergie vorliegt. 11 (73 %) dieser 15 Patienten mit Alternariaallergie waren zwischen 6 und 12 Jahren alt, 4 (27 %) Patienten zwischen 21 und 43 Jahren. Bei 12 (80 %) der 15 Patienten wurde durch bronchiale Provokation mit Histamin eine unspezifische bronchiale Hyperreaktivität nachgewiesen. Ein weiteres Mal wurden durch uns Patientendaten aus dem Untersuchungszeitraum vom 01. 01. bis 31. 12. 2000 ausgewertet. Wir kamen wiederum zu ähnlichen Ergebnissen. Von 1260 Patienten, die sich einer allergologischen Diagnostik unterzogen, waren 77 (6,1 %) gegenüber Alternaria sensibilisiert (positiver Pricktest und/oder Nachweis von spezifischem IgE). 52 (67 %) der 77 Patienten waren gleichzeitig gegenüber Gräserpollen sensibilisiert, 37 (48 %) hatten eine Doppelsensibilisierung. 29 Patienten unterzogen sich einer Provokation mit beiden Allergenen, bei 10 Patienten waren die Provokationen sowohl gegenüber Alternaria als auch gegenüber Gräserpollen positiv. Wiederum war die überwiegende Zahl der 77 Patienten jünger als 20 Jahre (25 % zwischen 6 und 10 Jahren, 38 % zwischen 11 und 20 Jahren). Bei 59 (77 % der Sensiblisierten) Patienten wurde eine unspezifische bronchiale Hyperreaktivität nachgewiesen, d. h. die Patienten litten unter einem Asthma bronchiale bzw. hatten ein asthmabereites Bronchialsystem. Von den 77 Betroffenen unterzogen sich 67 einer Provokationstestung mit Alternariaallergen (konjunktival und/oder nasal und/oder bronchial). Von diesen 67 Provozierten reagierten 41 (61 %) positiv, d. h. es wurde eine klinisch relevante Allergie nachgewiesen. Eine weitere Patientengruppe, die sich vom 1. Januar bis 31. Dezember 2016 wegen allergischer Symptome einer Diagnostik in unserer Klinik bzw. allergologischen Ambulanz unterzog, wurde ausgewertet. Bei 42 Patienten wiesen wir mittels nasaler Provokationstestung mit Alternaria alternata eine Allergie nach. Die Altersverteilung ist tabellarisch dargestellt ([Tab. 1]). Bei 37 von diesen 42 Patienten wurde eine bronchiale Provokationstestung mit Histamin durchgeführt. In 32 (86 %) Fällen wiesen wir eine unspezifische bronchiale Hyperreaktivität nach. Bez. der Sensibilisierung gegenüber saisonalen Inhalationsallergenen wurden Pricktestungen und spezifische IgE-Nachweise ausgewertet. Die Testergebnisse sind tabellarisch dargestellt ([Tab. 2]).

Tab. 1

Alter der Patienten mit unspezifischer bronchialer Hyperreaktivität bei positivem Provokationstest mit Alternaria alternata.

Anzahl

Prozentualer Anteil

 6 – 15 Jahre

17

40

16 – 20 Jahre

 7

17

21 – 30 Jahre

 6

14

30 – 50 Jahre

12

29

Tab. 2

Sensibilisierungshäufigkeit von 42 Patienten mit positivem Provokationstest auf Alternaria alternata.

Prick

Spezifisches IgE

Absolutzahl

Prozentualer Anteil

Absolutzahl

Prozentualer Anteil

Alternaria alt.

