Kardiologie up2date 2018; 14(04): 296-303
DOI: 10.1055/a-0770-3407
Schritt für Schritt
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Invasive Blutdruckmessung – Schritt für Schritt

Jürgen Knapp
,
Michael Grabowski
,
Lorenz Weidhase
,
Michael Bernhard
Further Information

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. habil. Michael Bernhard, MHBA
Zentrale Notaufnahme
Universitätsklinikum Düsseldorf
Moorenstraße 5
40225 Düsseldorf

Publication History

Publication Date:
11 December 2018 (online)

 

Ziel und Zweck der Methode

Die invasive Blutdruckmessung („Arterie“, „blutige Blutdruckmessung“) dient bei kritisch kranken oder schwerverletzten Patienten einem kontinuierlichen hämodynamischen Monitoring. Des Weiteren ermöglicht sie wiederholte arterielle Blutabnahmen bzw. die Anfertigung von Blutgasanalysen. Voraussetzung ist ein Gefäßzugang zum arteriellen System, der überwiegend durch Punktion einer palpablen Arterie geschaffen wird. Über ein mit physiologischer Kochsalzlösung gespültes Schlauchsystem wird dann eine Verbindung zwischen Gefäßlumen und einem Messwandler (Transducer) hergestellt, der den Druck im Flüssigkeitssystem in ein elektronisch messbares Signal überführt. Dieses ermöglicht das Darstellen des systolischen, diastolischen und mittleren arteriellen Drucks sowie die Visualisierung der arteriellen Druckkurve auf einem Monitor. Die invasive Blutdruckmessung ist der Goldstandard für eine präzise Blutdruckmessung und ermöglicht eine Analyse „Schlag für Schlag“. Der Notfallmediziner wird mit einer invasiven Blutdruckmessung in seltenen Fällen im Rahmen des prähospitalen Primäreinsatzes, häufiger bei Sekundäreinsätzen (Sekundärverlegungen/Intensivtransport) und am häufigsten in der Zentralen Notaufnahme konfrontiert.


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Zum Etablieren einer intraarteriellen Kanüle stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung ([Abb. 1]):

  • Seldinger-Technik

  • Venenverweilkanülen (mit Stahlinnenmandrin)

  • andere kommerzielle Punktionssysteme (z. B. Floswitch®)

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Abb. 1 Verschiedene Punktionssysteme für die Anlage einer invasiven Blutdruckmessung. a Seldinger-System, b Floswitch®-System.(Quelle: PD Dr. J. Knapp)

Das Seldinger-Verfahren bietet sich insbesondere bei schlecht palpablen oder schlecht gefüllten Radialarterien bzw. bei geknickten Arterienverläufen oder schweren arteriosklerotischen Veränderungen an, bei denen das Einbringen des arteriellen Katheters über den Seldinger-Draht als Führungsschiene häufig besser gelingt.

Übliche Anlagelokalisationen sind die Arteriae (Aa.) radiales und Aa. femorales [1]. Jedoch sind auch Katheteranlagen in die Aa. brachiales, Aa. axillares, Aa. dorsales pedes und Aa. tibiales posteriores beschrieben [1], diese sind in Notfallsituationen vordergründig aber nicht zu empfehlen (Reservepunktionsstellen). Im Rahmen eines Schockgeschehens oder einer hochdosierten Katecholamintherapie kann es zu Abweichungen der in einer radialen Arterie im Vergleich zu in einer femoralen Arterie gemessenen Drücke kommen, wobei die radiale Messung den zentralen Perfusionsdruck unterschätzt [2], [3]. Im folgenden Beitrag wird nun exemplarisch auf die Katheteranlage in der Arteria (A.) radialis eingegangen.

Als unterstützende Verfahren bei der „Arterienanlage“ kann neben der Palpation des Arterienverlaufs auch der Gefäßdoppler und/oder die Sonografie eingesetzt werden und die Erfolgsrate erhöhen [4], [5]. Zu beachten ist, dass bei Patienten, die nach initialer Versorgung einer Herzkatheteruntersuchung unterzogen werden, primär die A. radialis sinistra oder die A. femoralis sinistra unter Schonung der rechten Seite punktiert werden sollte, da Katheterinterventionen häufig über die A. femoralis dextra und zunehmend über die A. radialis dextra erfolgen.

