Pneumologie 2019; 73(07): 390-391
DOI: 10.1055/a-0869-3595
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Demenzrisiko obstruktive Schlafapnoe: noch viele Fragen offen

Gosselin N. et al.
Obstructive Sleep Apnea and the Risk of Cognitive Decline in Older Adults.

Am J Respir Crit Care Med 2019;
199: 142-148
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Publication Date:
10 July 2019 (online)

 

Eine schlechte Schlafqualität wirkt sich ungünstig auf die Kognition aus und könnte auch ein Risikofaktor mit der Entwicklung einer Demenz sein. Bei obstruktiver Schlafapnoe (OSA) kommt zur schlechten Schlafqualität noch eine intermittierende Hypoxie, die Hirnfunktionen und -strukturen negativ beeinflussen kann. Nadia Gosselin von der Universität Montreal (Kanada) et al. haben den aktuellen Kenntnisstand zu OSA und Kognition zusammengefasst.


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Metaanalysen belegen, dass OSA bei Personen mittleren Alters mit Defiziten in verschiedenen kognitiven Variablen, insbesondere Aufmerksamkeit, episodisches und Arbeitsgedächtnis und exekutive Funktionen betreffend, assoziiert ist. Auch für ältere Menschen gibt es Evidenz für eine Assoziation von OSA und Kognition. Für einen möglichen Zusammenhang von OSA und der Entwicklung einer milden kognitiven Beeinträchtigung (MCI) oder Demenz sind die Hinweise dagegen bislang schwach.

Sowohl OSA als auch Hypoxie beeinflussen nicht nur kognitive Aspekte direkt, sondern verändern auch Strukturen im Gehirn und die Neuroplastizität, wie bei verschiedenen Untersuchungen gezeigt werden konnte. Die genauen Mechanismen sind Gegenstand intensiver Forschungen.

Konsequenzen für das ärztliche Handeln

Die Autoren sehen es als besondere Herausforderung für die Forschung und im Gefolge auch die betreuenden Ärzte an, diejenigen Patienten mit OSA zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko für einen kognitiven Abbau haben, insbesondere, wenn die OSA tagsüber nicht zu Symptomen führt.

Auch die therapeutischen Konsequenzen sind noch nicht definiert. Inwieweit eine nicht-invasive Atemunterstützung mit CPAP (continuous positive airway pressure) neurodegenerative Prozesse verlangsamen, stoppen oder gar rückgängig machen kann, ist unklar, insbesondere, wenn die Behandlung erst jenseits des 65. Lebensjahres begonnen wird. Erste Hinweise dafür gibt es aus der Studie „Alzheimer’s Disease Neuroimaging Initiative“: CPAP verzögert danach das Auftreten von Demenz und MCI um etwa 10 Jahre und reduziert das Demenzrisiko bei OSA auf das von Personen ohne OSA. Eine andere Studie fand dagegen mit CPAP zwar eine Verbesserung der Schlafqualität, aber nicht der kognitiven Funktion. Auch die Frage, ob CPAP bei Demenzpatienten mit OSA kognitive Dysfunktionen bessern kann, wird untersucht. Bei Parkinsonpatienten führte die Behandlung einer OSA sowohl zu einer verbesserten kognitiven als auch motorischen Funktion.

Fazit

Die Erforschung der neurokognitiven Effekte einer OSA im Langzeitverlauf hat eben erst begonnen. Entsprechend sind viele Fragen offen, neben den Effekten der OSA auf Hirnstrukturen und Funktionen betrifft dies auch die klinische Relevanz zum aktuellen Zeitpunkt: Wie können besonders vulnerable OSA-Patienten identifiziert werden und kann dem möglicherweise erhöhten Risiko durch Lebensstilmaßnahmen oder Therapien wie der CPAP begegnet werden?

Friederike Klein, München


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