Einleitung
Reduziertes fetales Wachstum erfordert eine besondere Überwachung der Schwangerschaft.
Dabei werden konstitutionell kleine Feten (small for gestational age; SGA) von wachstumsrestringierten
Feten (intrauterine growth restriction, IUGR) unterschieden, wobei international keine
einheitliche Definition existiert. Nach dem Royal College of Obstetricians and Gynaecologists
(RCOG) wird von einem SGA-Fetus ab einem fetalen Abdomenumfang kleiner der 10. Perzentile
respektive einem fetalen Schätzgewicht kleiner der 10. Perzentile gesprochen [1]. Ein Schätzgewicht kleiner der 10. Perzentile wird dahingegen vom American College
of Obstetricians and Gynecologists als fetale Wachstumsrestriktion bezeichnet [2]. In einer Umfrage stimmten verschiedene Experten ab, welche Parameter zur Diagnose
einer fetalen Wachstumsrestriktion herangezogen werden sollten. Sowohl bei einer frühen
als auch bei einer späten IUGR waren der fetale Abdomenumfang und das fetale Schätzgewicht
unterhalb der 3. Perzentile die dominierenden Parameter. Bei der frühen IUGR galt
noch die pathologische Doppler-Sonografie der A. umbilicalis als relevantes Merkmal
[3]. Sowohl für SGA- als auch für IUGR-Feten ist eine erhöhte Rate an intrauterinen
Fruchttoden [4], [5] sowie eine erhöhte perinatale Morbidität und Mortalität [6] beschrieben, sodass während des Schwangerschaftsverlaufes oftmals eine frühzeitige
Schwangerschaftsbeendigung erforderlich wird [6]. Wurde die Indikation zur Schwangerschaftsbeendigung gestellt, muss grundsätzlich
zwischen einer primären Sectio caesarea und dem Versuch einer Vaginalgeburt mittels
Geburtseinleitung abgewogen werden. Während eine Geburtseinleitung in sehr frühen
Schwangerschaftswochen nicht möglich ist, ist dies in Terminnähe oder direkt am Termin
eine Option. So zeigte bspw. die DIGITAT-Studie, dass eine Einleitung bei IUGR-Feten
ohne eine Erhöhung der Rate an operativen Entbindungen und ohne kurzfristiges negatives
neonatales Outcome möglich ist [7]. Prostaglandine sind effektive Medikamente zur Geburtseinleitung und bei unreifer
Zervix der Weheninduktion durch Oxytocin überlegen, jedoch ist eine uterine Überstimulation
eine bekannte Nebenwirkung [8]. Insbesondere bereits zuvor chronisch mangelversorgte Feten könnten hierdurch gefährdet
werden; die Datenlage zu Geburtseinleitungen bei SGA-/IUGR-Feten ist aber eingeschränkt.
Ziel dieser Studie war daher der Vergleich von Geburtseinleitungen zwischen wachstumsrestringierten
und nicht wachstumsrestringierten Feten am Termin.
Material und Methodik
In diese historische Kohortenstudie wurden Einlingsschwangerschaften am Termin an
der Frauenklinik des Universitätsklinikum Erlangen (2011 – 2015) und der Universitätsmedizin
Mannheim (2010 – 2013) eingeschlossen. Ausschlusskriterien waren ein Kaiserschnitt
in der Anamnese, eine Beckenendlage, ein vorzeitiger Blasensprung, ein intrauteriner
Fruchttod und strukturelle oder chromosomale Anomalien. Das Schwangerschaftsalter
wurde mittels der letzten Periodenblutung bestimmt und anhand der Scheitelsteißlänge
im 1. Trimenon überprüft und ggf. korrigiert [9]. Geburtseinleitungen bei Schwangerschaften mit einem SGA-/IUGR-Fetus (IUGR-Gruppe)
wurden mit Geburtseinleitungen bei eutrophen Feten (Kontrollgruppe) verglichen. Ein
SGA-/IUGR-Fetus wurde entsprechend der Kriterien der DIGITAT-Studie definiert [7]: Hierunter wurden Feten mit einem fetalen Abdomenumfang und/oder einem fetalen Schätzgewicht
kleiner dem 10. Perzentil und/oder ein Abflachen des Perzentilenwachstums („Kreuzen
der Perzentilen“) mit oder ohne pathologische Doppler-Sonografie respektive Oligohydramnion
subsumiert. Vor Einleitung wurde der Bishop-Score erhoben. Die Geburtseinleitung erfolgte
medikamentös (Dinoproston, Misoprostol), mechanisch (Doppelballonkatheter) oder in
einer mechanisch-medikamentösen Sequenz (Doppelballonkatheter und Misoprostol/Dinoproston).