Indikationen und Kontraindikationen

Die Indikation zur Anlage einer invasiven Blutdruckmessung besteht bei vielen kritisch kranken Patienten (z. B. schwere Sepsis/septischer Schock, weitere Schockzustände, Oxygenierungs-/Ventilations-störungen, Polytrauma), bei denen mehrfache arterielle Blutabnahmen zur Blutgasanalyse und eine kontinuierliche Blutdruckmessung („Schlag für Schlag“) notwendig sind ([Tab. 1]). In jedem Einzelfall ist kritisch zu prüfen, ob durch die Anlage einer invasiven intraarteriellen Druckmessung zusätzliche Informationen für die Versorgung des Notfallpatienten zu erwarten sind, die therapeutische Konsequenzen nach sich ziehen. Denn die Anlage einer invasiven Blutdruckmessung durch die Punktion eines arteriellen Gefäßes stellt einen Eingriff in die Körperintegrität dar, ist mit einem Komplikationsrisiko assoziiert und beansprucht Zeit- und Personalressourcen.

Tab. 1 Indikation zur invasiven Blutdruckmessung (immer unter individueller Nutzen-Risiko-Abwägung).

instabile Herz-Kreislauf-Funktion und Schockzustände (z. B. septischer, hämorrhagischer oder kardiogener Schock)

Infusion von vasoaktiven Substanzen in höherer Konzentration (z. B. Katecholamine)

Notwendigkeit regelmäßiger arterieller Blutgasanalysen (z. B. Oxygenierungs-/Ventilationsstörungen)

insuffiziente noninvasive Blutdruckmessung (z. B. bei extremer Adipositas)

Notwendigkeit der strengen Blutdruckkontrolle (z. B. Aortenruptur, intrazerebrale Blutung)

Relative Kontraindikationen bestehen bei Gerinnungsstörungen, peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) an der Punktionsstelle, Gefäßprothesen an der Punktionslokalisation bzw. Hinweisen auf eine Minderperfusion mit der Gefahr einer kritischen Ischämie distal der Punktionsstelle (unzureichende Kollateralisierung). Gefäßprothesen bzw. -patches dürfen nur in Ausnahmefällen punktiert werden. Bei einem vital bedrohlichen Notfall bestehen keine oder nur relative Kontraindikationen.


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Anatomische Gegebenheiten

Am häufigsten erfolgt die Katheteranlage für die invasive Druckmessung in die A. radialis, da dieser Anlageort mit der geringsten Komplikationsrate assoziiert ist. Einerseits ist dieser Anlageort sehr oberflächlich und daher einfach zu punktieren, andererseits lässt sich dort nach Fehlpunktion eine Blutung im Vergleich zur A. femoralis leichter komprimieren.

Über den Arcus palmaris profundus et superficialis (arterieller Hohlhandbogen, [Abb. 2]) wird eine Verbindung zwischen der A. radialis und der A. ulnaris hergestellt, die eine Kollateralisierung und damit Blutversorgung der Hand und der Finger auch nach Kanülierung der A. radialis sichert.

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Abb. 2 Arcus palmaris profundus et superficialis (arterielle Hohlhandbogen) als eine Verbindung zwischen der A. radialis und der A. ulnaris.(Quelle: Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2014)

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Allen-Test

Vor dem Hintergrund, dass es in 35% der Fälle zu zumindest passageren Okklusionen nach Radialispunktionen kommt, wird häufig vor Anlage einer intraarteriellen Kanüle ein Allen-Test empfohlen [6]. Hierbei soll geprüft werden, ob die Blutversorgung über die A. ulnaris nach Punktion der A. radialis ausreichend ist, um die Finger bei verschlossener A. radialis zu durchbluten. Die Wertigkeit und Aussagekraft des Allen-Tests wird jedoch einerseits in der wissenschaftlichen Literatur kritisch hinterfragt [7], anderseits ist dieser Test eine zeitraubende Maßnahme und kann häufig unter Beachtung der notfallmäßigen Intervention nicht berücksichtigt werden. Der modifizierte Allen-Test besteht in der Anlage eines Pulsoxymeters an den Zeigefinger der punktierten Hand und nachfolgendem Abdrücken der später zu punktierenden A. radialis.


