IV Leitlinie
1 Einleitung
1.1 Epidemiologie, Klassifikation, Stadieneinteilung
Konsensbasiertes Statement 1.S1
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Uterine Sarkome (homolog) sind eine heterogene Gruppe insgesamt seltener Malignome
(1,5 – 3/100 000) der Uterusmuskulatur, des endometrialen Stromas oder des uterinen
Bindegewebes.
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Konsensbasierte Empfehlung 1.E1
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Literatur: [1], [2]
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Der Terminologie und der morphologischen Diagnostik uteriner Sarkome soll die jeweils
gültige Auflage der WHO-Klassifikation zugrunde gelegt werden.
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Konsensbasierte Empfehlung 1.E2
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Literatur: [2]
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Der postoperativen Stadieneinteilung uteriner Sarkome soll die jeweils gültige pTNM-Klassifikation
zugrunde gelegt werden.
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In der WHO-Klassifikation sind folgende Entitäten als maligne mesenchymale Tumore
bzw. maligne gemischte epithelial-mesenchymale Tumoren aufgeführt [2], [3]:
-
Leiomyosarkome (LMS),
-
Low-grade endometriale Stromasarkome (LG-ESS),
-
High-grade endometriale Stromasarkome (HG-ESS),
-
undifferenzierte uterine Sarkome (UUS),
-
Adenosarkome (AS),
-
PECome (perivascular epitheloid cell tumor), maligne Variante.
Die Diagnostik anderer, extrem selten im Uterus vorkommender Sarkome (z. B. heterolog:
Rhabdomyosarkome) soll unter Berücksichtigung der WHO-Klassifikation von Weichteilsarkomen
erfolgen [4].
Unter Ausschluss dieser extrem seltenen Formen (Rhabdomyosarkom des Erwachsenenalters,
Angiosarkom, Osteosarkom, Chondrosarkom, Liposarkom, Myxofibrosarkom, alveoläres Weichteilsarkom
und epitheloides Sarkom), bezieht sich diese Leitlinie auf die häufigeren Entitäten
(LMS, LG-ESS, HG-ESS und UUS bzw. AS). Ein Kapitel zum Thema „Rhabdomyosarkome des
Uterus bei Kindern und Jugendlichen“ wurde der Leitlinie hinzugefügt.
Das mittlere Erkrankungsalter der uterinen Sarkome liegt je nach Tumortyp zwischen
50 und 70 Jahren. Als Risikofaktor wurde z. B. die Einnahme von Tamoxifen identifiziert.
Darüber hinaus ist bei Frauen afrikanischer Abstammung die Inzidenz an uterinen Sarkomen
um das 2- bis 3-Fache höher als bei Asiatinnen oder Frauen europäischer Abstammung.
Die in früheren Klassifikationen gleichfalls als uterine Sarkome bezeichneten Karzinosarkome
(auch als maligne Müllerʼsche Mischtumoren bezeichnet) werden nicht mehr den Uterussarkomen,
sondern den Karzinomen des Uterus zugerechnet [5], [6]. Daher wird diese Tumorentität von nun an im Rahmen der S3-Leitlinie „032-034OL
Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientinnen mit Endometriumkarzinom“ abgehandelt
[7] (Staging – [Tab. 5] und [6]).
Tab. 5 FIGO- und TNM-Stadien der Leiomyosarkome und endometrialen Stromasarkomen* des Uterus.
FIGO-/TNM-Stadium
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Definition
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* Simultane Tumoren des Corpus uteri und von Ovar/Becken in Begleitung einer Endometriose
von Ovar/Becken sollen als unabhängige Primärtumoren klassifiziert werden.
