Aktuelle Dermatologie 2019; 45(04): 148-155
DOI: 10.1055/a-0654-6472
Übersicht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Phytotherapie in der Dermatologie: Übersicht zur Heilpflanzenverwendung in der Dermatologie und zu ihrer Verfügbarkeit als Fertigarzneimittel

Phytotherapy in Dermatology: Overview on Dermatological Use of Medicinal Plants and their Availability as Established Drugs
T. Hagemann
1   Haut- und Allergie-Zentrum Lippstadt
,
A.-M. Beer
2   Klinik für Naturheilkunde, Klinik Blankenstein, Hattingen
› Author Affiliations
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Korrespondenzadresse

Dr. Tobias Hagemann
Haut- und Allergie-Zentrum Lippstadt
Böckenförder Str. 2 a
59557 Lippstadt

Publication History

Publication Date:
04 October 2018 (online)

 

Zusammenfassung

Obwohl Erkrankungen aus dem dermatologischen Spektrum häufig in der allgemeinmedizinischen und auch naturheilkundlichen Sprechstunde vorkommen, gibt es nur wenig zugelassene Fertigpräparate für Hauterkrankungen. In den Bewertungen der HMPC-Monografien wird häufig nur ein sog. „traditional use“ als Einschätzung vergeben. Nur selten werden Präparate aus dem dermatologischen Einsatzgebiet als „well-established“ eingestuft.

Um die Zahl an wissenschaftlich getesteten, zugelassenen Phytotherapeutika zu erhöhen, bedarf es einer vermehrten Forschungstätigkeit auf diesem Gebiet. Neben den von Pharmafirmen initiierten und finanzierten Studien sollte auch auf universitärer Ebene von pharmakologischer und dermatologischer Seite ein Interesse an der Förderung von phytotherapeutisch-dermatologischen Forschungen bestehen. Nur so könnte die Anzahl der unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten getesteten Phytopharmaka für das Gebiet der Dermatologie erhöht werden.


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Abstract

Although skin diseases are common in a general medicine and naturopathy consultation, there are only a few established drugs with admission to treat dermatological illnesses. The European Medicines Agency (EMA) with its Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) has classified medical plants and herbal extracts with two different attributes so named “traditional use” and “well-established use”. By the HMPC most herbal products are categorized with the attribute “traditional use”. Only a few drugs used in dermatology were graded as “well-established use” products.

To increase the number of scientific proven phytotherapeutics more research efforts are necessary. Beside the industry-sponsored research there should be more university initiated research from pharmacological and dermatological institutes.

Through this it should be possible to increase the number of well-established and scientific proven herbal drugs for the specialty of dermatology.


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Einleitung

In vielen frühen Kulturen wurden Behandlungen an der Haut und von Hauterkrankungen vorgenommen. Die Haut, als unser größtes Organ, war schon in den frühen Hochkulturen, wie z. B. im alten Ägypten, Therapieobjekt, bei dem pflanzliche Agenzien Verwendung fanden. Dies ist v. a. auf die Tatsache zurückzuführen, dass Hauterkrankungen für jedermann sichtbar an der Hautoberfläche zu Tage treten, während internistische Erkrankungen sich häufig erst durch ihre Symptome bemerkbar machen. Am Körper sichtbare Hauterkrankungen wurden direkt nach ihrem Auftreten bemerkt und deshalb auch schon früh therapeutisch angegangen. Zum anderen war es bei Hauterkrankungen auch möglich, eine Therapie direkt anzuwenden, z. B. auf die Haut aufzubringen, und ihre Wirkung direkt zu beobachten. Dies war bei internistischen Erkrankungen deutlich schwerer. Aus diesem Grund war die Therapie von dermatologischen Erkrankungen schon früh im Blickfeld der Heiler und Ärzte. Als eine der ältesten Formen der Pharmakotherapie an der Haut kann dabei die Verwendung von Pflanzen und Pflanzenteilen angesehen werden – also die Phytotherapie.

Gerade Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Naturheilkunde nicht unerheblich vom Dermatologen Ernst Schweninger (1850 – 1924) mitgeprägt. Er, der als Leibarzt des Reichskanzlers Otto von Bismarck (1815 – 1898) dessen Gunst erworben hatte, war zunächst Direktor der Berliner Hautklinik. Nach Aufgabe dieser Position leitete er von 1900 bis 1906 das erste deutsche Naturheilkrankenhaus in Berlin-Lichterfelde.

Heute, über 100 Jahre später, hat sich die Dermatologie gewandelt. Von einer Dermatologie, die eine große Zahl an infektiösen, venerischen Erkrankungen wie Syphilis und Gonorrhö behandeln musste, sind unsere heutigen Herausforderungen andere. Immer mehr Patienten mit Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis konsultieren die dermatologische Sprechstunde. Nicht nur die Zahl der an einem atopischen Ekzem bzw. Neurodermitis erkrankten Kinder hat in den letzten 30 Jahren deutlich zugenommen, sondern auch Allergien auf Nahrungsmittel, Pollen, Hausstaubmilben und Tiere steigen an. Gefragt nach der Ursache dieses Anstiegs, werden immer wieder der sog. „Western Lifestyle“ und die Hygiene-Hypothese genannt. Man vermutet, dass unsere „hygienisch saubere“ Wohnumgebung und industriell produzierte Nahrung, der Kinder von Geburt ausgesetzt sind, dem Immunsystem nicht mehr genug abfordern und es sich deshalb andere „Spielpartner“ oder „Kontrahenten“ wie Pollen oder Nahrungsmittelallergene sucht. Gleichzeitig mit dieser Entwicklung beobachtet man aber in der Bevölkerung den Trend, sich einer biologischen Ernährungsweise und auch einer naturheilkundlich orientierten Medizin wieder vermehrt zuzuwenden.

