Schlüsselwörter
E-Health - Arzt-Apotheker-Zusammenarbeit - Arzneimitteltherapiesicherheit - elektronischer
Medikationsplan
Key words
e-health - physician-pharmacist cooperation - medication safety - electronic medication
plan
Einleitung
Die Therapie mit Arzneimitteln ist ein komplexer Prozess, bei dem aufgrund einer Vielzahl
von Beteiligten der Informationsaustausch von zentraler Bedeutung für die Patientensicherheit
ist [1]
[2]. Der fehlende Überblick über die Gesamtmedikation des Patienten ist eine häufige
Ursache von Medikationsfehlern [3]; kritische Situationen wie Interaktionen oder unerwünschte Arzneimittelwirkungen
werden dadurch häufig nicht rechtzeitig erkannt. Eine Lösung hierfür ist die interprofessionelle
Nutzung eines Medikationsplans (MP) [4]. In Deutschland wurde im Rahmen der Aktionspläne zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit
(AMTS) des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) ein Standard für einen solchen
MP entwickelt, der sogenannte bundeseinheitliche Medikationsplan (BMP) [5]. Bei Einführung des BMP wurde aber nicht festgelegt, durch welche Prozesse die Erstellung
und Aktualisierung begleitet werden sollte. Das BMG förderte daher drei Projekte zur
„Erprobung der Machbarkeit und Akzeptanz des BMP“. Dies waren die Projekte „MetropolMediplan
2016“ in Nürnberg/Erlangen/Fürth, die Modellregion Erfurt und das Projekt „PRIMA“
(Primärsystem-Integration des Medikationsplans mit Akzeptanzuntersuchung) in Sachsen und Thüringen. Die gesammelten Erkenntnisse und abgeleiteten
Empfehlungen zeigen einheitlich, dass Apotheker in die Erstellung und Fortschreibung
von MP eingebunden werden müssen, dass Prozesse und Zuständigkeiten klar definiert
werden müssen und dass der BMP in die Primärsoftware von Arztpraxen, Apotheken und
Krankenhäusern integriert werden muss [6].
PRIMA untersuchte als einziges dieser Projekte, wie eine solche Integration in die
Software von Arztpraxen und Apotheken umgesetzt werden kann, wie zugehörige Prozesse
bewertet und deren Machbarkeit und Akzeptanz von Ärzten und Apothekern eingestuft
werden [7]. Partner in dem Projekt waren die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände
e. V., die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die AOK PLUS sowie die Kassenärztlichen
Vereinigungen und Landesapothekerverbände in Sachsen und Thüringen. In PRIMA konnte
auf die im Modellvorhaben „Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN)“ [8] erarbeiteten Standards für ein interprofessionelles Medikationsmanagement (MM) zurückgegriffen
werden. Dazu zählten die technische Infrastruktur zum sicheren Datenaustausch zwischen
Arztpraxis und Apotheke sowie die Prozesse zur Arzt-Apotheker-Zusammenarbeit, einschließlich
der Erstellung und Aktualisierung von MP [9].
Ziel des Projektes PRIMA war die Pilotierung der Betreuung der ersten ARMIN-Patienten
unter Einbeziehung der technischen Infrastruktur. Dabei wurde untersucht, inwiefern
die elektronische Bearbeitung des BMP technisch machbar ist, die definierten Prozesse
praktikabel sind und von Ärzten und Apothekern akzeptiert werden.
Material und Methoden
Das Projekt wurde von Oktober 2014 bis März 2017 in je 12 an ARMIN teilnehmenden Apotheken
und Arztpraxen in Sachsen und Thüringen durchgeführt. Alle hatten an einer gemeinsamen
Qualifikationsveranstaltung teilgenommen.
Nachdem die technischen Voraussetzungen zum elektronischen Austausch von MP geschaffen
waren, sollte jedes Arzt-Apotheker-Team 10 Patienten rekrutieren. Die Teilnahme stand
nur Versicherten der AOK PLUS offen.
