Key words
digital patient briefing - computed tomography
Einleitung
Der Deutsche Bundestag hat am 25. Februar 2013 das „Gesetz zur Verbesserung der Rechte
von Patientinnen und Patienten“ vom 20. Februar 2013 beschlossen [1]. Nach § 630e Absatz 2 sind dem Patienten Abschriften von Unterlagen auszuhändigen,
die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat.
Im klinischen Alltag ist die Patientenaufklärung eine häufig durchgeführte Maßnahme.
Im Rahmen des „informierten Patienten“ ist es wichtig, dass der Patient die geplante
Untersuchung mit den zusammenhängenden Risiken gut verstehen kann. Aktuell wird die
Aufklärung meist handschriftlich auf Papier durchgeführt. Durch das Aufkommen von
Tablet-Computern, deren Anwendungspotenziale in der Medizin in verschiedenen Studien
bereits untersucht worden sind [2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8], ist es möglich, die herkömmliche Aufklärungsdokumentation durch eine digitale mobile
Patientenaufklärung zu ersetzen.
In diesem Pilotprojekt sollen sowohl die technische Umsetzung der digitalen Aufklärung
und deren Nutzung im klinischen Alltag als auch der Personaleinsatz evaluiert werden.
Des Weiteren liefert eine Analyse des Zeitaufwands Informationen darüber, wie sich
die Aufklärungszeiten und die Kosten der digitalen und papierbasierten Prozesse unterscheiden.
Material und Methoden
Digitale Patientenaufklärung
Die digitale Patientenaufklärung erfolgte mit der Software E-ConsentPro der Firma
Thieme Compliance [9], welche auf einem Apple iPad R2 (Cupertino, CA, USA) mit dem Betriebssystem iOS
10 installiert war. Diese Tablet-basierte Software ermöglicht die Erfassung der Patienteninformationen
und eine individualisierte Aufklärung. Zum Zeitpunkt der Untersuchung liegt im KIS
zu jedem Patienten ein klinischer Auftrag für die angeforderte radiologische Leistung,
in unserem Fall also die CT-Untersuchung, vor. Über einen Link aus dem KIS ist es
möglich, den Druckauftrag für ein analoges Formular zur Aufklärung zu generieren oder
aber den Patienten der digitalen Aufklärung zuzuordnen. Bei dieser Zuordnung wird
ein 8-stelliger Code generiert, der vor der Nutzung des Tablets durch den Patienten
dort eingegeben werden soll. Aus Gründen der Praktikabilität wird dieser Code in unserem
Institut jedoch nicht durch den Patienten, sondern durch einen administrativen Mitarbeiter
eingegeben, der anschließend dem betreffenden Patienten das Tablet aushändigt; dieser
Prozessschritt wird als „Zuweisung“ bezeichnet. Da die Software die aus den papiergebundenen
Aufklärungs- und Anamnesebögen bekannten Informationen zur Untersuchung nicht in gleichem
Umfang enthält, stellen wir dem Patient zeitgleich mit dem Tablet auch einen Ausdruck
mit Untersuchungsinformationen zur Verfügung. Der Patient wird namentlich durch das
Tablet begrüßt und muss sich durch Eingabe seines Geburtsdatums authentifizieren.