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Gefahren, Risiken und Fallstricke

Im Rahmen einer großen Untersuchung mit rund 62 000 Arterienanlagen kam es in 0,03% der Fälle zu Komplikationen [1]. Typische Komplikationen sind Blutungen (0,53%), Hämatome (14,4%), Thrombosen, Gefäßläsionen (permanenter ischämischer Schaden: 0,09%), Dissektionen, (Pseudo-)Aneurysmen, arteriovenöse Fisteln, Nervenläsionen, passagere Vasospasmen, sekundäre Katheterfehllagen, -dislokationen und Diskonnektionen des Messsystems mit der Gefahr des Blutverlusts [6], [7]. Lokale Thrombosen nach arterieller Kanülierung bleiben zumeist inapparent und sind nicht behandlungsbedürftig [7]. Um die Provokation einer Ischämie zu vermeiden, sollten bei der Notwendigkeit von mehreren Punktionsversuchen nicht die A. radialis und die A. ulnaris der gleichen Seite punktiert werden. Bei Rechtshändern ist bevorzugt die linke A. radialis zu punktieren (bei Linkshändern die A. radialis dextra).

Infektionen am Punktionsort bei arteriellem Katheter sind selten (0,02 – 0,72%), aber auch arterielle Katheter kommen als Ursache von Blutstrominfektionen in Betracht [1], [6], [7], [8]. Grundsätzlich muss daher die Anlage eines arteriellen Katheters auch im Notfall unter sterilen Bedingungen erfolgen (sterile Handschuhe, Hautdesinfektion, Abdecktücher). Dabei sind Infektionen bei radialen Kathetern seltener als bei femoral etablierten arteriellen Kathetern [9]. Durch eine klare Kennzeichnung arterieller Zugänge (Aufkleber mit der Beschriftung „Arterie“, rote Dreiwegehähne und Verschlusskappen) muss die versehentliche intraarterielle Injektion von Medikamenten unterbunden werden.


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Invasive Blutdruckmessung – Schritt für Schritt

Schritt 1  Durchführung des Allen-Tests

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Abb. 3Durchführung des Allen-Tests. Beim Allen-Test werden die A. radialis und die A. ulnaris komprimiert und damit die arterielle Blutversorgung der Hand unterbunden. Durch Hochhalten und aktives Schließen und Öffnen der Hand kommt es zum Abblassen der Haut. Dann wird die Kompression der A. ulnaris aufgehoben und die Hautfarbe sollte innerhalb von 6 s wieder wie zuvor sein und damit eine ausreichende Perfusion über die A. radialis anzeigen (pathologische Werte im Sinne eines insuffizienten Flusses liegen ab 14 s vor). Einschränkend ist zu erwähnen, dass dieses Manöver zeitraubend ist. Etwas schneller kann daher auch der o. g. modifizierte Allen-Test unter Nutzung eines Pulsoxymeters erfolgen.

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Schritt 2  Lagerung und Desinfektion

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Abb. 4Lagerung und Desinfektion. Die ausgelagerte Hand wird über ein Hypomochlion gelagert und fixiert. Damit wird der Verlauf der A. radialis gestreckt, für die Punktion etwas oberflächlicher gelagert und fixiert. Vor der Punktion der A. radialis erfolgt eine sorgsame Desinfektion des Punktionsgebiets und nachfolgend ein aseptisches Vorgehen. Die Anlage hat unter sterilen Bedingungen zu erfolgen. Voraussetzungen sind: steriles Punktionsgebiet durch ein Lochtuch, sterile Handschuhe.

