Key words
colorectal cancer - ablation procedures - staging - S3 guidelines - follow-up
Einführung
In den Industrieländern beobachtet man eine steigende Inzidenz des kolorektalen Karzinoms
(KRK) über die letzten 30 Jahre. So ist das KRK mit über 64 000 Neuerkrankungen und
ca. 26 000 Todesfällen pro Jahr in Deutschland einer der häufigsten malignen Tumoren.
Allerdings zeigen beide Zahlen im Vergleich zur Version von 2013 (76 000 bzw. 27 000)
eine leicht rückläufige Tendenz. Die Lebenszeitinzidenz ist mit ca. 6 % unverändert
hoch. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen; dies betrifft vor allem Rektumkarzinome
mit einem Geschlechterverhältnis von 6:4.
Die Prognose hängt – wie bei vielen Tumorentitäten – entscheidend vom Krankheitsstadium
ab und liegt bei einer mittleren 5-Jahres-Überlebensrate von 40 bis 60 %. Durch die
stetige Weiterentwicklung diagnostischer Verfahren und eine Optimierung chirurgischer,
neoadjuvanter und palliativer Therapiekonzepte sind die altersstandardisierten Sterberaten
in den letzten 10 Jahren um mehr als 20 % zurückgegangen.
Dieser Artikel führt die relevanten Verhaltensempfehlungen der 2017 aktualisierten
S3-Leitlinie für die radiologische Diagnostik und Therapie des KRK mit den wesentlichen
Statements und entsprechender Literatur auf.
Methodik
Die Koordination und Planung der Leitlinie erfolgte unter Federführung der Deutschen
Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), welche durch das
Leitlinien-Programm Onkologie der AWMF unterstützt wurde. Die Basis dieses Programms
beruht auf den medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen der Fachgesellschaften
und der DKG, dem Konsens der medizinischen Fachexperten, Anwender und Patienten sowie
auf dem AWMF-Regelwerk der Leitlinienerstellung der AWMF. Die Anwendung des AWMF-Regelwerks
sollte hierbei als Grundlage zur Entwicklung qualitativ hochwertiger onkologischer
Leitlinien dienen. Das methodische Vorgehen ist im Leitlinienreport explizit dargelegt.
Die Evidenzgraduierung der systematisch recherchierten Daten wurde nach dem Schema
des Oxford-Centre for Evidence-based Medicine ([Tab. 1]) durchgeführt, aus welchem Empfehlungsgrade für die klinische Beurteilung hergeleitet
wurden ([Abb. 1]).
Tab. 1
Schema der Evidenzgraduierung nach Oxford.
|
Grad
|
Studientyp
|
|
1a
|
systematische Übersicht über randomisierte kontrollierte Studien (RCT)
|
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1b
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eine RCT (mit engem Konfidenzintervall)
|
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1c
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Alle-oder-keiner-Prinzip
|
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2a
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systematische Übersicht gut geplanter Kohortenstudien
|
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2b
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eine gut geplante Kohortenstudie oder ein RCT minderer Qualität
|
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2c
|
Outcome-Studien, ökologische Studien
|
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3a
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systematische Übersicht über Fall-Kontrollstudien
|
|
3b
|
eine Fall-Kontroll-Studie
|
|
4
|
Fallserien oder Kohorten-/Fall-Kontroll-Studien minderer Qualität
|
|
5
|
Expertenmeinung ohne explizite Bewertung der Evidenz oder basierend auf physiologischen
Modellen/Laborforschung
|
Abb. 1 Klassifizierung der Empfehlungsgrade für die klinische Beurteilung (nach Empfehlungen
des Europarates 2001). In der Regel bestimmt der Evidenz- den Empfehlungsgrad. In
begründeten Fällen ist eine Abweichung möglich.
Involviert in die Überarbeitung der Leitlinie war eine Fachexpertengruppe mit insgesamt
53 Mandatsträgern und Plenumsmitgliedern aus 14 deutschen medizinischen Fachgesellschaften
und 7 weiteren Berufsverbänden und Vereinigungen. Diese trafen sich 2-mal zu geplanten
Konsensus-Abstimmungen und diesbezüglichen Diskussionen. Anhand der Zustimmungsrate
des Plenums wurde die Konsensus-Stärke klassifiziert ([Tab. 2]).
Tab. 2
Klassifikation der Konsensus-Stärke.
|
Konsensus-Stärke
|
prozentuale Übereinstimmung
|
|
starker Konsens
|
Zustimmung von > 95 % der Teilnehmer
|
|
Konsens
|
Zustimmung von > 75 – 95 % der Teilnehmer
|
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mehrheitliche Zustimmung
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Zustimmung von > 50 – 75 % der Teilnehmer
|
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kein Konsens
|
Zustimmung von weniger als 50 % der Teilnehmer
|
Die Langversion dieser Leitlinie wurde in der Zeitschrift für Gastroenterologie veröffentlicht
und ist online publiziert über die Homepages des Leitlinienprogramms Onkologie der
DKG (www.leitlinienprogramm-onkologie.de), der AWMF (www.awmf.org), der Deutschen Krebshilfe (www.krebshilfe.de) und der DGVS (www.dgvs.de). Hier werden zusätzlich zur Langversion eine Kurzversion, ein Leitlinienreport und
Evidenzberichte veröffentlicht.
Primärdiagnostik
Aufgrund der höchsten Sensitivität und Spezifität in der Früherkennung kolorektaler
Neoplasien gilt die Koloskopie nach wie vor als Goldstandard, sowohl in der Vorsorge
(Screening), als auch in der präoperativen Diagnostik. Da endoskopische Verfahren
als einzige Maßnahme zusätzlich den Vorteil der therapeutischen Abtragung bieten,
kann durch endoskopische Abtragung die Adenom-Karzinom-Sequenz unterbrochen und folglich
die Entstehung von Karzinomen und die KRK-bedingte Mortalität reduziert werden [1]. Da in bis zu 5 % der kolorektalen Karzinome synchrone Tumoren zu erwarten sind,
die der intraoperativen Beurteilung entgehen könnten, ist grundsätzlich eine Koloskopie
des gesamten Kolons vorzunehmen [1]
[2]
[3]
[4].
CT- oder MR-Kolonografie
Konsensus-basiertes Statement
Die CT-Kolonografie und die MR-Kolonografie sollten nicht für die Darmkrebsvorsorge/-früherkennung
in der asymptomatischen Bevölkerung eingesetzt werden.