Der primäre Zielparameter war die Kaiserschnittrate. Sekundäre Zielparameter waren
unter anderem das Einleitung-Geburt-Intervall der vaginalen Entbindungen, die Anzahl
der Vaginalgeburten innerhalb von 24 oder 48 Stunden, die Anzahl an frustranen Geburtseinleitungen
(definiert als keine Geburt innerhalb von 72 Stunden), der arterielle Nabelschnurblut-pH-Wert
und -Basendefizit (Base Excess, BE), Apgar-Wert nach 5 Minuten, das Vorliegen eines
pathologischen CTGs und die Rate an Verlegungen in die Kinderklinik.
Statistische Analyse
Alle statistischen Analyen wurden mit dem Statistikprogrammpaket SAS (Release 9.4,
SAS Institute Inc., Cary, North Carolina, USA) durchgeführt.
Für qualitative Faktoren werden absolute und relative Häufigkeiten angegeben. Für
quantitative, annähernd normalverteilte Merkmale wurden jeweils der Mittelwert und
die Standardabweichung berechnet. Für quantitativ diskrete oder ordinal skalierte
Daten werden der Median zusammen mit der Spannweite präsentiert.
Zum Vergleich zweier Mittelwerte wurde (bei annähernd normalverteilten Daten) der
t-Test verwendet. Falls eine andere Verteilungsform gegeben war, kam der U-Test von
Mann und Whitney zum Einsatz. Relative Häufigkeiten wurden mit dem Chi2-Test verglichen. Falls dessen Voraussetzungen nicht erfüllt waren, wurde Fishers
exakter Test angewandt.
Das Ergebnis eines statistischen Tests galt als signifikant, falls der p-Wert unter
0,05 lag.
Ergebnisse
In dem Studienzeitraum erfolgten 17 649 Geburten, wovon 4381 Geburten (24,8%) eingeleitet
wurden. Unter Berücksichtigung der Ein- und Ausschlusskriterien wurden 2330 Fälle
in diese Untersuchung eingeschlossen: 120 Frauen mit einem SGA-/IUGR-Feten und 2210
Frauen mit einem eutrophen Feten ohne Hinweis auf eine eingeschränkte Versorgung ([Abb. 1]).
Abb. 1 Flowchart.
Die demografischen Charakteristika sind in der [Tab. 1] dargestellt. Die Schwangerschaften unterschieden sich in den meisten der Parameter
signifikant: Patientinnen mit einem SGA-/IUGR-Feten waren jünger (30,5 ± 5,4 vs. 28,7 ± 5,7,
p = 0,0005), kleiner (166 ± 6,6 vs. 163,9 ± 6,7, p < 0,0001), leichter (85,8 ± 17,0
vs. 75,3 ± 14,0, p < 0,0001) und hatten einen geringeren Body-Mass-Index (30,8 ± 5,6
vs. 28,0 ± 5,0, p < 0,0001). Zudem waren das Gestationsalter bei Entbindung geringer
(283,5 ± 7,7 vs. 272,7 ± 8,6, p < 0,0001), das Geburtsgewicht kleiner (3534,6 ± 445,0
vs. 2519,8 ± 324,2, p < 0,0001) und der Bishop-Score geringfügig niedriger (2 [0 – 6]
vs. 1 [0 – 6], p = 0,0021). Während es mehr Schwangere mit einem Gestationsdiabetes
in der Kontrollgruppe (17,3 vs. 7,5%, p = 0,0052) gab, waren es mehr Fälle mit einem
An-/Oligohydramnion in der IUGR-Gruppe (5,8 vs. 15,8%, p < 0,0001). In der Kontrollgruppe
wurde häufiger mit Misoprostol eingeleitet (43,1 vs. 21,7%, p < 0,0001), in der IUGR-Gruppe
kam Dinoproston in der Relation mehr zum Einsatz (6,7 vs. 11,7%).