Die Erstellung und Aktualisierung der MP erfolgte in einem strukturierten Prozess
mit definierten Verantwortlichkeiten für beide Heilberufler [8]
[9]. Die pharmazeutische Intervention zur Erfassung der Gesamtmedikation mit pharmazeutischer
AMTS-Prüfung erfolgte gemäß Leitlinie „Medikationsanalyse“ der Bundesapothekerkammer
[10]. Die medizinische AMTS-Prüfung einschließlich Priorisierung der Medikation orientierte
sich an der „Hausärztlichen Leitlinie Multimedikation“ der Deutschen Gesellschaft
für Allgemeinmedizin und Familienmedizin [11].
Positive Ethikvoten der Landesärztekammern Sachsen und Thüringen lagen zum Projektbeginn
vor.
Machbarkeit der elektronischen Erstellung
Die MP wurden in neu entwickelten Softwaremodulen erstellt und aktualisiert, die in
die Praxisverwaltungssysteme (PVS) bzw. Apothekenverwaltungssysteme (AVS) integriert
waren. Form und Inhalt der MP entsprachen dem von der Koordinierungsgruppe AMTS entwickelten
BMP ([Abb. 1]) [5].
Abb. 1 Exemplarische Darstellung des Bundeseinheitlichen Medikationsplans (erstellt in Lauer-Fischer,
WINAPO® 64).
Zusätzlich waren Kommentarfelder für eine weitergehende elektronische Arzt-Apotheker-Kommunikation
enthalten. Als Datenformat wurde das für ARMIN entwickelte Medikationsplanaustauschformat
verwendet. Der Austausch der MP zwischen den Praxen und Apotheken erfolgte über einen
Server im sicheren Netz der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV-SafeNet, der Begriff
KV-SafeNet steht nicht mit der Firma „SafeNet, Inc., USA“ in firmenmäßiger oder vertraglicher
Verbindung) [9].
Die ersten Tests wurden auf Ebene der Softwarehäuser zwischen AVS und PVS durchgeführt.
Dazu wurden entsprechende Testszenarien entwickelt, die alle überprüfbaren Anforderungen
enthielten. Im nächsten Schritt wurde der Datenaustausch an einem Standardfall zwischen
Arztpraxen und Apotheken erprobt. Im dritten Schritt erfolgte erstmalig, unter engmaschigem
Monitoring, der Austausch echter MP für je 2 Patienten je Arzt-Apotheker-Team. Abschließend
sollten je Arzt-Apotheker-Team bis zu 10 Patienten in der Routine betreut werden.
Erhebung von Praktikabilität und Akzeptanz der Medikationsplan-bezogenen Prozesse
bei Ärzten und Apothekern
Praktikabilität und Akzeptanz wurden mit Fragebögen und während eines Workshops erfasst.
Fragebögen
Die Fragebögen für Ärzte und Apotheker umfassten jeweils 11 Fragen mit 42 Items zur
Motivation der Teilnahme, der Zufriedenheit mit der technischen Umsetzung, den Prozessen
im MM, dem Projektnutzen und der Verwendung der MP durch die Patienten. Weiterhin
wurden Daten zu Berufserfahrung und EDV-Kenntnissen erhoben. Die Fragebögen wurden
hinsichtlich Verständlichkeit und Bearbeitungszeit pilotiert und den Teilnehmern im
August 2016 postalisch zugeschickt. Eine Erinnerung erfolgte per E-Mail.
Workshop
Im September 2016 fand ein Workshop statt, während dessen Inhaber und Mitarbeiter
der teilnehmenden Arztpraxen und Apotheken die Teilschritte der Erstellung und Pflege
von MP bewerteten und diskutierten. Zudem erfolgte eine anonyme elektronische Abstimmung
zu Aspekten des BMP, der kurz nach dem Workshop-Termin zum 01.10.2016 mit dem E-Health-Gesetz
nach § 31a SGB V eingeführt wurde (Abstimmungssystem: TurningPoint® by Turning Technologies, Version 5.4.1.2). Basierend auf ihren Erfahrungen in PRIMA
sollten die Teilnehmer die Erstellung des BMP gemäß E-Health-Gesetz bewerten, da dort
keine Vorgaben zu Prozessen gemacht wurden.