Insofern scheint es angebracht, die therapeutischen Möglichkeiten der Pflanzenheilkunde in der Dermatologie zusammenzustellen und einer Einordnung zu unterziehen.


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Methoden

Wissen über Heilpflanzen, deren Wirkung und deren Anwendungsgebiete, ist ein tradiertes, altes Wissen, welches teils mündlich, teils schriftlich über Jahrhunderte weitergegeben wurde. Um dieses historische Wissen in die moderne Medizin zu transferieren und für unsere heutige Phytotherapie nutzbar zu machen, wurden verschiedene Institutionen beauftragt, das verfügbare Wissen zu bestimmten, Heilpflanzen zusammenzufassen und einer neuen Bewertung zu unterziehen. Diese Aufgabe wurde zunächst von der Kommission E seit Ende der 1970er-Jahre umgesetzt. Im Rahmen der europäischen Verträge und der Vereinheitlichung von Zulassungen und Inverkehrbringen von Medikamenten und Medizinprodukten wurde auch bei der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) ein Komitee (HMPC) gegründet, welches Heilpflanzen und Drogen neu bewerten sollte.


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Kommission E

Nachdem das 2. Arzneimittelgesetz am 1. Januar 1978 in Kraft getreten war, wurde eine Sachverständigenkommission gegründet, deren Aufgabe darin bestand, die einzelnen Heilpflanzen oder deren Teile einer Prüfung auf Wirksamkeit und Verträglichkeit zu unterziehen. Sie bestand aus einer interdisziplinär zusammengesetzten Expertengruppe, die spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und der praktischen Phytotherapie besaß. So waren Fachleute aus den Gebieten pharmazeutische Biologie, klinische Pharmakologie und Toxikologie und praktische Anwender von Phytopharmaka in der Kommission E vorhanden. Diese Experten wurden vom Bundesgesundheitsministerium aus den Fachgesellschaften der Ärzte, Apotheker, Heilpraktiker und der pharmazeutischen Industrie berufen.

Bis Herbst 1994 arbeitete die Kommission E daran, Heilpflanzen zu überprüfen. Es wurden publizierte wissenschaftliche Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit unter Einbeziehung der Erfahrung der Experten zu verschiedenen Arzneidrogen begutachtet und bewertet. Insgesamt wurden 378 Drogen und Drogenzubereitungen bearbeitet und in sog. Aufbereitungs-Monografien dargestellt und auch im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Eine positive Monografie erhielten 252 Arzneidrogen. Hierbei wurde die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit belegt. 129 Drogen wurden mit einer Negativ-Monografie charakterisiert. Bei diesen Drogen ergab sich ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis. Weiterhin gab es Drogen, bei denen zwar kein Gefährdungspotenzial gesehen wurde, die aber keine Evidenz für eine Wirksamkeit hatten. Diese Drogengruppe erhielt eine „Null-Monografie“.

HMPC-Monografien

Im Rahmen der Angleichung von pharmakologischen Standards beim Zusammenschluss zur Europäischen Union (EU) wurde ein Komitee zur Bewertung von Arzneipflanzen gegründet. Durch das „Committee on Herbal Medicinial Products“ (HMPC) der Europäischen Zulassungsbehörde, European Medicines Agency (EMA), wurden Monografien zu verschiedenen Arzneipflanzen erstellt. Hierbei unterschieden die HMPC-Monografien zwischen wissenschaftlich in der Literatur belegter Wirksamkeit „well-established use“ (WEU) und nur rein aus der Überlieferung und Tradition her belegter Wirksamkeit. Diese Kategorie von Drogen wurde mit dem Attribut „traditional use“ (TU) versehen.

Zunächst wurde eine Literaturrecherche durchgeführt. Es wurden alle in der einschlägigen Literatur vorhandenen Pflanzendrogen und phyotherapeutische Medikamente für den Indikationsbereich Hauterkrankungen und Schleimhauterkrankungen gesammelt. Diese wurden dann mit verschiedenen Datenbanken abgeglichen. Da die HMPC-Monografien nach therapeutischer Indikation katalogisiert sind, konnte gezielt nach den dermatologischen Indikationen gesucht werden. Unter anderem wurden die HMPC-Monografien der EMA in den Indikationsgebieten Hauterkrankungen und kleine Wunden („therapeutic area: skin disorder & minor wounds“) und Mund- und Rachenkrankheiten („mouth and throat disorders“) betrachtet.

Dann erfolgte die Untersuchung auf den deutschen Zulassungsstatus der einzelnen Phytotherapeutika mit dermatologischem Indikationsgebiet anhand von Roter Liste, Gelber Liste und Herstellerinformationen aus dem Internet. Eine Zusammenstellung der Daten erfolgte in tabellarischer Form ([Tab. 1]).

