Widmung
Diese Übersichtsarbeit widmen wir Herrn Univ.-Prof. Dr. med. Hans H. Schild, bei dem
wir uns ganz herzlich für die langjährige und stete Unterstützung in allen klinischen
und wissenschaftlichen Belangen bedanken möchten.
Key words
abdomen - pancreas - ablation procedures - interventional procedures - ultrasound
- adenocarcinoma
Einleitung
Bei mehr als 80 % der Patienten mit einem duktalen Adenokarzinom des Pankreas liegt
zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ein inoperabler Tumor vor, welcher unbehandelt
mit einer medianen Überlebenszeit von nur 4 – 6 Monaten und einem 5-Jahresüberleben
von weniger als 1 % unter den gastrointestinalen Tumoren die schlechteste Prognose
hat. Trotz neuerer Chemotherapie-Regimes beträgt die 1-Jahres-Überlebensrate weiterhin
nur etwa 18 – 20 %. Zudem weist die Chemotherapie eine eingeschränkte Wirksamkeit
bei der lokalen Tumorkontrolle und der Schmerz- bzw. Symptomlinderung auf. Andererseits
wird die Lebensqualität von betroffenen Patienten in 80 % der Fälle durch das klinische
Hauptsymptom Tumorschmerz eingeschränkt.
Die Lokaltherapien des Pankreaskarzinoms haben das Ziel, das Wachstum des Primärtumors
zu verhindern, tumorassoziierte Komplikationen zu vermeiden und Symptome zu lindern.
Während die Radiotherapie zurzeit die etablierteste Methode der lokalen Tumortherapie
darstellt, wurden in den letzten Jahren weitere lokal ablative Verfahren mit zum Teil
guten Erfolgen eingesetzt. Dazu gehören die Kryotherapie, die Radiofrequenzablation
(RFA), die Mikrowellenablation (MWA), die irreversible Elektroporation (IRE) und auch
der hochintensive fokussierte Ultraschall (HIFU) [1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6], wobei derzeit keine vergleichenden Studien existieren und die Ergebnisse in hohem
Maße von der Erfahrung des jeweiligen Operateurs bzw. Interventionalisten abhängig
sind. Der Ultraschall (US) -gesteuerte HIFU bietet dabei eine minimalinvasive und
wirksame Behandlungsoption, die in Kombination mit einer palliativen Standardchemotherapie
zur Schmerzlinderung und lokalen Tumorkontrolle erfolgreich eingesetzt werden kann
[7]
[8] und im Gegensatz zu den anderen lokal ablativen Verfahren ohne das Einbringen von
Nadeln, Sonden oder Elektroden funktioniert. Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden
unsere Erfahrungen zur symptomatischen Therapie mit US-gesteuertem HIFU beim fortgeschrittenen
Pankreaskarzinom anderen lokal ablativen Verfahren gegenübergestellt.
Hoch-intensiver fokussierter Ultraschall (HIFU)
Hoch-intensiver fokussierter Ultraschall (HIFU)
Beim HIFU werden hochintensive US-Wellen durch spezielle Wandler gebündelt und auf
einen Zielpunkt innerhalb des menschlichen Körpers fokussiert, sodass im Zielgewebe
eine Koagulationsnekrose und Gewebedestruktion entsteht. Unsere Erfahrungen mit US-gesteuertem
HIFU beim fortgeschrittenen Pankreaskarzinom basieren auf der Behandlung von 89 Patienten
mit dieser Tumorentität (UICC-Stadium III-IV), bei denen der klinische Einsatz der
zusätzlich zur palliativen Standardtherapie durchgeführten HIFU-Behandlung prospektiv
untersucht wurde [9]
[10]
[11]
[12]. Von allen Patienten, die sich zur lokalen Therapie vorstellten, erfüllte die Hälfte
die Voraussetzungen, um mit dieser Methode behandelt zu werden. Nach der HIFU-Ablation
hat die Mehrzahl der Patienten (ca. 85 %) innerhalb der ersten Woche eine effektive
und im Verlauf anhaltende Schmerzlinderung erfahren; der schmerzlindernde Effekt bezog
sich auf die Schmerzintensität und Schmerzempfindung [9]
[10]
[12]
[13] und war unabhängig vom Metastasen-Status. Die Auswirkung auf die analgetische Medikation
wurde anhand der Änderungen der Schmerzmitteleinnahme nach dem WHO-Stufenschema zur
Schmerztherapie evaluiert (Stufe I: Nicht-Opioid-Analgetika; Stufe II: schwach wirksame
Opioide mit/ohne Nicht-Opioid-Analgetika; Stufe III: stark wirksame Opioid-Analgetika
mit/ohne Nicht-Opioid-Analgetika). Es wurde eine HIFU-assoziierte Zunahme der Patientenanzahl
in den niedrigen WHO-Stufen 6 Wochen nach dem Eingriff beobachtet, bei gleichzeitiger
Abnahme der Patientenanzahl in den höheren WHO-Stufen [11].
Eine Tumorschrumpfung trat im zeitlichen Verlauf ab der dritten Woche auf und lag
bei ca. 52 %± 20 % und 58 %± 26 % jeweils nach 3 und 6 Monaten unabhängig vom Stadium
der Erkrankung [9]
[10]
[12]. Nach einer medianen Zeit von 14,4 Monaten wurde bei ca. 20 % der behandelten Patienten
ein Tumorwachstum in der Peripherie der zuvor behandelten Tumorregionen beobachtet,
mehr als 60 % dieser Patienten konnten erfolgreich einer zweiten HIFU-Behandlung unterzogen
werden. Initial lag bei 85 % der Patienten eine Beteiligung der großen viszeralen
arteriellen, bei 95 % der venösen Oberbauchgefäße vor [14].