Statistik
Die Antworten der Fragebögen wurden mit IBM® SPSS® Statistics for Windows, Version 21 (IBM Corp., Armonk, N.Y., USA) deskriptiv (Häufigkeiten,
Mittelwerte, Standardabweichungen) ausgewertet.
Ergebnisse
In 12 Arztpraxen und Apotheken in Sachsen und Thüringen wurden die technischen Voraussetzungen
geschaffen, um MP im PVS bzw. AVS zu bearbeiten und mit dem anderen Heilberufler auszutauschen.
11 Arzt-Apotheker-Teams schlossen 196 Patienten ein. Ein Team schied aufgrund eines
Wechsels des Softwareanbieters der Apotheke aus.
Machbarkeit der elektronischen Erstellung und des Austausches von Medikationsplänen
Die Umsetzung erfolgte in einer PVS-Produktlinie und 5 Produktlinien von 4 AVS. Entsprechend
wurden alle Tests für die 5 möglichen PVS-AVS-Kombinationen durchgeführt.
Die identifizierten Probleme sind 5 Kategorien zuzuordnen:
(1) Technische, den Ablauf verzögernde oder verhindernde Probleme
Ursache waren Interpretationsprobleme von Daten zwischen AVS, PVS und Medikationsplanserver
durch Abweichungen vom zulässigen Zeichensatz oder Datenformat. Kommunikationsprobleme
zwischen Softwaremodulen und dem Server traten durch serverseitige Prüfung auf Validität
oder bei der Datenverarbeitung auf Basis unterschiedlicher Arzneimitteldatenbanken
auf, da unterschiedliche Softwarehäuser mit unterschiedlichen Arzneimitteldatenbanken
(MMI, ifap, ABDATA) arbeiten.
(2) AMTS-relevante Fehler
Programmierfehler führten zu fehlenden Zeilen in MP, fehlenden Handelsnamen sowie
fehlenden Wirkstoffmengen oder Maßeinheiten.
(3) Unterschiedliche Darstellungen identischer Medikationsplaneinträge
Inhaltlich identische Einträge wurden unterschiedlich dargestellt. Dies war entweder
die Folge unterschiedlicher Umsetzungen verschiedener Softwareanbieter oder resultierte
aus Unterschieden in den Arzneimitteldatenbanken.
Beispiele für festgestellte Abweichungen:
-
variierende Wirkstoff- oder Stärkeangaben durch unterschiedliche Wirkstoffbezüge,
z. B.: Bisoprolol 4,24 mg versus Bisoprolol 5 mg versus Bisoprolol hemifumarat 5 mg
-
Bezug auf unterschiedliche Einheiten bei der Stärkeangabe, z. B.: Levothyroxin natrium
0,1 mg versus Levothyroxin 100 µg
-
scheinbar unterschiedliche Stärken durch unterschiedliche Volumenbezüge, z. B.: Insulin
glargin 100 I.E./ml versus Insulin glargin 300 I.E. (Bezug auf gesamte Zylinderampulle
mit 3 ml Inhalt)
Im verwendeten Standardfall mit 9 Arzneimitteln ergaben sich durch die Verwendung
zweier unterschiedlicher Arzneimitteldatenbanken abweichende Darstellungen bei 6 Wirkstoffen,
einem Handelsnamen und 3 Stärkenangaben ([Abb. 2]).
Abb. 2 Exemplarische Gegenüberstellung von Medikationsplan-Ausschnitten des Standardfalls,
erstellt auf Basis zweier unterschiedlicher Arzneimitteldatenbanken.
