Abb. 1 Körperliche Bewegung mit moderater Intensität und eine ausgewogene Ernährung vor
und in der Schwangerschaft wirken sich positiv auf die Gesundheit von Mutter und Kind
aus. Geeignet sind neben klassischen Ausdauersportarten auch Low-Impact-Aerobic, Aqua-Fitness
und Schwangeren-Yoga. (Foto: Kalim – stock.adobe.com)
Hintergrund
In den Mutterschaftsrichtlinien ist dokumentiert, dass jede Schwangere bei ihrem ersten
Kontakt mit Hebamme oder Gynäkologin / Gynäkologe zu Ernährung und Lebensgewohnheiten
während der Schwangerschaft beraten werden soll.
Damit diese Beratung fundiert erfolgen kann, unterstützt das Netzwerk Gesund ins Leben
die einbezogenen Berufsgruppen mit harmonisierten, wissenschaftsbasierten und anwendungsorientierten
Empfehlungen.
Die Empfehlungen stehen im Einklang mit dem 2016 vom Bundesministerium für Gesundheit
(BMG) formulierten Nationalen Gesundheitsziel „Rund um die Geburt“ und sehen die ersten
1000 Tage ab der Empfängnis als wichtige Zeitspanne, in der die Grundlagen für die
Gesundheit des Kindes gelegt werden. Besonders in der Lebensphase der Schwangerschaft
sind werdende Eltern motiviert, ihren Lebensstil zu ändern, und zugänglich für entsprechende
Beratung und Aufklärung.
Aufbau der Empfehlungen
Die aktualisierten Handlungsempfehlungen gliedern sich in folgende Bereiche:
-
Allgemeine Empfehlung
-
Körpergewicht vor der Konzeption und Gewichtsentwicklung in der Schwangerschaft
-
Energie- und Nährstoffbedarf in der Schwangerschaft
-
Ernährungsweise
-
Vegetarische und vegane Ernährung in der Schwangerschaft
-
Supplemente
-
Schutz vor Infektionen durch Lebensmittel in der Schwangerschaft
-
Bewegung vor und in der Schwangerschaft
-
Alkohol
-
Rauchen
-
Koffeinhaltige Getränke in der Schwangerschaft
-
Arzneimittel in der Schwangerschaft
-
Vorbereitung auf das Stillen
-
Ernährung in der Schwangerschaft zur Allergieprävention beim Kind
-
Mund und Zahngesundheit
-
Impfen
Netzwerk Gesund ins Leben
Gesund ins Leben [1] ist ein Netzwerk von Institutionen, Fachgesellschaften und Verbänden, die sich mit
jungen Familien befassen. Das Ziel ist es, Eltern einheitliche Botschaften zur Ernährung
und Bewegung zu vermitteln, damit sie und ihre Kinder gesund leben und aufwachsen.
Das Netzwerk Gesund ins Leben ist angesiedelt im Bundeszentrum für Ernährung (BZfE)
der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) und Teil des nationalen Aktionsplans
IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung.
Gesund ins Leben hat eine Lenkungsgruppe (hier unter anderem vertreten der Berufsverband
der Frauenärzte, der Deutsche Hebammenverband und der Berufsverband der Kinder- und
Jugendärzte), einen Wissenschaftlichen Beirat, Arbeitsgruppen, die Geschäftsstelle
im BZfE und wird unterstützt von zahlreichen Partnern.
Gewicht vor der Schwangerschaft und Gewichtsentwicklung in der Schwangerschaft
Gewicht vor der Schwangerschaft und Gewichtsentwicklung in der Schwangerschaft
Laut der 2013 im Bundesgesundheitsblatt veröffentlichten Studie zur Gesundheit Erwachsener
in Deutschland sind 30 % der 18–29-jährigen Frauen in Deutschland übergewichtig oder
adipös, bei den 30–39-jährigen sind es 38 %. Zahlreiche Studien weisen darauf hin,
dass Übergewicht / Adipositas vor der Schwangerschaft mit einem höheren Gesundheitsrisiko
assoziiert ist und während der Schwangerschaft zu Komplikationen wie Gestatationsdiabetes,
Hypertonie, fetaler Makrosomie und damit einhergehenden Geburtskomplikationen führen
kann. Frauen mit Kinderwunsch sollten darüber aufgeklärt werden. Reduktionsdiäten
werden in der Schwangerschaft nicht empfohlen.