Level of Evidence 3b – De Novo
Empfehlungsgrad: B
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Kommentar
Auch wenn die American Cancer-Society seit April 2008 die CT-Kolonografie auch als
Screening-Alternative beim kolorektalen Karzinom empfiehlt [5], ist dies in der Bundesrepublik Deutschland bei asymptomatischen Patienten aufgrund
der Strahlenexposition und ubiquitären Verfügbarkeit endoskopischer Alternativverfahren
weiterhin nicht zulässig (StrlSchV § 80). Die – diesbezüglich unkritische – MR-Kolonografie
entfällt mangels ausreichender Studienlage derzeit ebenso als Screeningverfahren [6]
[7].
Konsensus-basierte Empfehlung
Bei inkompletter Koloskopie aufgrund eines stenosierenden Tumors kann präoperativ
zusätzlich eine CT- oder MR-Kolonografie erfolgen.
Empfehlungsgrad: 0
Level of Evidence 4
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Bei inkompletter Koloskopie infolge anderer Ursachen (z. B. Adhäsionen) sollte eine
CT- oder MR-Kolonografie erfolgen.
Empfehlungsgrad: B
Level of Evidence 4
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Kommentar
Ist aus technischen Gründen oder aufgrund von Patientenverweigerung eine Koloskopie
allerdings nicht durchführbar, können sowohl die CT-Kolonografie [8]
[9] als auch – nachrangig – die MR-Kolonografie als alternative radiologische Verfahren
eingesetzt werden [10]. Diese Empfehlung entspricht – zumindest die Computertomografie (CT) betreffend
– auch der gemeinsamen Leitlinie von ESGE und ESGAR von 2014 [11]. In 2 aktuellen Meta-Analysen zeigt sich eine Sensitivität von 100 % für die Detektion
von Karzinomen bzw. 87,9 % für die Detektion von Adenomen ≥ 10 mm. Bei Adenomen > 5 mm
sanken Sensitivität und Spezifität der CT-Kolonografie bei Stuhltest-positiven Screening-Kandidaten
auf 88 % bzw. 75 % [11]. Unverändert lassen sich insbesondere flache Polypen häufig nicht adäquat detektieren
[12]
[13]
[14]
[15].
Neben mangelnder Expertise beschränken auch suboptimale Patientenvorbereitung bzw.
inadäquate Untersuchungsdurchführung eine valide Interpretation der virtuellen Kolonografie,
sodass zur Erlangung von Kenntnissen der Untersuchungs- und Auswertetechniken eine
standardisierte Ausbildung anzustreben ist. Von der European Society of Gastrointestinal
and Abdominal Radiology (ESGAR) wie auch vom American College of Radiology wird daher
eine Anzahl von mindestens 50 CT-Kolonografie-Untersuchungen im Rahmen von Ausbildungsprogrammen
vorgeschlagen.
Vorrangiges Ziel der virtuellen Kolonografie ist somit, weitere Malignom-suspekte
Läsionen auszuschließen und fällt somit unter die im Folgenden diskutierte Domäne
des Stagings.
Staging
Bedeutung einzelner bildgebender Verfahren (außer PET) zur Abklärung von Fernmetastasen
Konsensus-basiertes Statement
Als Basisuntersuchungen des präoperativen Stagings des kolorektalen Karzinoms sollen
die Ultraschalluntersuchung des Abdomens und die konventionelle Röntgenaufnahme des
Thorax in 2 Ebenen erfolgen.
Im Falle eines unklaren Befundes oder des Verdachts auf Fernmetastasen oder Infiltration
von Nachbarorganen oder umgebenden Strukturen soll ein Mehrzeilen-CT des Abdomens
und Beckens bzw. im Falle des Verdachts auf Lungenmetastasen ein CT des Thorax durchgeführt
werden.
Empfehlungsgrad: GCP
Abstimmung im Plenum: Konsens
Kommentar
Die prätherapeutische Bildgebung dient in erster Linie der Beurteilung einer Fernmetastasierung
und Lymphadenopathie. Bei 25 % der Patienten mit Kolonkarzinom und 18 % der Patienten
mit Rektumkarzinom liegen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits Fernmetastasen vor.
Beim Kolonkarzinom ist es in 13 % auf 1 Organ beschränkt (M1a), in 12 % auf mehr als
1 Organ oder auf das Peritoneum (M1b). Lebermetastasen finden sich in 19 %, Lungenmetastasen
in 3 %, Peritoneal-Metastasen in 9 %; weitere Fernmetastasen in nichtregionären Lymphknoten
(2 %), der Haut (2 %), des Ovars (1 %), der Knochen (< 1 %) oder anderer Lokalisationen
(2 %) sind selten. Beim Rektumkarzinom ist die Metastasierung in 12 % auf 1 Organ
beschränkt (M1a), in 6 % auf mehr als 1 Organ oder auf das Peritoneum (M1b). Fernmetastasen
in der Leber finden sich bei 15 %, Lungenmetastasen in 4 %; weitere Fernmetastasen
finden sich bei 3 % im Peritoneum, bei 2 % in nichtregionären Lymphknoten. Fernmetastasen
in der Haut, Knochen, Gehirn, Ovar oder anderen Lokalisationen finden sich jeweils
in weniger als 1 %. [Daten aus dem klinischem Krebsregister der Chirurgischen Universitätsklinik
Erlangen-Nürnberg].
Zur Detektion von Lungenmetastasen – in 45 – 70 % konkordant mit einer gleichzeitigen
hepatischen Metastasierung – reicht primär die konventionelle Röntgen-Thorax-Aufnahme
aus [16]
[17]. Im Vergleich zur konventionellen Bildgebung zeigt die CT des Thorax zwar eine weitaus
höhere Sensitivität in der Detektion pulmonaler Rundherde, bei gleichzeitig jedoch
deutlich niedrigerer Spezifität. Nach aktueller Studienlage ist somit der klinische
Benefit einer präoperativen Thorax-CT nicht hinreichend gesichert [17].