(4) Benutzerfreundlichkeit der Software
Die Benutzerfreundlichkeit war mitentscheidend für die Akzeptanz. Anwender bemängelten
beispielsweise, dass gleiche MP-Zeilen aufgrund nicht standardisierter Arzneimitteldaten
nicht als gleich erkannt wurden, dass Änderungen nicht hervorgehoben wurden und dass
eine Gesamtübersicht aller MP mit Filtermöglichkeiten nach Bearbeitungsstatus sowie
eine automatisierte Identifikation geeigneter Projektteilnehmer fehlen würde. Weiterhin
bestand der Wunsch nach standardisierten Textbausteinen.
(5) Begrenzte Speicherkapazität des Barcodes im Ausdruck des BMP
Obwohl MP-Seiten optisch nicht vollständig befüllt waren, ergaben sich Seitenumbrüche,
da die Speicherkapazität des Barcodes ausgeschöpft war. Dies führte zu Irritationen.
Die Behebung technischer und AMTS-relevanter Probleme war notwendig, um Richtigkeit
und Vollständigkeit der MP zu gewährleisten. Entsprechende technische Anpassungen
und Klarstellungen wurden vorgenommen. Die Umsetzung dauerte für die unterschiedlichen
Softwareprodukte ca. 1–2 Monate.
Abweichungen aufgrund der unterschiedlichen Arzneimitteldatenbanken wurden an die
nach § 31a SGB V zur Ausgestaltung des BMP beauftragten Spitzenorganisationen (KBV,
Bundesärztekammer, Deutscher Apothekerverband e. V.) mit Bitte um Prüfung und Bearbeitung
kommuniziert. Soweit eine Lösung ohne vollständige Standardisierung der Daten möglich
war, wurde die BMP-Spezifikation angepasst [5].
Anregungen zur Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit wurden an die Softwarehersteller
übermittelt.
Im Hinblick auf die begrenzte Speicherkapazität des Barcodes wurden die Teilnehmer
angehalten, dies durch kurze Freitexte zu vermeiden oder ihre Patienten darüber aufzuklären.
Praktikabilität und Akzeptanz der Prozesse durch Ärzte und Apotheker
Acht Apotheker und 10 Ärzte nahmen an der schriftlichen Befragung teil (Rücklaufquoten
71 bzw. 91 %). Alle Ärzte und 7/8 Apotheker verfügten über mindestens 5 Jahre Berufserfahrung.
Ihre EDV-Kenntnisse bewerteten die Ärzte mit der Schulnote 2,3 (± 0,7), die Apotheker
mit 2,6 (± 1,1).
Am Workshop nahmen 35 Personen aus je 10 Apotheken und Arztpraxen teil (14 Apotheker,
15 Ärzte und 6 Praxismitarbeiter).
Praktikabilität der Erstellung, Nutzung und Aktualisierung des Medikationsplans
Etwa 2/3 der Teilnehmer der Befragung waren mit den Prozessen insgesamt zufrieden
(Ärzte: 6/10, Apotheker: 5/8). 12/13 Ärzten und Praxismitarbeitern sowie alle Apotheker
bewerteten die pharmazeutische Intervention zur Erfassung der Gesamtmedikation mit
pharmazeutischer AMTS-Prüfung positiv [10]. Die ärztliche Intervention mit medizinischer AMTS-Prüfung und Priorisierung der
Medikation [11] wurde von vielen Ärzten als herausfordernd bewertet. Weitergehende Software-Unterstützungen,
beispielsweise durch Einbettung von Informationen zur Bewertung der Medikation (z. B.
PRISCUS-Liste [12]), wurden gewünscht. Kritisiert wurden technische Probleme, wie z. B. eine unzureichende
Server-Erreichbarkeit sowie der hohe Zeitaufwand bei der Erstellung der MP (Ärzte:
7/10, Apotheker: 5/8).
Positiv bewertet wurde von 8/10 Ärzten und 7/8 Apothekern die Verständlichkeit der
MP für die Patienten.