Tab. 1

Phytotherapie in der Dermatologie: Alle gängigen Heilpflanzen, die in der Behandlung von Hauterkrankungen Verwendung finden, sind hier zusammengestellt. Ihre Bewertung in der Kommission E und in der HMPC-Monografie wird angegeben. Hierbei erfolgt die Unterscheidung, ob sich die positive Bewertung allgemein auf die Droge oder speziell auf eine dermatologische Indikation bezieht. Ferner ist aufgeführt, ob eine Standardzulassung vorhanden ist. Die Abkürzung WEU steht für „well-established use“, die Abkürzung TU für „traditional use“. Die Abkürzung „kosm.“ wird verwendet, wenn es sich bei dem vorhandenen Fertigpräparat um ein Kosmetikum oder ein Medizinprodukt und nicht um ein Arzneimittel handelt. Bei Arzneimitteln mit homöopathischer oder anthroposophischer Zulassung ist die Abkürzung „homö.“ oder „anthrop.“ in der Tabelle aufgeführt.

Nr.

Drogen

Kommission E

HMPC

Standardzulassung

Hauterkrankung

Nicht-Dermatose

Hauterkrankung

Nicht-Dermatose

 1

Aloe (Aloe barbadensis)

+

WEU

 2

Ananas (Ananas comosus) – Bromelain

+

 + 

 3

Arnika (Arnica montana)

+

TU

+

 4

Ballonrebe (Cardiospermum halicacabum)

+ (Kommission D)

+ (homö.)

 5

Beinwell (Symphytum officinale L.)

+

+

 6

Birke (Betula pendula)

+

TU

+ (kosm.)

 7

Bittersüßstängel (Solanum dulcamara L.)

+

TU

+ (kosm.)

 8

Bohne (Phaseolus vulgaris)

TU

 9

Borretschsamenöl (Borago officinalis)

+

10

Brennnesselkraut (Urtica dioica L.)

+

TU

11

Brombeerblätter (Rubus fructicosus L.)

+

12

Cayennepfefferfrüchte (Capsicum annuum)

+

WEU

+

13

Efeu (Hedera helix)

+

WEU

+

14

Eichenrinde (Quercus robur L.)

+

TU

15

Erdrauch (Fumaria officinalis)

+

TU

16

Fußblattwurzelstock/-harz (Podophyllum peltatum)

+

17

Gewürznelkenöl (Syzygium aromaticum L.)

+

TU

18

Ginkgo (Ginkgo biloba)

+

TU

+

19

Grüner Tee (Camellia sinensis)

 + 

20

Hafer (Avenae stramentum)

+

TU

21

Hamamelis (Hamamelis virginiana L.)

+

TU

+

22

Hirtentäschelkraut (Capsella bursa pastoris)

+

TU

23

Johanniskrautöl (Hypericum perforatum L.)

+

WEU

+ (kosm.)

24

Kamillenblüten (Matricaria recutita L.)

+

TU

+

25

Knoblauch (Allium sativum L.)

+

+

26

Klettenwurzel (Arctium lappa L.)

TU

+ (kosm.)

27

Korianderöl (Coriandrum sativum)

+

28

Lärchenterpentin (Larix decidua)

+

+

29

Lavendel (Lavandula angustifolia)

+

+ (kosm.)

30

Lebensbaumtriebspitzen (Thuja occidentalis L.)

+ (Kommission D)

+ (homö.)

31

Leinsamen (Linum usitatissimum)

+

+

32

Löwenzahnwurzel/-kraut (Taraxacum officinale)

+

TU

33

Mäusedorn (Ruscus aculeatus)

+

TU

+

34

Mahonie (Mahonia aquifolium)

+ (homö.)

35

Malvenblüten/-blätter (Malva sylvestris)

+

36

Melisse (Melissa officinalis)

+

TU

+

37

Minzöl (Menthae arvensis aetheroleum)

+

WEU

+

38

Myrrhe (Commiphora myrrha)

+

TU

+

39

Nachtkerzensamenöl (Oenothera biennis)

TU

+

40

Odermennigkraut (Agrimonia eupatoria L.)

+

TU

+

41

Pappelknospen (Populus nigra L.)

+

42

Perubalsam (Myroxylon balsamum)

+

43

Queckenwurzel (Agropyron repens)

+

TU

44

Ratanhiawurzel (Krameria triandra)

+

+ (kosm.)

45

Rhabarberwurzel (Rheum palmatum L.)

+

WEU

46

Ringelblumenblüten (Calendula officinalis)

+

TU

+

47

Rosmarin (Rosmarinus officinalis)

+

TU

+ (kosm.)

48

Rosskastanie (Aesculus hippocastanum L.)

+

WEU

+

49

Salbeiblätter (Salvia officinalis)

+

TU

+

50

Sandsegge (Carex arenaria)

51

Sarsaparillwurzel (Smilax aristolochiifolia)

52

Schachtelhalmkraut (Equisetum arvense L.)

+

TU

+ (anthrop.)

53

Schöllkraut (Chelidonium majus L.)

+

+

54

Sonnenhutkraut, purpurfarbenes (Echinacea purpurea)

+

TU

WEU

+

55

Spitzwegerichkraut (Plantago lanceolata L.)

+

TU

+

56

Steinklee (Melilotus officinalis)

+

TU

+

57

Stiefmütterchenkraut (Viola tricolor L.)

+

TU

+ (homö.)

58

Süßholzwurzel (Glycyrrhiza glabra)

+

TU

+

59

Syzygiumrinde (Jambulbaum) (Syzygium cumini L.)

+

60

Taigawurzel (Eleutherococcus senticosus)

+

TU

+

61

Taubnesselblüten (Lamium album L.)