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I/T1
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Tumor begrenzt auf den Uterus
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IA/T1a
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< 5 cm in größter Ausdehnung
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IB/T1b
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> 5 cm in größter Ausdehnung
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II/T2
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Tumor breitet sich im Becken, jenseits des Uterus aus
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IIA/T2a
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Befall der Adnexe (einseitig oder beidseitig)
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IIB/T2b
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Tumorausbreitung im extrauterinen pelvinen Gewebe, andere als Adnexe
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III/T3
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Tumor infiltriert Strukturen des Abdomens
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N1
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IIIA/T3a
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eine Lokalisation
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IIIB/T3b
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mehr als eine Lokalisation
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IIIC
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Metastasen in pelvinen und/oder paraaortalen Lymphknoten
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IV/T4
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IVA/T4
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Tumor infiltriert Blase und/oder Rektum
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IVB
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Fernmetastasen
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Tab. 6 FIGO-/TNM-Stadien der Adenosarkome* des Uterus.
FIGO-/TNM-Stadium
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Definition
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* Simultane Tumoren des Corpus uteri und von Ovar/Becken in Begleitung einer Endometriose
von Ovar/Becken sollen als unabhängige Primärtumoren klassifiziert werden.
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I/T1
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Tumor begrenzt auf den Uterus
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IA/T1a
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Tumor begrenzt auf Endometrium/Endozervix ohne myometrane Infiltration
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IB/T1b
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Infiltration weniger als die Hälfte des Myometriums
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IC/T1c
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Infiltration ≥ 50% des Myometriums
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II/T2
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Tumorausbreitung im Becken
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IIA/T2a
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Befall der Adnexe (einseitig oder beidseitig)
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IIB/T2b
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Tumorausbreitung im extrauterinen pelvinen Gewebe, andere als Adnexe
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III/T3
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Tumorausbreitung intraabdominal
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N1
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IIIA/T3a
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eine Lokalisation
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IIIB/T3b
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mehr als eine Lokalisation
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IIIC
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Metastasen in pelvinen und/oder paraaortalen Lymphknoten
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IV/T4
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IVA/T4
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Tumor infiltriert Blasen- und/oder Rektumschleimhaut
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IVB
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Fernmetastasen
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1.2 Symptomatik, allgemeine Diagnostik (inkl. Bildgebung), allgemeine Pathologie
1.2.1 Symptomatik
Konsensbasiertes Statement 1.S2
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Es gibt keine spezifischen Symptome für uterine Sarkome.
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Als suspekt gilt ganz allgemein der „schnell wachsende Uterus“ bei niedrigen Östrogenspiegeln
in der Postmenopause.
Bezüglich des Risikos eines Sarkoms bei „schnell wachsendem Uterus“ (z. B. Größenzunahme
um 6 Schwangerschaftswochen innerhalb eines Jahres [8]) ergab jedoch eine Analyse von Parker und Mitarbeitern an über 1300 Patientinnen
(hiervon ca. 350 mit „schnellem Wachstum“) kein erhöhtes Sarkomrisiko gegenüber den
entsprechenden Kontrollen (0,2 vs. 0,23%) [9].
Schlussendlich lässt sich konstatieren, dass weder eine valide Definition für ein
sogenanntes „schnelles Wachstum“ vorliegt noch dazugehörige Daten publiziert sind,
welche eine sinnvolle Bewertung dieses Parameters bez. der Differenzierung zwischen
Myom und Sarkom erlauben.
1.2.2 Bildgebung
Konsensbasierte Empfehlung 1.E3
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Bei histologisch nachgewiesenem uterinen Sarkom sollte aufgrund des hohen Metastasierungspotenzials
eine Schnittbildgebung (CT/MRT) von Thorax und Abdomen erfolgen.
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Konsensbasierte Empfehlung 1.E4
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Bildgebende Verfahren oder diagnostische Interventionen können ein uterines Sarkom
nicht ausschließen.
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Es existieren für kein bildgebendes Verfahren (Sonografie, CT, MRT, PET-CT) spezifische
bzw. verlässliche Kriterien für Sarkome [10].
Ganz allgemein stellt die transvaginale Sonografie das wichtigste primäre diagnostische
Verfahren zur Beurteilung des Uterus dar.