Die Mehrheit der Ärzte und Apotheker gab an, dass Patienten ihren ausgedruckten MP
in der Praxis/Apotheke häufig weder mitbringen noch unaufgefordert vorzeigen würden.
Im Rahmen des Projekts konnten die Ärzte und Apotheker jedoch jederzeit elektronisch
auf den aktuellen Medikationsplan zugreifen.
Arzt-Apotheker-Kooperation
Der Informationsaustausch zwischen den Heilberuflern erfolgte primär telefonisch (nachrangig:
persönliche Treffen, Fax, E-Mail) und bezog sich zum Zeitpunkt des Workshops primär
auf organisatorische und technische Fragen. 80 % der Teilnehmer bewerteten die Kommunikation
positiv; negative Meinungen waren überwiegend auf technische Probleme zurückzuführen.
Für den Routinebetrieb wurden die elektronischen Kommentarfelder als unverzichtbar
erachtet. Aus Sicht beider Berufsgruppen haben sich durch das Projekt der fachliche
Austausch und die Zusammenarbeit verbessert. 7/10 Ärzten erhielten außerdem mehr Informationen
zur Selbst- und Facharztmedikation und 7/8 Apothekern zum Gesundheitszustand und den
Erkrankungen der Patienten. 7/10 Ärzten gingen mittelfristig von einer Zeitersparnis
aus.
Als häufigster Grund zur Projektteilnahme wurde angegeben, das MM als geeignete Maßnahme
zur Verbesserung der AMTS zu sehen (Ärzte: 9/10, Apotheker: 8/8). 7/10 Ärzte gaben
zudem die erwartete Zeitersparnis in der Patientenbetreuung und 7/8 Apotheker die
Etablierung des MM als neues Aufgabengebiet als Motivation an.
Vergleich der BMP-Erstellung in PRIMA und nach E-Health-Gesetz
28 Personen nahmen an der elektronischen Umfrage im Rahmen des Workshops teil (10
Ärzte, 12 Apotheker, 6 Praxismitarbeiter).
Sowohl der BMP nach E-Health-Gesetz als auch der MP in PRIMA wurden als Instrument
zur Erhöhung der AMTS eingestuft, der MP in PRIMA jedoch aufgrund der strukturierten
Zusammenarbeit in größerem Ausmaß. Dies wurde von allen Teilnehmern als wichtig (25 %;
n = 7) oder sehr wichtig (75 %; n = 21) für die Qualität der MP bewertet. Auch schätzen
79 % der Befragten (n = 22) den MP in PRIMA deshalb eher als vollständig ein, als
den BMP nach E-Health-Gesetz.
Für die Mehrheit der Teilnehmer lohnt sich der höhere Aufwand zur Erstellung von MP
im MM im Hinblick auf die Verbesserung der AMTS.
Diskussion
In PRIMA wurde erstmalig in Deutschland ein elektronischer MP nach einem standardisierten
Prozess in den AVS und PVS erstellt und fortlaufend aktualisiert. Dafür wurde der
BMP in bestehende Softwaresysteme integriert sowie eine Infrastruktur zum elektronischen
Datenaustausch zwischen Arztpraxen und Apotheken aufgebaut. Vor allem die elektronische
Unterstützung wurde sowohl von den beteiligten Ärzten und Apothekern als auch von
den beiden anderen BMG-geförderten Modellprojekten als Voraussetzung für die Bearbeitung
von MP im Versorgungsalltag bewertet [6]. So beschrieb das Projektteam „Modellregion Erfurt“ bei fehlender Software-Integration
einen hohen Zeitaufwand für die Erstellung und Fortschreibung von MP auf ärztlicher
Seite und vermutete, dass sich durch eine Integration in die Primärsysteme die Akzeptanz
steigern ließe [6]. Das Projekt MetropolMediplan 2016 kam zu dem Schluss, dass die praktische Umsetzung
des BMP hinter den Erwartungen zurückbliebe, da dieser bisher weder technisch noch
prozessual in bestehende Systeme integriert sei. Dies sei aber Voraussetzung für eine
hohe Nutzerakzeptanz [6].