+

62

Teebaumöl (Melaleuca alternifolia)

63

Teeblätter (schwarz) (Thea nigra)

64

Tormentillwurzelstock (Potentilla erecta L.)

+

TU

+

65

Vogelknöterich (Polygonum aviculare L.)

+

+ (homö.)

66

Walnussblätter (Juglans regia L.)

+

+

67

Wassernabelkraut (Centella asiatica)

+

+ (kosm.)

68

Weihrauch (Boswellia serrata)

69

Weinlaubblätter (Vitis vinifera L.)

WEU

+

70

Weizenkleie (Triticum aestivum)

71

Zwiebel (Allium cepa L.)

+

+


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Ergebnisse: Heilpflanzen und deren Anwendung

Es erfolgte eine Gliederung der untersuchten Arzneidrogen nach ihren Hauptwirkstoffbestandteilen in Aromatika, Adstringentien und sonstige Inhaltsstoffe.

Aromatika (Ätherisch-Öl-Drogen)

  • Arnikablüten (Arnicae flos)
    Arnikazubereitungen werden bei Verletzungen und Entzündungen der Haut eingesetzt (u. a. Prellungen, Furunkulose, Insektenstiche). Ein als Salbe verfügbares Arzneimittel ist Arnikamill® Wund- und Heilsalbe (Kombination Arnikablüten und Kamillenblüten)

  • Johanniskrautöl (Hyperici oleum)
    Als Pflegeprodukt ist Bedan® Lotion/Creme und Gesichtscreme erhältlich. Zugelassen ist sonst nur Befelka® Öl, welches eine Mischung aus verschiedenen Ölen, u. a. Johanniskrautöl, beinhaltet. Von der Kommission E wurde für die ölige Zubereitung die Indikation „scharfe und stumpfe Verletzungen“ sowie Verbrennungen 1. Grades angegeben.

  • Kamillenblüten (Matricariae flos)
    Die bekannte antiinflammatorische Wirkung bei verschiedenen entzündlichen Dermatosen und Hautverletzungen ist bekannt. Folgende Fertigarzneimittel: Kamillosan® Konzentrat, Kamillin® Konzentrat Robugen, Kamillan® supra Hewekzem® novo Heilsalbe N

  • Ringelblumenblüten (Calendulae flos)
    Calendulablütenextrakt wird in der Wundheilungsförderung eingesetzt. Die Kommisson E empfiehlt Ringelblumenblüten zur Behandlung von Wunden mit schlechter Heilungstendenz. Dieser Hinweis findet sich in der HMPC-Monografie nicht. Als Fertigpräparat ist nur das Kombinationspräparat Befelka® Öl (Johanniskraut-, Ringelblumen- und Stiefmütterchenkrautöl sowie Vitamin E) erhältlich.

  • Lärchenterpentin
    Wird v. a. bei abszedierenden Entzündungen eingesetzt. Fertigarzneimittel: Ilon® Salbe classic (Mischung aus Lärchenterpentin, gereinigtes Terpentinöl, Eukalyptusöl, Rosmarinöl, Thymianöl)

  • Melissenblätter (Melissae folium)
    Gut belegte Wirkung bei Extrakt aus Melissenblättern auf Herpes simplex. Fertigarzneimittel: LomaHerpan® Creme zur lokalen Applikation bei Herpes simplex labialis. LomaProtect® Stift zur Prophylaxe vor erneuten Herpesmanifestationen.

  • Minzöl (Menthae arvensis aetheroleum)/Pfefferminzöl (Menthae piperitae aetheroleum)
    Das Präparat Euminz® Lösung ist nur für Anwendung bei Spannungskopfschmerzen, nicht aber zur Juckreizstillung zugelassen.


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Gerbstoffdrogen (Adstringentien)

  • Eichenrinde (Quercus cortex)
    Nur aus der anthroposophischen Medizin sind die Präparate WALA® Quercus Salbe und Hämorrhoidalzäpfchen vorhanden. Andere Eichenrinde enthaltenden Phytotherapeutika sind nicht erhältlich.
    Lediglich synthetische Gerbstoffe, die der Eichenrindenwirkung ähneln, werden häufiger bei dermatologischen Krankheitsbildern wie z. B. Analekzemen oder Windeldermatitis eingesetzt (Tannolact® oder Tannosynt®).

  • Odermenningkraut (Agrimoniae herba)
    Laut der HMPC wird im „traditional use“ ein Einsatzgebiet bei Entzündungen der Mund- und Rachenscheimhaut gesehen. Hautentzündungen und oberflächliche kleine Wunden könnten nach HMPC-Angaben übereinstimmend mit der Kommission E auch mit Odermenningkraut behandelt werden. Fertigarzneimittel existieren nicht. Nur homöopathische oder anthroposophische Zubereitungen sind auf dem deutschen Arzneimittelmarkt vorhanden.

  • Salbeiblätter (Salviae folium)
    Ein Salbeiblättertrockenextrakt wird im Medikament Sweatosan® Tabletten verwendet. Sweatosan® wird zu Behandlung der generalisierten Hyperhidrose eingesetzt.
    Ein Kombinationsphytotherapeutikum mit Salbeiöl ist Salviathymol® N Madaus, welches neben Salbeiöl auch Eukalyptusöl, Pfefferminzöl, Zimtöl, Nelkenöl, Fenchelöl, Sternanisöl, Levomenthol und Thymol enthält. Zugelassen ist es für Entzündungen im Zahnfleisch- und Mundschleimhautbereich.