Die abdominelle Bildgebung kann durch eine Computertomografie erfolgen. Diese ist
vor allem zum Staging und zur Erfassung einer distanten Metastasierung geeignet.
Bei einem bekannten Sarkom sollte auch immer ein CT des Thorax als Grundlage für das
aktuelle Management und ggf. als Ausgangsbefund für die Nachsorge erfolgen.
1.2.3 Allgemeine Pathologie
1.2.3.1 Präparate nach Hysterektomie bzw. operativer Therapie uteriner Sarkome
Konsensbasierte Empfehlung 1.E5
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Literatur: [2], [11], [12], [13]
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Die morphologische Aufarbeitung soll so erfolgen, dass alle in der nachfolgenden Liste
erforderlichen Angaben erhoben werden können.
-
histologischer Tumortyp nach WHO
-
Grading bei ESS
-
Nachweis/Fehlen von Lymph- oder Blutgefäßeinbrüchen (L- und V-Status)
-
Nachweis/Fehlen von Perineuralscheideninfiltraten (Pn-Status)
-
Staging (pTNM)
-
Invasionstiefe in das Myometrium bzw. (endo-)zervikale Stroma
-
dreidimensionale Tumorgröße in cm
-
metrische Angabe des minimalen Abstandes des Sarkoms zu den jeweils relevanten Resektionsrändern
-
R-Klassifikation (UICC)
-
Estrogen- und Progesteronrezeptorexpression
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Konsensbasierte Empfehlung 1.E6
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Da uterine Sarkome eine ausgeprägte intratumorale Heterogenität aufweisen können,
sollen alle Tumoren < 2 cm maximaler Ausdehnung vollständig aufgearbeitet werden.
Bei Tumoren > 2 cm soll die Einbettung von einem Paraffinblock pro Zentimeter größter
Tumorausdehnung erfolgen.
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Konsensbasierte Empfehlung 1.E7
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Bei unklaren Befunden bez. Dignität oder Subtyp soll eine konsiliarpathologische Untersuchung
angefordert werden.
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Konsensbasierte Empfehlung 1.E8
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Alle Patientinnen mit der Diagnose eines uterinen Sarkoms soll in einer interdisziplinären
Tumorkonferenz vorgestellt werden.
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Konsensbasierte Empfehlung 1.E9
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +
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Diese Vorstellung soll an einem DKG-zertifizierten Gynäkologischen Krebszentrum oder
Sarkomzentrum erfolgen.
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1.3 Genetische Prädisposition
Konsensbasierte Empfehlung 1.E10
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Sind die Voraussetzungen für eine Keimbahnanalyse im TP53-Gen erfüllt, soll eine genetische
Beratung mit nachfolgender Analyse zum Ausschluss eines LFS angeboten werden.
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Der überwiegende Teil der Sarkome tritt sporadisch auf. Dennoch kann die Diagnose
eines uterinen Sarkoms im Kindes- oder frühen Erwachsenenalter auf ein erbliches Tumordispositionssyndrom,
das Li-Fraumeni-Syndrom (LFS), hinweisen.
2 Uterine Leiomyosarkome
2.1 Einführung, Klinik, Diagnostik
In Nordeuropa wird mit etwa 0,4 Fällen/100 000 Frauen in allen Altersgruppen die höchste
Inzidenz zwischen dem 45. und 59. Lebensjahr beobachtet [14].
Das mediane Erkrankungsalter liegt bei 50 Jahren [15].
Klinisch können Blutungsstörungen (z. B. Zwischenblutungen, Postmenopausenblutung)
und je nach Größe des Befundes Druckerscheinungen in der Scheide und im Abdomen angegeben
werden. Eine Abrasio und/oder Endometriumbiopsie z. B. bei Postmenopausenblutung ist
allerdings in ca 50% der Fälle falsch negativ und gestattet somit nicht den sicheren
Ausschluss [16].
