PPH 2019; 25(01): 49
DOI: 10.1055/a-0762-0283
Rund um die Psychiatrie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für Sie gelesen: Aktuelle Studien: Rottenberg J, Devendorf AR, Kashdan TB et al. The Curious Neglect of High Functioning After Psychopathology: The Case of Depression. Perspectives on Psychological Science 2018; 13 (5): 549–566

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Publication Date:
24 January 2019 (online)

Hintergrund: Die Hoffnung, dass Menschen nach einer diagnostizierten Depressionserkrankung langfristig und vollständig psychisch gesunden, ist niedrig. Depressionen sind eine chronische Erkrankung, die selbst bei einer therapeutischen Behandlung oftmals eine hohe Rückfall- und Rezidivrate aufweist. Überraschenderweise gibt es immer wieder Menschen die trotz einer schweren depressiven Erkrankung eine volle körperliche und mentale Genesung erreichen. Die aktuelle Forschungslage lässt diesbezüglich noch keine genauen Rückschlüsse auf die Hintergründe sowie deren Häufigkeiten zu. Die Wissenschaftler dieser Studie argumentieren, dass genau dieses Phänomen (High End-state Functioning after Depression, kurz HFAD) weitgehend unerforscht ist und stellen deshalb einen wissenschaftlichen Methodenansatz vor. Dadurch könnten einerseits neue Behandlungsmethoden für Menschen mit Depression gefunden und anderseits Kosten, die durch die langandauernde Heilung für das Gesundheitssystem entstehen, gesenkt werden.

Methode: Auf wissenschaftlicher Basis wurde die Definition für das HFAD-Phänomen festgelegt, außerdem wurden Diagnosemethoden empfohlen, damit die Identifikation im klinischen Alltag vereinheitlicht werden kann. Dazu wurde eine Guideline mit relevanten Fragestellungen erarbeitet.

Ergebnis: Die neuste epidemiologische Literatur verweist darauf, dass die weit vertretene Auffassung, das Krankheitsbild Depression als vollständig chronisch, rezidivierend und lebenslang zu definieren, überdacht werden sollte. Die Begründung hierfür ist, dass dies nicht für alle Menschen mit Depression gilt. Es besteht die Möglichkeit der Gesundung. Dies gilt jedoch für eine Minderheit der Erkrankten.

Fazit: Depressionen als Krankheitsbild verursachen weltweit viel menschliches Leiden und die Behandlung geht mit hohen Rückfall- und Rezidivraten einher. Der veröffentlichte HFAD-Forschungsansatz bietet Potenzial für die Entwicklung neuer Behandlungsformen.

Jörg Kußmaul