Erst dann ist eine Beantwortung der Anamnesefragen möglich. Eine vollständige Beantwortung
dieser 12 Fragen zur Anamnese ist erforderlich, s. [Tab. 1]. In Abhängigkeit von den Antworten kann es zum Teil erforderlich sein, weitere untergeordnete
Fragen zu beantworten. Im Falle von offenen Fragen oder Unklarheiten kann der Patient
als weitere Möglichkeit die Option „mit Arzt besprechen“ auswählen. Der aufklärende
Arzt erhält in seiner Ansicht der Aufklärungssoftware eine Übersicht über alle gerade
in Bearbeitung befindlichen Anamnesebögen mit den Status „begonnen“, „in Bearbeitung“
und „abgeschlossen“. So hat der aufklärende Arzt, der in unserem Institut ausschließlich
für die Indikationsprüfung, die Festlegung der Untersuchungsprotokolle sowie die Aufklärung
von Patienten verantwortlich ist, jederzeit einen detaillierten Überblick über den
Status der wartenden Patienten. Sobald der Status „abgeschlossen“ erreicht ist, kann
der Arzt nach Auswahl des betreffenden Patienten auf seinem Tablet alle Anamnesefragen
mit den entsprechenden Antworten betrachten; offene Fragen sind hierbei zur schnelleren
Bearbeitung gesondert markiert. Der Arzt begibt sich zum Aufklärungsgespräch zum Patienten
und kann ärztliche Anmerkungen und Skizzen direkt in den Aufklärungsbogen eintragen.
Tab. 1
Im Rahmen der digitalen Patientenaufklärung gestellte Anamnesefragen und Anzahl der
Patienten mit Schwierigkeiten, diese eigenständig zu beantworten.
|
Frage
|
Anzahl der offenen Fragen
|
1
|
Größe/Gewicht
|
16
|
2
|
Werden regelmäßig oder derzeit Medikamente eingenommen?
|
66
|
|
Wenn ja, welche?
|
9
|
3
|
Besteht eine Allergie wie Heuschnupfen oder allergisches Asthma oder eine Unverträglichkeit
bestimmter Substanzen?
|
8
|
i
|
Wenn ja, welche?
|
4
|
4
|
Besteht/bestand eine Infektionskrankheit?
|
10
|
|
Wenn ja, welche?
|
–
|
5
|
Besteht eine Darmerkrankung oder sind äußere/innere Hämorrhoiden oder Strikturen im
Analbereich bekannt?
|
14
|
i
|
Wenn ja, welche?
|
8
|
6
|
Sind Störungen des Stoffwechsels (z. B. Gicht, Zuckerkrankheit [Diabetes]) oder wichtiger
Organe (z. B. Nieren, Herz, Gefäße, Lunge, Leber, Nervensystem) bekannt?
|
16
|
|
Wenn ja, welche?
|
6
|
7
|
Sind sonstige gut- oder bösartige Erkrankungen bekannt, die die Nierenfunktion beeinträchtigen
können?
|
35
|
i
|
Wenn ja, welche?
|
–
|
8
|
Besteht/bestand eine Schilddrüsenerkrankung?
|
15
|
i
|
Wenn ja, welche?
|
–
|
9
|
Wurde schon einmal eine Computer- oder Kernspintomografie oder eine Röntgenuntersuchung,
v. a. des jetzt zu untersuchenden Körperbereichs, durchgeführt?
|
17
|
i
|
Wenn ja, wann (Jahr), wo (Klinik) und welcher Körperbereich bzw. welches Organ?
|
83
|
ii
|
Wenn ja, mit Kontrastmittel?
|
28
|
iii
|
Wenn ja, traten dabei Nebenwirkungen (z. B. Kreislaufreaktionen, Schock, Hautausschlag)
auf?
|
22
|
iv
|
Wenn ja, welche?
|
–
|
10
|
Wurde bereits eine Operation in der jetzt zu untersuchenden Körperregion durchgeführt?
|
17
|
i
|
Wenn ja, welche?
|
14
|
11
|
Besteht eine Neigung zu Klaustrophobie (Angst vor engen oder geschlossenen Räumen)
oder Panik-Attacken?
|
8
|
12
|
Zusatzfragen bei Frauen: Könnten Sie schwanger sein? Stillen Sie?