  • Spitzwegerichkraut (Plantaginis lanceolatae folium aut herba)
    HMPC sieht bei Plantaginis einen „traditional use“ bei der Behandlung von Mund- und Rachenschleimhautentzündungen. Die Kommission E erwähnt auch entzündliche Veränderungen der Haut. In der Erfahrungsheilkunde wird die Anwendung auch bei Erstversorgung von Wunden und Insektenstichen erwähnt. Für den dermatologischen Bereich sind keine Fertigpräparate erhältlich.

  • Teeblätter (Theae nigrae folium und Theae viridis folium)
    Es ist ein nicht phytotherapeutisches Fertigarzneimittel, hergestellt aus einem gereinigten Trockenextrakt aus Blättern des grünen Tees (Camellia sinensis), auf dem Arzneimittelmarkt vorhanden. Hauptbestandteil der Veregen® 10 % Salbe ist das Epigallocatechingallat. Es ist zugelassen zur Behandlung von Condylomata acuminata im Genitoanalbereich.

  • Walnussblätter (Juglans folium)
    Das Indikationsgebiet der adstringierend und antiphlogistisch wirksamen Walnussblätter sind laut der Kommission E oberflächliche Hautentzündungen und eine Hyperhidrosis manuum et pedum. Fertigarzneimittel für das dermatologische Anwendungsgebiet existieren nicht.

  • Zauberstrauchblätter und -rinde (Hamamelidis folium et cortex)
    Für Hamamelis sind 3 HMPC-Monografien vorhanden. Die Einstufung klassifiziert Hamamelis in die Kategorie „traditional use“. Als Indikationsgebiete werden trockene und entzündete Haut, Brennen und Juckreiz bei Hämorrhoidalleiden, kleine Entzündungen der Mundschleimhaut und trockenes Auge genannt. Zugelassene Fertigpräparate sind hier Hametum® Salbe, Haenal® Salbe oder Posterine® Salbe.

  • Rhabarberextrakt (Rhei radix)
    Pyralvex® Lösung (Kombination von Rhabarberwurzelextrakt und Salicylsäure). Pyralvex® wird bei Mundschleimhautentzündungen und Aphten eingesetzt.


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Arzneidrogen mit sonstigen Inhaltsstoffen

  • Ballonrebenkraut (Cadiospermi herba)
    Ballonrebenkraut wird in der Homöopathie eingesetzt. Da es aber in einer 10 %igen Zubereitung als Urtinktur in Salben eingearbeitet wird, entspricht dies einer phytotherapeutischen Zubereitung.
    Fertigarzneimittel sind Halicar® Salbe und Dermaplant® Salbe.

  • Birkenrinde (Betulae cortex)
    Hautpflegeserie mit Birkenkorkextrakt ist auf dem deutschen Kosmetikmarkt und wird unter dem Namen Imlan® Creme/Lotion verkauft.
    Das neu zugelassene Episalvan® Gel, welches ein Oleogel, hergestellt aus Birkenkork, darstellt, ist noch nicht in Deutschland erhältlich. Es zeigt in den Zulassungsstudien gute Wirksamkeit bei Verbrennungen und Brandwunden.

  • Bittersüßstängel (Dulcamarae stipites)
    Kommission E und HMPC bestätigen einen „traditional use“ als adjuvante Therapie bei chronischen Ekzemen. Handelspräparat ist Cefabene® Salbe, allerdings nur als Kosmetikum, nicht als Medikament erhältlich.

  • Borretschsamenöl (Oleum boraginis semen)
    Präparat sind hier die Glandol® Borretschöl-Kapseln. Wie beim Nachtkerzenöl soll auch beim Borretschsamenöl der therapeutische Effekt durch das vermehrte Angebot an γ-Linolensäure zustande kommen.

  • Brennnesselkraut/-blätter (Urticae herba/folium)
    Brennnesselkraut wird von dem HMPC-Komitee auch zur Behandlung seborrhoischer Hautzustände angegeben. Es gibt zwar eine Ölzubereitung, in der auch Urtica dioica enthalten ist, diese wird aber ausschließlich für rheumatische Erkrankungen, nicht für Hauterkrankungen eingesetzt (Birken Rheumaöl® mit Arnika). Ein Präparat zur Behandlung des seborrhoischen Ekzems in Salben- oder Cremeform existiert nicht.

  • Cayennepfefferfrüchte (Capsici fructus acer)
    Das Präparat Capsagamma Dolor® Creme 0,05 %, welches mittels Cayennepfeffer-Dickextrakt hergestellt wird, ist allerdings nicht für dermatologische Indikationen zugelassen. Dennoch kann es im Off-Label-Use bei chronischem Pruritus angewendet werden.

  • Fußblattwurzelstock und -harz (Podophylli peltati rhizoma et resina)
    Kein Phytopharmakon, sondern ein chemisch definiertes Arzneimittel mit einem aus dem Fußblattwurzelstock gewonnenen Einzelstoff sind die verschreibungspflichtigen Medikamente Condylox® Lösung und Wartec® Creme, die Podophyllotoxin enthalten. Zulassung besteht für die Behandlung von Condylomata acuminata im Genital- und Analbereich.

  • Hirtentäschelkraut (Bursae pastoris herba)
    Die Kommission E gibt als Indikationsgebiet oberflächliche, blutende Hautverletzungen und auch Nasenbluten an. HMPC beschreibt nur starke Menstruationsblutungen als Einsatzgebiet. Dermatologische Fertigpräparate nicht erhältlich.