Zur Klärung von Lebermetastasen soll primär die Abdomen-Sonografie eingesetzt werden
(Sensitivität 63 – 86 %, Spezifität 98 %) [18]
[19]
[20]. Die kontrastmittelverstärkte Sonografie der Leber ist annähernd gleichwertig (Sensitivität
83 – 86 %, Spezifität 94 – 98 %) mit CT und MRT, setzt jedoch adäquate Qualitätsstandards
(technische Ausrüstung und Erfahrung des Untersuchers) voraus [19]
[20]. Daher ist bei sonografisch suspekten Befunden, unzureichender sonografischer Beurteilbarkeit
der Leber oder klinisch begründetem Verdacht auf das Vorliegen von Lebermetastasen
ergänzend eine CT des Abdomens durchzuführen (Sensitivität 75 – 83 %, Spezifität 95 – 98 %)
[18]
[21]. Dies erlaubt nicht nur eine Beurteilung von segmentaler Zuordnung, sondern auch
vaskulärer Versorgung und somit Resektabilität der Metastasen. Alternativ kann auch
eine MRT der Leber durchgeführt werden, deren diagnostische Genauigkeit über der der
CT liegt (Sensitivität und Spezifität: MRT 80 – 88 % und 93 – 97 %, CT 74 – 84 % und
95 – 96 %) [18]
[21]. Da die CT des Abdomens gleichzeitig eine Aussage zur lokalen Tumorausdehnung erlaubt,
besteht die Tendenz, statt bzw. in Ergänzung zu einer Sonograpfie primär ein Abdomen-CT
durchzuführen. In Studien ergab sich bei Patienten mit Kolonkarzinomen allerdings
durch den routinemäßigen Einsatz einer präoperativen CT lediglich in wenigen Fällen
eine Änderung des weiteren Vorgehens [22]
[23].
Stellenwert von CT und MRT im präoperativen lokalen Staging
Konsensus-basierte Empfehlung
Mit einer präoperativen Staging-CT kann unterschieden werden zwischen Tumoren, die
auf die Darmwand beschränkt sind, und denen, die sie überschreiten. Die Identifikation
des Nodalstatus gelingt jedoch signifikant schlechter. Die besten Ergebnisse bietet
das Mehrzeilen-CT (MSCT).
Empfehlungsgrad: GCP
Abstimmung im Plenum: Konsens
Kommentar
Die Aussagekraft der präoperativen Ultraschalluntersuchung des Abdomens ist bezüglich
der Auswahl des Therapiealgorithmus unzureichend. Hier erreicht das Mehrschicht-CT
(MSCT) eine hohe Sensitivität (86 %) und Spezifität (78 %) zur Evaluation der lokalen
Tumorinfiltration. Lokale Lymphknotenmetastasen werden jedoch mit einer deutlich geringeren
Sensitivität (70 %) detektiert [24]. Ausreichende Daten zur Genauigkeit des Kernspintomogramms zum lokalen Staging des
Kolonkarzinoms liegen derzeit nicht vor.
Stellenwert der PET-CT bei Primärdiagnostik des kolorektalen Karzinoms
Konsensus-basiertes Statement
Die PET/PET-CT hat keinen Stellenwert in der Ausbreitungsdiagnostik bei Erstdiagnose
eines kolorektalen Karzinoms.
Level of Evidence 2b – De Novo
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Kommentar
Es existieren mehrere vergleichende Studien zur Sensitivität der PET für Fernmetastasen,
welche eine insgesamt heterogene Studienlage präsentieren [24]
[25]. In neueren Vergleichsstudien mit einer Multidetektor-Spiral-CT zeigt sich kein
signifikanter Benefit der PET [26]
[27].
Durch die geringe Auflösung der PET ist auch die Sensitivität für Lymphknotenmetastasen
niedrig (29 – 85 %) und somit anderen Schichtbildgebungsmodalitäten nicht überlegen.
Entsprechend führte der Einsatz der PET bzw. PET-CT nur in 2 – 27 % zu einer Änderung
des therapeutischen Vorgehens [26]
[27]
[28]
[29].
Konsensus-basierte Empfehlung
Eine PET-CT kann bei Patienten mit resektablen Lebermetastasen eines kolorektalen
Karzinoms mit dem Ziel der Vermeidung einer unnötigen Laparotomie durchgeführt werden.
Empfehlungsgrad: 0
Level of Evidence 2b – De Novo
Abstimmung im Plenum: Konsens
Kommentar
Eine ergänzende PET/PET-CT hat keinen Einfluss auf das krankheitsfreie oder Gesamtüberleben
der KRK-Patienten [30]. Die Studie, aufgrund derer in der letzten Leitlinienaktualisierung in 2008 ein
Empfehlungsgrad B für die Durchführung einer PET/PET-CT vor Resektion kolorektaler
Lebermetastasen ausgesprochen wurde, ist bislang nicht als Manuskript publiziert [31], sodass der Empfehlungsgrad in der aktuellen Leitlinie herabgestuft wurde.
Zur Frage, ob die ergänzende PET-CT überflüssige Laparotomien als klinisch relevanten
Endpunkt vermeiden kann, ist die Studienlage bislang nicht vollständig geklärt: Eine
Studie an 150 Patienten mit hepatischen Metastasen eines KRK konnte jedoch zeigen,
dass mit einer ergänzenden PET der Anteil überflüssiger Laparotomien von 45 % auf
28 % gesenkt werden konnte [32].
Bei Patienten vor Resektion von Lebermetastasen eines KRK hat eine ergänzende PET/PET-CT
keinen Einfluss auf das krankheitsfreie oder Gesamtüberleben des Patienten. Ob die
ergänzende PET-CT-Untersuchung überflüssige Laparotomien als klinisch relevanten Endpunkt
vermeiden kann, ist nicht vollständig geklärt. Die konsentierte Empfehlung stützt
sich auf lediglich eine publizierte Studie [32], die jedoch methodische Schwächen aufweist. Es fand sich kein signifikanter Unterschied
im Überleben im PET-Arm, jedoch eine signifikante Verringerung der Zahl überflüssiger
Laparotomien um 38 % mit sehr großem Konfidenzintervall (95 % CI, 4 – 60 %, p = 0,042).
Die Studie wurde von der Konsensuskonferenz im Evidenzlevel herabgestuft, da der bei
der Studienplanung genannte primäre Studienendpunkt von dem in der Publikation angegebenen
abwich (ursprünglicher Endpunkt: Rate der Patienten, die nach 9 Monaten krankheitsfrei
sind). Eine weitere, bislang auf dem ASCO-Jahresmeeting 2011 in Abstrakt-Form vorgestellte
multizentrische randomisierte Studie untersuchte ebenfalls diese Fragestellung [33]. Endpunkt dieser Studie war die Änderung im Patientenmanagement nach PET-Diagnostik,
der jedoch – aufgrund fehlender Änderung – nicht erreicht wurde.
Konsensus-basierte Empfehlung
Eine PET-CT soll nicht innerhalb von 4 Wochen nach Gabe einer systemischen Chemotherapie
oder Antikörpertherapie durchgeführt werden, da die Sensitivität deutlich reduziert
ist.
Empfehlungsgrad: A
Level of Evidence 2b – De Novo
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Kommentar
Durch eine zu hohe Anzahl falsch-negativer PET-Befunde innerhalb von 4 Wochen nach
einer systemischen Chemo- oder Antikörpertherapie kann die PET in diesem Zeitraum
nicht empfohlen werden [34]
[35].