Empfehlungen zum Körpergewicht vor der Konzeption und der Gewichtsentwicklung in der
Schwangerschaft
-
Schon vor der Schwangerschaft ist eine bestmögliche Annäherung des Körpergewichts
an ein Normalgewicht wünschenswert.
-
Eine angemessene Gewichtszunahme in der Schwangerschaft liegt für normalgewichtige
Frauen etwa zwischen 10 und 16 kg.
-
Bei Übergewicht und Adipositas ist eine geringere Gewichtszunahme in der Schwangerschaft
wünschenswert.
-
Bei untergewichtigen Frauen sollte auf eine ausreichende Gewichtszunahme in der Schwangerschaft
geachtet werden. [4]
Abb. 2 Für normalgewichtige Frauen liegt eine angemessene Gewichtszunahme bei ca. 10 bis
16 kg. (Foto: Kirsten Oborny / Thieme Mediengruppe)
Energie- und Nährstoffbedarf
Energie- und Nährstoffbedarf
Im Gegensatz zu früheren Annahmen haben Schwangere nur einen leicht erhöhten Energiebedarf.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine zusätzliche Energiezufuhr
von 250 Kilokalorien pro Tag im zweiten Trimester und für das dritte Trimester eine
Erhöhung von 500 Kilokalorien täglich, wenn die körperliche Aktivität gleichbleibend
hoch ist. Da diese aber bei den meisten Frauen im Laufe der Schwangerschaft zurückgeht,
wird bei vielen keine erhöhte Energiezufuhr benötigt. Das Netzwerk regt eine Beratung
im Sinne von „für zwei denken, aber nicht für zwei essen“ an.
Mit Ausnahme von Folat und Jod können alle Vitamine und Mineralstoffe / Spurenelemente
durch eine geeignete Ernährung gedeckt werden.
Empfehlungen zu Energie- und Nährstoffbedarf
-
Schwangere Frauen sollten besonders auf die Qualität ihrer Ernährung achten. Im Verhältnis
zum Energiebedarf steigt der Bedarf an einzelnen Vitaminen und Mineralstoffen / Spurenelementen
in der Schwangerschaft deutlich stärker.
-
Der Energiebedarf steigt im Verlauf der Schwangerschaft nur leicht an. Schwangere
sollten erst in den letzten Monaten der Schwangerschaft ihre Energiezufuhr nur geringfügig
(bis zu ca. 10 %) steigern. [4]
Ernährungsweise
Wie bei allen Erwachsenen wirken sich auch vor und in der Schwangerschaft eine ausgewogene
Ernährung und körperliche Bewegung positiv auf die Gesundheit, in diesem Falle von
Mutter und Kind, aus. Auch wenn verschiedene Studien einen Zusammenhang zwischen Lebensstilinterventionen
und vermindertem Risiko für Gestationsdiabetes zeigen, ist die Datenlage nicht konsistent.
Das Netzwerk rät dazu, in der Beratung von Schwangeren Ernährung und Bewegung wiederholt
anzusprechen.
Empfehlungen zur Ernährungsweise
-
Die Ernährung vor und in der Schwangerschaft soll ausgewogen und abwechslungsreich
sein. Sie sollte sich an den allgemeinen Empfehlungen für gesunde Erwachsene orientieren.
-
In einer ausgewogenen Ernährung sollten die Lebensmittelgruppen unterschiedlich gewichtet
werden:
-
Reichlich sollten sowohl kalorienfreie Getränke als auch pflanzliche Lebensmittel
(Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte) verzehrt werden.
-
Mäßig sollten tierische Lebensmittel (Milch und Milchprodukte, fettarmes Fleisch und
fettarme Wurstwaren, fettreiche Meeresfische und Eier) gegessen werden.