Die mediane Zeit zwischen Erstdiagnose und HIFU-Intervention lag bei 6,8 Monaten (0,4 – 34,7
Monate). Das mediane Gesamtüberleben betrug 16,2 Monate ab Erstdiagnose und 8,3 Monate
ab HIFU-Intervention. Patienten mit UICC-III-Erkrankung (ca. 40 %) hatten mit 25,6
Monaten ein längeres medianes Gesamtüberleben als die mit UICC-IV-Erkrankung (ca.
60 %; 15,5 Monate). Die progressionsfreie Überlebensrate lag hier bei 93,1 % nach
6 Monaten und bei 25,2 % nach 36 Monaten. Die Patienten mit UICC-III-Erkrankung zeigten
ein medianes progressionsfreies Überleben von 31,7 Monaten und die mit UICC-IV-Erkrankung
von 16,7 Monaten (p < 0,05). In diesem Patientenkollektiv war die führende Todesursache
das Fortschreiten der Tumorerkrankung (progrediente Lebermetastasierung, diffuse Peritoneal-Karzinose)
bei 82 % der Patienten. Zu den nicht tumorbedingten Todesursachen gehörten ein Myokardinfarkt,
eine Lungenembolie und ein Schlaganfall (bei jeweils n = 1) sowie Critical illness
infektiöser Genese im Rahmen der Immunsuppression (n = 2). Nach dem heutigen Kenntnisstand
ist die HIFU-Therapie ein risikoarmes Verfahren und bei Beachtung der Indikationen
und Kontraindikationen in der Regel mit einer sehr geringen Rate an Nebenwirkungen
verbunden [15]. Neben unseren Studiendaten liegen nur wenige weitere Untersuchungsergebnisse aus
Europa vor. Diese beschränken sich auf 2 Publikationen jeweils mit US- (n = 48) und
MR-gesteuerter (n = 6) HIFU-Behandlung vom Pankreaskarzinom [16]
[17]. Darüber hinaus wurde in vielen, vorwiegend retrospektiven Fallserien und Berichten
aus dem ostasiatischen Raum die Wirksamkeit des US-gesteuerten HIFU bei einer geringen
Nebenwirkungsrate beschrieben [18]
[19]
[20]
[21]
[22]
[23]
[24]
[25]
[26]. Eine Zusammenfassung der HIFU-Ergebnisse ist in [Tab. 1] aufgeführt [9]
[16]
[17]
[18]
[21]
[22]
[23]
[24]
[25]
[27]
[28]
[29]
[30]
[31].
Tab. 1
Hoch-intensiver fokussierter Ultraschall (HIFU) beim Pankreaskarzinom.
|
Referenz
|
Patientenanzahl
|
Zugang
|
Schmerzlinderung
|
Lebensqualität
|
Morbidität
|
medianes Überleben
|
|
Anzidei et al. [16]
|
6
|
MR-Steuerung
|
83 %
|
n.b.
|
n.b.
|
n.b.
|
|
Gao et al. [18]
|
39
|
US-Steuerung
|
79,5 %
Komplett 23,1 %
Partiell 56,4 %
|
n.b.
|
12,8 %
|
11 Monate
|
|
Li et al. [21]
|
25
|
US-Steuerung
|
92 %
|
n.b.
|
n.b.
|
10 Monate
|
|
Marinova et al. [9]
|
50 (19 III)
|
US-Steuerung
|
84 %
|
↑ n.n.b.
|
< 10 %
|
16,2 Monate
8,3 Monate nach HIFU
|
|
Orsi et al. [27]
|
6
|
US-Steuerung
|
75 %
|
↑ n.n.b
|
n.b.
|
7 Monate nach HIFU
|
|
Sofuni et al. [28]
|
30 (16 III)
|
US-Steuerung
|
66,7 %
|
↑ n.n.b
|
10 %
|
n.b.
|
|
Sung et al. [22]
|
46
|
US-Steuerung
|
> 60 %
|
n.b.
|
10,9 %
|
12,4 Monate
7 Monate nach HIFU
|
|
Vidal-Jove et al. [17]
|
43
|
US-Steuerung
|
n.b.
|
n.b.
|
11,3 %
|
12,5 Monate
|
|
Wang et al. [23]
|
40 (13 III)
|
US-Steuerung
|
87,5 %
Komplett 22,5 %
Partiell 65 %
|
n.b.
|
n.b.
|
10 Monate
|
|
Wang et al. [24]
|
224 (86 III)
|
US-Steuerung
|
n.b.
|
n.b.
|
5,8 %
|
n.b.
|
|
Wu et al. [25]
|
8 (3 III)
|
US-Steuerung
|
100 %
|
↑ n.n.b.
|
n.b.
|
11,3 Monate
|
|
Xiong et al. [29]
|
89 (39 III)
|
US-Steuerung
|
78,6 %
|
n.b.
|
11,2 %
|
11,2 Monate
|
|
Zhao H. et al. [30]
|
39 (31 III)
|
US-Steuerung
|
78,6 %
Komplett 32,2 %
Partiell 46,4 %
|
n.b.
|
n.n.b.
|
12,6 Monate
|
|
Zhao J. et al. [31]
|
38 III
|
US-Steuerung
|
n.b.
|
n.b.
|
< 25 %
|
10,3 Monate
|
III: UICC-Stadium III; n.b.: nicht berichtet; n.n.b.: nicht näher bezeichnet; US:
Ultraschall; MR: Magnetresonanz.