|
2
|
Folgende Aktionen werden mit einem Zeitstempel automatisch digital protokolliert:
Zuweisung des Formulars, Öffnen durch den Patienten, Bearbeiten durch den Patienten,
Abschluss durch den Patienten, Öffnen durch den Arzt, Bearbeiten durch den Arzt, Abschließen
durch den Arzt, Unterschrift des Patienten, Unterschrift des Arztes und Zeitpunkt
der Generierung des PDF/A-Dokuments. Bis zum Zeitpunkt des Abschließens durch den
Arzt können Änderungen am Dokument erfolgen; auch diese werden dann mit einem entsprechenden
Zeitstempel versehen. Zu jedem Zeitstempel wird vermerkt, ob die Bearbeitung aus dem
Patientenkontext heraus oder im ärztlichen Kontext erfolgt; damit gibt es 2 Nutzer,
nämlich den Patienten und den Arzt. Werden im Patientenkontext Bearbeitungen z. B.
durch begleitende Angehörige oder Mitarbeiter vorgenommen, kann dies bisher von der
Software nicht erfasst werden. Die Einwilligung zur Untersuchung erfolgt durch eine
digitale, biometrische Signatur des Patienten auf dem Tablet. Hierzu erscheint am
Ende des digitalen Aufklärungsformulars auf dem Tablet ein Unterschriftenfeld, auf
dem sowohl der aufklärende Arzt als auch der Patient mit einem speziell hierfür geeigneten
Pen unterschreiben. Bei dieser Unterschrift werden neben dem Schriftbild auch die
Andruckstärke und der Neigungswinkel des Stiftes erfasst und digital abgelegt. Diese
Informationen werden im Allgemeinen als rechtssicher betrachtet. Diese Unterschriften
können erst erfolgen, nachdem alle offenen Fragen mit dem aufklärenden Arzt besprochen
sind. Die Unterschrift bestätigt die Einwilligung des Patienten zur CT-Untersuchung
oder ggf. auch deren Ablehnung und ist somit vergleichbar mit den bisherigen Papierbögen,
die zur Aufklärung und Anamneseerhebung verwendet werden. Nach der Unterschrift durch
Arzt und Patient ist eine weitere Bearbeitung des Dokuments oder eine Manipulation
der Daten nicht mehr möglich. Das digitale Dokument wird mit den Antworten auf die
Anamnesefragen, den individuellen Vermerken des Arztes sowie der digitalen Unterschrift
von Patient und Arzt inklusive der zugehörigen Zeitstempel als PDF/A-Dokument in der
digitalen Patientenakte archiviert. Hierzu wird das PDF/A-Dokument zunächst auf einem
zentralen Server der IT-Abteilung kurzfristig gespeichert und mit einem Skript anhand
der ebenfalls gespeicherten Fall-ID und Patienten-ID automatisch im klinikweit genutzten
digitalen Archiv dem Patienten zugeordnet. Vor Umsetzung dieser hausinternen Lösung
wurde dieser Prozess durch Mitarbeiter der IT-Abteilung und des zentralen Patientenarchivs
auf Fehlerfreiheit überprüft. Gleichzeitig wird der Ausdruck einer Kopie der Aufklärungsunterlagen
über einen in das Netzwerk eingebundenen Drucker vor Ort generiert und dem Patienten
unmittelbar zur Verfügung gestellt. Um den Datenschutz bei Verlust oder Diebstahl
zu gewährleisten, erfolgt keine Datenspeicherung auf dem Gerät.