-
Sparsam sollten Süßigkeiten, zuckerhaltige Getränke und Snackprodukte sowie Fette
mit hohem Anteil gesättigter Fettsäuren (vor allem tierische Fette) und Öle verzehrt
werden.
Pflanzenöle (z. B. Raps- und Olivenöl) sollten als Fettquellen bevorzugt werden. [4]
Vegetarische / vegane Ernährung
Vegetarische / vegane Ernährung
Die Datenlage zu vegetarischer und veganer Ernährung in der Schwangerschaft ist als
dürftig einzuschätzen. Vor allem die vegane Ernährung wird kritisch gesehen. Bei veganer
Ernährung sollten eine regelmäßige Überprüfung und individuelle Ernährungsberatung
empfohlen.
Empfehlungen zur vegetarischen bzw. veganen Ernährung
-
Eine ausgewogene vegetarische Ernährung mit Verzehr von Milch(-produkten) und Eiern
(ovo-lakto-vegetarisch) kann grundsätzlich auch in der Schwangerschaft den Bedarf
an den meisten Nährstoffen decken. Zur Absicherung ist eine gezielte Beratung zu empfehlen.
-
Bei einer rein pflanzlichen (veganen) Ernährung soll die Versorgung mit kritischen
Nährstoffen ärztlich überprüft werden und eine individuelle Ernährungsberatung soll
erfolgen. Nicht nur Jod und Folsäure, sondern auch zusätzliche Mikronährstoffsupplemente
(insbesondere Vitamin B12) sollen eingenommen werden, um einem Nährstoffmangel und
daraus folgenden Schädigungen der kindlichen Entwicklung vorzubeugen. [4]
Folsäure
Schon seit Mitte der 1990er Jahre gilt die Empfehlung vor und in den ersten drei Monaten
der Schwangerschaft zusätzlich Folsäure einzunehmen, da zahlreiche Studien ein dadurch
geringeres Risiko für kindliche Neuralrohrdefekte nachgewiesen haben. Folsäurehaltige
Lebensmittel wie grünes Blattgemüse, Kohl, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte sowie Tomaten
und Orangen unterstützen die Versorgung. Zurzeit ist besonders die präkonzeptionelle
Folsäureeinnahme unzureichend, nur circa 10–34 % der Frauen nehmen das Supplement
rechtzeitig und in ausreichender Menge ein.
Empfehlungen zur Folsäuresupplementierung
-
Frauen, die eine Schwangerschaft planen, sollen zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung
400 μg Folsäure pro Tag oder äquivalente Dosen anderer Folate in Form eines Supplements
einnehmen.
-
Die Einnahme soll mindestens 4 Wochen vor der Konzeption beginnen und bis zum Ende
des 1. Schwangerschaftsdrittels fortgesetzt werden.
-
Frauen, die die Folsäuresupplementierung weniger als 4 Wochen vor der Konzeption beginnen,
sollten höherdosierte Präparate verwenden. [4]
Jod
Deutschland ist gemäß der Kriterien der WHO ein Gebiet mit mildem bis moderatem Jodmangel.
Zudem steigt in der Schwangerschaft der Jodbedarf aufgrund vermehrter mütterlicher
Produktion von Schilddrüsenhormonen und einer erhöhten renalen Ausscheidung sowie
des Bedarfs für die Entwicklung des Ungeborenen.
Frauen mit Kinderwunsch sollen schon vor der Schwangerschaft über die Bedeutung von
Jod und eine ausreichende Jodzufuhr beraten werden. Das Netzwerk empfiehlt, jodiertes
Speisesalz zu verwenden und regelmäßig Milch, Milchprodukte und Meeresfisch zu verzehren.
Bei Lebensmitteln (z. B. Brot) sind Produkte mit jodiertem Speisesalz zu bevorzugen.
Empfehlungen zur Jodsupplementierung
Weitere Supplementierungen
Weitere Supplementierungen
Eisen
In Deutschland und anderen europäischen Ländern wie England, Frankreich oder Irland
wird eine routinemäßige Eisensupplementierung in der Schwangerschaft nicht empfohlen.