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Schritt 3  Abdeckung

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Abb. 5Abdeckung. Nach der Desinfektion wird das Punktionsgebiet abgedeckt. Hierzu stehen verschiedene kommerziell erhältliche Abdeck- bzw. Lochtücher zur Verfügung. Wichtig ist hierbei, einen möglichst großen sterilen Arbeitsbereich zu schaffen, der es auch ermöglicht, sich an den anatomischen Landmarken zu orientieren und bei eventuell notwendigen Mehrfachpunktionen auch weiter proximal zu punktieren. Vor dem sterilen Abdecken wurde mit einer dünnen Subkutannadel eine Lokalanästhesie durchgeführt. Die Einstichstelle ist am linken unteren Bildrand zu sehen.

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Schritt 4  Punktion

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Abb. 6Punktion.  a Bei der Punktion der A. radialis wird mit dem Zeige- und Mittelfinger einer Hand der Verlauf der A. radialis palpiert und die Lage der Arterie sondiert. Nachfolgend erfolgt die Punktion mit dem Schliff der Nadel nach oben in einem Winkel von etwa 30 – 45°.  b Im Rahmen des Seldinger-Verfahrens lässt sich die korrekte Punktion durch einen pulsatilen Blutstrom am Ende der Kanüle erkennen.  

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Schritt 5  Einbringen des Katheters

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Abb. 7Einbringen des Katheters („Einseldingern“).  a Über die einliegende Punktionskanüle wird der Seldinger-Draht eingeführt. Hierbei ist zu beachten, dass dafür nur ein minimaler Kraftaufwand nötig ist. Arteriosklerotische Plaques im Gefäß können das Einbringen des Drahts erschweren. Manchmal muss man die Punktionskanüle bzw. den Draht leicht rotieren, um besser in das Lumen einzudringen. b Nachfolgend wird die Punktionskanüle entfernt. Der einmal in das Gefäß eingebrachte Draht darf niemals losgelassen werden, um einen Drahtverlust zu verhindern. Hinweis 1: Der Draht sollte mit dem weichen Ende voran vorgeschoben werden. Hinweis 2: Bei korrekter Anlage tritt ein typisches surrendes Gefühl am Draht auf (Spiralarmierung rutscht über Spitze der Punktionskanüle). Fehlt dieses Gefühl oder tritt ein weicher, federnder Widerstand auf, darf der Draht nicht weiter vorgeschoben werden, um eine Dissektion der Arterienwand zu vermeiden.

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Schritt 6  Auffädeln des Katheters

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Abb. 8Auffädeln des Katheters.  a – c Über den liegenden Seldinger-Draht wird nun die arterielle Kanüle aufgefädelt. Auch hierbei darf man den Draht niemals aus den Fingern lassen, damit der Draht nicht vollständig ins intraarterielle Lumen gleitet und anschließend aufwendig geborgen werden muss.

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Schritt 7  Fixation

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Abb. 9Fixation. Eine sichere Fixation einer etablierten invasiven Druckmessung ist essenziell, um eine sekundäre Dislokation im Rahmen von Umlagerungsmanövern und Transporten zu verhindern. Dabei kann die Fixierung durch eine Annaht oder durch Pflasterstreifen erfolgen. Die Fixation durch 2 Hautnähte kann mit einem Polyestherfaden erfolgen. Die Einstichstellen der Annaht sollten sich links und rechts der Punktionsstelle befinden. Hierbei sollte man die Kanüle bis zum Ansatzstück vorschieben und anschließend ohne „Spiel“ fixieren. Beim Transport des Patienten ist auf die Gefahr einer Dislokation des Arteriensystems und/oder der einliegenden Kanüle zu achten.

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Schritt 8  Anlage der Druckleitung

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Abb. 10Anlage der Druckleitung. Hier sei explizit darauf hingewiesen, dass man nur zu diesem Zweck zugelassene Leitungen nutzen darf, da bei zu weichen Materialien der Druckleitung die Dämpfung verstärkt wird und dadurch die Messwerte verfälscht werden (falsch niedriger systolischer Wert, falsch hoher diastolischer Wert). Wichtig ist die Sicherung einer luftbläschenfreien Zuleitung, ansonsten kann es zu Luftembolien im arteriellen System distal des Zugangs oder zu Fehlmessungen durch Überdämpfung des Systems kommen.

