Aktuelle Dermatologie 2018; 44(10): 423-425
DOI: 10.1055/a-0697-1838
Histologisches Quiz
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M. J. Köhler
Klinik für Dermatologie, SRH Zentralklinikum Suhl
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Korrespondenzadresse

PD Dr. med. habil. Martin Johannes Köhler
SRH Zentralklinikum Suhl
Klinik für Dermatologie
Albert-Schweitzer-Str. 2
98527 Suhl

Publication History

Publication Date:
02 October 2018 (online)

 

Anamnese und klinischer Befund

Eine 24-jährige Patientin stellt sich mit Hautveränderungen am Rumpf vor. Sie hätten etwa 4 Wochen zuvor im Nacken begonnen und sich dann auf Rücken und Brust ausgebreitet. Die Patientin klagt über starken Juckreiz mit resultierenden Schlafstörungen. In der Eigenanamnese findet sich eine Neurodermitis als Kind sowie gelegentlich ein Herpes labialis; die Familienanamnese ist bezüglich Hauterkrankungen unauffällig.

In der vorderen und hinteren Schweißrinne zeigen sich scharf begrenzte erythematöse Plaques ([Abb. 1], [Abb. 2]). Kaum Schuppung, jedoch Krusten und Exkoriationen sowie auch einzelne Pusteln. Ältere Areale zeigen eine bräunliche retikuläre Hyperpigmentierung.

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Abb. 1 Klinisches Bild: Symmetrisch am Rücken polymorphes Bild aus Erythemen, Erosionen, entzündlichen Papeln und einer retikulären Hyperpigmentierung als Residuum. Beachtenswert auch die Köbner-artige Reaktion durch Kratzen.
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Abb. 2 Klinisches Bild: Prästernal sowie auf den Oberbauch und die Innenseiten beider Mammae übergreifend retikuläre teils erodierte Erytheme und residuale retikuläre Hyperpigmentierung im Zentrum.

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Laborergebnisse

Ein Abstrich von der Haut ergab keine pathogenen Keime, eine Abdomensonografie und ein Thorax-Röntgen zeigten keinen pathologischen Befund, auch laborchemisch keine Auffälligkeiten. Serologisch Negativität u. a. für ANAs, dsDNA, Antikörper gegen Gliadin, Desmogleine und BP180 und BP230. Für die histologische Untersuchung wurde eine kleine Biopsie vom Rücken entnommen.


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Histologie

Aufliegende Serumkruste mit neutrophilen Granulozyten. Subkorneale Pusteln, deutliche spongiotische Auflockerung, auch Akantholyse, Apoptosen und etwas junktionale Vakuolisierung. In der oberen und mittleren Dermis perivasale eosinophile Granulozyten ([Abb. 3]). PAS ohne Pilznachweis.

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Abb. 3 Histologisches Bild: Epidermale Spongiose mit intraepidermaler Pustelbildung. Vakuoläre Interface-Dermatitis mit Keratinozytennekrosen. Oberflächliche, perivaskuläre, lymphohistiozytäre Infiltrate mit eosinophilen Granulozyten.
FRAGEN
  • Wie lautet Ihre Diagnose?


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Diagnose

Prurigo pigmentosa.


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Kommentar

Nach der Erstbeschreibung durch Nagashima 1971 [1] wurde die Erkrankung zunächst in Japan beobachtet. In der letzten Zeit mehren sich jedoch auch Berichte aus Europa. Die Ätiologie der Erkrankung ist unbekannt; es scheinen bevorzugt junge Frauen betroffen zu sein [2].

Klinisch treten multiple Papeln, Vesikel und Exkoriationen begleitet von starkem Pruritus in symmetrischer Anordnung an Brust, Nacken und Rücken auf. Binnen einiger Tage heilen die Läsionen mit einer retikulären Hyperpigmentierung ab. Häufig treten mehrere Schübe der Erkrankung auf [3].

Histologisch wurden 3 Stadien beschrieben [4] [5]:

  1. Spongiose mit neutrophiler Exozytose, Papillenödem mit Kernstaub,

  2. vakuoläre Interface-Dermatitis mit eosinophilen Granulozyten und

  3. fokale Parakeratose, epidermale Hyperpigmentierung und dermale Melanophagen.