Für den Nutzen einer generellen Eisensupplementierung ist zum einen die Datenlage
nicht eindeutig genug und zum anderen gibt es Hinweise, dass eine zusätzliche Eisenzufuhr
bei gut versorgten Schwangeren das Risiko für eine Frühgeburt und ein niedriges Geburtsgewicht
erhöhen kann.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für nichtschwangere, menstruierende
Frauen eine Eisenzufuhr von 15 mg pro Tag, für Schwangere gilt die Empfehlung für
30 mg täglich.
Die Netzwerk-Empfehlungen regen an, im Rahmen der Mutterschafts-Vorsorge nicht nur
Hb-Bestimmungen vorzunehmen, sondern auch den Serumferritinwert zu bestimmen.
DHA
Um in der Schwangerschaft ausreichend langkettige Omega-3-Fettsäuren aufzunehmen,
wird der wöchentliche Verzehr von Fisch empfohlen. Einmal pro Woche sollte fettreicher
Meeresfisch (z. B. Makrele, Hering, Sardine) auf den Teller kommen. Auf Raubfische,
die am Ende der maritimen Nahrungskette stehen und erhöhte Schadstoffgehalte aufweisen
können, sollte laut Handlungsempfehlungen verzichtet werden. Schwangere, die keinen
Fisch essen, sollten Supplemente mit der Omega-3-Fettsäure DHA (Docosahexaensäure)
zu sich nehmen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, täglich mindestens
200 mg DHA zuzuführen.
DHA kann nach mehreren randomisiert kontrollierten Studien das Risiko für frühe Frühgeburten
(< 34. SSW) senken. DHA leistet einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Sehfunktion
und des Gehirns.
Vitamin D
Eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung der werdenden Mutter ist wichtig für die fetale
Vitamin-D-Versorgung und die kindliche Knochenmineralisation. Der Körper bildet Vitamin
D induziert durch Sonnenbestrahlung in der Haut. Regelmäßiger Aufenthalt im Freien
fördert die Vitamin-D-Versorgung. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt
für Schwangere bei fehlender Vitamin-D-Eigensynthese, d. h. in der sonnenarmen Zeit
und bei überwiegendem Aufenthalt im Haus, eine Vitamin-D-Aufnahme von 20 µg (800 IU)
pro Tag. [4]
Lebensmittelinfektionen
Bei der Beratung zu Infektionen durch Lebensmittel in der Schwangerschaft liegt der
Fokus auf den Erregern von Toxoplasmose und Listeriose. Diese können auf die Plazenta
und den Feten übergehen und so schwere Erkrankungen sowie Früh- und Totgeburten auslösen.
Dem Robert-Koch-Institut werden jährlich rund 20–40 Fälle von Neugeborenen-Listeriose
gemeldet, bei konnataler Toxoplasmose sind es circa 5–40 laborbestätigte Fälle. Wahrscheinlich
liegt die tatsächliche Zahl höher – eine bundesweite Seroprävalenzstudie von 2016
geht von 345 konnatalen Toxoplasmose-Fällen jährlich aus [6].
Zur Prophylaxe der Toxoplasmose ist der Verzehr von rohem sowie nicht durchgegartem
Fleisch (auch Rohwurst, Salami, roher Schinken) vom Schwein, Lamm bzw. Schaf und Wild
problematisch. Rohe Fleischprodukte, Räucherfisch und Weichkäse bergen ein erhöhtes
Risiko, pathogene Listerien zu enthalten. Auch Rohmilch und Rohmilcherzeugnisse sowie
Gemüse und Salate können Listerien enthalten. Schwangere sollten ihre Speisen möglichst
erst kurz vor dem Verzehr zubereiten und rasch verbrauchen.
Empfehlungen zum Schutz vor Lebensmittelinfektionen in der Schwangerschaft
-
Schwangere sollen keine rohen tierischen Lebensmittel essen. Darüber hinaus sollten
sie bei der Auswahl, Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln die Empfehlungen zur
Vermeidung von Listeriose und Toxoplasmose beachten.
