Aktuelle Dermatologie 2018; 44(12): 568-571
DOI: 10.1055/a-0707-6945
Tagungsbericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Bedeutung der Hautgesundheit in der Medizin der Zukunft

The Importance of Skin Health in Future Medicine
K. Holzegel
Vorsitzender des Ehrenrates, Berufsverband der Deutschen Dermatologen e. V.
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Klaus Holzegel
Brombeerweg 21
06849 Dessau-Haideburg

Publication History

Publication Date:
08 October 2018 (online)

 

Einführung

So lautete der Titel der Antrittsvorlesung am 27. Juni 2018 von Univ.-Prof. Dr. med. Prof. honoraire Dr. h. c. Christos C. Zouboulis, gehalten im Campus Neuruppin der Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB), die Theodor Fontane, den bedeutenden märkischen Dichter, in ihrem Namen führt ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Univ.-Prof. Dr. med. Prof. honoraire Dr. h. c. Christos C. Zouboulis während seiner Antrittsvorlesung.

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Von den Anfängen

Da die MHB Theodor Fontane noch jung an Jahren ist und sich daher ihr Bekanntheitsgrad noch in einem frühen Stadium befindet, seien hier einige Vorbemerkungen erlaubt. Nach der wiedererlangten Einheit 1990 wurden die drei Bezirke Potsdam, Frankfurt/O. und Cottbus zum Bundesland Brandenburg vereint. Berlin wurde wie Hamburg ein Stadtstaat. Im Land Brandenburg gab es keine Hochschulmedizin im Gegensatz zum Bundesland Berlin mit zwei Universitäten!

1991 erfolgte die Gründung der Universität Potsdam, in Frankfurt/O. der Europa-Universität Viadrina und in Cottbus-Senftenberg der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU). Allerdings hatte keine dieser Neugründungen eine Medizinische Fakultät.

2012 wurde das Fehlen einer Ärzteausbildungsstätte akut. Hauptinitiatoren für die Beseitigung dieses Mangels waren die Ruppiner Kliniken in Neuruppin und das Städtische Klinikum Brandenburg. Im September 2012 stellten beide Kliniken beim zuständigen Potsdamer Ministerium den Antrag zur Gründung der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane.

Am 8. Juli 2014 erfolgte die staatliche Anerkennung der MHB. Das Gründungsdatum der MHB und die Bestallung des Gründungsdekans Prof. Dr. med. Dieter Nürnberg war der 28. Oktober 2014. Der Dekan Prof. Nürnberg hatte sich während seiner kurzen Amtszeit um das „Projekt MHB“ sehr verdient gemacht: Es wurden 2 Studiengänge in Humanmedizin und Psychologie etabliert, 26 Professoren berufen und alle erforderlichen universitären Gremien gebildet.

Am 1. September 2016 wurde die MHB mit einem neuen Dekan, dem Univ.-Prof. em. Dr. med. Prof. h. c. Dr. h. c. Edmund A. M. Neugebauer bedacht. Mit ihm erhielt die MHB eine fest in der medizinischen Forschung und Lehre verankerte Persönlichkeit. Sein Oeuvre sind bislang 850 wissenschaftliche Publikationen sowie 12 verfasste Bücher.

Die Trägerschaft für die MHB stellen Brandenburg sowie Neuruppin zu je einem Drittel, ein weiteres Drittel verteilt sich auf weitere Träger. Studienabschlüsse sind das Staatsexamen für die Humanmedizin und der Bachelor of Science für die Psychologie. Ab 2017 ist auch der Masterstudiengang möglich.

Die MHB Theodor Fontane wird durch den Campus Brandenburg und den Campus Neuruppin, letzterer mit 800 Betten in den Ruppiner Kliniken, repräsentiert. Seit 2016 gehört das Städtische Klinikum Dessau (SKD) zu den kooperierenden Kliniken der MHB. Damit ist der Fachbereich Dermatologie und Venerologie die erste Hochschulabteilung der MHB am SKD. Der Chefarzt der Hochschulklinik für Dermatologie, Venerologie, Allergologie und Immunologisches Zentrum Prof. Dr. med. Christos C. Zouboulis wurde zum Ordinarius für Dermatologie und Venerologie an der MHB Theodor Fontane gewählt und erhielt 2017 aus den Händen von Spectabilis Prof. Neugebauer, dem Dekan der Medizinischen Fakultät, die Ernennungsurkunde als Ordinarius für Dermatologie und Venerologie an der MHB Theodor Fontane. Prof. Zouboulis nimmt sowohl im Campus Neuruppin als auch im Klinikum Dessau seine Lehrtätigkeit „mit Freude und Stolz“ wahr und das bereits seit dem Wintersemester 2017.