Spezielle Diagnostik beim Rektumkarzinom
Konsensus-basiertes Statement
Zum lokalen Staging eines Rektumkarzinoms sollte vorzugsweise eine MRT, im Falle eines
mutmaßlichen T1-Karzinoms eine Endosonografie, durchgeführt werden.
Empfehlungsgrad: B
Level of Evidence 2b – De Novo
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Konsensus-basiertes Statement
Für T1-Karzinome ist die CT nicht geeignet.
Level of Evidence 3 – De Novo
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Konsensus-basiertes Statement
Die Befundbeschreibung soll eine Aussage über den Abstand zur mesorektalen Faszie
beinhalten.
Empfehlungsgrad: GCP
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Kommentar
Unter Berücksichtigung insbesondere der Möglichkeit der Darstellung der mesorektalen
Faszie wird von vielen Experten aktuell das MRT – mit Ausnahme von frühen Karzinomen
– für das lokale Staging des Rektumkarzinoms bevorzugt.
Beim Rektumkarzinom kommt dem lokalen Staging eine entscheidende Bedeutung bei der
weiteren Therapieplanung zu. Während bei einem low-risk T1-Karzinom eine lokale Abtragung
ausreichend ist, ist bei high-risk T1- sowie T2-Karzinomen eine Resektion nach onkologischen
Kriterien erforderlich.
In der Diagnostik von T1-Karzinomen sowie der Differenzierung von T2- und T3-Karzinomen
weist die Endosonografie (EUS) die höchste Genauigkeit auf [36]
[37]. Das MRT mit endorektaler Spule stellt eine mögliche Alternative zum EUS dar, ist
aber mit höheren Kosten verbunden, wird von den Patienten als unangenehm empfunden
und ist nur an sehr wenigen Standorten etabliert. Das CT ist hierfür nicht geeignet.
Tiefere rektale Infiltrationen mit Übertritt in das Mesorektum (T3 und T4) werden
neoadjuvant therapiert, sodass dem Abstand von der mesorektalen Faszie eine wichtige
prognostische Bedeutung zukommt [38]. Ist die mesorektale Faszie infiltriert bzw. reicht der Tumor bis 1 mm an die Faszie
heran (CRM+), ist das Lokalrezidiv-Risiko deutlich erhöht [38].
Da die mesorektale Faszie im Gegensatz zur Endosonografie in der MRT gut dargestellt
werden kann, sollte diese für das lokale Staging des Rektumkarzinoms bevorzugt zum
Einsatz kommen [6]. Das Spiral-CT stellt eine mögliche Alternative dar [39], in der Endosonografie lässt sich die Faszie nicht darstellen.
Konsensus-basiertes Statement
Der im Dünnschicht-MRT gemessene radiale Abstand des Primärtumors (oder bildgebend
befallener Lymphknoten) von der mesorektalen Faszie (mrCRM) soll außerhalb von Studien
nicht als Entscheidungskriterium für eine primäre Operation herangezogen werden.
Empfehlungsgrad: GCP
Abstimmung im Plenum: Konsens
Kommentar
Der durch die Dünnschicht-MRT bestimmte mrCRM hat eine hohe prognostische Bedeutung
für die lokale Kontrolle sowie das krankheitsfreie Überleben und Gesamtüberleben [31]. Allerdings belegen Subgruppenanalysen großer randomisierter Studien, dass die präoperative
Radiotherapie gerade bei Erreichen einer pCRM-negativen Resektion zu einer weiteren
signifikanten Verbesserung der Lokalrezidiv-Rate führte [40]. Eine ausschließlich auf das Selektionskriterium mrCRM bezogene Indikationsstellung
zur neoadjuvanten Radio-/Radiochemotherapie versus primärer Operation bedarf derzeit
somit noch weiterer qualitätsgesicherter, prospektiver Studien.
Konsensus-basiertes Statement
Die Wertigkeit aller bildgebenden Verfahren zur Beurteilung des Lymphknotenstatus
ist mit erheblicher diagnostischer Unsicherheit behaftet.
Level of Evidence 2b – De Novo
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Kommentar
Bei der Beurteilung der Lymphknoten sind Sensitivität (55 – 73 %) und Spezifität (74 – 78 %)
aller Verfahren derzeit unbefriedigend [37]. Aus diesem Grund sollte die Indikation zu einer neoadjuvanten Therapie sehr zurückhaltend
gestellt werden, wenn sie allein auf der Beschreibung suspekter Lymphknoten in der
prätherapeutischen Bildgebung basiert. [Tab. 3] zeigt eine zusammenfassende Übersicht über die präoperative Ausbreitungsdiagnostik.
Tab. 3
Übersicht über die präoperative Ausbreitungsdiagnostik.
|
Kolon-Ca
|
Rektum-Ca
|
|
Röntgen-Thorax
|
x
|
x
|
|
vollständige Koloskopie
|
x
|
x
|
|
Sonografie Abdomen
|
im Falle eines unklaren Befundes oder des V. a. Fernmetastasen oder Infiltration von
Nachbarorganen oder umgebenden Strukturen
|
x
|
|
CT Abdomen
|
x
|
|
|
MR Becken (oder CT)
|
x
|
x
|
|
Endosonografie Rektum
|
|
x bei lokal begrenztem Tumor
|
|
starre Rektoskopie
|
|
x
|
|
PET
|
|
|
Therapierelevante Empfehlungen
Therapierelevante Empfehlungen
Interdisziplinäre Tumorkonferenz
Konsensus-basiertes Statement
Alle Patienten mit KRK sollen nach Abschluss der Primärtherapie (z. B. Operation,
Chemotherapie) in einer interdisziplinären Tumorkonferenz vorgestellt werden. Bereits
prätherapeutisch sollen Patienten in folgenden Konstellationen vorgestellt werden:
-
jedes Rektumkarzinom
-
jedes Kolonkarzinom im Stadium IV
-
metachrone Fernmetastasen
-
Lokalrezidive
-
vor jeder lokal ablativen oder lokoregionären Maßnahme, z. B. RFA/LITT/SIRT
Empfehlungsgrad: GCP
Abstimmung im Plenum: Konsens
Kommentar
Aufgrund der Komplexität der Therapie des kolorektalen Karzinoms soll das Therapiekonzept
in einer interdisziplinären Tumorkonferenz, bestehend aus einem erfahrenen Viszeral-Chirurgen,
sowie mindestens 1 Vertreter aus dem Fachbereich der Gastroenterologie, Onkologie,
Strahlentherapie, Radiologie und Pathologie besprochen werden.
