Endo-Praxis 2019; 35(02): 83-89
DOI: 10.1055/a-0839-2302
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ernährung und Entzündung – Empfehlungen zur Ernährung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED)

Cordula Siegmann-Thoss
1   EUFH Campus Rheine
,
Vanessa van Dillen
1   EUFH Campus Rheine
,
Ralf Keller
2   Klinikum Rheine, Mathias-Spital
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Publication Date:
16 May 2019 (online)

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Zusammenfassung

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, sind nicht nur Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, sondern treten auch durch extraintestinale Manifestationen als Ausdruck einer systemischen Erkrankung in Erscheinung [1]. Die diagnostische Latenz und die Erfolge in der Therapie der CED sind Ergebnis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse. Trotz Etablierung neuer therapeutischer Ansätze besteht bei vielen Betroffenen auch heute noch ein starker Leidensdruck. Die weiter ansteigende Inzidenz der CED ist ein wesentlicher Grund, pathogenetische Aspekte bezüglich Ursachen und Verlauf der CED intensiver zu untersuchen. Ein wesentlicher Faktor in der Krankheitsentstehung scheint eine veränderte bzw. gestörte Mikrobiota zu sein, was zu einer fehlregulierten Immunantwort mit dem Ergebnis einer chronischen Entzündung an bzw. in der Darmwand führt [2]. Ursache für diese Dysbiose sind Einflüsse unseres Ernährungsverhaltens [3].

Ernährung spielt aber auch eine entscheidende Rolle in der Therapie der CED. Durch Ernährung direkt zu beeinflussende Folgen der CED sind Mikronährstoffmängel bis hin zu manifester Mangelernährung (Malnutrition), Osteoporose und Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Das Entzündungsgeschehen ist eng mit dem Grad der Malnutrition verknüpft, beide sind unabhängige Faktoren für Krankheitsverlauf und Prognose der CED [4]. Neben der medikamentösen und ggf. chirurgischen Behandlung ist eine Ernährungsintervention somit als eine weitere ergänzende Therapiemöglichkeit anzusehen. Ernährungstherapie kann Mangelerscheinungen durch Zufuhr spezieller Nährstoffe wie beispielsweise Vitamin B12, Zink und Folsäure ausgleichen, Malnutrition durch adäquate Kalorienversorgung verhindern bzw. beheben und somit auch den Krankheitsverlauf und die Ansprechbarkeit auf die Primärtherapien verbessern sowie Komplikationen vermeiden [5]. Ein weiterer ernährungstherapeutischer Ansatz bei CED ist die sogenannte Immunonutrition, die mittels antiinflammatorisch wirkender Nahrungsbestandteile aktiv in den Entzündungsprozess eingreift und die zugrunde liegende Dysbiose positiv modulieren kann [6] [7] [8]. Als primäre Therapie ist die Ernährungstherapie umstritten und wird heute nur bei Kindern als enterale Ernährung zur Vermeidung von Nebenwirkungen der Medikamente und bei Erwachsenen in speziellen Situationen (z. B. Arzneimittelunverträglichkeiten) eingesetzt [5] [9].