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Die Antrittsvorlesung

Nach altem akademischem Brauch hält der neu berufene Ordinarius eine Antrittsvorlesung, die öffentlich und staatlichen, universitären, kommunalen und kollegialen Würdenträgern und auch den Studenten zugänglich ist. Die Leitung dieser festlichen Sitzung obliegt dem Dekan.

In den Monaten Mai bis September 2018 finden sechs Antrittsvorlesungen in der MHB statt. Am 27. Juni 2018 fand nun die dritte Antrittsvorlesung dieses Jahres im Großen Festsaal des Campus Neuruppin statt, zu der der Dekan Prof. Neugebauer eingeladen hatte und einführende Worte für den bereits 2017 berufenen Prof. Zouboulis, Chefarzt am Dessauer Klinikum, fand.

Vorstellung von Univ.-Prof. Dr. Zouboulis

Univ.-Prof. Dr. Dr. med. Dr. sc. nat. Wolfgang Jungraithmayr, Klinikdirektor für Thoraxchirurgie an der MHB, trug zunächst den wissenschaftlichen Werdegang von Univ.-Prof. Dr. Zouboulis vor.

Univ.-Prof. Dr. med. Christos C. Zouboulis studierte Medizin und Politikwissenschaften von 1978 bis 1987 an der Nationalen Kapodistria Universität Athen, Griechenland. 1988 promovierte er zum Dr. med. an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Universitätsklinikum Benjamin Franklin der Freien Universität Berlin, wo er auch seine Facharztweiterbildung für Dermatologie und Venerologie sowie die Zusatzweiterbildungen in Allergologie, Andrologie und Proktologie abschloss. Er absolvierte Stipendienaufenthalte in der Molekularbiologie am Department of Dermatology, University of Michigan Medical School, Ann Arbor, MI, USA, und in der klinischen Forschung am Department of Dermatology, Cleveland Clinic Foundation, OH, USA, sowie am Department of Dermatology, Massachusetts General Hospital, Harvard University, Boston, MA, USA. Anschließend kehrte er an die Klinik für Dermatologie der Freien Universität Berlin als Oberarzt zurück, wo er seine Habilitationsschrift im Jahr 1995 abschloss und die Venia legendi erhielt. Im Jahr 2000 wurde er zum apl. Professor für Dermatologie und Venerologie an der Freien Universität Berlin ernannt und hatte in den Jahren 2000 bis 2005 die Stelle des stellvertretenden Direktors der Klinik für Dermatologie inne. 2005 wurde er zum Direktor für Dermatologie, Venerologie und Allergologie und des Immunologischen Zentrums des Städtischen Klinikums Dessau gewählt. 2017 wurde er nach seiner Wahl zum Gründungsprofessor des Lehrstuhls für Dermatologie und Venerologie an der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane ernannt.


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Forschungsschwerpunkte

Die Forschungsschwerpunkte von Prof. Zouboulis liegen auf den Gebieten der Dermato-Endokrinologie und der Talgdrüsenbiologie, der Akne, der Hidradenitis suppurativa/Akne inversa, der Hautstammzellen, der molekularen Alterung, der Dermato-Pharmakologie, der Kryochirurgie und der seltenen Krankheiten, z. B. des Morbus Adamantiades-Behçet und der malignen atrophen Papulose Kohlmeier-Degos. Er ist Autor von mehr als 700 wissenschaftlichen Publikationen.


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Ehrungen

Prof. Zouboulis wurde zum Prof. honoraire der Universität Franche-Comté, Besançon, Frankreich, zum Dr. h. c. der Nationalen Kapodistria Universität Athen und zum Gastprofessor für Dermatologie der Shanghai Medizinischen Jiao Tong Universität, Shanghai, VR China, gewählt. Er hat zahlreiche Auszeichnungen für seine wissenschaftliche Arbeit erhalten, unter anderen den Oskar-Gans-Preis der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, das EADV-Forschungsstipendium, den Felix-Wankel-Tierschutz-Forschungspreis, den Paul-Gerson-Unna-Preis für immunologische Forschung und den Springer-Preis für Dermatologie. Seine Klinik wurde 2009 als Exzellenzort im Programm „Deutschland Land der Ideen“ für die Arbeit an den Stammzellen der Haut benannt. Darüber hinaus ist Prof. Zouboulis Ehrenmitglied der französischen, der ungarischen und der litauischen Dermatologischen Gesellschaft.