-
Schwangere Frauen sollen Eier nur verzehren, wenn Eigelb und Eiweiß durch Erhitzung
fest sind. [4]
Die Empfehlungen sind im 2017 vom Bundeszentrum für Ernährung herausgegebenen Informationsblatt
„Listeriose und Toxoplasmose. Sicher essen in der Schwangerschaft“ zusammengefasst
(Bestell-Nr. 0346, www.ble-medienservice.de).
Bewegung
Das Netzwerk orientiert sich an Empfehlungen von Fachgesellschaften und Expertengruppen
wie z. B. den NICE Richtlinien, Empfehlungen des American College of Obstetricians
and Gynecologists (ACOG) und den Nationalen Empfehlungen zur Bewegung und Bewegungsförderung.
Danach sollen sich Schwangere mit moderater Intensität (die Bewegung ist etwas anstrengend,
aber eine Unterhaltung ist möglich) sportlich betätigen. Geeignet sind Ausdauersportarten
wie Walking, Nordic Walking, Radfahren, Schwimmen, Aqua Fitness, Skilanglauf, Schwangeren-Yoga
oder Low-Impact-Aerobic.
Für gesunde Schwangere ist eine sportliche Betätigung auch in den Bergen bis zu einer
Höhe von 2000–2500 m möglich, wenn sie daran gewöhnt sind.
Da Schwangere häufig auch aus Unsicherheit auf regelmäßigen Sport verzichten, sollte
die Beratung aufklären und Mut machen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass moderate
sportliche Aktivität in der Schwangerschaft nicht nur sicher ist, sondern auch positive
Effekte hat: Regelmäßige Bewegung ist mit einem verringerten Risiko verbunden, z. B.
für Frühgeburt, Gestationsdiabetes, Hypertonie oder übermäßige Gewichtszunahme.
Empfehlungen zur Bewegung in der Zeit von Kinderwunsch und Schwangerschaft
-
Frauen mit Kinderwunsch und schwangere Frauen sollen sich an den allgemeinen Bewegungsempfehlungen
für Erwachsene orientieren.
-
Frauen sollen auch in der Schwangerschaft im Alltag körperlich aktiv sein und sitzende
Tätigkeiten begrenzen oder regelmäßig unterbrechen.
-
Schwangere sollten an mindestens 5 Tagen pro Woche, am besten täglich, mindestens
30 Minuten moderat körperlich aktiv sein. Moderat bedeutet, dass eine Unterhaltung
während des Sporttreibens noch möglich ist (Talk-Test).
-
Sportlich aktive Frauen können in der Schwangerschaft auch intensiver körperlich aktiv
sein. [4]
Alkohol
Aufgrund der verfügbaren Evidenz kann eine für das Ungeborene unschädliche Alkoholmenge
oder ein in der Schwangerschaft sicheres Zeitfenster für Alkoholkonsum nicht definiert
werden. Daher raten nationale wie internationale Fachgesellschaften vom Alkoholkonsum
in der Schwangerschaft ab.
Alkoholkonsum in der Schwangerschaft kann laut Handlungsempfehlungen zu Fehlbildungen,
Wachstumshemmung, Schädigung von Gewebe- und Nervenzellen sowie zu nicht reversibler
Intelligenzminderung des Kindes führen und sich auf sein Verhalten auswirken (z. B.
Hyperaktivität, Impulsivität, Ablenkbarkeit, riskantes Verhalten, Infantilität und
soziale Reifungsstörung). Das fetale Alkoholsyndrom (FAS) ist die häufigste vermeidbare
Behinderung bei Neugeborenen. Noch mehr Kinder sind von einer sog. fetalen Alkoholspektrum-Störung
(FASD) betroffen. Das individuelle Gesundheitsrisiko ist schwer vorhersagbar und wird
durch maternale und fetale Charakteristika beeinflusst.
Die Handlungsempfehlungen weisen darauf hin, dass Fachkräfte differenziert und sensibel
beraten sollten. Denn die alleinige Empfehlung, Alkohol in der Schwangerschaft zu
meiden, könnte Frauen, die Alkohol getrunken haben, bevor sie von der Schwangerschaft
wussten, verunsichern oder Schuldgefühle bei ihnen fördern.