2.2 Histopathologische Diagnose
Histologisch werden in der WHO-Klassifikation das (klassische, spindelzellige) Leiomyosarkom
sowie eine epitheloide und myxoide Variante aufgeführt [2].
Ein Grading von uterinen LMS ist in der WHO-Klassifikation nicht vorgesehen [2].
Die Diagnose eines glattmuskulären Tumors mit unsicherem Malignitätspotenzial (STUMP;
smooth muscle tumor of uncertain malignant potential) [17] sollte nur in Ausnahmefällen gestellt werden, wenn es nicht gelingt, eine sichere
Unterscheidung zwischen einem (klassischen) LMS und einem Leiomyom zu treffen [18], [19], [20].
Ein diagnostischer Algorithmus glattmuskulärer Tumoren ist in [Abb. 1] [17], [18], [20], [21], [22], [23] zusammengefasst.
Abb. 1 Diagnostischer Algorithmus glattmuskulärer Tumoren des Uterus. [rerif]
2.3 Prognose
LMS sind hoch aggressive Tumoren mit einer ungünstigen Prognose. Die Rezidivraten
schwanken zwischen 53 und 71% und das durchschnittliche 5-Jahres-Gesamtüberleben liegt
zwischen 40 und 50% [24], [25].
Weitere Prognosefaktoren sind das Alter, der tumorfreie Absetzungsrand, der Mitoseindex
sowie eine Gefäßinvasion [24], [26]. Darüber hinaus sind die wichtigsten iatrogen bedingten negativen Prognosefaktoren
ein Morcellement bzw. eine Tumorverletzung z. B. durch eine „Myomektomie“ [27].
2.4 Operative Therapie
Konsensbasierte Empfehlung 2.E11
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Expertenkonsens
|
Konsensusstärke +++
|
Im Frühstadium sollen die komplette Entfernung des Uterus ohne Morcellement und eine
Adnexexstirpation bds. erfolgen.
Bei prämenopausalen Patientinnen können die Ovarien belassen werden.
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Konsensbasierte Empfehlung 2.E12
|
Expertenkonsens
|
Konsensusstärke +++
|
Eine systematische pelvine und paraaortale Lymphadenektomie sollte bei diagnostisch
unauffälligen LK nicht durchgeführt werden.
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Die totale Hysterektomie bildet bei auf den Uterus begrenztem LMS den Goldstandard
des operativen Managements. Die Indikation zur Adnexexstirpation kann fakultativ in
Abhängigkeit vom Menopausenstatus gestellt werden. Tatsächlich können bei jungen Frauen
die Ovarien ohne Einfluss auf die Prognose erhalten werden [26], [28], [29]. Ovarielle Metastasen sind mit lediglich 3% ohnehin selten und kommen fast ausschließlich
bei einer auch anderweitigen intraperitonealen Ausbreitung vor [29].
Die Inzidenz von primären pelvinen und paraaortalen Lymphknotenmetastasen ist beim
LMS niedrig. Sind die Lymphknoten – hierbei häufig bereits intraoperativ auffällig
– befallen, liegt meist auch schon eine extrauterine bzw. hämatogene Metastasierung
vor. Insofern ist eine systematische pelvine und paraaortale Lymphadenektomie nicht
mit einer verbesserten Prognose verbunden und wird im Allgemeinen nicht empfohlen
[28], [30], [31].
2.5 Adjuvante Systemtherapie und Radiatio
Konsensbasierte Empfehlung 2.E13
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Expertenkonsens
|
Konsensusstärke +++
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Eine adjuvante Chemotherapie sollte nicht generell durchgeführt, kann aber in Abhängigkeit
von Risikofaktoren (z. B. höheres Tumorstadium) nach individueller Schaden-Nutzen-Abwägung
mit der Patientin eingesetzt werden.
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Konsensbasierte Empfehlung 2.E14
|
Expertenkonsens
|
Konsensusstärke +++
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Eine Strahlentherapie nach Komplettresektion eines LMS im Stadium I/II sollte nicht
durchgeführt werden.