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Schritt 9  Transducer

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Abb. 11Druckaufnehmersystem, Druckwandler (Transducer). Der Druck im Leitungssystem, das an den arteriellen Zugang angeschlossen ist, kann durch verschiedene messtechnische Methoden in ein elektrisches Signal umgewandelt werden. Hierfür lässt sich z. B. der piezoelektrische Effekt von Kristallen oder Keramiken nutzen: Minimale mechanische Verformungen der Membran des Druckaufnehmersystems durch die Pulswelle werden durch diese Materialien in elektrische Spannungsveränderungen umgewandelt. Weitaus gebräuchlicher sind inzwischen Dehnungsmessstreifen. Durch die mechanische Vorwölbung der Membran des Drucksystems kommt es zu einer Dehnung eines elektrischen Leiters und damit zum Anstieg des elektrischen Widerstands. Eingebaut als Widerstandselement in eine Wheatstone-Brücke können so dem Druck proportionale Veränderungen der elektrischen Spannung gemessen werden. Diese Signale werden verstärkt und grafisch als Kurve („Druckkurve“) dargestellt. Lässt sich kein adäquates Drucksignal ableiten, kann dies an einem Anliegen des arteriellen Katheters an der Gefäßwand oder einer arteriosklerotischen Plaque, einer Teilthrombosierung des Lumens oder einem Vasospasmus liegen. Abhilfe schaffen hier möglicherweise die Aspiration und das vorsichtige Spülen des Drucksystems. Durch eine zu lose Verbindung zwischen dem Druckleitungssystem und dem Druckwandler kann eine Überdämpfung entstehen.

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Schritt 10  Invasive Druckkurve

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Abb. 12Invasive Druckkurve: Korrekt abgeleitete Kurve des arteriellen Blutdrucks. Zu achten ist v. a. auf die Darstellung der dikroten Einkerbung (dikroter Punkt) – verursacht durch den Schluss der Aortenklappe. Die kontinuierliche grafische Darstellung des Kurvenverlaufs ist unerlässlich, um eine Über- oder Unterdämpfung zu erkennen und so eine Fehlinterpretation der gemessenen Druckwerte zu vermeiden.

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Erstveröffentlichung

Dieser Beitrag ist eine aktualisierte Version des Artikels: Knapp J, Grabowski M, Weidhase L, Bernhard M. Invasive Blutdruckmessung – Schritt für Schritt. Notfallmedizin up2date 2017; 12: 7–14.


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Autorinnen / Autoren

Jürgen Knapp

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Priv.-Doz. Dr. med., Jahrgang 1976, 1998 – 2004 Studium an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, 2005 – 2016 Klinik für Anästhesiologie am Universitätsklinikum Heidelberg, seit 2016 Klinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie am Universitätsspital Bern, 2008 Zusatzbezeichnung Notfallmedizin, 2009 International Diploma of Mountain Emergency Medicine, 2012 Zusatzbezeichnung Spezielle Intensivmedizin, 2014 European Diploma in Intensive Care Medicine, 2015 European Diploma in Anaesthesiology and Intensive Care, 2007 Promotion, 2015 Habilitation und Venia legendi für das Fach Anästhesiologie.

Michael Grabowski

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Dr. med., Jahrgang 1981, Studium der Biochemie und Humanmedizin an den Universitäten Bochum und Graz bis 2012. Seit Juli 2015 Assistenzarzt an der Zentralen Notaufnahme des Universitätsklinikums Leipzig.

Lorenz Weidhase

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Dr. med., Jahrgang 1975, 1994 – 2000 Studium der Humanmedizin an der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg; 2001 – 2002 Arzt im Praktikum in der Klinik für Anaesthesiologie und Intensivmedizin im Städtischen Krankenhaus Martha-Maria Halle/Dölau; 2002 – 2004 Assistenzarzt in der Chirurgischen Abteilung der Oberschwabenklinik im Krankenhaus Leutkirch, 2004 – 2009 Assistenzarzt im Department für Innere Medizin, Fachbereich Intensivmedizin am Universitätsklinikum Leipzig; 2009 Facharzt für Innere Medizin; 2011 Zusatzbezeichnung Intensivmedizin; aktuell Oberarzt der Abteilung für Interdisziplinäre Internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum Leipzig; Mitglied der DGIIN.