Andere lokal ablative Verfahren
Andere lokal ablative Verfahren
In den letzten Jahren wurden verschiedene ablative Therapieverfahren zur Tumormassereduktion
bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Pankreaskarzinom ohne Fernmetastasierung
eingesetzt, wie z. B. die Radiofrequenz- (RFA) und die Mikrowellenablation (MWA),
die Kryotherapie, die irreversible Elektroporation (IRE, Nano-Knife®) und die stereotaktische Strahlentherapie (Gamma-Knife®, Cyber-Knife®) [32]
[33]
[34]
[35]
[36]. Hinzu kommen als noch seltener durchgeführte Verfahren die photodynamisch Therapie
(PDT) und die Elektrochemotherapie (ECT). Die therapeutischen Effekte dieser palliativen
Therapieansätze sind mit der Erzeugung einer intraläsionalen Nekrose, Zytolyse und
Zelltod assoziiert, was letztendlich zur tumoralen Zytoreduktion führt. Einige Studien
beschreiben dabei eine zusätzliche Verstärkung der tumorinduzierten Immunantwort nach
der Ablation [37]. Die verschiedenen Techniken können in 2 Hauptgruppen unterteilt werden: (1.) Verfahren
mit thermischer Ablation; (2.) Verfahren mit nicht thermischer Ablation, die einen
direkten Schaden an neoplastischen Zellen setzen. Viele der Techniken können sowohl
im Rahmen einer Operation via Laparotomie oder Laparoskopie durchgeführt werden, als
auch über einen perkutanen oder endoskopischen Zugang. Im Folgenden wird auf die am
häufigsten eingesetzten Verfahren im Einzelnen eingegangen.
Radiofrequenzablation (RFA)
Radiofrequenzablation (RFA)
Die Radiofrequenzablation verursacht eine Koagulationsnekrose und Gewebeschädigung
durch hohe, lokal applizierte Temperaturen (beim Pankreaskarzinom bis zu 90 °C), die
durch die Anwendung von Hochfrequenz-Wechselstrom erzeugt werden. Die RFA hat einen
hohen Stellenwert bei der Behandlung des hepatozellulären Karzinoms und gehört bei
dieser Tumorentität zur Standardtherapie. Bedingt durch die retroperitoneale Lage
des Pankreas und die damit verbundene schwierige Erreichbarkeit des Organs wird die
RFA beim Pankreaskarzinom in aller Regel über einen offenen, operativen Zugang mit
intraoperativer US-Steuerung durchgeführt. Bei guter Erreichbarkeit des Tumors kann
die RFA in seltenen Fällen perkutan und im Einzelfall endoskopisch erfolgen. Perkutane
und endoskopische Ablationen können in örtlicher Betäubung und Sedierung durchgeführt
werden. Insgesamt werden der geeignete Zugangsweg, die Wahl der Nadel sowie der Öffnungsgrad
der Elektroden durch die Tumorlokalisation, -form und -größe beeinflusst. Normalerweise
sollte ein Sicherheitsabstand von ca. 5 mm zwischen der Nadelspitze der Elektrode
und Risikostrukturen wie peripankreatischen Gefäßen eingehalten werden. Die RFA-Ergebnisse
beim lokal fortgeschrittenen Pankreaskarzinom sind in [Tab. 2] zusammengefasst [33]
[38]
[39]
[40]
[41]
[42]
[43]
[44].
Tab. 2
Ausgewählte Studien zur Radiofrequenzablation (RFA) beim Pankreaskarzinom.
|
Referenz
|
Patientenanzahl
|
Zugang
|
Schmerzlinderung
|
Lebensqualität
|
Morbidität
|
medianes Überleben
|
|
Cantore et al. [38]
|
107
|
operativ (via Laparotomie)
|
n.b.
|
n.b.
|
28 % (n = 30)
|
25,6 Monate
|
|
D’Onforio et al. [33]
|
18
|
perkutan mit US-Steuerung
|
n.b.
|
n.b.
|
n.b.
|
n.b.
|
|
Frigerio et al. [39]
|
57
|
n.b.
|
n.b.
|
n.b.
|
14 % (n = 18)
|
19 Monate
|
|
Girelli et al. [40]
|
50
|
operativ (via Laparotomie) mit US-Steuerung
|
69 %
|
n.b.
|
24 % (n = 12)
|
n.b.
|
|
Girelli et al. [41]
|
100
|
operativ (via Laparotomie) mit US-Steuerung
|
n.b.
|
n.b.
|
24 % (n = 24)
|
20 Monate
|
|
Matsui et al. [42]
|
20
|
operativ (via Laparotomie)
|
n.b.
|
n.b.
|
10 %
|
5 Monate
|
|
Spiliotis et al. [43]
|
12
|
operativ mit US-Steuerung
|
n.b.
|
n.b.
|
n.b.
|
13 – 19 Monate
|
|
Wu et al. [44]
|
16
|
operativ
|
(50 %)
|
n.b.
|
19 %
|
n.b.
|
n.b.: nicht berichtet; US: Ultraschall.
Bezüglich der Anwendung der RFA beim Pankreaskarzinom wurden einige interessante zusätzliche
Erkenntnisse beschrieben. Zum einen wurde berichtet, dass die vitalen Tumoranteile
in der Peripherie der behandelten Region, die zur Vermeidung eines thermischen Schadens
von umgebenden Risikostrukturen unbehandelt blieben, ebenfalls partiell geschädigt
wurden, was die Immunantwort durch potenzielle Rekrutierung von Immunzellen zu erhöhen
vermag [45]. Zum anderen wurde ein frühzeitiger Krankheitsprogress bei Patienten beobachtet,
die initial mit RFA behandelt wurden. Dies war nicht der Fall bei mit neoadjuvanter
Chemotherapie behandelten Patienten mit anschließender lokaler RFA als sekundäre Therapie
[41].
Mikrowellenablation (MWA)
Mikrowellenablation (MWA)
Die Mikrowellen bewirken eine Materialerhitzung, indem sie Wasserteilchen in Bewegung
setzen, dadurch Reibung und Wärme erzeugen und somit den Zelltod via Koagulationsnekrose
induzieren. Anders als beim elektrischen Strom können sich die Mikrowellen auch durch
biologische Gewebearten mit einer hohen Impedanz ausbreiten, wodurch die Hitzegenerierung
in größeren Gewebevolumina möglich ist. Aus diesem Grund kann der Einsatz von Mikrowellen
eine schnellere und größere Ablation mit einer höheren Temperaturentwicklung bewirken
als mittels RFA. Die MWA kann über einen perkutanen endoskopischen, laparoskopischen
oder offen chirurgischen Zugang durchgeführt werden; in Abhängigkeit davon sind entweder
eine Analgosedierung oder Vollnarkose des Patienten erforderlich. Die Zielläsion wird
i. d. R. entweder US- oder CT-gesteuert lokalisiert.