Grundsätzliches Therapieziel beim kolorektalen Karzinom stellt die radikale chirurgische
Sanierung dar, sofern ein kuratives Konzept eingeschlagen werden kann.
Existieren Fernmetastasen, sollte die primäre oder sekundäre Resektion der Metastasen
evaluiert werden. Aufgrund des intestinalen Blutabflusses über die Pfortader und das
Rechtsherzsystem kommt es hier vornehmlich zu einer hepatischen und pulmonalen Metastasierung.
Scheint eine R0-Resektion möglich, sollte primär eine Operation angestrebt werden.
Hier liegt das 5-Jahres-Überleben nach vollständiger Resektion kolorektaler Lebermetastasen
zwischen 25 und 40 %.
Ist ein operatives Herangehen nicht möglich, können unter kurativem Therapieansatz
auch lokal ablative Verfahren herangezogen werden.
Lokal ablative Verfahren
Konsensus-basierte Empfehlung
Lokal ablative Verfahren können eingesetzt werden, wenn nicht resektable Metastasen
vorliegen oder der Allgemeinzustand des Patienten eine Resektion nicht zulässt, insbesondere
nach vorangegangener Lebermetastasen-Resektion.
Level of Evidence 3b
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Kommentar
Lokal ablative Verfahren kommen zum Einsatz, wenn eine chirurgische Resektion technisch
oder aufgrund patientenbezogener Faktoren nicht möglich ist. Lokal ablative Verfahren
können aber auch in Kombination mit einer chirurgischen Resektion durchgeführt werden
[41]
[42]
[43]. Die Evidenz zu diesem Thema ist limitiert und ausreichend große prospektive, randomisierte
Studien fehlen. Bei primär resektablen Lebermetastasen, die nach Größe und Lokalisation
auch für lokal ablative Verfahren geeignet sind, soll die Indikationsstellung für
oder gegen letztere in multidisziplinären Tumorkonferenzen erfolgen. Das beste Gesamtüberleben
wird durch ein multimodales ggf. sequenzielles Therapiekonzept erreicht. Die Möglichkeit
einer sekundären Resektabilität bzw. die Durchführbarkeit lokal ablativer Maßnahmen
soll mittels regelhaft eingesetzter Folgeuntersuchungen durch regelmäßige, multidisziplinäre
Tumorkonferenzen überprüft werden. Die Radiofrequenzablation (RFA), die Mikrowellenablation
(MWA) oder hochkonformale, hypofraktionierte Bestrahlungen, wie die stereotaktische
Bestrahlung (SBRT) oder [HDR]-Brachytherapie, sind – in Abwesenheit randomisierter
Vergleichsstudien – in ihrer Wirkung als vergleichbar zu betrachten. Je nach Verfahren
variiert aber die Indikationsstellung in Abhängigkeit von Lokalisation oder Gefäßnähe.
Lokal ablative Verfahren zur Behandlung von Lebermetastasen
Thermoablation
Es liegen ausreichende Daten zur Sicherheit und Effektivität der Radiofrequenzablation
(RFA) bei der Therapie einer hepatischen Metastasierung vor, welche ihre Anwendung
bei Patienten befürwortet, bei denen entweder nicht resektable Lebermetastasen vorliegen,
deren Zustand eine Resektion nicht zulässt oder bei denen zuvor eine Leberresektion
durchgeführt worden ist [44]. Die RFA und die MWA sind dabei als weitgehend gleichwertig anzusehen, jedoch scheint
die MWA im Vergleich zur RFA mit einer niedrigeren lokalen Rezidiv-Rate bei der Behandlung
von kolorektalen Lebermetastasen nahe zu großen Gefäßen einherzugehen [45].
Das Langzeitüberleben von Patienten bis zu 10 Jahre nach Thermoablation ist bei Oligolebermetastasen
gut dokumentiert [46]. Kohortenstudien und retrospektive Analysen zeigen im Vergleich von Resektion und
Thermoablation bei Metastasen bis 3 – 4 cm Durchmesser keinen Unterschied bzgl. des
Überlebens [47]
[48]
[49], sodass bei entsprechender klinischer Konstellation die Thermoablation als Alternativverfahren
zur Resektion angeboten werden kann. Allerdings sollte ein Sicherheitsabstand zwischen
Metastase und induzierter Koagulation von 5 mm angestrebt werden [50]. Mehrere Studien unterstreichen u. a. die Vorteile der Ablation mit der Möglichkeit
einer Wiederholung der Intervention.
Die Kombination von RFA (plus chirurgische)-Behandlung und Chemotherapie scheint sowohl
zu einer signifikanten Verlängerung des PFS als auch des Gesamtüberlebens zu führen
[32].
Auch wenn die LITT ebenfalls eine effiziente und sichere Methode zur lokal ablativen
Therapie von inoperablen Lebermetastasen darstellt [51]
[52], kann angesichts weiterhin fehlender prospektiv kontrollierter Studien eine LITT
oder Elektroporation zur Behandlung von Lebermetastasen bei KRK außerhalb klinischer
Studien derzeit nicht empfohlen werden.
Weitere lokal wirksame interventionelle Verfahren
Der Einsatz anderer lokal ablativer Verfahren wurde bislang überwiegend in Fallserien
und kleineren Kohortenstudien untersucht, sodass deren onkologischer Stellenwert bislang
nicht ausreichend validiert ist [53]
[54]. Darunter fallen Verfahren mit derzeit noch zu geringen Evidenzen, wie die stereotaktische
Bestrahlung (SBRT), die Brachytherapie, die Kryotherapie und die irreversible Elektroporation
(IRE).
Für die SBRT findet sich in der Literatur ein 2-Jahres-Überleben zwischen 32 % und
83 % [55]
[56], für die Brachytherapie ein medianes Überleben von bis zu 23,4 Monaten [57]. Studien mit 5-Jahres-Überleben mit größeren Patientenkohorten oder randomisierte
Studien im Vergleich zur chirurgischen Resektion oder Thermoablation liegen für kolorektale
Lebermetastasen nicht vor.