Derzeit ist er im Ehrenamt Präsident des Europäischen Hidradenitis Suppurativa Foundation (EHSF) e. V., Ehrenpräsident der Europäischen Gesellschaft für Präventive, Regenerative und Anti-Aging Medizin (ESAAM) und Vorstandsmitglied der Europäischen Akademie für Dermatologie und Venerologie (EADV) sowie der Internationalen Gesellschaft für den Morbus Behçet. Prof. Zouboulis ist derzeit Editor der EADV News, Co-Editor der Zeitschriften Dermato-Endocrinology und Rejuvenation Research und Mitglied der Editorial Boards verschiedener internationaler Fachzeitschriften.

Nach dieser kurzen Einführung folgte die angekündigte Antrittsvorlesung mit dem Thema: „Die Bedeutung der Hautgesundheit in der Medizin der Zukunft“. Prof. Zouboulis begann mit der Betrachtung der menschlichen Entwicklung im griechischen Altertum, indem er Platon von Athen als Vertreter der Genetik und Aristoteles von Stageira als Lehrer der Umwelteinflüsse auf die Genetik, die heutzutage sog. Epigenetik, vorstellte. Die Ätiologie der Krankheiten definiert auch i. d. R. den Zeitpunkt der Manifestation, nämlich genetische Erkrankungen manifestieren sich in der frühen Kindheit, während epigenetisch bedingte Erkrankungen sich deutlich später manifestieren. Die Alterspyramide von 1910 in der Form einer „Alterstanne“ wurde bereits im Jahr 2001 und wie erwartet im Jahr 2050 noch deutlicher in einer „Altersurne“ umgewandelt. Damit nimmt die Zahl von epigenetisch bedingten Krankheiten deutlich zu. Während das Populationsbüro, Abteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten des UN-Sekretariats bestimmte altersassoziierte Körperveränderungen nannte, die zu Volkskrankheiten führen ([Tab. 1]), zeigte eine Befragung von EU-Bürgern, dass Zeichen der Hautalterung wie der Übergang zu grauen oder weißen Haaren und die Zunahme der Hautfalten den Menschen Alterungssorgen verursachen.

Tab. 1

Bewertung der fünf wichtigsten Alterungszeichen, die zu Volkskrankheiten im Alter führen.

Populationsbüro, Abteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten des UN-Sekretariats

Umfrage von EU-Bürgern

Knochen- und Gelenkveränderungen

Entstehung von grauen/weißen Haaren

Gangunsicherheit

Entwicklung von Hautfalten

Abnahme des Erinnerungsvermögens

Reduktion der Anpassungsfähigkeit

Inkontinenz

Sehschwäche

Reduktions des Hörvermögens

Reduktion der muskulären Kraft und der Körperstärke

Eine Reihe von Hautfunktionen werden im Alter reduziert ([Tab. 2]). Die Hautalterung wird besonders durch einen hohen Lichteinfluss – über Dezennien hinweg – beeinflusst, d. h. deutlich vermehrt. Mit zunehmendem Alter können Dermatosen wie Xerosis cutis, Zoster, bullöses Pemphigoid, Lichen sclerosus et atrophicus sowie epitheliale Tumoren assoziiert werden.

Tab. 2

Altersbedingte Reduktion von Hautfunktionen.

  • epidermale Zellerneuerung

  • Funktion der Hautbarriere

  • Talgsynthese

  • Schweißsynthese

  • Vitamin-D-Synthese

  • dermoepidermale Adhäsion

  • Immunfunktion

  • Wundheilung

  • vaskuläre Reaktion

  • Thermoregulation

  • sensorische Funktion

  • Eliminationsgeschwindigkeit chemischer Stoffe


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Nachweis der Hautalterung

Instrumentell lässt sich die Hautalterung nichtinvasiv messen, wie die zunehmende Rarefikation der Hautlinien in verschiedenen Altersklassen der Haut zeigt. Auch mit histologischen Schnitten lässt sich die Verdünnung (Atrophie) der Epidermis und der tieferen Cutisschichten in den verschiedenen Altersstufen gut demonstrieren.