  • Löwenzahnwurzel mit -kraut (Taraxici radix cum herba)
    In einer Anwendungsbeobachtung soll Löwenzahnsaft, regelmäßig vor den Mahlzeiten konsumiert, gegen verminderte Talgproduktion – also Sebostase – wirksam sein. Dieses könnte bei Atopikern mit teils ausgeprägter Xerosis cutis als adjuvante interne Gabe ergänzend zur topischen Therapie sinnvoll sein. Fertigpräparate sind nicht vorhanden.

  • Mahonienrinde (Mahoniae aquifolii cortex)
    Mahonie wird als Arzneipflanze in der Homöopathie genutzt. Als Standardpräparat ist Rubisan® erhältlich. Rubisan® Creme/Salbe wird als Fertigarzneimittel aus 10 % homöopathischer Urtinktur hergestellt. Als Einsatzgebiet wird zumeist die Psoriasis genannt. Wirksamkeit soll aber auch bei Acne vulgaris vorhanden sein.

  • Nachtkerzenöl (Oelum oenotherae semen)
    In der HMPC-Monografie werden als „traditional use“ Hauterkrankungen, die mit Juckreiz und trockener Haut einhergehen, genannt. Auch in der Erfahrungsheilkunde wird Nachtkerzensamenöl bei atopischem Ekzem, Schuppung und Rötung der Haut eingesetzt. Zur oralen Gabe steht das Fertigpräparat Epogam® Weichkapseln zur Verfügung. Zur äußerlichen Anwendung ist Linola® Gamma Creme vorhanden. Ferner besteht die Möglichkeit, Nachtkerzensamenöl auch in Standardrezepturen vom Apotheker mit einarbeiten zu lassen.

  • Pappelknospen (Populi gemmae)
    Als Einsatzgebiet der Pappelknospen wird nach der Kommission E die Behandlung von oberflächlichen Hautverletzungen angegeben. Auch Perniones und Dermatitis solaris gilt hier als Indikation. Fertigpräparate sind nicht vorhanden.

  • Pflanzenteere (Pix betulae/Birkenteer, Pix fagi/Buchenteer, Pix liquida/Nadelholzteer)
    Teerpräparate (Pices) wurden von der Kommission E nicht bearbeitet. Dennoch soll ihr Einsatz in der Erfahrungsheilkunde zu einer deutlichen Besserung bei subakuten oder chronischen Ekzemen sowie bei Psoriasis führen. Die Verarbeitung erfolgt als individuelle Rezeptur. Fertigpräparate sind nicht erhältlich.

  • Rosskastaniensamen (Hippocastani semen)
    Für den standardisierten Trockenextrakt aus den Samen der Rosskastanie hat die HMPC-Monografie einen „well-established use“ für chronisch-venöse Insuffizienz einhergehend mit Schmerzen und Schweregefühl in den Beinen sowie Wadenkrämpfen, Ödemen und Juckreiz festgestellt. Auch die Kommission E nennt die chronisch-venöse Insuffizienz als Indikationsgebiet. Als Fertigpräparat wären z. B. Aescorin® forte, Aescuven® Tabletten zu nennen.

  • Schachtelhalmkraut (Equiseti herba)
    Auch für den Schachtelhalm wird von der Kommission E neben Erkrankungen der ableitenden Harnwege die adjuvante Therapie von schlecht heilenden Wunden angegeben. Auch die HMPC vergibt einen „traditional use“ bei der Therapie von oberflächlichen Wunden. Phytotherapeutische Fertigpräparate sind aber nicht vorhanden. Nur eine anthroposophische 10 %ige Equisetum-Salbe wird von der Firma Weleda® angeboten.

  • Sonnenhutkraut, purpurfarbenes (Echinaceae herba)
    Echinacin-Salbe soll auch antivirale und immunstimulierende Wirkung haben. Eine Anwendung wird bei rezidivierendem Herpes labialis empfohlen. Keine Bewertung der Wirksamkeit durch Kommission E oder in der HMPC-Monografie.

  • Stiefmütterchenkraut mit Blüten (Violae tricoloris herba cum flore)
    HMPC sieht einen „traditional use“ für leichte seborrhoische Hautzustände. Die Kommission E gibt auch seborrhoische Hautzustände und Milchschorf beim Kind als Indikationen an. Fertigpräparat ist nicht vorhanden.

  • Taubnesselblüten, weiße (Lamii albi flos)
    Neben leichten Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut wird von der Kommission E auch das Einsatzgebiet von leichten, oberflächlichen Entzündungen der Haut genannt. Fertigpräparate nicht vorhanden.

  • Teebaumöl, australisches (Melaleucae alternifoliae aetheroleum)
    Die HMPC-Monografie beschreibt einen „traditional use“ für die Indikationen kleine, superinfizierte Wunden, Insektenbisse, kleine Geschwüre, Fußpilz und kleinere Entzündungen der Mundschleimhaut. Teebaumöl wird nur als Kosmetik und nicht als Arzneimittel vertrieben.

  • Wassernabelkraut (Hydrocotylidis herba)
    Auch Centella asiatica soll eine positive Wirkung auf die chronisch-venöse Insuffizienz haben. Ferner wird eine wundheilungsfördernde Wirkung bei kleinen Wunden und Verbrennungen angenommen. Ein Fertigpräparat ist nicht erhältlich.