Lokal ablative Verfahren in der Behandlung von Lungenmetastasen
Die Resektabilität von Lungenmetastasen und die lokale Behandlung mit den Möglichkeiten
der Ablation (RFA, MWA) oder der Strahlentherapie (SBRT) sollen von einem multidisziplinären
Tumorboard entschieden werden. So scheint sich bei Vorliegen von maximal 3 Lungenmetastasen
mit maximal 3 cm Größe pro Lunge in Abhängigkeit von der Technik eine lokale Kontrolle
zwischen 69,2 % und 88,3 % erzielen zu lassen [58]
[59]. Randomisierte Studien liegen jedoch bislang nicht vor. Auch für die SBRT von Lungenmetastasen
liegen keine randomisierten Studien vor bei noch gering publizierten Fallzahlen mit
Risiken der radiogeninduzierten Strahlen-Pneumonitis und Einschränkung des funktionstüchtigen
Lungenvolumens.
Lokoregionär wirksame Verfahren
Zu den lokoregionären Verfahren gehören die selektive intraarterielle Radiotherapie
(SIRT) oder die intraarterielle Chemotherapie der Leber (HAI, TACE).
Selektive intraarterielle Radioembolisation (SIRT)
Konsensus-basierte Empfehlung
Eine SIRT kann zur Behandlung von disseminierten Lebermetastasen bei KRK bei solchen
Patienten eingesetzt werden, für die keine andere gleichwertige Therapieoption infrage
kommt.
Level of Evidence 2b
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Kommentar
In vergleichsweise kleinen randomisierten Studien war die Kombination der SIRT mit
5-FU effektiver als die Chemotherapie allein. Sowohl bei mehrfach vorbehandelten,
„chemorefraktären“ Patienten als auch in der Erstlinientherapie induzierte die Hinzunahme
der SIRT im Vergleich zur alleinigen Behandlung mit 5-FU eine Verbesserung von Ansprechrate
(10 % versus 0 % für chemorefraktäre Patienten), TTP (4,5 vs. 2,1 Monate für chemorefraktäre
Patienten bzw. 18,6 versus 3,6 Monate, p < 0,0005 in der Erstlinientherapie) und OS
(29,4 vs. 12,8 Monate, p = 0,025 in der Erstlinientherapie) [60]
[61].
In einer gemeinsamen Auswertung von 3 randomisierten Multicenterstudien zeigte die
Kombination einer SIRT mit einer Oxaliplatin/5-FU-basierten Erstlinienchemotherapie
zwar eine signifikante Verbesserung der Responserate (Odds-Ratio 1,52, p = 0,001)
und potenziellen Resektabilität [62], jedoch keinen Vorteil im PFS oder Gesamtüberleben. Zum Teil dürfte sich der geringe
Effekt auf das Gesamtüberleben durch den hohen Anteil an synchroner hepatischer und
extrahepatischer Metastasierung zum Startzeitpunkt der Therapie erklären [62].
Hepatische intraarterielle Chemotherapie (HAI)
Eine aktuelle europäische Multicenter-Phase-II-Studie zeigt, dass sich in der Zweitlinientherapie
durch eine dosisintensivierte, intraarterielle Chemotherapie eine Resektabiltät verbunden
mit einer 4-Jahres-Überlebensrate von 37,4 % erzielen lässt. Eine Einigung hinsichtlich
einer Empfehlung zur Durchführung der HAI bei leberdominanter Metastasierung in dafür
spezialisierten Zentren konnte jedoch nicht erreicht werden.
Einsatz Irinotecan-beladener Microbeads
Bei überschaubarer Datenlage zeigte sich in einer prospektiv randomisierten Studie
in der palliativen Situation bei Patienten mit Progress nach Zweit- und Drittlinienchemotherapie
ein verbessertes Überleben mit besserer Lebensqualität nach intraarterieller Applikation
Irinotecan-beladener Partikel [63]. Eine weitere prospektive randomisierte Studie berichtet über bessere Ansprechraten
mit besserem progressionsfreien Überleben durch die Kombination von FOLFOX+/-Bevacizumab
mit Irinotecan-beladenen Partikeln im Vergleich zur FOLFOX Gabe +/-Bevacizumab [64].
Nachsorge
Konsensus-basierte Empfehlung
Eine regelmäßige Nachsorge bei Patienten mit kolorektalem Karzinom und frühem Tumorstadium
(UICC I) ist nach R0-Resektion in Anbetracht der geringen Rezidiv-Rate und der günstigen
Prognose nicht zu empfehlen. Eine rein koloskopische Nachsorge sollte entsprechend
dem in der neuen S3-Leitlinie aufgeführten Themenkomplex 3.8.3 erfolgen.
Empfehlungsgrad: GCP
Konsensus-basiertes Statement
Nach R0-Resektion von kolorektalen Karzinomen des UICC-Stadiums II und III sind regelmäßige
Nachsorgeuntersuchungen indiziert.
Empfehlungsgrad: A
Level of Evidence 1a
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Diese sollten jedoch nur durchgeführt werden, wenn bei einem Rezidiv therapeutische
Konsequenzen zu erwarten sind.
Empfehlungsgrad: GCP
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Kommentar
Ziel der Nachsorge ist es, ein Rezidiv in einem potenziell kurativen Stadium zu detektieren.
Nach kurativer Therapie besteht für 5 Jahre ein erhöhtes Risiko für ein lokales oder
lokoregionäres Rezidiv (3 – 24 %), das Auftreten von Fernmetastasen (25 %) oder eines
metachronen Zweittumors (1,5 – 10 %). Das Rezidiv-Risiko ist insbesondere bei fortgeschrittenen
Tumorstadien erhöht [38]
[65].
In einer prospektiven Studie zeigte sich, dass Patienten mit einem Langzeitüberleben
von 86 % im UICC-Stadium I eine sehr gute Prognose nach kurativer Resektion haben.
Hier lag die Rezidiv-Häufigkeit bei 4 % im UICC-Ia- bzw. 13 % im UICC-Ib-Stadium,
wohingegen in einer größeren retrospektiven Studie eine Rezidiv-Rate von 2,9 % im
UICC-Ia- und nur eine Rezidiv-Rate von 5,6 % für das UICC-Ib-Stadium ermittelt wurden.
Die Rezidiv-Lokalisation betrifft vornehmlich das Rektum (11 %) [66]
[67].
In mehreren Metaanalysen zeigt sich eine heterogene Studienlage bezüglich einer programmierten
Nachsorge bei fortgeschrittenen KRK-Stadien, wobei tendenziell ein geringer Benefit
durch regelmäßige Nachsorgen erzielt wird. Die allgemeine Effektivität einer KRK-Nachsorge
korreliert mit einer im Mittel nur um 1 % verlängerten Überlebensdauer [68].
Aufgrund dessen und angesichts der niedrigen Rezidiv-Rate wird die regelmäßige Nachsorge
eines R0-resezierten KRK im UICC-Stadium I nicht empfohlen.