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Die Haut als Spiegel des Organismus

Wie die Haut mit anderen Erkrankungen verschiedener Organe vernetzt sein kann, zeigte Prof. Zouboulis an verschiedenen Fällen der Komorbidität, z. B. bei Psoriasis vulgaris, Rosazea, Hidradenitis suppurativa oder der Hyperhidrosis. Bei letzterer zeichnen sich als komorbide Erkrankungen: Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen, Arthritis/Arthrose, kardiovaskuläre und neuropsychiatrische Erkrankungen ab. Interessant ist auch die Feststellung, dass Haut und Knochen gemeinsam altern. Ein exakt paralleler Verlauf der beiden Kurven von Hautkollagen und Hydroxylapatit zwischen 20 und 60 Jahren wurde nachgewiesen.

Prof. Zouboulis wies auch auf die gemeinsame embryonale ektodermale Herkunft von Haut und Nervensystem hin mit dem Resultat, dass Haut und Gehirn gemeinsam altern, woraus sich die Zukunftsfrage ergibt, ob eine Hautbiopsie eine Gehirnbiopsie überflüssig machen wird.


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Stammzelllinien

„Ein weites Feld“ ist auch die Stammzellforschung, wobei man undifferenzierte und unbegrenzt teilungsfähige Zellen durch die Reprogrammierung von adulten differenzierten Hautzellen in induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC) gewinnen kann ([Abb. 2]). Diese iPSC sind bereits in der Lage durch entsprechende Genmodifikation sich zu differenzieren.

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Abb. 2 Induzierte pluripotente Stammzellen und ihre Fähigkeiten.

Abschließend und zusammenfassend konstatierte Prof. Zouboulis, dass die Haut in der Zukunft eine große Rolle in der Medizin spielen wird. Vor der Hautforschung liegt ein enormes Entwicklungspotenzial. In dieses ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit eingebettet, die die Anforderung von Ätiologie und Therapie komplexer Krankheiten zum Ziel hat.

Langanhaltender, kräftiger Beifall zeigte dem Festredner und auch dem Auditorium, dass sein breit gefächerter Vortrag „gut angekommen“ war. Prof. Jungraithmayr führte nun die lebhafte Diskussion, an der sich auch Studenten beteiligten, durch.

Ein Rundumblick im gut besetzten Festsaal zeigte dem Berichterstatter, dass eine Reihe bekannter Dermatologen und Kollegen anderer Disziplinen – neben vielen Ordinarien der MHB und aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern und Doktoranden der Klinik – an dem Festakt teilgenommen hatten, so:

  • Prof. Dr. Prof. h. c. Dr. h. c. mult. Constantin E. Orfanos, Direktor (em.) der Klinik für Dermatologie und Venerologie, Freie Universität Berlin

  • Dr. med. Joachim Zagrodnick, Ärztlicher Direktor des Städtischen Klinikums Dessau

  • Dr. med. André Dyrna, Verwaltungsdirektor, ebenfalls Klinikum Dessau

  • Prof. Dr. Yaron Har-Shai, Direktor, Department of Plastic Surgery, Technion University of Haifa, Israel – Dean for Scientific Affairs

  • Prof. Dr. Daniel Töröcsik, Department of Dermatology, University of Debrecen, Ungarn

  • Prof. Dr. med. Harald Gollnick, Direktor (em.) der Klinik für Dermatologie und Venerologie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg – Past-President Deutsche Dermatologische Gesellschaft

  • Prof. Dr. med. Hans-F. Merk, Direktor (em.) der Hautklinik – RWTH Universität Aachen

  • Prof. Dr. med. Thomas B. Dschietzig, Prof. für Innere Medizin der Charité, UMB/CEO, Relaxera Pharmazeutische Gesellschaft mbH & Co. KG

  • PD Dr. med. Dr. rer. nat. Katrin Schlatterer-Krauter, Chefärztin Zentrallabor, Sankt Gertrauden-Krankenhaus Berlin

Abschließend bat der Dekan die Gäste noch zu einem Stehempfang, bei dem sich alte Bekannte über das Wiedersehen freuten, was zu einer lebhaften „Causerie“ führte, wie Theodor Fontane es sicher genannt hätte.


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Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Dr. med. Klaus Holzegel
Brombeerweg 21
06849 Dessau-Haideburg


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Abb. 1 Univ.-Prof. Dr. med. Prof. honoraire Dr. h. c. Christos C. Zouboulis während seiner Antrittsvorlesung.
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Abb. 2 Induzierte pluripotente Stammzellen und ihre Fähigkeiten.