Empfehlung zum Meiden von Alkoholkonsum
Rauchen
Da Rauchen die Fertilität negativ beeinflusst, schließt sich das Netzwerk in seinen
Empfehlungen zahlreichen Fachgesellschaften und der Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung an, bereits in der Phase des Kinderwunsches mit dem Rauchen aufzuhören
und in der Schwangerschaft nicht zu rauchen. In Deutschland rauchen 26 % der 18- bis
25-jährigen Frauen, bei den Männern im gleichen Alter sind es 34 % – eine gezielte
Beratung ist daher wichtig. Rauchen in der Schwangerschaft erhöht das Risiko für Fehl-
und Frühgeburten, Fehlbildungen, vorzeitige Plazentalösung und geringes Geburtsgewicht.
Eine Beratung sollte den Partner mit einbeziehen und die werdenden Eltern sollten
gegebenenfalls wiederholt auf ihr Rauchverhalten angesprochen werden. Sie sollten
zu Entwöhnungsmaßnahmen motiviert und darauf hingewiesen werden, dass der Kinderwunsch
bzw. eine Schwangerschaft gute Gelegenheiten sind, mit dem Rauchen aufzuhören. Zur
Unterstützung des Rauchausstiegs stehen Materialien für Schwangere und für Beratende
sowie Beratungstelefone zur Verfügung. Infos dazu gibt es unter www.rauchfrei-info.de.
Die Handlungsempfehlungen weisen ausdrücklich darauf hin, dass auch in E-Zigaretten
vielfach Nikotin enthalten ist. Auch für E-Zigaretten ohne Nikotin werden gesundheitliche
Bedenken diskutiert, weshalb Schwangeren das Meiden von E-Zigaretten empfohlen wird.
Abb. 3 Frauen mit Kinderwunsch sollten das Rauchen bereits präkonzeptionell aufgeben. (Foto:
Firsten Oborny / Thieme Mediengruppe)
Empfehlungen zum Meiden von Nikotinkonsum
-
Frauen / Paare, die eine Schwangerschaft planen, sollten nicht rauchen.
-
Schwangere sollen nicht rauchen und sich nicht in Räumen aufhalten, in denen geraucht
wird oder wurde. [4]
Koffeinhaltige Getränke
Laut der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA passiert Koffein schnell die Plazenta,
kann aber weder vom Fetus noch in der Plazenta verstoffwechselt werden. Die EFSA benennt
für die Zeit der Schwangerschaft als sichere Dosis 200 mg Koffein pro Tag [3]. Insgesamt ist die Datenlage aber bisher noch unzureichend, um eine risikolose Koffeinmenge
in der Schwangerschaft zu konkretisieren.
Tab. 1
Durchschnittlicher Koffeingehalt von Getränken
|
Getränk
|
durchschnittlicher Koffeingehalt
|
|
Filterkaffee (200 ml)
|
ca. 90 mg
|
|
Espresso (60 ml)
|
ca. 80 mg
|
|
Tee, schwarz (200 ml)
|
ca. 45 mg
|
|
Tee, grün (200 ml)
|
ca. 30 mg
|
|
Cola-Getränk (250 ml)
|
ca. 25 mg
|
|
Energydrink (250 ml)
|
ca. 80 mg
|
|
Kakao-Getränk (200 ml)
|
8–35 mg
|
Quelle: Koletzko B et al. Ernährung und Lebensstil vor und während der Schwangerschaft
[4] nach BfR [2], EFSA 2015 [3]
Arzneimittel
Die meisten Medikamente sind in Bezug auf Risiken in der Schwangerschaft unzureichend
untersucht. Bei der Beratung muss zwischen dem individuellen Risiko der Mutter ohne
Medikation und dem des Kindes mit Medikation der Mutter abgewogen werden. Eine gute
Unterstützung ist das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie
der Charité in Berlin: www.embryotox.de.
