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DOI: 10.1055/a-0862-8377
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Publication History
Publication Date:
16 May 2019 (online)
- Anamnese und klinischer Befund
- Histologie (Abb. 2)
- Diagnose
- Differenzialdiagnosen
- Kommentar
- Literatur
Anamnese und klinischer Befund
57-jähriger Patient mit seit Monaten bekannter, inhomogen pigmentierter, kleinpapulöser Plaque am Schulterblatt unten rechts ([Abb. 1]), Durchmesser 5 cm, subjektiv phasenweise Juckreiz und Brennen. Klinische Verdachtsdiagnose: Lichen ruber planus.


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Histologie ([Abb. 2])
Lichenifizierte Epidermis mit verstreuten Epithelzellapoptosen (blauer Pfeil). Subepidermal Fibrose und Melanophagen (grüner Pfeil).


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Diagnose
Notalgia paraesthetica.
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Differenzialdiagnosen
Melanozytärer Naevus, Typ Naevus spilus.
Dermale Melanozytose, sog. Naevus Ito.
Plaqueförmige Mastozytose.
Fixes Exanthem mit postinflammatorischer Hyperpigmentierung.
Lokalisierter Lichen ruber planus.
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Kommentar
„Notalgia“ bedeutet wörtlich „Rückenschmerz“, und auch der Begriff „paraesthetica“
stellt den neurologischen Zusammenhang her. Die pigmentierten Hautveränderungen sind
Sekundärphänome einer lokalisierten Neuropathie [1], führen die Patienten aber häufig primär in dermatologische Behandlung.
Der klassisch einseitig am Schulterblatt bis paravertebral lokalisierte Hautbefund
besteht aus unterschiedlich ausgedehnter, flächiger, bräunlicher Verfärbung mit unscharfer
Randbegrenzung, die auch zusätzliche Vergröberung der Textur in Form von Lichenifikation
oder Papeln aufweisen kann [2].
Histologisch finden sich variabel Hypergranulose, Hyperkeratose, Apoptosen epidermaler
Keratinozyten und eine sekundäre Pigmentverschiebung in das subepidermale fibrosierte
Bindegewebe infolge chronischem Scheuertrauma [2].
Pathogenetisch liegt der Notalgia paraesthetica (NP) eine chronische Irritation bzw.
Kompression von afferenten Hinterwurzeln der Zervikal- oder Thorakalnerven zwischen
C4 und Th4 (z. B. bei ihrem Durchtritt durch den M. multifidus spinae, z. B. infolge
Nucleus pulposus-Prolaps) zugrunde.
Die subjektive Symptomatik entspricht einer sensorischen Neuropathie mit Kombination
von Missempfindungen, Juckreiz und brennendem Schmerz. Das betroffene Hautareal liegt
meist außerhalb einfacher manueller Zugänglichkeit, sodass die exogene Irritation
eher auf einem indirekten Scheuereffekt als auf direktem Reibetrauma beruht. Meist
sind Patienten in mittlerem bis höherem Lebensalter mit chronisch episodischem Verlauf
betroffen. Eine erhöhte Koinzidenz wird mit dem brachioradialen Pruritus – einer der
verwandten Neuropathien – beschrieben, zu denen auch Meralgia und Cheiralgia paraesthetica
zählen [1]. Gelegentlich finden sich auch analoge neuropathische Symptome ohne Hauterscheinungen
(also etwa im Sinne eines Pruritus sine materia), sodass eine Überprüfung segmentaler
neurologischer Befunde auch in diesen Fällen empfohlen wird.
Differenzialdiagnostisch [2] kommen u. a. melanozytäre Naevi, eine primär intraepidermale Hyperpigmentierung bei
Mastozytose und eine postinflammatorische Pigmentverschiebung in das subepitheliale
Bindegewebe wie bei fixem Exanthem oder Lichen ruber planus in Betracht. Eine fleckförmige
Pigmentänderung, i. d. R. als Hypopigmentierung in Assoziation mit neurologischer
Symptomatik (meist Hypästhesie), kann ferner bei der tuberkuloiden Lepra gefunden
werden.
Therapeutisch haben sich für Notalgia paraesthetica – abgesehen von möglichen neurochirurgischen
Eingriffen – physikalische Therapieansätze (elektrische Nerven-, Muskelstimulation,
Muskeltraining) äußeren Lokaltherapeutica (Capsaicin) als deutlich überlegen erwiesen
[2]. Neue vielversprechende Ergebnisse werden von der Cryolipolyse (als Nebeneffekt der
Fettzellapoptose) berichtet. Diese noninvasive Therapie führt zusätzlich zu einer
dauerhaften Reduktion der Hautnervendichte, die im Rahmen der Notalgia paraesthetica
als erhöht beschrieben wurde [3].
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Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
- 1 Shumway NK, Cole E, Fernandez KH. Neurocutaneous disease: neurocutaneous dysesthesias. J Am Acad Dermatol 2016; 74: 215-228
- 2 Howard M, Sahhar L, Andrews F, Bergman R, Gin D. Notalgia paresthetica: a review for dermatologists. Int J Dermatol 2018; 57: 388-392
- 3 Cohen PR. Notalgia paresthetica: a novel approach to treatment with cryolipolysis. Cureus 2017; 9: e1719
Korrespondenzadresse
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Literatur
- 1 Shumway NK, Cole E, Fernandez KH. Neurocutaneous disease: neurocutaneous dysesthesias. J Am Acad Dermatol 2016; 74: 215-228
- 2 Howard M, Sahhar L, Andrews F, Bergman R, Gin D. Notalgia paresthetica: a review for dermatologists. Int J Dermatol 2018; 57: 388-392
- 3 Cohen PR. Notalgia paresthetica: a novel approach to treatment with cryolipolysis. Cureus 2017; 9: e1719