Tab. 1 Demografische Angaben der Kontroll- und IUGR-Gruppe.
Parameter
|
Kontrollgruppe (n = 2210)
|
IUGR-Gruppe (n = 120)
|
p-Wert
|
Die Daten werden als Median (Spannbreite) oder als Durchschnittswert mit Standardabweichung
angegeben, ein p-Wert < 0,05 gilt als signifikant. PI: Pulsatilitätsindex; ARED: Absent
or reversed enddiastolic; ACM: A. cerebri media; CPR: zerebroplazentare Ratio
|
Alter (Jahre)
|
30,5 ± 5,4
|
28,7 ± 5,7
|
0,0005
|
Größe (cm)
|
166,8 ± 6,6
|
163,9 ± 6,7
|
< 0,0001
|
Gewicht (kg)
|
85,8 ± 17,0
|
75,3 ± 14,0
|
< 0,0001
|
Body-Mass-Index
|
30,8 ± 5,6
|
28,0 ± 5,0
|
< 0,0001
|
Gravidität
|
1 (1 – 14)
|
1 (1 – 9)
|
0,0834
|
Parität
|
0 (0 – 9)
|
0 (0 – 4)
|
0,0237
|
Gestationsalter (Tage)
|
283,5 ± 7,7
|
272,7 ± 8,6
|
< 0,0001
|
Geburtsgewicht (Gramm)
|
3534,6 ± 445,0 (n = 2196)
|
2519,8 ± 324,2
|
< 0,0001
|
Bishop Score
|
2 (0 – 6)
|
1 (0 – 6)
|
0,0021
|
hypertensive Schwangerschaftserkrankungen (HES; n, %)
|
209 (9,5%)
|
15 (12,5%)
|
0,2708
|
Gestationsdiabetes (n, %)
|
382 (17,3%)
|
9 (7,5%)
|
0,0052
|
Schwangerschaftscholestase (n, %)
|
37 (1,7%)
|
2 (1,7%)
|
1,0000
|
IUGR
|
|
|
|
|
|
45 (37,5%)
|
–
|
|
|
8 (6,7%)
|
–
|
|
|
1 (0,8%)
|
–
|
|
|
2 (1,7%)
|
–
|
|
|
12 (10,0%)
|
–
|
|
129 (5,8%)
|
19 (15,8%)
|
< 0,0001
|
Methode der Geburtseinleitung
|
|
|
|
|
197 (8,9%)
|
14 (11,7%)
|
0,3062
|
|
14 (0,6%)
|
4 (3,3%)
|
0,0117
|
|
796 (36,0%)
|
58 (48,3%)
|
0,0064
|
|
14 (0,6%)
|
2 (1,7%)
|
0,1978
|
|
149 (6,7%)
|
14 (11,7%)
|
0,0394
|
|
87 (3,9%)
|
2 (1,7%)
|
0,3228
|
|
953 (43,1%)
|
26 (21,7%)
|
< 0,0001
|
In der [Tab. 2] sind die Indikationen zur Geburtseinleitung dargestellt. In der Kontrollgruppe wurde
häufiger wegen einer Terminüberschreitung ≥ 41 + 0 SSW (53,6 vs. 4,2%, p < 0,0001),
einem Gestationsdiabetes (11,1 vs. 0%, p = 0,0001) und auf Wunsch (9,4 vs. 2,5%, p = 0,0106)
eingeleitet. In der IUGR-Gruppe kam die Geburtseinleitung wegen einer IUGR, einer
Plazentainsuffizienz oder einer pathologischen Doppler-Sonografie mehr zum Einsatz
(1,6 vs. 75%, p < 0,0001).
Tab. 2 Indikationen zur Geburtseinleitung.