  • Weinlaubblätter, rote (Vitis viniferae folium)
    Wie bei der Rosskastanie hat auch das rote Weinlaub nur für den Trockenextrakt einen „well-established use“ für die Anwendung bei chronisch-venöser Insuffizienz erhalten. Präparat wären hier z. B. Antistax® extra Venentabletten, Antiveno® Heumann Venentabletten.

  • Zwiebelextrakt (Extractum cepae)
    Neben der innerlichen Wirkung auf Appetitlosigkeit und zur Vorbeugung von Gefäßerkrankungen hat Zwiebelextrakt auch eine positive Auswirkung auf Wunden und Narben. Es wird zur Narbenbehandlung als Fertigpräparat Contractubex® Gel zur Vermeidung überschießender Narbenentwicklung (Keloidbildung) postoperativ eingesetzt.

Für dermatologische Krankheitsbilder haben nur wenige Phytotherapeutika eine Zulassung als Medikament. Für die große Gruppe der Ekzemerkrankungen, wozu auch das atopische Ekzem gerechnet wird, sind einige Phytotherapeutika mit antientzündlicher Wirkung zugelassen. Hierbei können als typische Vertreter folgende genannt werden: Hamamelis-Blätter und -Zweige (Hametum® Wund- und Heilsalbe), Trockenextrakt der Rinde (Haenal®) und Flüssigextrakte der Blätter (Posterine®), Kamillenblüten (Kamillosan® Konzentrat, Kamillin® Konzentrat Robugen), Ballonrebenkraut (Halicar® Salbe und Dermaplant® Salbe), Bittersüßstängel- und Johanniskraut-Pflegecreme (Bedan®). Zusätzlich werden bei Ekzemen aufgrund der Fehlfunktion des Enzyms Delta-6-Desturase Nachtkerzensamenöl (Epogam® Weichkapseln) und Borretschsamenöl (Glandol® Borretschöl-Kapseln) zur oralen Therapie angeboten.

Zusätzlich existieren zur Exanthemtherapie noch einige Kombinationspräparate: Befelka® Öl (Johanniskrautöl, Ringelblumenöl, Stiefmütterchenkrautöl und Vitamin E), Ekzevowen® derma Creme (homöopathische Urtinktur von Mahoniarinde, Stiefmütterchenkraut und Wassernabelkraut). Als Pflegeserie wird noch Eubos® Kinder Haut Ruhe Creme mit Nachtkerzensamenöl, Mandelöl, Jojobaöl, Johanniskrautextrakt und einem Vitaminkomplex angeboten.

Eines der am häufigsten von Patienten beklagen Symptome ist Pruritus. Juckreiz ist das Kardinalsymptom bei vielen Hauterkrankungen. Ein hier zugelassenes Präparat enthält einen Extakt aus Cayennepfefferfrüchten (Capsici fructus). Allerdings ist die zugelassene Indikation für das Präparat Capsagamma® Dolor Creme 0,05 % die Behandlung von Fuß- und Unterschenkelschmerzen bei diabetischer Polyneuropathie. Der Einsatz dieser Creme bei chronischem Pruritus wäre also Off-Label-Use und damit vom Therapeuten selber zu verantworten.

Bei den infektiösen Dermatosen ist eine der häufigsten Erkrankungen der Herpes simplex, welcher sich meist im Lippenbereich manifestiert. Hier steht als zugelassenes Präparat LomaHerpan® Creme mit antiviraler Wirkung zur Verfügung.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass von den 71 untersuchten Phytotherapeutika nur 23 eine Zulassung als Medikament auf dem deutschen Arzneimittelmarkt hatten. Damit sind nur gut 32 % der Heilpflanzen im dermatologischen Bereich als zugelassene Standardpräparationen erhältlich. Insgesamt waren 35 Medikamente zugelassen. 12 Arzneimittel besaßen eine Zulassung außerhalb der dermatologischen Indikationen. 6 Präparate hatten eine homöopathische oder anthroposophische Zulassung. 8 Cremes waren als reines Kosmetikum bzw. Medizinprodukt auf dem Markt. 35 der 71 untersuchten Heilpflanzen hatten von der Kommission E eine positive Monografie für das dermatologische Indikationsgebiet. 22 Pflanzenmonografien waren für nicht-dermatologische Indikationen als positiv bewertet worden. Ebenso wurden 22 Heilpflanzen vom HMPC mit dem Prädikat „traditional use“ für dermatologische Indikationen bewertet. Nur 2 Pflanzen erhielten ein „well-established use“. Für das nicht dermatologische Indikationsgebiet wurde bei 10 Heilpflanzen ein „traditional use“ und bei 7 Heilpflanzen „well-established use“ vergeben.


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Diskussion

Haut- und Schleimhauterkrankungen sind sehr verbreitet. Chronische Hauterkrankungen wie das atopische Ekzem und die Psoriasis sind in Westeuropa die am häufigsten auftretenden chronisch-entzündlichen Dermatosen. Auch in der allgemeinmedizinischen und naturheilkundlichen Sprechstunde kommen viele Patienten mit (chronischen) Hauterkrankungen vor. Dennoch stehen für den phytotherapeutisch tätigen Arzt nur wenig zugelassene Fertigarzneimittel zur Verfügung. Diese Tatsache lässt sich anhand der oben dargestellten geringen Anzahl an Fertigarzneimitteln nachvollziehen. Nur für wenige Erkrankungen sind Cremes und Salben zur externen Behandlung vorhanden. Orale Medikamente mit antiphlogistischer Wirkung auf die Haut oder zur Juckreizstillung sind überhaupt nicht erhältlich. Lediglich den oral einzunehmenden Öl-Präparationen von Nachtkerzensamen und Borretschsamen kommt eine gewisse antiphlogistische Wirkung beim atopischen Ekzem zu.