Derzeit stehen insgesamt wenige Daten zur MWA beim Pankreaskarzinom zur Verfügung
([Tab. 3]) [46]
[47].
Tab. 3
Studien zur Mikrowellenablation (MWA) beim Pankreaskarzinom.
|
Referenz
|
Patientenanzahl
|
Zugang
|
Schmerzlinderung
|
Lebensqualität
|
Morbidität
|
medianes Überleben
|
|
Carrafiello et al. [46]
|
10
|
perkutan (n = 5)
operativ (Laparotomie) (n = 5)
|
n.b.
|
↑ n.n.b
|
20 %
|
n.b.
|
|
Lygidakis et al. [47]
|
15
|
operativ (Laparotomie)
|
n.b.
|
n.b.
|
29 %
|
n.b.
|
n.b.: nicht berichtet; n.n.b.: nicht näher bezeichnet.
Kryoablation
Die Kryoablation beruht auf der Zerstörung von Tumorzellen durch Kälte und eine intra-
und extrazelluläre Vereisung, die einerseits durch die schnelle Eiskristallbildung
einen direkten Zellschaden setzt und dadurch zum Zelltod führt; andererseits begünstigt
die langsamere Gewebeunterkühlung die Eiskristallbildung im Extrazellularraum mit
Osmolalitäts-Änderung und verursacht eine Zelldehydrierung mit konsekutivem Zelltod.
Die für den Zelltod erforderliche, über eine nadelartige Kryosonde applizierte Niedrigtemperatur
ist unterschiedlich (zwischen –35 °C und –20 °C). Häufig werden mehrere Kryosonden
benötigt, um eine suffiziente Ablation zu erreichen, was auch mit einer längeren Behandlungsdauer
(ca. 25 – 30 min) verbunden ist. Nach der Prozedur werden nicht selten zelluläre Bestandteile
in die Zirkulation freigesetzt, sodass systemische Komplikationen wie Kryoschock verursacht
werden können. Am häufigsten wird die Kryoablation mit intraoperativer US-Steuerung
eingesetzt; ein perkutaner Zugang mit US- oder CT-Steuerung ist in ausgewählten Fällen
ebenfalls möglich [48]. Größere Tumoren (> 3 cm) benötigen i. d. R. multiple Sonden oder auch mehrfache
Ablationen. Derzeit sind insgesamt wenige Daten über Kryoablation beim Pankreaskarzinom
verfügbar ([Tab. 4]) [49]
[50]
Tab. 4
Kryoablation beim Pankreaskarzinom.
|
Referenz
|
Patientenanzahl
|
Zugang
|
Schmerzlinderung
|
Lebensqualität
|
Morbidität
|
medianes Überleben
|
|
Li et al. [49]
|
68
|
operativ
|
n.b.
|
n.b.
|
kein signifikanter Unterschied zu der Kontrollgruppe, bis auf verzögerte Magenentleerung
(ca. 36 % vs. 5 %)
|
350 Tage
|
|
Song et al. [50]
|
46 (72 Kontroll-gruppe)
|
operativ
|
n.b.
|
↑ n.n.b.
|
kein signifikanter Unterschied zu der Kontrollgruppe
|
5 Monate
|
n.b.: nicht berichtet; n.n.b.: nicht näher bezeichnet.
Irreversible Elektroporation (IRE)
Irreversible Elektroporation (IRE)
Die irreversible Elektroporation (Nano-Knife®) gehört zu den nicht thermischen ablativen Verfahren und kann zur Behandlung vom
lokal fortgeschrittenen Pankreaskarzinom eingesetzt werden. Der ablative Effekt mit
konsekutiver Induktion vom Zelltod beruht auf der Verwendung kurz gepulster, starker
elektrischer Felder, die in Zellmembranen nanometergroße Poren bilden und dadurch
eine Zellschädigung verursachen. Im Gegensatz zu den anderen minimalinvasiven Ablationsverfahren
kommt es bei der IRE zur Störung der zellulären Homöostase und zum Zelltod durch Apoptose.
Als ein theoretischer Vorteil der IRE wird angegeben, dass die umgebenden Risikostrukturen
wie Nerven oder Gefäße eher geschont werden können, was sich durch den praktischen
Einsatz allerdings nicht bestätigt hat. So wurden beispielsweise nach CT-gesteuerter
perkutaner IRE bei 50 Patienten mit lokal infiltrierendem Pankreaskarzinom eine akute
Pfortader-Thrombose (n = 3) und eine Milzvenen-Thrombose (n = 1) beobachtet [51].
Bei hoher Stromintensität kann diese Technik teilweise auch thermische Schäden verursachen
und so – ähnlich wie bei der RFA oder MWA – eine Koagulationsnekrose im Gewebe erzeugen.
Die IRE-Sonden sind insgesamt zwar dünner, dafür aber wesentlich teurer als die für
z. B. RFA oder MWA. Die IRE wird in den meisten Fällen im Rahmen einer Operation durchgeführt,
wobei die Elektroden innerhalb der Zielläsion platziert werden. Neben dem palliativen
Ansatz zur Tumormassenreduktion wird dieses Verfahren ebenfalls zum Downstaging mit
anschließender Operation angewendet.
Eine Übersicht über ausgewählte IRE-Studien bei Pankreaskarzinom-Patienten gibt die
[Tab. 5] [35]
[51]
[52]
[53]
[54]
[55]
[56]
[57].