Indikationen
|
Kontrollgruppe (n = 2210)
|
IUGR-Gruppe (n = 120)
|
p-Wert
|
Die Daten werden als absolute oder relative Häufigkeiten angegeben, p-Werte < 0,05
gelten als signifikant. CTG: Kardiotokografie
|
Terminüberschreitung ≥ 41 + 0 SSW
|
1173 (53,6%)
|
5 (4,2%)
|
< 0,0001
|
Gestationsdiabetes
|
244 (11,1%)
|
0
|
0,0001
|
Wunsch
|
205 (9,4%)
|
3 (2,5%)
|
0,0106
|
Anhydramnion, Oligohydramnion
|
129 (5,9%)
|
2 (1,7%)
|
0,0514
|
Verdacht auf Makrosomie
|
61 (2,8%)
|
0
|
0,0732
|
nachlassende Kindsbewegungen
|
26 (1,2%)
|
2 (1,7%)
|
0,6543
|
IUGR, Plazentainsuffizienz, pathologische Doppler-Sonografie
|
36 (1,6%)
|
90 (75,0%)
|
< 0,0001
|
Präeklampsie, hypertensive Schwangerschaftserkrankung, HELLP-Syndrom
|
158 (7,2%)
|
12 (10,0%)
|
0,2552
|
pathologisches CTG
|
56 (2,6%)
|
1 (0,8%)
|
0,3647
|
Schwangerschaftscholestase
|
36 (1,6%)
|
2 (1,7%)
|
1,0000
|
sonstige
|
66 (3,0%)
|
3 (2,5%)
|
1,0000
|
Die Outcome-Parameter des Gesamtkollektivs sind in [Tab. 3] dargestellt. Der Geburtsmodus unterschied sich nicht zwischen den beiden Gruppen
(p = 0,9154). Ein Kaiserschnitt war in ca. einem Viertel der Fälle erforderlich (26,2
vs. 27%). Ebenso waren das Einleitung-Geburt-Intervall (1580 vs. 1676 Minuten, p = 0,4317),
die Rate an vaginalen Geburten innerhalb 24 Stunden (44 vs. 39%, p = 0,3242), die
Rate an vaginalen Geburten innerhalb 48 Stunden (83 vs. 85%, p = 0,6178) und die Rate
an frustranen Geburtseinleitungen (5 vs. 2%, p = 0,3177) nicht verschieden.
Tab. 3 Outcome-Parameter.
Outcome-Parameter
|
Kontrollgruppe (n = 2210)
|
IUGR-Gruppe (n = 120)
|
p-Wert
|
BE: Basendefizit; p-Werte < 0,05 wurden als signifikant betrachtet; * Kaiserschnitte
und frustrane Geburtseinleitungen wurden ausgeschlossen; ** Kaiserschnitte wurden
ausgeschlossen.
|
Geburtsmodus (n, %)
|
|
|
0,9154
|
|
1402 (63,4%)
|
77 (64%)
|
|
|
229 (10,4%)
|
11 (9%)
|
|
|
579 (26,2%)
|
32 (27%)
|
|
Einleitung-Geburt-Intervall (min)*
|
1580,0 (97 – 13,975)
|
1676,5 (371 – 6306)
|
0,4317
|
vaginale Geburt innerhalb von 24 Stunden (n, %)**
|
717 (44,0)
|
34 (38,6%)
|
0,3242
|
vaginale Geburt innerhalb von 48 Stunden (n, %)**
|
1356 (83,2%)
|
75 (85,2%)
|
0,6178
|
frustrane Geburtseinleitung (keine Geburt innerhalb von 72 Stunden; n, %)**
|
86 (5,3%)
|
2 (2,3%)
|
0,3177
|
arterieller Nabelschnurblut-pH-Wert < 7,05 (n, %)
|
13 (0,6%)
|
1 (0,8%)
|
0,5247
|
arterieller Nabelschnurblut-pH-Wert < 7,10 (n, %)
|
43 (1,9%)
|
2 (1,7%)
|
1,0000
|
BE ≤ 12 (n, %)
|
23 (1,1%)
|
4 (3,4%)
|
0,0462
|
Apgar-Wert nach 5 min < 7 (n, %)
|
23 (1,0%)
|
2 (1,7%)
|
0,3692
|
BE ≤ 12 und Apgar-Wert nach 5 min < 7 (n, %)
|
5 (0,2%)
|
0
|
1,0000
|
pathologisches CTG (n, %)
|
483 (21,9%)
|
37 (30,8%)
|
0,0214
|
Fetalblutanalyse (n, %)
|
10 (0,5%)
|
3 (2,5%)
|
0,0261
|
Periduralanästhesie (n, %)
|
906 (41,3%)