Datenanalyse
Für diese im Zeitraum 03 – 09/2015 durchgeführte Studie wurden die Daten von 502 konsekutiven
Patienten ausgewertet, die mithilfe der E‑ConsentPro-Software für eine diagnostische
CT‑Untersuchung aufgeklärt wurden. Voraussetzung für einen Einschluss der Patienten
war die Beherrschung der deutschen Sprache. Ausgenommen von der Analyse wurden Aufklärungsgespräche
im Zusammenhang mit betreuten Patienten bzw. vor CT-gestützten Interventionen. Eine
weitergehende Selektion des Patientenkollektivs bezüglich des Krankheitsspektrums
erfolgte nicht; neben Notfallfragestellungen wurden viele Patienten entsprechend unseres
Schwerpunkts im Rahmen von Staging-Untersuchungen oder bei kardiovaskulären Fragestellungen
untersucht. Aufgrund einer organisatorischen Trennung zwischen Radiologie und Neuroradiologie
bestanden nur bei wenigen Patienten neuroradiologische Fragestellungen. Unter der
Annahme, dass jüngere Patienten eine höhere Affinität zu Tablet-Computern und damit
weniger Berührungsängste und technische Schwierigkeiten in der Bedienung von Tablets
haben, wurden die Patienten 3 Altersgruppen zugeordnet. Die Datenanalyse wurde für
jede Gruppe separat durchgeführt. Die erste Gruppe (A) bestand aus 40 Patienten, die
jünger als 30 Jahre waren. Die zweite Gruppe (B) umfasste 220 Patienten zwischen 30
und 60 Jahren. In der letzten Gruppe (C) waren 242 Patienten, deren Alter größer als
60 Jahre war.
Die Analyse beschränkte sich auf die quantitative Feststellung dreier Aspekte:
-
Wie lang ist die Gesamtdauer des Aufklärungsprozesses vom Öffnen des Aufklärungsbogens
bis zur Unterschrift?
-
Wie viele offene oder unklare Fragen hat der Patient vor dem Gespräch mit dem aufklärenden
Arzt?
-
Wie groß ist der Zeitaufwand des Arztes für ein Aufklärungsgespräch vor einer diagnostischen
CT-Untersuchung?
Zur Prüfung von signifikanten Unterschieden wurde der t-Test durchgeführt. Für einen
festgelegten p-Wert kleiner als 0,05 lag eine statistische Signifikanz vor.
Ergebnisse
Das Durchschnittsalter der 502 Patienten betrug 58 ± 17 Jahre. In der [Abb. 1] ist das Histogramm der Altersgruppen dargestellt. Die Durchschnittsalter der Gruppen
A, B und C betrugen 21 ± 7, 49 ± 8 und 71 ± 7 Jahre.
Abb. 1 Histogramm der Altersgruppen. Gruppe A: Alter < 30 Jahre, Gruppe B: Alter 30 – 60 Jahre, Gruppe C: Alter > 60 Jahre.
Die Abhängigkeit der Gesamtdauer der digitalen Aufklärung vom Patientenalter stellt
die [Abb. 2] dar. Die Aufklärungsdauer war unabhängig vom Patientenalter (Steigung = ‑2,99·10–5, R2 = 2,22·10–3).
Abb. 2 Gesamt dauer der Aufklärung als Funktion des Alters für alle Patienten.
Für die einzelnen Gruppen ergab sich eine Aufklärungsdauer von 19,2 ± 12,5, 21,4 ± 17,0
und 19,4 ± 14,8 Minuten, welche in der [Abb. 3] grafisch dargestellt ist. Die Aufklärungsdauer aller Gruppen zeigte keinen signifikanten
Unterschied (p = 0,339).
Abb. 3 Gesamtdauer der Aufklärung für die Altersgruppen A, B und C. Die Striche in den Boxplots sind die Medianwerte. Die Balken stellen den Mittelwert
± 2 Standardabweichungen dar. Die Punkte entsprechen den Ausreißern.