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Eine adjuvante systemische Therapie ist nicht generell indiziert, da bislang in keiner
randomisiert-kontrollierten Studie ein Vorteil im Gesamtüberleben nachgewiesen werden
konnte [32].
Aus den bisher vorliegenden Ergebnissen sowohl von prospektiven Phase-II-Studien als
auch einer Phase-III-Studie scheinen aber Patientinnen mit Leiomyosarkom, bei denen
der Tumor auf den Uterus begrenzt ist (Stadium I – III A mit ausschließlichem Befall
der Uterusserosa), evtl. doch von einer systemischen Therapie nach Operation ohne
Resttumor zu profitieren.
Eine Kombination aus Doxorubicin/Ifosfamid/Cisplatin ergab in diesem Zusammenhang
im Rahmen einer kleinen Phase-III-Studie (n = 81 – hiervon allerdings 19 Patientinnen
mit einem Karzinosarkom) einen signifikanten positiven Effekt auf das progressionsfreie
3-Jahres-Überleben (55% mit zusätzlicher Radiotherapie vs. 41% in der Kontrollgruppe
mit alleiniger Radiotherapie), jedoch mit deutlich höheren Toxizitäten einhergehend
[33].
Ähnlich gute Ergebnisse bezogen auf das PFS, mit jedoch geringerer Toxizität, ergaben
sich in einer Phase-II-Studie (n = 47) für eine Kombinations-Chemotherapie mit Docetaxel
und Gemcitabine gefolgt von Doxorubicin (3-Jahres-PFS 57%) [34], [35].
Aufgrund dieser Ergebnisse erscheint eine adjuvante Chemotherapie zumindest individuell
diskutabel, auch wenn der Nachweis eines signifikant verbesserten Gesamtüberlebens
bis dato nicht gezeigt werden konnte.
Die adjuvante Beckenbestrahlung mit 50,4 Gy im Stadium I oder II zeigte in einer randomisierten
Studie [36] zwar eine verbesserte lokale Kontrolle für das Gesamtkollektiv mit unterschiedlichen
Sarkomentitäten, jedoch in der Subgruppe der Patientinnen mit Leiomyosarkomen (n = 99)
weder einen Effekt auf die Lokalrezidivrate (20% mit Strahlentherapie – 24% ohne Strahlentherapie)
noch bez. des Gesamtüberlebens. Somit ist eine Strahlentherapie bei Komplettresektion
eines LMS im Stadium I/II im Allgemeinen nicht indiziert. Bei R1/2-Resektionen bei
lokal fortgeschrittenem auf das Becken begrenzten Tumor kann diese erwogen werden.
2.6 Therapie bei Metastasen und Rezidiv
Konsensbasierte Empfehlung 2.E15
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Bei Diagnose eines metastasierten LMS soll als Erstlinien-Therapie Doxorubicin eingesetzt
werden.
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Bei Rezidiven bzw. Metastasen uteriner Leiomyosarkome gibt es Hinweise, dass die operative
Komplettresektion mit einer verbesserten Prognose gegenüber einer alleinigen Chemo-
und/oder Radiotherapie assoziiert ist [37], [38], [39], [40]. So zeigten 2 Studien bei einem selektierten Patientenkollektiv ein verbessertes
Überleben (medianes Überleben 45 vs. 31 Monate bzw. 2,0 vs. 1,1 Jahre) nach kompletter
Resektion von Metastasen bei Leiomyosarkomen [37], [41].
Eine palliative systemische Therapie ist bei einer diffusen Metastasierung und bei
Rezidiven/Metastasen, die einer Operation nicht (mehr) zugänglich sind, angezeigt.
Eine solche Therapie sollte unter Berücksichtigung der Toxizität ausführlich mit der
Patientin besprochen werden.