Tab. 5
Studien zur irreversiblen Elektroporation (IRE) beim Pankreaskarzinom.
|
Referenz
|
Patientenanzahl
|
Zugang
|
Schmerzlinderung
|
Lebensqualität
|
Morbidität
|
medianes Überleben
|
|
Belfiore et al. [52]
|
29
|
perkutan mit CT-Steuerung
|
n.b.
|
↑ n.n.b.
|
n.b.
|
14 Monate
|
|
Dunki-Jacobs et al. [53]
|
65
|
perkutan (n = 12)
operativ (n = 53)
|
n.b.
|
n.b.
|
hoch, n.n.b.
|
n.b.
|
|
Kluger et al. [54]
|
50
|
operativ
|
n.b.
|
n.b.
|
hoch
(bis zu 30 %)
|
12,03 Monate
|
|
Mansson et al. [55]
|
24
|
perkutan mit US-Steuerung
|
n.b.
|
n.b.
|
64 %
|
17,9 Monate, 7 Monate nach IRE
|
|
Martin et al. [56]
|
200
|
operativ mit intraoperativer US-Steuerung
|
n.b.
|
n.b.
|
37 %
|
24,9 Monate
|
|
Narayanan et al. [51]
|
50
|
perkutan mit CT-Steuerung
|
n.b.
|
n.b.
|
42 %
|
27 Monate, 14,2 Monate nach IRE
|
|
Scheffer et al. [35]
|
25
|
perkutan mit CT-Steuerung
|
keine Zunahme der Schmerzen
|
Partiell ↓ oder keine Änderung
|
40 %
|
17 Monate, 11 Monate nach IRE
|
|
Yan et al. [57]
|
25
|
operativ mit intraoperativer US-Steuerung
|
n.b.
|
n.b.
|
36 %
|
n.b.
|
n.b.: nicht berichtet; n.n.b.: nicht näher bezeichnet; US: Ultraschall.
Stereotaktische Radiotherapie
Stereotaktische Radiotherapie
Bei der stereotaktischen Radiotherapie (Stereotactic Body Radiation Therapy, SBRT),
meist in Kombination mit einer Systemtherapie (Gemcitabin), führen hochenergetische
Photonen zielgerichtet im Tumorgebiet zu einer Tumorzellzerstörung. Durch die ionisierende
Strahlung werden hochtoxische Radikale gebildet, welche die Erbsubstanz der Zellen
schädigen und zur Apoptose führen. Die Methode sollte jedoch auf lokal fortgeschrittene
Tumoren (< 5 cm) beschränkt werden. Zum Einsatz kommen Hochpräzisions-Beschleuniger
wie CyberKnife®, GammaKnife® oder Beschleuniger unterschiedlicher Hersteller mit Micro-Multileaf-Kollimatoren
(True beam®, Novalis® Radiosurgery etc.), die über die notwendige Strahlmodulationsfähigkeit und die dadurch
bedingte Strahlgenauigkeit verfügen und zum Teil kombiniert werden können.
Eine besondere Schwierigkeit der SBRT von Pankreastumoren liegt in der Organ-Beweglichkeit
des Pankreas. Auch bei normaler Atmung kann es aufgrund der Zwerchfellbewegung zu
einer Tumorverschiebung von bis zu 3 cm kommen. Dies sollte bei der Bestrahlungsplanung
in den entsprechenden Grenzen berücksichtigt werden, da es sonst zu einer unzureichenden
Dosisdeposition in den Randbereichen des Zielvolumens und einer Dosismehrbelastung
der umliegenden Organe kommen kann. Ähnlich wie bei Tumoren der Lunge, Leber oder
anderer beweglicher Organe bedient man sich hier zur Verbesserung der Strahlgenauigkeit
dem sog. Motion-Tracking oder Atem-Gating, bei dem zuvor eingebrachte Gold-Marker
(seeds) in oder um den Tumor zur Detektion des Zielgebietes bei der bildgestützten
Behandlung dienen.
Trotz der fehlenden Invasivität der SBRT wird aufgrund der engen Lagebeziehung zu
benachbarten Risikoorganen sowohl über akute gastrointestinale Nebenwirkungen (Übelkeit,
Erbrechen, Tenesmen) als auch über Spätreaktionen (Schleimhautulzerationen, Strikturen,
Duodenal-Perforation) berichtet. Die Limitation des Verfahrens liegt zum einen in
der Ausdehnung des zu behandelnden Tumors, zum anderen in der Toleranz der umliegenden
Risikostrukturen, wie Magen und Dünndarm, sodass sich eine Festlegung auf ein einheitliches
Dosisschema als schwierig erweist. Einzel-Fraktionsdosen zwischen 6 und 25 Gy in unterschiedlichen
Fraktionierungsschemata werden in der Literatur beschrieben, jedoch mit entsprechend
eingeschränkter Vergleichsmöglichkeit der Patientenkollektive. Die meisten Studien
([Tab. 6]) berichten über ein medianes Gesamtüberleben zwischen 10 und 20 Monaten, wobei in
wenigen Studien eine Aussage zur Lebensqualität und Schmerzkontrolle gemacht wird
[58]
[59]
[60]
[61]
[62]
[63]
[64]
[65]
[66]
[67]
[68]
[69]
[70]
[71]
[72]
[73].
Tab. 6
Ausgewählte Studien zur stereotaktischen Radiotherapie beim Pankreaskarzinom.
|
Referenz
|
Patientenanzahl
|
Dosis/Fraktion (Gy)
|
lokale Kontrolle (%)
|
Lebensqualität
|
Morbidität
|
medianes Überleben
|
|
Algappan et al. [58]
|
208
|
12,5 – 25 (n = 103)
25 – 45 in 5 Fraktionen (n = 105)
|
88,5
|
n.b.
|
n.b.
|
14 Monate
|
|
Chuong et al. [59]
|
73
|
25 – 35
in 5 Fraktionen
|
81
|
n.b.
|
Fatigue
Grad III: 3
|
15 Monate
|
|
Comito et al. [60]
|
43
|
45
in 6 Fraktionen
|
90
|
n.b.
|
Fatigue: 16
akute GI-NW:
Grad I-II: 5
späte GI-NW:
Grad II: 2
|
19 Monate
|
|
Dholakia et al. [61]
|
32
|
33 in 5 Fraktionen
|
n.b.
|
n.b.
|
n.b.
|
18,8 Monate
|
|
Gurka et al. [62]
|
10
|
25 in 5 Fraktionen
|
n.b.
|
keine sign.