Michael Bernhard

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PD Dr. med., MHBA, Jahrgang 1976. Medizinstudium in Hamburg, Facharztausbildung in Heidelberg. 2009 – 2011 Leitender Oberarzt der Zentralen Notaufnahme am Klinikum Fulda, 2011 – 2018 Leitender Oberarzt und Stellvertretender Ärztlicher Leiter der Zentralen Notaufnahme des Universitätsklinikums Leipzig, seit 2018 Ärztlicher Leiter der Zentralen Notaufnahme des Universitätsklinikums Düsseldorf.

Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Nutall G, Burckhardt J, Hadley A. et al. Surgical and patient risk factors for severe arterial line complications in adults. Anesthesiology 2016; 124: 590-597
  • 2 Galluccio ST, Chapman J, Finnis ME. Femoral-radial arterial pressure gradients in critically ill patients. Crit Care Resusc 2009; 11: 34-38
  • 3 Kim WY, Jun JH, Huh JW. et al. Radial to femoral arterial blood pressure differences in septic shock patients receiving high-dose norepinephrine therapy. Shock 2013; 40: 527-532
  • 4 Ailon J, Mourad O, Chien V. et al. Ultrasound-guided insertion of a radial arterial catheter. N Engl J Med 2014; 371: e21
  • 5 Gu XP, Wu XD, Wang F. et al. Ultrasound guidance facilitates radial artery catheterization: A meta-analysis with trial sequential analysis of randomized controlled trails. Chest 2016; 149: 166-179
  • 6 Scheer BV, Perel A, Pfeiffer UJ. Clinical review: Complications and risk factors of peripheral arterial catheters used for haemodynamic monitoring in anaesthesia and intensive care medicine. Crit Care 2002; 6: 198-204
  • 7 Brezinski M, Luisetti T, London MJ. Radial artery cannulation: A comprehensive review of recent anatomic and physiologic investigations. Anesth Analg 2009; 109: 1763-1781
  • 8 Esteve F, Pujol M, Perez XL. et al. Bacteremia related with arterial catheter in critically ill patients. J Infection 2011; 63: 139-143
  • 9 OʼHoro JC, Maki DG, Krupp AE. et al. Arterial catheters as a source of bloodstream infection: A systematic review and meta-analysis. Crit Care Med 2014; 42: 1334-1339

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. habil. Michael Bernhard, MHBA
Zentrale Notaufnahme
Universitätsklinikum Düsseldorf
Moorenstraße 5
40225 Düsseldorf

  • Literatur

  • 1 Nutall G, Burckhardt J, Hadley A. et al. Surgical and patient risk factors for severe arterial line complications in adults. Anesthesiology 2016; 124: 590-597
  • 2 Galluccio ST, Chapman J, Finnis ME. Femoral-radial arterial pressure gradients in critically ill patients. Crit Care Resusc 2009; 11: 34-38
  • 3 Kim WY, Jun JH, Huh JW. et al. Radial to femoral arterial blood pressure differences in septic shock patients receiving high-dose norepinephrine therapy. Shock 2013; 40: 527-532
  • 4 Ailon J, Mourad O, Chien V. et al. Ultrasound-guided insertion of a radial arterial catheter. N Engl J Med 2014; 371: e21
  • 5 Gu XP, Wu XD, Wang F. et al. Ultrasound guidance facilitates radial artery catheterization: A meta-analysis with trial sequential analysis of randomized controlled trails. Chest 2016; 149: 166-179
  • 6 Scheer BV, Perel A, Pfeiffer UJ. Clinical review: Complications and risk factors of peripheral arterial catheters used for haemodynamic monitoring in anaesthesia and intensive care medicine. Crit Care 2002; 6: 198-204
  • 7 Brezinski M, Luisetti T, London MJ. Radial artery cannulation: A comprehensive review of recent anatomic and physiologic investigations. Anesth Analg 2009; 109: 1763-1781
  • 8 Esteve F, Pujol M, Perez XL. et al. Bacteremia related with arterial catheter in critically ill patients. J Infection 2011; 63: 139-143
  • 9 OʼHoro JC, Maki DG, Krupp AE. et al. Arterial catheters as a source of bloodstream infection: A systematic review and meta-analysis. Crit Care Med 2014; 42: 1334-1339