13

31

 8

19

Alternaria alt. + Gräser

15

36

13

31

Alternaria alt. + Gräser + Beifuß

14

33

15

36

Alternaria alt. + Beifuß

 2

 4

Gräser + Beifuß

 1

 2


#

Diskussion

Auch die episodischen Auswertungen eigener Untersuchungsergebnisse belegen, dass Alternaria alternata in Deutschland ein bedeutsames Inhalationsallergen der Sommermonate ist. Vor allen Dingen bei Kindern und Jugendlichen sind Allergene von Alternaria alternata verantwortlich für die Entwicklung oder Persistenz einer unspezifischen bronchialen Hyperreaktivität und zum Teil für therapierefraktäre asthmatische Beschwerden im Sommer. Bei Patienten, die ab dem Monat Mai über allergische Rhinokonjunktivitis und/oder asthmatische Beschwerden klagen und diese bis in den September hinein persistieren, ist natürlich an eine Gräserpollen- und/oder Beifußpollenallergie zu denken, aber auch an das Vorliegen einer Alternariaallergie. Alternaria alternata muss Bestandteil der Diagnostik von allergischen Beschwerden in den Sommermonaten sein. Verhältnismäßig häufig bestehen Graspollen- und Alternariaallergie gleichzeitig. Seltener ist das gleichzeitige Auftreten von Beifußpollen- und Alternariaallergie. Wie hoch auch in Deutschland die Alternariasporenbelastung sein kann, ist in den [Abb. 1 – 5] dargestellt (Pollenfalle Treuenbrietzen). Die [Abb. 6] zeigt ein Auswertungspräparat aus der Pollenfalle Treuenbrietzen an einem Augusttag. Auch Sporenfragmente von Alternaria alternata sind sichtbar. Diese entstehen z. B. nach Gewittern und haben für die Auslösung von Asthmaexazerbationen eine hohe Relevanz. Die Abbildungen zeigen aber auch, wie unterschiedlich in den Jahren und Monaten die freigesetzten Sporenmengen sind. Wir möchten auf die Bedeutung des Führens von Symptomkalendern durch die Patienten und die Präsenz regionaler Pollenfallen hinweisen. Seit Jahren werden in den Pollenfallen des PID auch Alternariasporen und deren Fragmente gezählt. Diese Daten sollten zumindest den Ärzten bekannt gemacht werden, die auch über die Notwendigkeit einer spezifischen Immuntherapie entscheiden. Leider reduziert sich die Anzahl der Pollenmessstationen der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst immer mehr (Stand Januar 2018: 36). Die Pollenmessstation in Treuenbrietzen ist neben Berlin die einzige verbliebene Station im Land Brandenburg. Es wird zunehmend schwieriger, die regionale Pollen- und Alternariasporenbelastung zu kennen und z. B. mit den Symptomen der Patienten abzugleichen. Durch den Abgleich der Daten aus den regionalen Pollenfallen ist es möglich, zu differenzieren, welches Allergen z. B. für schwerere allergische Reaktionen, vor allen Dingen für asthmatische Beschwerden in den Frühsommer- und Sommermonaten, verantwortlich ist. Insbesondere bei Doppel- oder Dreifach-Sensibilisierungen werden Therapieentscheidungen und -empfehlungen erleichtert. Nicht selten wird eine SIT sowohl gegenüber Graspollen als auch Alternariaallergen notwendig. Patienten, die sich schon einer SIT gegenüber Graspollen unterzogen haben und nicht beschwerdefrei werden, können bei gleichzeitiger Alternariaallergie die Symptomatik infolge dieser entwickeln und die SIT mit Graspollen ist bzw. war schon erfolgreich. Beim Abgleich der Daten aus der regionalen Pollenfalle mit den Symptomen des Patienten muss darauf hingewiesen werden, dass die Menge an respirablen Allergenen nicht immer mit der Sporenzahl und Anzahl der Pollenkörner korreliert [9] [10] [11]. Vor dem Beginn einer SIT mit Alternaria alternata sollte die klinische Bedeutsamkeit des Allergens mithilfe eines Schleimhautprovokationstests bewiesen werden. Wie in unseren Untersuchungsergebnissen dargestellt, sind bei Mehrfachsensibilisierungen, auch gegenüber Gräser- und Beifußpollen, entsprechende Provokationstestungen mit diesen Allergenen sehr zu empfehlen. Die Indikationsstellung für die Durchführung einer spezifischen Immuntherapie mit Alternaria alternata entspricht dem Vorgehen auch bei anderen Inhalationsallergien, insbesondere Pollenallergien [1]. Sie sollte vorzugsweise durch einen Allergologen bzw. Arzt mit langer allergologischer Erfahrung gestellt werden. Die Allergenextrakte von Alternaria alternata sind in der Anwendung und Verträglichkeit ebenso sicher wie die anderer Inhalationsallergene. Die Extrakte wurden in den letzten Jahren sehr gut standardisiert. V. a. Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene, profitieren von dieser Behandlung. Das allergische Asthma ist sehr gut beeinflussbar [15] [16] [17] [18].

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Abb. 1 Alternariasporen/m3 Mai 2007, Mai 2008, Mai 2017 (Pollenfalle Treuenbrietzen).
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Abb. 2 Alternariasporen/m3 Juni 2007, Juni 2008, Juni 2017 (Pollenfalle Treuenbrietzen).
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Abb. 3 Alternariasporen/m3 Juli 2007, Juli 2008, Juli 2017 (Pollenfalle Treuenbrietzen).
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Abb. 4 Alternariasporen/m3 August 2007, August 2008, August 2017 (Pollenfalle Treuenbrietzen).
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Abb. 5 Alternariasporen/m3 September 2007, September 2008, September 2017 (Pollenfalle Treuenbrietzen).
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Abb. 6 Tag im August (Pollenfalle Treuenbrietzen).
Fazit

Alternaria alternata als Outdoor-Schimmelpilz ist kein seltenes, sondern ein noch zu selten erkanntes Inhalationsallergen.

Es ist wünschenswert, die Sporenbelastungen in den Polleninformationsdienst aufzunehmen. Die regionale Sporenbelastung ist auch abhängig davon, ob Getreideanbau betrieben wird und ob viel Wiesen- und Brachland zu finden ist.


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Interessenkonflikt

Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

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  • 19 Chooniedass R, Rabbani R, Liem J. et al. The Risk of Asthma in Children Sensitized to Alternaria. J Allergy Clin Immun 2007; 120: 186

Korrespondenzadresse

Dr. Uta Rabe
Zentrum für Allergologie und Asthma
Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen
Johanniterstr. 1
14929 Treuenbrietzen

  • Literatur

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Abb. 1 Alternariasporen/m3 Mai 2007, Mai 2008, Mai 2017 (Pollenfalle Treuenbrietzen).
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Abb. 2 Alternariasporen/m3 Juni 2007, Juni 2008, Juni 2017 (Pollenfalle Treuenbrietzen).
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Abb. 3 Alternariasporen/m3 Juli 2007, Juli 2008, Juli 2017 (Pollenfalle Treuenbrietzen).
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Abb. 4 Alternariasporen/m3 August 2007, August 2008, August 2017 (Pollenfalle Treuenbrietzen).
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Abb. 5 Alternariasporen/m3 September 2007, September 2008, September 2017 (Pollenfalle Treuenbrietzen).
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Abb. 6 Tag im August (Pollenfalle Treuenbrietzen).