Patienten mit chronischen Hauterkrankungen, die teils über viele Jahre einer kontinuierlichen dermatologischen Therapie bedürfen, fragen häufig nach Möglichkeiten der naturheilkundlichen oder phytotherapeutischen Behandlung und nach Alternativen zu topischen Kortisonpräparaten oder synthetischen Medikamenten. Hier wäre es wünschenswert, wirksame Alternativen aus dem Bereich der Pflanzenheilkunde im therapeutischen Repertoire zu haben.

Derzeit besteht nur die Möglichkeit, vorhandene pflanzliche Extrakte, die nicht als Fertigarzneimittel erhältlich sind, in Form einer Individualrezeptur in diverse Salbengrundlagen (z. B. DAC-Basiscreme oder Ungentum emulsificans aquosum) vom Apotheker einarbeiten zu lassen und so das phytotherapeutische Potenzial von Arzneipflanzen zu nutzen. Da die Bioverfügbarkeit in der jeweiligen Salbe und die Penetration des pflanzlichen Vielstoffgemisches durch die Epidermis nicht wissenschaftlich untersucht sind, handelt es sich bei dieser Art der Therapie immer um einen individuellen Heilversuch. Gerade bei der hohen Zahl an Hautpatienten und der Häufigkeit von Erkrankungen aus dem dermatologischen Spektrum sollte eine vermehrte Forschungsaktivität auf dem Gebiete der rationalen Phytotherapie erfolgen. Auch die Notwendigkeit der Durchführung von klinischen Studien im universitären Setting sollte in Zusammenarbeit mit den Hautkliniken belebt werden. So könnten in Zukunft mehr pharmakologisch auf ihre Wirksamkeit hin überprüfte, phytotherapeutische Externa und Systemtherapeutika zugelassen werden und damit als neue Therapieoption für dermatologische Patienten zur Verfügung stehen.


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Anmerkung

Der hier veröffentlichte Beitrag ist eine Abschlussarbeit aus der Fortbildungsreihe „Phytotherapie für Ärzte“ in Hattingen-Blankenstein (2016 – 2018). Der Leiter der Fortbildungsreihe ist Prof. Dr. med. A.-M. Beer, Klinikdirektor der Klinik für Naturheilkunde in Hattingen-Blankenstein, er begleitete fachlich die Manuskriptentstehung.


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Augustin M, Hoch Y. Hrsg. Phytotherapie bei Hauterkrankungen. 1. Auflage, München: Urban & Fischer; 2004: 83-265
  • 2 Bäumler S. Heilpflanzen Praxis heute. Band 1: Arzneipflanzenporträts. 2. Auflage, München: Urban & Fischer; 2012: 39-667
  • 3 Bäumler S. Heilpflanzen Praxis heute. Band 2: Rezepturen und Anwendungen. 2. Auflage, München: Urban & Fischer; 2013: 380-447
  • 4 Dingermann T. Kompendium Phytopharmaka. 7. Auflage, Stuttgart: Deutscher Apotheker Verlag; 2015: 24-135
  • 5 HMPC – Herbal medical Commitee der EMA. www.ema.europa.eu/ema/index
  • 6 Schilcher H. Hrsg. Leitfaden Phytotherapie. 5. Auflage, München: Urban & Fischer; 2016: 909-991
  • 7 Wenigmann M. Phytotherapie. 1. Auflage, München: Urban & Fischer; 2017: 65-219 und 445 – 476
  • 8 Phythopharmaka Homöopathika. Facharztausgabe Gelbe Liste Pharmaindex. MMI – Medizinische Medien Informations GmbH; 2017

Korrespondenzadresse

Dr. Tobias Hagemann
Haut- und Allergie-Zentrum Lippstadt
Böckenförder Str. 2 a
59557 Lippstadt

  • Literatur

  • 1 Augustin M, Hoch Y. Hrsg. Phytotherapie bei Hauterkrankungen. 1. Auflage, München: Urban & Fischer; 2004: 83-265
  • 2 Bäumler S. Heilpflanzen Praxis heute. Band 1: Arzneipflanzenporträts. 2. Auflage, München: Urban & Fischer; 2012: 39-667
  • 3 Bäumler S. Heilpflanzen Praxis heute. Band 2: Rezepturen und Anwendungen. 2. Auflage, München: Urban & Fischer; 2013: 380-447
  • 4 Dingermann T. Kompendium Phytopharmaka. 7. Auflage, Stuttgart: Deutscher Apotheker Verlag; 2015: 24-135
  • 5 HMPC – Herbal medical Commitee der EMA. www.ema.europa.eu/ema/index
  • 6 Schilcher H. Hrsg. Leitfaden Phytotherapie. 5. Auflage, München: Urban & Fischer; 2016: 909-991
  • 7 Wenigmann M. Phytotherapie. 1. Auflage, München: Urban & Fischer; 2017: 65-219 und 445 – 476
  • 8 Phythopharmaka Homöopathika. Facharztausgabe Gelbe Liste Pharmaindex. MMI – Medizinische Medien Informations GmbH; 2017