Für die Mono-Chemotherapie gibt es nur wenige wirksame Substanzen, wie Ifosfamid,
Gemcitabin oder Doxorubicin mit moderaten Ansprechraten (partielle oder komplette
Remission) zwischen 17 und 25% [42], [43].
Paclitaxel, Cisplatin, Topotecan und Etoposid sind bei geringen Ansprechraten von
< 10% wenig wirksam [44], [45], [46], [47].
Demgegenüber erzielen Kombinations-Chemotherapien im Vergleich zu Monotherapien zwar
höhere Ansprechraten, jedoch auf Kosten einer gesteigerten Toxizität [48] – [50].
Eine Überlegenheit einer Kombinations- über eine Mono-Chemotherapie bez. des Überlebens
konnte bislang jedoch in dieser Situation nur durch eine prospektiv-randomisierte
Phase-II-Studie für die Kombination Docetaxel/Gemcitabin gezeigt werden [51]. Eine weitere Studie mit vergleichbarem Design konnte diese Ergebnisse allerdings
nicht bestätigen, sodass es schlussendlich unklar ist, ob diese Kombination einen
Benefit für die Patientinnen bringt [52].
Neueren Daten aus einer Phase-III-Studie zufolge hat eine Kombination aus Docetaxel
und Gemcitabin keinen Vorteil gegenüber einer Monotherapie mit Doxorubicin sowohl
im Gesamtkollektiv der Weichteilsarkome als auch in der Untergruppe der uterinen LMS
(medianes Gesamtüberleben 67 vs. 76 Wochen, HR 1,14, 95%-KI 0,83 – 1,57; p = 0,41
im Gesamtkollektiv n = 257 [53].
Trabectedin ist als Second-Line-Chemotherapie in der Metastasierung nach Anwendung
von Anthrazyklinen in Phase-II-Studien untersucht worden und sollte in dieser Indikation
bevorzugt eingesetzt werden. Zwar dürfen nur sehr geringe Remissionsraten erwartet
werden, in bis zu 50% der Fälle wird aber eine Stabilisierung der Erkrankung erreicht
[54].
Mit dem Multi-Tyrosinkinaseinhibitor Pazopanib wurde eine weitere Second-Line-Therapieoption
durch eine doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie mit Einschluss allerdings
unterschiedlicher histologischer Sarkomtypen in der Metastasierung untersucht. Hinsichtlich
der Remissionsraten und der Häufigkeit einer Stabilisierung der Erkrankung gilt die
gleiche Aussage wie zu Trabectedin. In dieser Studie wurde sowohl das progressionsfreie
Erkrankungsintervall im Gesamtkollektiv als auch in der Subgruppe der Leiomyosarkome
durch Pazopanib signifikant verlängert [55].
3 Low-grade endometriale Stromasarkome
3.1 Einführung, Klinik, Diagnostik
Das mediane Erkrankungsalter liegt in der 6. Lebensdekade [15].
In der Regel werden diese Tumoren durch pathologische Blutungen, evtl. einhergehend
mit einer vergrößerten Gebärmutter mit ggf. entsprechenden Beschwerden auffällig.
Die WHO-Klassifikation unterscheidet bei den malignen, vom endometrialen Stroma ausgehenden
Tumoren ([Abb. 2]) die
-
low-grade endometrialen Stromasarkome,
-
high-grade endometrialen Stromasarkome und die
-
undifferenzierten uterinen Sarkome [17].
Abb. 2 Synopsis der Morphologie, Immunhistochemie und Molekularpathologie endometrialer
Stromasarkome (ESS) und undifferenzierter uteriner Sarkome (UUS). [rerif]
3.2 Prognose
Beim Low-grade ESS ist das Stadium der wichtigste prognostische Faktor [56]. Die Rate für das krankheitsspezifische 5-Jahres-Überleben beträgt bei Low-grade
ESS 80 – 90% und das 10-Jahres-Überleben ca. 70% [57], [58]. Ist der Tumor zum Zeitpunkt der Diagnose auf den Uterus begrenzt (Stadium I), betragen
die Raten sogar 100 bzw. 90%. In höheren Stadien fällt die Rate auf ca. 40% [31]. Positive Hormonrezeptoren gelten bez. des Gesamtüberlebens als günstiger Prognosefaktor
[59].