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Abb. 1 Verschiedene Punktionssysteme für die Anlage einer invasiven Blutdruckmessung. a Seldinger-System, b Floswitch®-System.(Quelle: PD Dr. J. Knapp)
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Abb. 2 Arcus palmaris profundus et superficialis (arterielle Hohlhandbogen) als eine Verbindung zwischen der A. radialis und der A. ulnaris.(Quelle: Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2014)
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Abb. 3Durchführung des Allen-Tests. Beim Allen-Test werden die A. radialis und die A. ulnaris komprimiert und damit die arterielle Blutversorgung der Hand unterbunden. Durch Hochhalten und aktives Schließen und Öffnen der Hand kommt es zum Abblassen der Haut. Dann wird die Kompression der A. ulnaris aufgehoben und die Hautfarbe sollte innerhalb von 6 s wieder wie zuvor sein und damit eine ausreichende Perfusion über die A. radialis anzeigen (pathologische Werte im Sinne eines insuffizienten Flusses liegen ab 14 s vor). Einschränkend ist zu erwähnen, dass dieses Manöver zeitraubend ist. Etwas schneller kann daher auch der o. g. modifizierte Allen-Test unter Nutzung eines Pulsoxymeters erfolgen.
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Abb. 4Lagerung und Desinfektion. Die ausgelagerte Hand wird über ein Hypomochlion gelagert und fixiert. Damit wird der Verlauf der A. radialis gestreckt, für die Punktion etwas oberflächlicher gelagert und fixiert. Vor der Punktion der A. radialis erfolgt eine sorgsame Desinfektion des Punktionsgebiets und nachfolgend ein aseptisches Vorgehen. Die Anlage hat unter sterilen Bedingungen zu erfolgen. Voraussetzungen sind: steriles Punktionsgebiet durch ein Lochtuch, sterile Handschuhe.
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Abb. 5Abdeckung. Nach der Desinfektion wird das Punktionsgebiet abgedeckt. Hierzu stehen verschiedene kommerziell erhältliche Abdeck- bzw. Lochtücher zur Verfügung. Wichtig ist hierbei, einen möglichst großen sterilen Arbeitsbereich zu schaffen, der es auch ermöglicht, sich an den anatomischen Landmarken zu orientieren und bei eventuell notwendigen Mehrfachpunktionen auch weiter proximal zu punktieren. Vor dem sterilen Abdecken wurde mit einer dünnen Subkutannadel eine Lokalanästhesie durchgeführt. Die Einstichstelle ist am linken unteren Bildrand zu sehen.
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Abb. 6Punktion.  a Bei der Punktion der A. radialis wird mit dem Zeige- und Mittelfinger einer Hand der Verlauf der A. radialis palpiert und die Lage der Arterie sondiert. Nachfolgend erfolgt die Punktion mit dem Schliff der Nadel nach oben in einem Winkel von etwa 30 – 45°.  b Im Rahmen des Seldinger-Verfahrens lässt sich die korrekte Punktion durch einen pulsatilen Blutstrom am Ende der Kanüle erkennen.  
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Abb. 7Einbringen des Katheters („Einseldingern“).  a Über die einliegende Punktionskanüle wird der Seldinger-Draht eingeführt. Hierbei ist zu beachten, dass dafür nur ein minimaler Kraftaufwand nötig ist. Arteriosklerotische Plaques im Gefäß können das Einbringen des Drahts erschweren. Manchmal muss man die Punktionskanüle bzw. den Draht leicht rotieren, um besser in das Lumen einzudringen. b Nachfolgend wird die Punktionskanüle entfernt. Der einmal in das Gefäß eingebrachte Draht darf niemals losgelassen werden, um einen Drahtverlust zu verhindern. Hinweis 1: Der Draht sollte mit dem weichen Ende voran vorgeschoben werden. Hinweis 2: Bei korrekter Anlage tritt ein typisches surrendes Gefühl am Draht auf (Spiralarmierung rutscht über Spitze der Punktionskanüle). Fehlt dieses Gefühl oder tritt ein weicher, federnder Widerstand auf, darf der Draht nicht weiter vorgeschoben werden, um eine Dissektion der Arterienwand zu vermeiden.