Wird aufgrund des intraoperativen oder pathologischen Befundes von einem erhöhten
Rezidiv-Risiko ausgegangen, kann im Einzelfall eine engmaschige koloskopische Nachsorge
erfolgen.
Die Rezidiv-Rate beim fortgeschrittenen KRK (UICC-Stadium II + III) ist im Vergleich
hingegen erhöht [38]
[69]. Hier sollten regelmäßige Kontrolluntersuchungen erfolgen, wobei jedoch evidenzbasierte
Aussagen zu Art und Häufigkeit der Nachsorgeuntersuchungen aufgrund mangelnder Studien
nicht getroffen werden können [70]. Eine intensivierte Nachsorge zeigte im überwiegenden Anteil randomisierter kontrollierter
Studien zumindest keinen Benefit gegenüber einer Standardnachsorge [71]
[72].
In der aktualisierten Leitlinie wird einzig die Endoskopie als visuelles Detektionsverfahren
für eine programmierte Nachsorge empfohlen. Die im Folgenden aufgeführten Verfahren
können entsprechend fakultativ durchgeführt werden.
Wertigkeit diagnostischer Methoden in der Nachsorge
Wertigkeit diagnostischer Methoden in der Nachsorge
Sonografie
Konsensus-basierte Empfehlung
Die Sonografie ist zur Erkennung von Lebermetastasen technisch geeignet. Ihr Routineeinsatz
ist aufgrund der Datenlage nicht gesichert. Die Expertenkommission bewertet die Sonografie
als einfachstes und kostengünstigstes Verfahren und schlägt daher ihre Nutzung zur
Diagnostik von Lebermetastasen vor.
Empfehlungsgrad: A
Level of Evidence 5
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Konsensus-basierte Empfehlung
Die EUS ist zur Erkennung von Lokalrezidiven beim Rektumkarzinom insbesondere in Kombination
mit der EUS-gesteuerten Biopsie geeignet. Zum routinemäßigen primären Einsatz in der
Nachsorge kann derzeit keine Empfehlung gegeben werden.
Empfehlungsgrad: B
Level of Evidence 3b
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Kommentar
In einer kontrollierten randomisierten Studie [73] erwies sich der Einsatz der Sonografie (und auch Computertomografie) ohne Einfluss
auf Überleben und Resektionsrate der nachgesorgten Patienten. Lediglich eine Metaanalyse
mehrerer randomisierter Studien zeigte einen signifikanten Überlebensvorteil durch
den Einsatz eines bildgebenden Verfahrens zur Beurteilung der Leber [74]. Obwohl sich in den meisten Studien eine geringere Sensitivität der Sonografie gegenüber
der CT zeigt, wird der abdominelle Ultraschall als kostengünstiges, schnelles und
weit verfügbares Verfahren zur Detektion von Lebermetastasen empfohlen.
Beim Rektumkarzinom hat die endosonografische Nachsorge einen Stellenwert in der lokoregionären
Rezidiv-Diagnostik nach Sphinkter-erhaltender Rektum-Resektion, sofern die Endosonografie
mit einer Biopsie kombiniert wird [75]. Aufgrund der Invasivität der Biopsie sollte die Endosonografie jedoch nur dann
zum Einsatz kommen, wenn in einer anderen Untersuchungsmodalität bereits der Verdacht
eines Rezidivs geäußert wurde.
Röntgen-Thorax
Konsensus-basiertes Empfehlung
Ein Röntgen-Thorax kann bei Patienten mit Rektumkarzinom im Stadium II und III bis
zum 5. Jahr jährlich durchgeführt werden.
Empfehlungsgrad: 0
Level of Evidence 3b – De Novo
Abstimmung im Plenum: Konsens
Kommentar
Die von den Autoren der S3-Leitlinie durchgeführte systematische Literaturrecherche
zur Bedeutung der konventionellen Thorax-Diagnostik ergab, dass 0,8 bis 7,0 % aller
kurativ resezierter KRK-Patienten im Verlauf pulmonale Metastasen entwickelt haben,
und dass 3,4 bis 29,4 % aller pulmonalen Rezidive durch eine thorakale Röntgendiagnostik
detektiert wurden.
Wird zwischen Kolon- und Rektumkarzinomen differenziert, so scheint beim Rektumkarzinom
analog zur häufigeren Metastasierungsrate der Nutzen der Röntgen-Thorax-Diagnostik
höher als beim Kolonkarzinom zu sein [16]. Der Benefit beim Kolonkarzinom ist nicht eindeutig genug, als dass eine Empfehlung
zum routinemäßigen Einsatz in der Nachsorge ausgesprochen werden konnte.
Computertomografie
Konsensus-basierte Empfehlung
Die Computertomografie ist zur Erkennung von Lebermetastasen, von Lokalrezidiven im
kleinen Becken sowie von Lungenmetastasen technisch geeignet. Die Datenlage spricht
gegen einen routinemäßigen Einsatz der Computertomografie in der Nachsorge.
Empfehlungsgrad: B
Level of Evidence 1b
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Kommentar
In kontrollierten randomisierten Studien erwies sich der Einsatz der Computertomografie
ohne Einfluss auf das mittlere Überleben der nachgesorgten Patienten. Die frühere
Detektion von hepatischen Metastasen steigerte nicht die Zahl kurativer Leberresektionen
[72]
[76].
Im Rahmen der 2005 veröffentlichten ASCO-Leitlinien waren jährliche CT-Abdomen-Untersuchungen
über 3 Jahre empfohlen worden. Ein Vergleich der Wertigkeit von Sonografie versus
CT wurde in den berücksichtigten Studien nicht untersucht. Auch neuere Metaanalysen
zeigen keinen eindeutigen Vorteil der CT gegenüber der Sonografie, sodass der routinemäßige
Einsatz bei asymptomatischen Patienten in der aktuellen S3-Leitlinie nicht empfohlen
wurde [74].
Kolonkontrasteinlauf, virtuelle Kolonografie und PET-CT/-MRT
Konsensus-basiertes Statement
Kolonkontrasteinlauf, virtuelle Kolonografie und PET, PET-CT und PET-MRT haben in
der programmierten Nachsorge keinen Stellenwert.
Empfehlungsgrad: B
Level of Evidence 4 – De Novo
Abstimmung im Plenum: starker Konsens
Kommentar
Es fehlen bislang Daten zum Einsatz des Kolonkontrasteinlaufs und der virtuellen Kolonografie
in der Nachsorge des KRK, sodass die virtuelle Kolonografie keinen Ersatz endoskopischer
Nachsorgeverfahren darstellt.
Nur wenige Studien entfallen auf die programmierte Nachsorge asymptomatischer KRK-Patienten
mittels PET-Diagnostik.