Der Aufklärungsbogen beinhaltete 12 Fragen. In Abhängigkeit von der Beantwortung dieser
übergeordneten Fragen konnten bis zu 12 nachgeordnete Fragen enthalten sein. Von den
502 ausgewerteten Patienten hatten 224 Patienten vor dem Aufklärungsgespräch mit dem
Arzt offene Fragen. Klärungsbedarf bestand insbesondere hinsichtlich der Fragen, ob
bereits eine Operation in der zu untersuchenden Körperregion durchgeführt wurde (83
Patienten) und bezüglich der regelmäßigen Medikamenteneinnahme (66 Patienten). Die
weiteren offenen Fragen hatten einen Beitrag kleiner als 10 %. Alle Fragen des Aufklärungsbogens
sind im Anhang aufgelistet. Patienten mit mehr als 10 offenen Fragen wurden nicht
in der Auswertung berücksichtigt (33 Patienten), da hier davon ausgegangen werden
muss, dass grundsätzliche Verständnisschwierigkeiten bestanden. Bei 32 der 33 stationären
Patienten lag eine eingeschränkte Vigilanz vor, die es ihnen nicht erlaubte, die Fragen
eigenständig zu beantworten. Bei 1 der 33 Patienten handelte es sich um eine junge
Patientin mit neu diagnostiziertem, fortgeschrittenem Tumorleiden, bei der wir die
Weigerung, die Fragen auf dem Tablet zu beantworten, als Teil des Copings interpretierten.
Mit steigendem Alter nahm die Anzahl der Fragen zu, die noch mit dem Arzt besprochen
werden sollten. Während Patienten der Gruppe A im Mittel 1,9 ± 1,3 offene Fragen hatten,
betrug die Anzahl der zu klärenden Fragen in Gruppe B 3,6 ± 3,9 beziehungsweise 4,8 ± 5,3
in Gruppe C. Die Resultate der zu besprechenden Fragen werden in der [Abb. 4] dargestellt. Ein signifikanter Unterschied bezüglich der Anzahl der offenen oder
unklaren Fragen war zwischen den 3 Gruppen nicht zu beobachten (p = 0,051).
Abb. 4 Anzahl der offenen oder unklaren Fragen in den Aufklärungsbögen für die Altersgruppen
A, B und C. Die Striche in den Boxplots sind die Medianwerte. Die Balken stellen den Mittelwert
± 2 Standardabweichungen dar. Die Punkte entsprechen den Ausreißern.
Der Zeitaufwand des Arztes zum Beantworten bzw. Bearbeiten der offenen oder unklaren
Fragen für alle Gruppen ist in der [Abb. 5] dargestellt. Die dazugehörigen Mittelwerte für die Gruppen A, B und C waren 1,5 ± 1,3,
1,7 ± 1,8 und 2,0 ± 2,2 Minuten, welche auf einen vom Patientenalter unabhängigen
Zeitaufwand hinweisen (p = 0,449).
Abb. 5 Zeitaufwand des aufklärenden Arztes für das Beantworten bzw. Bearbeiten der für den
Patienten offenen oder unklaren Fragen für die Altersgruppen A, B und C. Die Striche in den Boxplots sind die Medianwerte. Die Balken stellen den Mittelwert
± 2 Standardabweichungen dar. Die Punkte entsprechen den Ausreißern.
Diskussion
Obwohl die Performance der digitalen Patientenaufklärung vor MRT-Untersuchungen in
verschiedenen Studien evaluiert worden ist [4]
[5], sind bisher keine entsprechenden Daten zur digitalen mobilen Aufklärung vor CT-Untersuchungen
publiziert. Ein aus unserer Sicht entscheidender Unterschied gegenüber dem MRT ist
die höhere Frequenz der Untersuchungen im CT aufgrund der in der Regel deutlich kürzeren
Untersuchungsdauer. Gerade beim parallelen Betrieb mehrerer CT-Geräte kann der Aufklärungsprozess
nach unserer Erfahrung einen Engpass darstellen, der die Wartezeiten der Patienten
verlängert und Geräteleerstand verursacht. Eine Optimierung der Aufklärungsgespräche
könnte daher einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Abläufe in der Computertomografie
leisten. Daher entschieden wir uns, die Tablet-basierte, digitale Aufklärung im Bereich
der Computertomografie im Rahmen eines Pilotprojekts zu evaluieren. Die vorliegende
Arbeit zeigt nun die Ergebnisse dieses Projekts.
