Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2019; 54(06): 413-423
DOI: 10.1055/a-0736-7559
Topthema
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Traumaassoziierte Koagulopathie: Pathophysiologie und Therapie

Trauma-Induced Coagulopathy: Pathophysiology and Management
Christine Schlömmer
,
Jens Meier
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Publikationsdatum:
18. Juni 2019 (online)

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Zusammenfassung

Die anhaltende unkontrollierte Blutung ist eine der führenden Todesursachen bei polytraumatisierten Patienten [1], [2], [3], [4], [5]. Hypoperfusion durch große Blutverluste führt zu Gewebeschäden, generalisierter Immunantwort sowie Aktivierung des Gerinnungssystems und damit zu einer traumaassoziierten Koagulopathie (TAK) [4], [5]. Durch eine adäquate, frühzeitige Behandlung der TAK können Morbidität und Mortalität signifikant reduziert werden.

Abstract

Persistent, uncontrolled bleeding after trauma is one of the leading causes of fatalities in patients with severe injuries. 40% of trauma deaths are associated with massive haemorrhage. Hypoperfusion due to major loss of blood volume leads to tissue damage. In combination with acidosis and hypothermia, a generalized immune response with activation of coagulation is triggered. This leads to trauma-induced coagulopathy. A suitable, early treatment might lead to a significant reduction in morbidity and mortality.

Kernaussagen
  • Die traumaassoziierte Koagulopathie (TAK) ist ein äußerst komplexes Krankheitsbild. Grundzüge der Pathophysiologie sind zwar bekannt, die exakten Mechanismen aber nach wie vor nicht vollständig geklärt.

  • Bereits in der prähospitalen Patientenversorgung sollte mit der Therapie der TAK begonnen werden. Notwendig ist vor allem die mechanische Blutungsstillung mit Devices wie Tourniquets und Beckengurten. Die erste Gabe von Antifibrinolytika sollte so früh wie möglich stattfinden, am besten schon auf den Weg in das Traumazentrum.

  • Im Schockraum ist die Beurteilung durch einen erfahrenen Facharzt unbedingt erforderlich. Außenanamnese und Blutgasanalyse sollten wegweisend für das weitere Vorgehen sein. Scores zur Beurteilung des Patienten stellen die tatsächliche klinische Situation oft nicht richtig dar.

  • Bei der Diagnostik mit viskoelastischen Testverfahren kann innerhalb kürzester Zeit mit einer patientenspezifischen Therapie begonnen werden. Hierfür bietet sich eine Therapie mit Gerinnungsfaktorenkonzentraten an.

  • Bei Verwendung von Standardtestverfahren zur Bestimmung der Gerinnungssituation sollten, bis zum Vorliegen der Ergebnisse, Transfusionsalgorithmen verwendet werden, in denen das Verhältnis von EK zu Plasma im besten Fall 1 : 1 beträgt.

  • Ob eines der beiden Vorgehen klinisch überlegen ist, ist derzeit noch Gegenstand intensiver Forschungsarbeit. In unterschiedlichen Situationen ergeben sich individuelle Vorteile für beide Verfahren.