Schmerzreduktion
|
akute GI-NW:
Grad I-II: 11
späte GI-NW:
Grad I: 1
|
12,2 Monate
|
|
Herman et al. [63]
|
49
|
33 in 5 Fraktionen
|
78
|
sign.
Schmerzreduktion
|
geringe GI-NW: Grad I-II
|
13,9 Monate
|
|
Hoyer et al. [64]
|
22
|
25 in 3 Fraktionen
|
57
|
n.b.
|
|
5,7 Monate
|
|
Koong et al. [65]
|
15
|
15 n = 3
20 n = 5
25 n = 7
|
100
|
n.b.
|
keine signifikanten GI-NW
|
11 Monate
|
|
Mahadevan et al. [66]
|
36
|
24 – 36 in 3 Fraktionen
|
78
|
n.b.
|
GI-NW
Grad I: 15
Grad II: 9
Grad III: 3
|
14,3 Monate
|
|
Mahadevan et al. [67]
|
39
|
24 – 36
in 3 Fraktionen
|
85
|
n.b.
|
Grad II: 9
Grad III: 3
|
20 Monate
|
|
Rwigema et al. [68]
|
71
|
25 n = 5
24 n = 43
22 n = 13
20 n = 4
18 n = 2
fraktioniert n = 4
|
57,5 – 77,3 ≤vs.≥ 15 ml Tumorvolumen
|
n.b.
|
akute GI-NW:
Grad I: 17
Grad II: 8
Grad III: 3
späte GI-NW:
Grad I: 3
|
10,3 Monate
|
|
Schellenberg et al. [69]
|
16
|
25
|
81
|
n.b.
|
milde akute NW
späte GI-NW:
Grad II: 5
Grad III: 1
Grad IV: 1
|
11,4 Monate
|
|
Schellenberg et al. [70]
|
20
|
25
|
81
|
n.b.
|
GI-NW
Grad I: 18
Grad II: 3
späte NW:
Grad IV: 1
|
11,8 Monate
|
|
Song et al. [71]
|
59
|
35 – 50 in 3 – 8 Fraktionen
|
90
|
n.b
|
akute/späte GI-NW:
Grad I-II: 61 %
späte GI-NW:
Grad III: 1
|
12,5 Monate
|
|
Tozzi et al. [72]
|
30
|
36 – 45 in 6 Fraktionen
|
86
|
Schmerzreduktion
|
Fatigue: 12
akute GI-NW:
Grad I: 5
Grad II: 3
|
11 Monate
|
|
Zhu et al. [73]
|
417
|
30 – 46
8 in 5 – 8 Fraktionen
|
n.b.
|
n.b.
|
milde GI-NW
Grad I-II
Grad III: 1
|
10 Monate
|
GI-NW: gastrointestinale Nebenwirkungen; n.b.: nicht berichtet.
Diskussion
In den letzten Jahren haben verschiedene lokal ablative Verfahren für die lokale Behandlung
des nicht operablen Pankreaskarzinoms an Popularität gewonnen, um durch die lokale
Tumordestruktion Symptome zu lindern, das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern
und das Überleben der Patienten zu verbessern [6]
[74]
[75]
[76]. Die entscheidenden Vor- und Nachteile dieser Therapieoptionen sind in [Tab. 7] zusammengefasst. Ein direkter Vergleich unter den verschiedenen lokal ablativen
Verfahren ist derzeit nicht möglich, da die publizierten Studien mit unterschiedlich
definierten, unbalancierten Patientenkollektiven und Indikationen durchgeführt wurden
und aktuell keine kontrollierten vergleichenden Studien zur Verfügung stehen.
Tab. 7
Übersicht über spezifische Vor- und Nachteile der verschiedenen lokal ablativen Therapieverfahren
beim Pankreaskarzinom.
|
Technik
|
Vorteile
|
Nachteile
|
|
US-gesteuerter HIFU
|
-
nichtinvasiv, wiederholbar
-
US-Steuerung mit anatomischer Echtzeit-Bildgebung
-
keine Nadeln, Elektroden, Sonden erforderlich, daher keine Verschleppung von Tumorzellen
und kein Risiko für punktionsassoziierte Blutung
-
keine ionisierende Strahlung
-
präzise lokale Ablation
-
sehr wirksame Technik zur Schmerzlinderung
-
i. d. R. kurzer Krankenhausaufenthalt (1 – 3 Tage)
-
gute Protektion der umgebenden Risikostrukturen
-
risikoarmes Verfahren mit einer geringen Komplikationsrate
-
mit anderen Verfahren kombinierbar
-
evtl. HIFU-basierte Immunmodulation
|
-
eingeschränkte Verfügbarkeit
-
lange Behandlungszeit (1 – 4Std.) in Abhängigkeit der Tumorgröße und -lokalisation
-
Vollnarkose oder Analgosedierung erforderlich
-
adäquates akustisches Fenster erforderlich, keine US-Zugänglichkeit hinter gasgefüllten
Organen
-
keine histologische Probegewinnung
-
keine Exploration der Peritoneal-Höhle möglich
-
spezifische Darmvorbereitung vor der Therapie erforderlich
-
Hautverbrennung/-schäden (0,4 – 1 %)
-
stationäre Behandlung erforderlich
|
|
RFA
|
-
theoretisch breite Verfügbarkeit
-
Exploration der Peritoneal-Höhle bei überwiegend offen operativem Zugang möglich
-
evtl. RFA-basierte Immunmodulation
|
-
Tumor-Debulking eingeschränkt möglich bei erforderlichem Sicherheitsabstand zu Risikostrukturen
(Oberbauchgefäße, Gallengänge)
-
reduzierte Therapiewirksamkeit durch den Heat-sink-Effekt in der Nähe von großen Gefäßen
-
relativ hohe Komplikationsrate (bis zu 28 %)
-