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Abb. 8Auffädeln des Katheters.  a – c Über den liegenden Seldinger-Draht wird nun die arterielle Kanüle aufgefädelt. Auch hierbei darf man den Draht niemals aus den Fingern lassen, damit der Draht nicht vollständig ins intraarterielle Lumen gleitet und anschließend aufwendig geborgen werden muss.
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Abb. 9Fixation. Eine sichere Fixation einer etablierten invasiven Druckmessung ist essenziell, um eine sekundäre Dislokation im Rahmen von Umlagerungsmanövern und Transporten zu verhindern. Dabei kann die Fixierung durch eine Annaht oder durch Pflasterstreifen erfolgen. Die Fixation durch 2 Hautnähte kann mit einem Polyestherfaden erfolgen. Die Einstichstellen der Annaht sollten sich links und rechts der Punktionsstelle befinden. Hierbei sollte man die Kanüle bis zum Ansatzstück vorschieben und anschließend ohne „Spiel“ fixieren. Beim Transport des Patienten ist auf die Gefahr einer Dislokation des Arteriensystems und/oder der einliegenden Kanüle zu achten.
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Abb. 10Anlage der Druckleitung. Hier sei explizit darauf hingewiesen, dass man nur zu diesem Zweck zugelassene Leitungen nutzen darf, da bei zu weichen Materialien der Druckleitung die Dämpfung verstärkt wird und dadurch die Messwerte verfälscht werden (falsch niedriger systolischer Wert, falsch hoher diastolischer Wert). Wichtig ist die Sicherung einer luftbläschenfreien Zuleitung, ansonsten kann es zu Luftembolien im arteriellen System distal des Zugangs oder zu Fehlmessungen durch Überdämpfung des Systems kommen.
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Abb. 11Druckaufnehmersystem, Druckwandler (Transducer). Der Druck im Leitungssystem, das an den arteriellen Zugang angeschlossen ist, kann durch verschiedene messtechnische Methoden in ein elektrisches Signal umgewandelt werden. Hierfür lässt sich z. B. der piezoelektrische Effekt von Kristallen oder Keramiken nutzen: Minimale mechanische Verformungen der Membran des Druckaufnehmersystems durch die Pulswelle werden durch diese Materialien in elektrische Spannungsveränderungen umgewandelt. Weitaus gebräuchlicher sind inzwischen Dehnungsmessstreifen. Durch die mechanische Vorwölbung der Membran des Drucksystems kommt es zu einer Dehnung eines elektrischen Leiters und damit zum Anstieg des elektrischen Widerstands. Eingebaut als Widerstandselement in eine Wheatstone-Brücke können so dem Druck proportionale Veränderungen der elektrischen Spannung gemessen werden. Diese Signale werden verstärkt und grafisch als Kurve („Druckkurve“) dargestellt. Lässt sich kein adäquates Drucksignal ableiten, kann dies an einem Anliegen des arteriellen Katheters an der Gefäßwand oder einer arteriosklerotischen Plaque, einer Teilthrombosierung des Lumens oder einem Vasospasmus liegen. Abhilfe schaffen hier möglicherweise die Aspiration und das vorsichtige Spülen des Drucksystems. Durch eine zu lose Verbindung zwischen dem Druckleitungssystem und dem Druckwandler kann eine Überdämpfung entstehen.
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Abb. 12Invasive Druckkurve: Korrekt abgeleitete Kurve des arteriellen Blutdrucks. Zu achten ist v. a. auf die Darstellung der dikroten Einkerbung (dikroter Punkt) – verursacht durch den Schluss der Aortenklappe. Die kontinuierliche grafische Darstellung des Kurvenverlaufs ist unerlässlich, um eine Über- oder Unterdämpfung zu erkennen und so eine Fehlinterpretation der gemessenen Druckwerte zu vermeiden.