|
38 (31,9%)
|
0,0438
|
Oxytocin (n, %)
|
959 (43,9%)
|
47 (39,5%)
|
0,3509
|
grünes Fruchtwasser (n, %)
|
407 (18,4%)
|
17 (14,2%)
|
0,2400
|
Amnioninfektionssyndrom (n, %)
|
3 (0,1%)
|
0
|
1,0000
|
postnataler Transfer in die Kinderklinik (n, %)
|
282 (12,8%)
|
48 (40,0%)
|
< 0,0001
|
respiratorische Anpassungsstörung (n, %)
|
84 (30,1%)
|
11 (23,4%)
|
0,3311
|
Hyperbilirubinämie (n, %)
|
6 (2,2%)
|
0
|
0,5983
|
Hypoglykämie (n, %)
|
61 (21,9%)
|
19 (49,4%)
|
0,0062
|
SGA (n, %)
|
0
|
9 (19,1%)
|
< 0,0001
|
Verdacht auf Infektion (n, %)
|
89 (31,9%)
|
1 (2,1%)
|
< 0,0001
|
sonstige (n, %)
|
39 (14,0%)
|
7 (14,9%)
|
0,8676
|
Infektion des Neugeborenen (n, %)
|
81 (3,7%)
|
2 (1,7%)
|
0,4413
|
puerperale Endometritis (n, %)
|
4 (0,2%)
|
0
|
1,0000
|
In der IUGR-Gruppe war die Rate an pathologischen CTGs höher (22 vs. 31%, p = 0,0214),
und es wurden häufiger Fetalblutanalysen durchgeführt (0,5 vs. 2,5%, p = 0,0261).
Die NabelschnurblutpH- und Apgar-Werte waren zwischen den Gruppen gleich, lediglich
die Rate an Nabelschnurblut-BE-Werten ≤ 12 war in der IUGR-Gruppe höher (1,1 vs. 3,4%,
p = 0,0462). In der IUGR-Gruppe erfolgte postnatal häufiger eine Verlegung in die
Kinderklinik (13 vs. 40%, p < 0,0001). Periduralanästhesien kamen in der IUGR-Gruppe
seltener zum Einsatz (41 vs. 32%, p = 0,0438).
Die Outcome-Parameter nach Stratifizierung hinsichtlich der Parität finden sich in
[Tab. 4]. Die zuvor dargestellten signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Rate an pathologischen
CTGs, Fetalblutanalysen, postnatale Verlegungen in die Kinderklinik, Nabelschnurblut-BE-Werten
≤ 12 und Periduralanästhesien sind nur bei Erstgebärenden und nicht bei Mehrgebärenden
vorzufinden.
Tab. 4 Outcome-Parameter stratifiziert nach der Parität.
Outcome-Parameter
|
Erstgebärende
|
Mehrgebärende
|
|
Kontrollgruppe (n = 1372)
|
IUGR (n = 89)
|
p-Wert
|
Kontrollgruppe (n = 838)
|
IUGR (n = 31)
|
p-Wert
|
p-Werte < 0,05 wurden als signifikant betrachtet; * Kaiserschnitte und frustrane Geburtseinleitungen
wurden ausgeschlossen; ** Kaiserschnitte wurden ausgeschlossen; n. a. = nicht auswertbar
|
Geburtsmodus (n, %)
|
|
|
0,3803
|
|
|
0,2211
|
|
672 (49,0%)
|
49 (55%)
|
|
730 (87,1%)
|
28 (90%)
|
|
|
203 (14,8%)
|
9 (10%)
|
|
26 (3,1%)
|
2 (6%)
|
|
|
497 (36,2%)
|
31 (35%)
|
|
82 (9,8%)
|
1 (3%)
|
|
Einleitung-Geburt-Intervall (min)*
|
1818,0 (288 – 9723)
|
1735,0 (407 – 6306)
|
0,8816
|
1285,0 (97 – 13,975)
|
1541,5 (371 – 4209)
|
0,5158
|
vaginale Geburt innerhalb von 24 Stunden (n, %)**
|
304 (34,7%)
|
21 (36%)
|
0,8207
|
413 (54,7%)
|
13 (43%)
|
0,2203
|
vaginale Geburt innerhalb von 48 Stunden (n, %)**
|
693 (79,2%)
|
47 (81%)
|
0,7384
|
663 (87,8%)
|
28 (93%)
|
0,5654
|
frustrane Geburtseinleitung (keine Geburt innerhalb von 72 Stunden; n, %)**
|