Empfehlung zum Umgang mit Arzneimitteln
Vorbereitung auf das Stillen
Vorbereitung auf das Stillen
Ein Cochrane-Review kommt zu dem Ergebnis, dass sich Maßnahmen zur Unterstützung des
Stillens positiv auf Stillbeginn und Stilldauer auswirken. Es wird empfohlen, werdende
Eltern über das Stillen zu informieren und zu beraten. [4]
Allergieprävention
Weder die S3-Leitlinie zur Allergieprävention noch aktuelle Daten sprechen für einen
Verzicht auf bestimmte potenziell allergene Lebensmittel in der Schwangerschaft, um
dadurch das Allergierisiko für das Kind zu verringern. Von diätetischen Einschränkungen
wird daher abgeraten, da sie zudem das Risiko einer unzureichenden Nährstoffzufuhr
bergen. Lebensmittel, auf welche die Frau selbst allergisch reagiert, soll sie jedoch
auch in der Schwangerschaft meiden.
Zur Allergieprävention beim Kind wird erneut darauf hingewiesen, dass Schwangere nicht
rauchen sollten. Sie sollten sich auch nicht in Räumen aufhalten, in denen geraucht
wird oder wurde. In Familien mit bestehenden Allergien sollten keine Katzen aufgenommen
werden. Schwangere sollten zudem erhöhte Belastungen durch Luftschadstoffe und Schimmelbildung
meiden.
Empfehlungen zur Allergieprävention
-
Schwangere sollen zur Allergieprävention beim Kind keine Lebensmittel aus ihrer Ernährung
ausschließen. Das Meiden bestimmter Lebensmittel in der Schwangerschaft hat keinen
Nutzen für eine Allergieprävention beim Kind.
-
Schwangeren wird regelmäßiger Verzehr von fettreichem Fisch auch unter dem Gesichtspunkt
der Allergieprävention empfohlen. [4]
Mund- und Zahngesundheit
Durch die Hormonumstellung in der Schwangerschaft erhöht sich das Risiko von Zahnfleischentzündungen
und Parodontitis. Eine unbehandelte Parodontitis ist mit erhöhtem Risiko für Frühgeburt
und niedriges Geburtsgewicht verbunden. Die Empfehlung zu einer professionellen Zahnreinigung
zu Beginn und zum Ende der Schwangerschaft wird von der Dt. Gesellschaft für Parodontologie
gegeben. In der Regel dürfen in der Schwangerschaft keine Amalgamfüllungen gelegt
werden. Bei gegebener Indikation können Amalgamfüllungen entfernt und durch andere
Füllmaterialien ersetzt werden.
Empfehlung zur Mund- und Zahngesundheit
Impfen
Da Infektionen in der Schwangerschaft nicht nur die Gesundheit der Mutter beeinträchtigen,
sondern auch den Feten gefährden, verweist das Netzwerk auf die Empfehlungen der Ständigen
Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO). Das Netzwerk empfiehlt, bereits Paare
mit Kinderwunsch dahingehend zu beraten, dass der Impfstatus überprüft wird und Impflücken
geschlossen werden. Während einer Schwangerschaft sind Lebendimpfstoffe (z. B. gegen
Masern, Mumps, Röteln oder Varizellen) kontraindiziert. Eine Influenzaimpfung (Totimpfstoff)
wird in der Schwangerschaft von der STIKO angeraten, da das Risiko für schwere Krankheitsverläufe
hoch ist. Durch die Impfung ist auch das Neugeborene in den ersten Wochen geschützt.
[4]
Fazit
Die vorliegenden praxisorientierten und auf aktuellem Wissen basierenden Empfehlungen
des Netzwerks Gesund ins Leben sollen Gesundheitsfachkräfte, die in der Beratung von
Paaren mit Kinderwunsch und werdenden Eltern tätig sind, unterstützen. Ziel ist es,
das in dieser Lebensphase hohe Potenzial zur Prävention bestmöglich zu nutzen.
Dieser Artikel ist eine stark verkürzte Zusammenfassung der Originalveröffentlichung
[4], die Online oder kostenfrei als PDF verfügbar ist unter
www.gesund-ins-leben.de
→ Für Fachkreise → Handlungsempfehlungen → Ernährung und Lebensstil vor und in der
Schwangerschaft.