3.3 Operative Therapie
Konsensbasierte Empfehlung 3.E16
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Im Frühstadium sollen die komplette Entfernung des Uterus ohne Morcellement und eine
Adnexexstirpation bds. erfolgen.
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Konsensbasierte Empfehlung 3.E17
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Expertenkonsens
|
Konsensusstärke +++
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Literatur: [60]
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Es gibt keine Daten zur onkologischen Sicherheit des Einsatzes einer Hormonersatztherapie
nach durchgeführter Primär-Behandlung eines Low-grade ESS. Aufgrund der Tumorbiologie
des Low-grade ESS mit hoher Östrogenabhängigkeit sollte von einer Hormonersatztherapie
abgeraten werden.
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Konsensbasierte Empfehlung 3.E18
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Eine systematische pelvine und paraaortale Lymphadenektomie sollte bei diagnostisch
unauffälligen LK nicht durchgeführt werden.
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Die Therapie der Wahl ist die totale Hysterektomie (ohne Morcellement) mit Entfernung
beider Adnexe [61].
Die endokrine Abhängigkeit des LG-ESS ist gut belegt. So zeigt eine retrospektive
Analyse von 153 LG-ESS-Patientinnen eine signifikant erhöhte Rezidivrate bei Belassen
der Ovarien bei prämenopausalen Patientinnen. Sowohl in dieser Analyse als auch in
2 weiteren Auswertungen der SEER-Datenbank ergab sich allerdings kein negativer Einfluss
auf das Gesamtüberleben. Insofern sollten die Vorteile eines Ovarerhalts bei jungen
Patientinnen gegenüber dem Risiko einer höheren Rezidivwahrscheinlichkeit sorgfältig
abgewogen und mit den Patientinnen kritisch diskutiert werden [62] – [64].
Ein Lymphknotenbefall scheint keinen Einfluss auf die Prognose zu haben. Insofern
ist von einer systematischen Lymphadenektomie als auch von darauf aufbauenden adjuvanten
Therapieoptionen kein verlängertes Überleben zu erwarten, sodass die Lymphadenektomie
nicht als Standard empfohlen werden kann [10], [58], [64], [65].
3.4 Adjuvante Systemtherapie und Radiatio
Konsensbasierte Empfehlung 3.E19
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Eine adjuvante endokrine Therapie sollte nicht generell durchgeführt, kann aber in
Abhängigkeit von Risikofaktoren (z. B. höheres Tumorstadium) nach individueller Schaden-Nutzen-Abwägung
mit der Patientin eingesetzt werden.
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Konsensbasierte Empfehlung 3.E20
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Eine adjuvante Chemotherapie soll nicht durchgeführt werden.
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Konsensbasierte Empfehlung 3.E21
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Eine adjuvante Strahlentherapie soll nicht durchgeführt werden.
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Eine postoperative adjuvante endokrine Therapie kann mit der Patientin ab Stadium
FIGO III sowie auch nach akzidentellem Morcellement diskutiert werden, obwohl prospektive
Studien dazu fehlen. Die Daten aus vergleichenden retrospektiven Analysen zur adjuvanten
Therapie sprechen für den Einsatz von entweder Medroxyprogesteronacetat 200 mg/d (in
Deutschland lediglich als 250-mg-Dosis erhältlich) bzw. Megestrolacetat 160 mg/d oder
alternativ für einen Aromatasehemmer (Letrozol 2,5 mg/d, Anastrozol 1 mg/d oder Exemestan
25 mg/d). Die adjuvante Therapiedauer ist unzureichend untersucht. Es wird eine Zeitdauer
von 5 Jahren diskutiert [66], [67], [68].