59 (6,7%)
|
2 (3,4%)
|
0,5784
|
27 (3,6%)
|
0
|
0,6190
|
arterieller Nabelschnurblut-pH-Wert < 7,05 (n, %)
|
10 (0,7%)
|
1 (1,1%)
|
0,5011
|
3 (0,4%)
|
0
|
1,0000
|
arterieller Nabelschnurblut-pH-Wert < 7,10 (n, %)
|
35 (2,6%)
|
2 (2%)
|
1,0000
|
8 (1,0%)
|
0
|
1,0000
|
BE ≤ 12 (n, %)
|
17 (1,3%)
|
4 (5%)
|
0,0334
|
6 (0,7%)
|
0
|
1,0000
|
Apgar-Wert nach 5 min < 7 (n, %)
|
22 (1,6%)
|
2 (2%)
|
0,6526
|
1 (0,1%)
|
0
|
1,0000
|
BE ≤ 12 und Apgar-Wert nach 5 min < 7 (n, %)
|
5 (0,4%)
|
0
|
1,0000
|
0
|
0
|
n. a.
|
pathologisches CTG (n, %)
|
384 (28,0%)
|
34 (38%)
|
0,0388
|
99 (11,8%)
|
3 (10%)
|
1,0000
|
Fetalblutanalyse (n, %)
|
10 (0,7%)
|
3 (3,4%)
|
0,0400
|
0
|
0
|
n. a.
|
Periduralanästhesie (n, %)
|
737 (54,2%)
|
34 (38%)
|
0,0035
|
169 (20,2%)
|
4 (13%)
|
0,3528
|
Oxytocin (n, %)
|
772 (57,1%)
|
45 (51%)
|
0,2773
|
187 (22,4%)
|
2 (6%)
|
0,0346
|
grünes Fruchtwasser (n, %)
|
311 (22,7%)
|
14 (16%)
|
0,1273
|
96 (11,5%)
|
3 (10%)
|
1,0000
|
Amnioninfektionssyndrom (n, %)
|
3 (0,2%)
|
0
|
1,0000
|
0
|
0
|
n. a.
|
postnataler Transfer in die Kinderklinik (n, %)
|
203 (14,8%)
|
42 (47%)
|
< 0,0001
|
79 (9,4%)
|
6 (19%)
|
0,1118
|
respiratorische Anpassungsstörung (n, %)
|
68 (33,7%)
|
10 (24%)
|
0,2462
|
16 (21%)
|
1 (17%)
|
1,0000
|
Hyperbilirubinämie (n, %)
|
2 (1,0%)
|
0
|
1,0000
|
4 (5%)
|
0
|
1,0000
|
Hypoglykämie (n, %)
|
36 (17,8%)
|
18 (44%)
|
0,0002
|
25 (32%)
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1 (17%)
|
0,6599
|
IUGR (n, %)
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0
|
6 (14%)
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< 0,0001
|
0
|
3 (50%)
|
< 0,0001
|
Verdacht auf Infektion (n, %)
|
72 (35,6%)
|
1 (2%)
|
< 0,0001
|
17 (22%)
|
0
|
0,3378
|
sonstige (n, %)
|
24 (11,9%)
|
6 (15%)
|
0,6252
|
15 (19%)
|
1 (17%)
|
1,0000
|
Infektion des Neugeborenen (n, %)
|
64 (4,7%)
|
2 (2%)
|
0,4385
|
17 (2,0%)
|
0
|
1,0000
|
puerperale Endometritis (n, %)
|
2 (0,15%)
|
0
|
1,0000
|
2 (0,2%)
|
0
|
1,0000
|
Diskussion
In dieser Untersuchung wurden Geburtseinleitungen bei wachstumsrestringierten Feten
am Termin mit Geburtseinleitungen bei nicht wachstumsrestringierten Feten verglichen,
da oftmals kolportiert wird, dass eine Geburtseinleitung bei SGA-/IUGR-Feten mit einer
erhöhten Komplikationsrate assoziiert ist [10]. Die Ergebnisse dieser Untersuchung können eine erhöhte operative Entbindungsrate
in diesem Hochrisikokollektiv nicht bestätigen. Die Kaiserschnittraten der beiden
Gruppen unterschieden sich nicht (p = 0,9154). Dies ist insbesondere deshalb bemerkenswert,
da in der IUGR-Gruppe ein ungünstigerer Bishop-Score vorlag und häufiger mit Dinoproston
als mit Misoprostol eingeleitet wurde. Geburtseinleitungen mit Misoprostol sind mit
geringeren Kaiserschnittraten als mit Dinoproston assoziiert [11].