Durch eine strukturierte Arzt-Apotheker-Zusammenarbeit lässt sich der Erfolg einer
Arzneimitteltherapie verbessern [13]
[14]. Ein gutes Vertrauensverhältnis, eine enge Kommunikation und ein klares Rollenverständnis
sind dafür wichtige Voraussetzungen [15]. Auch die an PRIMA teilnehmenden Ärzte und Apotheker begrüßten die Festlegung der
Verantwortlichkeiten und Abläufe und sahen eine Verbesserung ihrer Zusammenarbeit.
Sie schätzten die Erstellung und regelmäßige Aktualisierung der MP überwiegend als
praktikabel ein. Ein wesentlicher Faktor für Unzufriedenheit stellte vermutlich der
hohe Zeitaufwand dar, der in diesem Projekt zwar nicht erhoben wurde, aber für eine
vergleichbare Intervention im Median mit 90 min angegeben wird [16].
Die teilnehmenden Ärzte stellten bereits im Vorfeld des Projektes MP aus, sahen jedoch
in der Erfassung der Gesamtmedikation durch den Apotheker einen Informationsgewinn,
insbesondere zur Selbst- und Facharztmedikation. Beide Berufsgruppen sahen einen persönlichen
Nutzen im fachlichen Austausch und für die Versorgungsqualität. Trotz des hohen Zeitaufwands
und der technischen Herausforderungen bewerteten die Leistungserbringer ein interdisziplinäres
MM als geeignete Maßnahme zur Verbesserung der AMTS und sprachen sich für eine Fortführung
und Weiterentwicklung des Konzeptes aus.
Gleichzeitig zeigte PRIMA aber auch, dass die Entwicklung neuer technischer Strukturen
einen erheblichen Aufwand und eine enge Abstimmung aller Beteiligten erfordert. Nur
einfache und benutzerfreundliche Softwarelösungen finden Akzeptanz. Die in PRIMA als
Kommunikationstool zwischen Leistungserbringern integrierten Kommentarfelder im MP
sind ein Beispiel dafür.
Auf Basis der Ergebnisse aus PRIMA wurden die technischen Strukturen sowie die interdisziplinäre
Erstellung und Pflege der MP im Rahmen von ARMIN in Sachsen und Thüringen seit Juli
2016 breiter ausgerollt. Das Modellvorhaben wird mindestens bis März 2022 fortgeführt
[8]
[9]. Ab 2019 wird in einer externen, wissenschaftlichen Evaluation untersucht, inwieweit
der Ansatz einen Nutzen hinsichtlich therapierelevanter und ökonomischer Endpunkte
hat.
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Voraussetzung für die Etablierung des bundeseinheitlichen Medikationsplans nach § 31a
SGB V in der Praxis ist die Möglichkeit zur elektronischen Erstellung und Aktualisierung
in der Primärsoftware und der Austausch der Medikationsplandaten zwischen Ärzten und
Apothekern.
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Prozesse und Verantwortlichkeiten von Arzt und Apotheker bei der Erstellung und Aktualisierung
von Medikationsplänen müssen eindeutig geregelt werden.
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Die in ARMIN vereinbarten Verantwortlichkeiten von Arzt und Apotheker wurden als sinnvoll
und praktikabel bewertet.
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Qualitätsanforderungen an Medikationspläne sind unter anderem: Vollständigkeit, Aktualität
sowie die Prüfung der Medikation auf Risiken für die Arzneimitteltherapiesicherheit.
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Ärzte bewerteten die Erfassung und pharmazeutische Bewertung der Gesamtmedikation
inkl. Selbstmedikation in der Apotheke positiv.
Finanzielle Unterstützung
Diese Arbeit wurde als Teil des Projektes PRIMA vom BMG gefördert.