Differenzialdiagnostisch müssen vor allem ein M. Duhring, eine lineare IgA-Dermatose und eine Arzneimittelreaktion abgegrenzt werden [6]. Im Stadium der retikulären Hyperpigmentierung können z. B. ein später Lichen ruber, ein Erythema ab igne oder ein M. Gougerot-Carteaud klinisch ähnlich aussehen.

Therapeutisch wird über ein Ansprechen auf Minocyclin, Doxycyclin oder Dapson berichtet, während topische und systemische Steroide oft wirkungslos bleiben [5].

Auch in unserem Fall kam es unter der initialen Anwendung von topischen Steroiden zu einer Ausbreitung der Hautveränderungen. Aufgrund einer klinischen Impetiginisierung haben wir systemisch Clindamycin verabreicht, worunter es schnell zu einer deutlichen Befundbesserung kam.

Die typische Befundkonstellation bei einer Prurigo pigmentosa sollte der klinisch tätige Dermatologe kennen, damit er dem Histologen diese Diagnose vorschlagen und relevante Differenzialdiagnosen ausschließen kann.


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Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Nagashima M. et al. A peculiar pruriginous dermatosis with gross reticular pigmentation. Jap J Dermatology 1971; 81: 38-39
  • 2 Braun-Falco O, Plewig G, Wolff HH, Burgdorf W, Landthaler M. Hrsg. Dermatologie und Venerologie. Heidelberg: Springer; 2005: 1163
  • 3 Altmeyer P. Altmeyers Enzyklopädie. Im Internet: www.enzyklopaedie-dermatologie.de [Stand: 18. 8. 2017]
  • 4 Weedon D. Weedon’s Skin Pathology. 3rd. ed. London: Churchill Livingstone Elsevier; 2010: 296
  • 5 Wyers W. Entzündliche Dermatosen mit Spongiose. In: Bolognia JL, Schaffer JV, Cerroni L. Hrsg. Dermatology. 4.. ed. Amsterdam: Elsevier; 2018: 1131
  • 6 Cerroni L, Garbe C. Histopathologie der Haut. 2.. Aufl. Heidelberg: Springer; 2016: 121-123

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. habil. Martin Johannes Köhler
SRH Zentralklinikum Suhl
Klinik für Dermatologie
Albert-Schweitzer-Str. 2
98527 Suhl

  • Literatur

  • 1 Nagashima M. et al. A peculiar pruriginous dermatosis with gross reticular pigmentation. Jap J Dermatology 1971; 81: 38-39
  • 2 Braun-Falco O, Plewig G, Wolff HH, Burgdorf W, Landthaler M. Hrsg. Dermatologie und Venerologie. Heidelberg: Springer; 2005: 1163
  • 3 Altmeyer P. Altmeyers Enzyklopädie. Im Internet: www.enzyklopaedie-dermatologie.de [Stand: 18. 8. 2017]
  • 4 Weedon D. Weedon’s Skin Pathology. 3rd. ed. London: Churchill Livingstone Elsevier; 2010: 296
  • 5 Wyers W. Entzündliche Dermatosen mit Spongiose. In: Bolognia JL, Schaffer JV, Cerroni L. Hrsg. Dermatology. 4.. ed. Amsterdam: Elsevier; 2018: 1131
  • 6 Cerroni L, Garbe C. Histopathologie der Haut. 2.. Aufl. Heidelberg: Springer; 2016: 121-123

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Abb. 1 Klinisches Bild: Symmetrisch am Rücken polymorphes Bild aus Erythemen, Erosionen, entzündlichen Papeln und einer retikulären Hyperpigmentierung als Residuum. Beachtenswert auch die Köbner-artige Reaktion durch Kratzen.
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Abb. 2 Klinisches Bild: Prästernal sowie auf den Oberbauch und die Innenseiten beider Mammae übergreifend retikuläre teils erodierte Erytheme und residuale retikuläre Hyperpigmentierung im Zentrum.
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Abb. 3 Histologisches Bild: Epidermale Spongiose mit intraepidermaler Pustelbildung. Vakuoläre Interface-Dermatitis mit Keratinozytennekrosen. Oberflächliche, perivaskuläre, lymphohistiozytäre Infiltrate mit eosinophilen Granulozyten.