In einer 2003 von Winawer et al. publizierten, prospektiv randomisierten Studie erfolgte
der Vergleich einer mit konventioneller Thorax-Bildgebung und abdomineller Sono- und
CT-Bildgebung nachgesorgten Kontrollgruppe mit einer zusätzlich mittels PET-Diagnostik
untersuchten Studiengruppe. Hier wurden bei gleicher Rezidiv-Rate in der PET-Gruppe
Rezidive durchschnittlich 3,2 Monate früher entdeckt und entsprechend vermehrt operativen
Verfahren zugeführt [77]. Auch in anderen Studien mit angenommener Rezidiv-Freiheit konnten mittels PET-Diagnostik
Rezidive früher diagnostiziert werden [78]
[79]. Eine Aussage zur Beeinflussung der mittleren Überlebensdauer konnte im Rahmen der
Studien jedoch nicht gemacht werden.
Angesichts der unzureichenden Datenlage und der teilweise durch falsch-positive PET-Befunde
induzierten operativen Folgen ist der Einsatz der PET-Diagnostik in der Nachsorge
ohne Rezidiv-Verdacht bislang nicht empfohlen [77].
Zusammenfassung
Die neue S3-Leitlinie „Kolorektales Karzinom“ ersetzt die vorherige Leitlinie aus
dem Jahr 2013 und geht neben aktualisierten Empfehlungen hinsichtlich Endoskopie und
adjuvanter bzw. neoadjuvanter Therapien vor allem mit einer kompletten Überarbeitung
und Neustrukturierung des Abschnitts zum therapeutischen Vorgehen bei Metastasierung
und in der palliativen Situation einher. Dies betrifft mehrere radiologische Themenkomplexe.
Die Empfehlungen hinsichtlich des Stellenwertes radiologischer Verfahren in der präoperativen
Diagnostik bleiben unangetastet. So verbleibt die Empfehlungen zum Einsatz von CT-
oder MR-Kolonografie lediglich bei Malignom-Verdacht und technisch nicht durchführbarer
Endoskopie.
Unverändert bleibt auch, dass derzeit weder die CT-Kolonografie – aufgrund unnötiger
Strahlenexposition – noch die MR-Kolonografie – aufgrund unzureichender Datenlage
– als Screening-Untersuchungen in der asymptomatischen Bevölkerung empfohlen werden
können.
Die perkutane orientierende Sonografie des Abdomens verbleibt weiterhin Methode der
ersten Wahl für das lokoregionäre Staging des kolorektalen Karzinoms. Lediglich bei
unklarem oder pathologischem Befund in der Abdomen-Sonografie bzw. Verdacht einer
Infiltration von Nachbarorganen oder umgebenden Strukturen sollte eine CT des Abdomens
zur weiteren Abklärung durchgeführt werden.
Zur Primärdiagnostik von Lungenmetastasen reicht die Röntgen-Thorax-Untersuchung in
2 Ebenen und sollte lediglich bei klinischem Verdacht auf eine pulmonale Metastasierung
um ein Thorax-CT ergänzt werden. Für den Einsatz der MRT-Bildgebung beim Staging des
Kolonkarzinoms liegen unverändert zu wenige Daten vor, als dass in der Leitlinie ein
uneingeschränkter Einsatz empfohlen werden kann. Mittels MRT kann allerdings die onkologisch
relevante Infiltrationstiefe in Richtung mesorektaler Faszie am besten ermittelt werden,
sodass das Verfahren im lokalen Staging fortgeschrittener Rektumkarzinome (≥ Stadium
T2) eingesetzt werden sollte.
Das PET hat weiterhin keinen Stellenwert in der primären Ausbreitungsdiagnostik des
kolorektalen Karzinoms, allerdings kann es bei Vorliegen potenziell resektabler Lebermetastasen
dazu eingesetzt werden, unnötige Laparotomien zu vermeiden. Der Empfehlungsgrad zur
präoperativen Durchführung einer FDG-PET-CT verbleibt somit bei 0.
Auch die Empfehlungen zum Einsatz radiologischer Verfahren in der Nachsorge haben
sich nicht geändert. Eine konventionelle Röntgen-Thorax-Diagnostik kann postoperativ
bei Patienten mit einem Rektumkarzinom im Stadium II und III in den ersten 5 Jahren
durchgeführt werden.
Der Einsatz der Computertomografie zur Rezidiv- und Metastasen-Detektion wird weiterhin
nur bei klinischem oder laborchemischen Verdacht empfohlen und sollte somit nicht
im Rahmen einer systematischen Nachsorge erfolgen. Kolonkontrasteinlauf, virtuelle
Kolonografie, PET, PET-CT und PET-MRT haben in der programmierten Nachsorge weiterhin
keinen Stellenwert.
Weitreichende Ergänzungen liefert die neue Leitlinie v. a. bezüglich des therapeutischen
Einsatzes lokal ablativer und erstmalig auch lokoregionärer Verfahren. Lokal ablative
Verfahren wurden im Empfehlungsgrad von 3a auf 3b heraufgesetzt und können somit eingesetzt
werden, wenn nicht resektable Metastasen vorliegen oder der Allgemeinzustand des Patienten
eine Resektion nicht zulässt, insbesondere nach vorangegangener Lebermetastasen-Resektion.
Diese Empfehlung bezieht sich nachrangig aber ausschließlich auf die thermoablativen
Verfahren RFA und MWA, während ein Einsatz der LITT oder Elektroporation außerhalb
klinischer Studien weiterhin nicht empfohlen wird. Alternative nichtthermisch lokal-ablative
Verfahren wie Kryotherapie, SBRT oder Brachytherapie sind erstmalig in die Leitlinie
aufgenommen, werden bei bislang unzureichender Validierung jedoch nicht empfohlen.
Die SIRT als lokoregionäres Verfahren wurde im Empfehlungsgrad von 2a auf 2b hinaufgestuft
und kann somit nun auch außerhalb von Studien zur Behandlung von disseminierten kolorektalen
Lebermetastasen eingesetzt werden, für die keine andere gleichwertige Therapieoption
infrage kommt. Keine Empfehlung wurde ausgesprochen bezüglich der Durchführung einer
HAI, TACE oder lokoregionären Applikation von Irinotecan-beladenen Microbeads bei
leberdominanter Metastasierung. Dies betrifft auch lokal ablative Behandlungen von
Lungenmetastasen mittels RFA, MWA bzw. SBRT. Dennoch sind alle diese Verfahren bzw.
Indikationen nun erstmalig in der neuen Leitlinie aufgeführt.