überwiegend offen operativ, perkutaner Zugang selten möglich
-
Strahlenbelastung bei CT-gesteuerter Sonden-Platzierung
-
stationäre Behandlung erforderlich
|
|
MWA
|
|
-
eingeschränkte Verfügbarkeit
-
überwiegend offen operativ, perkutaner Zugang selten möglich
-
begrenzte Datenlage zum Einsatz beim Pankreaskarzinom
-
Strahlenbelastung bei CT-gesteuerter Sonden-Platzierung
-
stationäre Behandlung erforderlich
|
|
Kryoablation
|
|
-
eingeschränkte Verfügbarkeit
-
Kryoschock-Syndrom
-
Hämorrhagien durch Eiskugelrisse
-
für größere Sonden intraoperativer Zugang nötig
-
bisher kein Überlebensvorteil durch Kryoablation beschrieben
-
geringe verfügbare Datenbasis
-
stationäre Behandlung erforderlich
|
|
IRE
|
-
Einsatz zur primären Tumorkontrolle nach Resektion
-
wiederholbar
-
in der Nähe kritischer Strukturen möglich (Gallengänge, große Blutgefäße)
-
nicht anfällig für Heat-sink-Effekt
-
beim intraoperativen Einsatz Exploration der Peritoneal-Höhle möglich
-
theoretisch breite Verfügbarkeit
|
-
kein einheitliches Protokoll
-
hohe Komplikationsrate (bis zu 30 %)
-
stationäre Behandlung erforderlich
|
|
Radiatio
|
|
-
mehrzeitige Behandlung
-
keine einheitlichen Daten bezüglich der Strahlendosis
-
wiederholte Behandlung in der Regel nicht möglich
-
niedrigere Dosis an den Tumorgrenzen zur Protektion der benachbarten Risikoorgane
-
relativ hohe Komplikationsrate (bis zu 29 %)
-
Risiko für Spätkomplikationen (> 3 Monate)
|
Daten zum klinischen Einsatz der Radiofrequenz- und Mikrowellenablation, der irreversiblen
Elektroporation, der Kryoablation, der Radiotherapie und des hochintensiven fokussierten
Ultraschalls weisen darauf hin, dass diese Verfahren relativ sicher zur (temporären)
lokalen Tumorkontrolle des nicht operablen Pankreaskarzinoms angewendet werden können.
Die IRE hat durch die dünneren Elektroden und den nichtthermischen Wirkmechanismus
möglicherweise einen Vorteil hinsichtlich einer Schonung angrenzender größerer Gefäße
und Nerven. Bisher konnte dieser jedoch nicht eindeutig in Studien belegt werden.
Abgesehen von der stereotaktischen Bestrahlung ist der HIFU derzeit das einzige der
oben erläuterten, lokal ablativen Verfahren, das ohne die Einbringung von Nadeln,
Elektroden, Sonden o. ä. funktioniert [77]
[78]. Daher kann die HIFU-Behandlung auch bei Patienten mit Tumoren in direkter Gefäß-,
Darm- oder Stent-Nähe durchgeführt werden. Zudem spielen durch die Punktion bedingte
potenzielle Komplikationen, insbesondere Blutungen (z. B. bei ausgeprägten venösen
Kollateralgefäßen bei den Mesenterial-Venen obstruierenden Karzinomen) oder Metastasen
im Stichkanal für den HIFU keine Rolle. Bei den anderen lokal ablativen Verfahren
wird zumeist ein operativer Zugang gewählt. Beispielhaft werden hinsichtlich der intraoperativen
IRE in der derzeit größten Behandlungsserie mit 200 Patienten bei 74 Patienten (37 %)
insgesamt 149 Komplikationen beschrieben, davon 5,5 % vaskuläre Komplikationen, wobei
eine Differenzierung zwischen IRE-bezogenen Komplikationen und solchen durch die operativen
„Begleittherapien“ sehr schwierig ist [56]. Die stereotaktische Radiotherapie, die auf der intratumoralen Abgabe von Strahlung
durch fortgeschrittene Bildsteuerungstechniken basiert, ist mit einer etwas geringeren
Invasivität verbunden; interessanterweise ist jedoch die berichtete Nebenwirkungsrate
ähnlich hoch, hinzu kommen relativ viele Spätkomplikationen.
Alle genannten lokal ablativen Verfahren kommen derzeit nur bei nicht operablen Tumoren
in Betracht. Wird eine solche Situation anhand der prätherapeutischen Bildgebung erkannt,
stellt sich die Frage, inwieweit ein operativer Eingriff zur Sonden-Platzierung indiziert
ist, wenn die Ergebnisse keinen überzeugenden Vorteil liefern. Etwas anders mag sich
die Situation darstellen, wenn von einem lokal operablen Tumor ausgegangen wird, der
sich dann intraoperativ als nicht resezierbar herausstellt; hier könnte in der Tat
eine Indikation zur lokalen Tumorablation, z. B. mittels IRE, im Rahmen der Operation
gegeben sein.