Die Gesamtdauer der Aufklärung von der Zuweisung bis zur als rechtssicher angesehenen
Unterschrift lag ohne signifikante Unterschiede zwischen den 3 Altersgruppen im Mittel
bei ca. 20 Minuten. Die Dauer eines Aufklärungsgesprächs mit dem Arzt, bei dem neben
der Erörterung typischer und individueller Risiken auch die Klärung offener Anamnesefragen
erfolgte, betrug im Mittel unter 2 Minuten. Besonders häufig gab es hierbei Rückfragen
zu vorangegangenen Operationen und zur Medikamenteneinnahme. In unserer Datenanalyse
ließ sich ein Trend zu mehr offenen Fragen mit steigendem Lebensalter erkennen, obwohl
das definierte Signifikanzniveau diesbezüglich knapp verpasst wurde (p = 0,051). Eine
andere Altersgruppeneinteilung hätte bezüglich der offenen Fragen möglicherweise signifikante
Unterschiede zwischen den Gruppen ergeben.
In unserem Institut wurde im Vorfeld der Einführung der digitalen mobilen Patientenaufklärung
bereits an einer Stichprobe von 100 Patienten die Zeitdauer für papiergebundene Patientenaufklärungen
ermittelt. In Analogie zu den in dieser Studie ausgewerteten digitalen Prozessen umfasste
die vorangegangene Analyse ebenfalls die Zeit von der Ankunft des Patienten im CT-Wartebereich
bis zur Archivierung der Aufklärungsbögen. Die hierfür benötigte Zeit lag im analogen
Prozess im Mittel bei ca. 39,8 Minuten aktiver Arbeitszeit, bei unvollständig oder
inkorrekt ausgefüllten Aufklärungsbögen bzw. bei technischen Problemen bei der Archivierung
erreichte dieser Wert bis zu 46,8 Minuten. Passive Zeiten, in denen Dokumente auf
Abholung durch Mitarbeiter des Patientenarchivs warteten, gingen nicht in die Zeiterfassung
ein. Auf Grundlage des papiergebundenen Aufklärungsprozesses erwarteten wir eine mittlere
Zeiteinsparung von 6,5 Minuten, die durch die Automatisierung der Ablage der Aufklärungsdokumentation
in der digitalen Patientenakte begründet wurde. Somit ist die hier vorgestellte Tablet‑basierte
Technologie mit einer Gesamtaufklärungszeit von ca. 20 Minuten nicht nur deutlich
kürzer als die Gesamtzeit für die papierbasierte Methode, sondern auch um ca. 40 %
kürzer als der im Rahmen der Analyse des Zeitaufwands ermittelte Wert. Durch den geringeren
Zeitaufwand beim Personal (ärztliche Mitarbeiter, MTRA) bzw. den potenziellen Wegfall
von Personalkosten im Patientenarchiv ergibt sich eine personalbedingte Kostenersparnis
von ca. 20 %. Demgegenüber fallen einmalige Investitionskosten für die Anschaffung
von Tablets und digitalen Stiften nicht wesentlich ins Gewicht. Die höchsten Investitionskosten
sind zu erwarten, wenn vor Etablierung des digitalen Aufklärungsprozesses ein Ausbau
des WLAN-Netzes mit mehreren sogenannten „access-points“ erforderlich ist.
Jedem Patienten wurde eine Kopie der Aufklärungsunterlagen ausgehändigt. Durch die
Möglichkeit, mit dem Abschluss des Aufklärungsvorgangs nicht nur das pdf-Dokument
zu generieren, sondern auch über die „Airprint“-Technologie den Druck der Kopie zu
initiieren, hielten wir den Ablauf in der hier vorgestellten Form für praktikabel;
zudem war der Drucker in unmittelbarer Nähe zu dem Bereich aufgestellt, in dem die
Aufklärung erfolgte, sodass die Wege für den ärztlichen Mitarbeiter vertretbar kurz
waren. Unserer Erfahrung nach wünschen aber nur wenige Patienten tatsächlich eine
Kopie der Aufklärungsdokumentation, sodass wir aktuell vor Abschluss des Aufklärungsgesprächs
konkret nach dem Wunsch des Patienten fragen und uns ggf. auf einem hierfür vorgesehenen
Feld des digitalen Aufklärungsformulars nochmals bestätigen lassen, dass eine Kopie
nicht erwünscht ist. Durch den anteiligen Wegfall der Kopien sind weitere, wenngleich
geringfügige Kosteneinsparungen zu erwarten.