Zu berücksichtigen ist dabei, dass Schwangerschaften mit schwerer fetaler Wachstumsrestriktion
bereits in früheren Schwangerschaftswochen beendet wurden. Dennoch bedürfen Geburtseinleitungen
bei IUGR-Feten am Termin besonderer Überwachung: Die Rate an pathologischen CTGs und
Fetalblutanalysen waren bei Erstgebärenden höher als bei nicht wachstumsrestringierten
Feten. Dies war jedoch nicht mit einem schlechteren Nabelschnurblut-pH- oder Apgar-Wert
verbunden. Bei Mehrgebärenden waren keine signifikanten Unterschiede zwischen den
beiden Gruppen vorhanden, weshalb Prostaglandine auch bei IUGR-Feten mit einem guten
Sicherheitsprofil angewendet werden können [12].
Diese Ergebnisse decken sich mit der DIGITAT-Studie. In der DIGITAT-Studie wurden
321 Einleitungen von IUGR-Feten am Termin mit 329 IUGR-Schwangerschaften und exspektativem
Vorgehen verglichen. Dabei zeigte sich sowohl kurz- als auch langfristig kein schlechteres
Outcome in der Einleitungskohorte [7], [13]. Auch in einer weiteren kleinen randomisiert-kontrollierten Studie war nur bei einer
von 46 Geburtseinleitungen bei IUGR-Feten eine Überstimulation mit CTG-Abnormitäten
dokumentiert worden [14].
Dennoch sollten Geburtseinleitungen bei wachstumsrestringierten Feten an Zentren mit
angeschlossener Neonatologie erfolgen, so wie es die Leitlinie „Intrauterine Wachstumsrestriktion“
empfiehlt [15]. In der IUGR-Gruppe mussten signifikant häufiger Kinder postpartal in die Kinderklinik
verlegt werden. Diese Verlegungen erfolgten insbesondere aufgrund einer Hypoglykämie,
was in dieser Risikgruppe zu erwarten war. Postnatale Verlegungen aus diesem Grund
sind unabhängig vom Geburtsmodus bei SGA-/IUGR-Feten bekannt und im Fall von Kaiserschnitten
im Vergleich zur Vaginalgeburt je nach Publikation auch erhöht [16].
Diese Untersuchung ist durch ihr retrospektives Design zwar limitiert, jedoch sind
einige Vorteile zu anderen Arbeiten vorhanden. Die Gruppen in dieser Studie weisen
ein klares Profil auf, und Fälle mit einem vorzeitigen Blasensprung oder einem Kaiserschnitt
in der Anamnese wurden ausgeschlossen, da diese Faktoren den Erfolg einer Geburtseinleitung
wesentlich beeinflussen [17]. Des Weiteren wird nochmals deutlich, dass die Parität einen wesentlichen Einfluss
auf verschiedene Faktoren hat [18]. Bei Mehrgebärenden konnten viele signifikante Unterschiede, die bei Erstgebärenden
vorlagen, nicht gefunden werden. Daher ist eine Auswertung der Zielparameter nach
der Parität essenziell.
Fazit für die Praxis
Geburtseinleitungen bei wachstumsrestringierten Feten sind nicht mit einer höheren
Rate an Kaiserschnitten assoziiert. Dennoch sollte dies an Zentren mit angeschlossener
Neonatologie erfolgen, da mit einer höheren postnatalen Verlegung in die Kinderklinik
gerechnet werden muss.