Die größte klinische Relevanz der lokal ablativen Verfahren dürfte allerdings in dem
symptomatischen Nutzen liegen, wie er insbesondere für die HIFU-Therapie nachgewiesen
wurde. So kam es bei der Mehrheit der Patienten mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom
(75 – 80 %) zu einer sowohl effektiven wie auch anhaltenden Linderung der tumorassoziierten
Schmerzen. Andere bisher verfügbare Analgesie-Möglichkeiten sind dagegen entweder
von kurzer Dauer (wie z. B. die Plexus-coeliacus-Blockade) oder bringen zahlreiche
Nebenwirkungen mit sich (z. B. die Opioid-Medikation). Sowohl die Schmerzintensität
als auch die Schmerzempfindung wurden nach HIFU unabhängig vom Tumorstadium und vom
Vorliegen von Fernmetastasen signifikant reduziert – dies zum Teil bereits in der
ersten Woche nach Therapie, also deutlich früher als die erkennbare Tumorschrumpfung
[10]
[11]
[31]
[32]
[33]
[34]
[35]
[36]
[37]
[38]
[39]. Die mittels HIFU erzielte frühzeitige Schmerzlinderung geht offenbar der Tumorverkleinerung
voraus. Eine mögliche Erklärung stellt die Zerstörung lokaler nozizeptiver Nervenfasern
im Ablationsgebiet mit einer nachgeschalteten Verringerung der zentralen nozizeptiven
Sensibilisierung dar [13]
[31]
[32]
[33]
[34]
[35]
[36]
[37]
[38]
[39]. Durch die im Verlauf auftretende Tumorschrumpfung werden zusätzlich kompressionsbedingte
Druckschmerzen auf die umgebenden Strukturen reduziert, sodass es zu einem weiteren
Abfall des Schmerzniveaus kommt. Die durch HIFU erreichte Schmerzreduktion hatte einen
Langzeit-Effekt und hielt über Monate an. Allerdings kann die lokale HIFU-Behandlung
nicht bei jedem Pankreastumor eingesetzt werden. Grundvoraussetzung einer Behandlung
ist z. B., dass der Tumor sonografisch dargestellt werden kann und nicht mehr als
etwa 12 cm in der Tiefe liegt. Weiterhin sollten keine größeren Verkalkungen oder
OP-Clips vorhanden sein, da es dadurch zu einer potenziell gefährlichen Streuung der
Schallwellen kommen kann.
Eine Schmerzlinderung durch RFA wurde bisher lediglich in einer Arbeit berichtet (bei
69 % der Patienten) [40], Auswirkungen auf die Lebensqualität wurden bisher nach unserem Kenntnisstand in
keiner Arbeit beschrieben (auch wenn mehrere laufende Studien unter ClinicalTrials.gov
zu finden sind). Inwieweit durch die anderen lokal ablativen Verfahren ebenfalls eine
Symptomverbesserung erzielt werden kann, ist aus der Literatur nicht ersichtlich.
Umgekehrt wurde in einer Studie zum IRE-Einsatz sogar über eine Symptomverschlechterung
berichtet [35].
In Bezug auf das Überleben bestehen durch die lokal ablativen Verfahren möglicherweise
zusätzliche Überlebensvorteile für die Patienten mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom,
auch wenn dieser Effekt zurzeit noch nicht bewiesen ist. Insgesamt wurde bei den mit
RFA, IRE und Radiatio therapierten Patienten über ein längeres medianes Überleben
berichtet, verglichen mit den HIFU-behandelten Patienten ([Tab. 1], [2], [5]). Dies ist zum Teil mit der Tatsache zu erklären, dass die RFA und IRE überwiegend
bei Patienten mit lokal fortgeschrittener Erkrankung ohne Fernmetastasen eingesetzt
wurden und z. T. bei operablen Tumoren. Demgegenüber erfolgte der Einsatz von HIFU
im deutschsprachigen Raum bei Patienten mit Kontraindikationen für eine Operation
und in fortgeschrittenen Tumorstadien, bei denen in etwa 60 % der Fälle Fernmetastasen
vorlagen. Das mediane Gesamtüberleben von 16,2 Monaten ab Erstdiagnose und 8,3 Monaten
ab HIFU-Intervention weist im Vergleich zu bisher publizierten Ergebnissen (10 – 13
Monate ab Erstdiagnose, 6 – 8,4 Monate für Patienten mit UICC-IV-Erkrankung [17]
[22]
[23]) auf eine positive prognostische Tendenz mit einem längeren Überleben hin.
Da die HIFU-Therapie mit der palliativen Standardtherapie nicht nachteilig interagiert
und ein risikoarmes Verfahren mit insgesamt wenigen transienten Nebenwirkungen darstellt,
kann eine Chemotherapie ohne Unterbrechungen weiter durchgeführt werden. Auch ohne
Chemotherapie, z. B. bei schwerer Unverträglichkeit (ca. 10 % der Fälle), konnte nach
alleiniger HIFU-Ablation eine beträchtliche Tumorvolumenreduktion im postinterventionellen
Verlauf beobachtet werden. Das mediane Gesamtüberleben für Patienten unter alleiniger
Chemotherapie/Radiochemotherapie beträgt 6,2 – 11 Monate, im fortgeschrittenen Stadium
(UICC IV) verkürzt sich diese Zeit auf 6,2 – 8,4 Monate und ohne jegliche tumororientierte
Therapie sogar auf 1,1 Monate [79]. In unserem Patientenkollektiv wurde ein medianes progressionsfreies Überleben von
16,9 Monaten ab Erstdiagnose und von 6,8 Monaten ab HIFU-Intervention gezeigt; beide
waren länger als mit alleiniger palliativer Chemotherapie (3,4 – 5,5 Monate).
Schlussfolgerung
Eine Vielzahl an lokal ablativen Therapieoptionen sind beim lokal fortgeschrittenen
Pankreaskarzinom zur Tumormassenreduktion verfügbar. Auch wenn diese Ablationsverfahren
überwiegend sicher durchführbar sind, hat der HIFU als entscheidenden methodischen
Vorteil seine Nicht-Invasivität. Die zurzeit größte klinische Relevanz der HIFU-Behandlung
und ihr symptomatischer Nutzen bestehen in der signifikanten Schmerzreduktion, da
die meisten Patienten bei fortschreitender Erkrankung und progredienten Tumorschmerzen
schmerztherapeutisch ausgereizt sind. Bisher sind die lokal ablativen Verfahren beim
Pankreaskarzinom allerdings nur unzureichend untersucht, sodass randomisierte, kontrollierte
Vergleichsstudien dringend zu befürworten sind.