Die zunehmende Anzahl offener Fragen mit steigendem Lebensalter führten wir darauf
zurück, dass die zugrunde liegenden Erkrankungen komplexer sind und evtl. mehrere
Organsysteme betreffen. Gerade diese komplexen medizinischen Sachverhalte sind von
älteren Menschen evtl. schwieriger zu erfassen, sodass im Rahmen der Eigenanamnese
mehr Fragen offenbleiben oder Unsicherheiten bestehen, diese korrekt zu beantworten.
Auf den zeitlichen Aufwand des Arztes für die Klärung dieser Fragen hatte dies jedoch
keinen signifikanten Einfluss – der Zeitbedarf hierfür war vergleichbar mit jüngeren
Altersgruppen.
Ein Aspekt, den wir in dem vorliegenden Manuskript nicht separat betrachtet haben,
ist die Aufklärung minderjähriger Patienten. Da an unserem Institut die Regel gilt,
dass Patienten unter 16 Jahren im Beisein eines Erziehungsberechtigten aufzuklären
sind, ist zu vermuten, dass die Beantwortung der Anamnesefragen teils durch die minderjährigen
Patienten, teils aber auch durch die Erziehungsberechtigten erfolgt ist. Dieser Sachverhalt
ist durch die eingesetzte Software nicht abschließend zu klären, da sie nur eine Differenzierung
zwischen Patient/Erziehungsberechtigter/Betreuer auf der einen Seite und dem Arzt
auf der anderen Seite zulässt. Ebenso wenig lässt sich mit der eingesetzten Software
erfassen, ob ältere Patienten Unterstützung durch jüngere, begleitende Angehörige
oder nicht ärztliches Klinikpersonal erhalten haben. Inwieweit diese beiden Punkte
Einfluss auf die gesamte Aufklärungsdauer, die ärztliche Aufklärungsdauer und die
Anzahl der offenen Fragen haben, bleibt unklar. Allerdings dürfte bezüglich minderjähriger
und älterer Patienten eine vergleichbare Problematik in der papiergebundenen Form
der Aufklärung bestehen.
Im Nachgang des digitalen Aufklärungsprozesses führten wir bei 100 Patienten, die
zuvor bereits mindestens einmal papiergebunden für eine diagnostische CT-Untersuchung
aufgeklärt worden waren, eine Patientenbefragung durch. 83 % dieser Patienten zogen
den digitalen Prozess der Papierform vor. Zusätzlich hielten im Rahmen einer Befragung
62,5 % der ärztlichen Mitarbeiter und MTRA den digitalen Prozess für überlegen, was
im Wesentlichen mit dem geringeren Zeitaufwand begründet wurde.
Die Zeitersparnis sowie die hohe Akzeptanz der digitalen Aufklärung bei Patienten
und Mitarbeitern, verbunden mit einer automatisierten und damit weitgehend von Fehlern
wie Dokumentenverlust befreiten rechtssicheren Archivierung, hat uns veranlasst, nach
der Pilotphase im Bereich der Computertomografie die papiergebundene Aufklärung durch
einen Tablet-basierten, digitalen Prozess zu ersetzen.
Klinische Relevanz
Die mobile digitale Patientenaufklärung wird von Patienten unterschiedlicher Altersgruppen
und Mitarbeitern akzeptiert und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Optimierung
von Organisationsprozessen in der Radiologie durch zeiteffizienten Einsatz personeller
Ressourcen.