Für eine adjuvante Chemotherapie liegen keine validen Daten vor.
Eine große epidemiologische Studie aus den USA an 3650 Patientinnen mit Uterussarkomen
ergab sowohl einen signifikant positiven Einfluss einer adjuvanten Beckenbestrahlung
(± Brachytherapie) auf das lokoregionär-rezidivfreie Überleben im gesamten Kollektiv
[69] als auch in der Subgruppe der Patientinnen mit ESS (n = 361: nach 5 Jahren 97 vs.
93% bzw. nach 8 Jahren 97 vs. 87%). Eine weitere große epidemiologische Studie aus
den USA an insgesamt 1010 Patientinnen mit ESS konnte jedoch bez. des Gesamtüberlebens
keinen signifikanten Benefit einer adjuvanten Strahlentherapie nachweisen [58]. In der einzigen relevanten randomisierten Studie zur Beckenbestrahlung bei uterinen
Sarkomen [36], in welcher 30 Patientinnen mit endometrialem Stromasarkom inkludiert waren, wurde
das Überleben nicht separat für diese Subgruppe analysiert. Aufgrund dieser unklaren
Datenlage und in Anbetracht der mittel- und langfristigen Nebenwirkungen einer adjuvanten
Strahlentherapie bei ohnehin guter lokoregionärer Kontrolle besteht keine Indikation
für eine solche Behandlung.
3.5 Therapie bei Metastasen und Rezidiv
Konsensbasierte Empfehlung 3.E22
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Bei LG-ESS ist die Anwendung von Tamoxifen kontraindiziert.
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Endometriale Stromasarkome haben im Vergleich zu Leiomyosarkomen in der Regel eine
bessere Prognose. Teilweise treten jedoch Rezidive noch nach Jahrzehnten auf [70]. Bei jedem Rezidiv bzw. Metastasen sollte überprüft werden, ob eine Operation mit
dem Ziel der makroskopischen Komplettresektion möglich ist [71].
Zur Palliation bei Lokal- bzw. lokoregionären Rezidiven, welche nicht komplett resektabel
sind, kann eine perkutane Strahlentherapie gezielt eingesetzt werden [72], [73].
Bei postoperativem Residualtumor, inoperablen Rezidiven oder Fernmetastasen von Low-grade
endometrialen Stromasarkomen kann eine Systemtherapie zum Einsatz kommen. Aufgrund
ihrer hohen Expression von Östrogen- und Progesteronrezeptoren werden bei Low-grade
endometrialen Stromasarkomen Gestagene oder Aromatasehemmer angewendet [74] – [77].
Retrospektive Analysen von kleinen Fallserien sprechen für eine gute Wirksamkeit von
Medroxyprogesteronacetat 200 mg/d (in Deutschland als 250-mg-Dosis erhältlich) oder
Megestrolacetat 160 mg/d. Es sind Ansprechraten bis 82% beschrieben [75]. Obwohl weniger Daten vorliegen, scheinen alternativ auch Aromatasehemmer (Letrozol
2,5 mg/d, Anastrozol 1 mg/d oder Exemestan 25 mg/d) ebenso einen positiven Effekt
zu haben [76].
Tamoxifen als Risikofaktor für uterine Sarkome soll nicht als endokrine Therapie eingesetzt
werden [78].
Eine laufende Tamoxifentherapie sollte abgesetzt werden. Bei gegebener Indikation
wegen eines Mammakarzinoms sollte ein Umstieg auf Aromatasehemmer erfolgen.
4 High-grade endometriale Stromasarkome und undifferenzierte uterine Sarkome
4.1 Einführung, Klinik, Diagnostik
Zwischen den HG-ESS und UUS gibt es zwar deutliche pathologisch anatomische Unterschiede,
aber in der Inzidenz, der klinischen Präsentation, der Prognose und auch hinsichtlich
der Therapie weisen beide Entitäten zahlreiche Gemeinsamkeiten auf, sodass sie hier
zusammen besprochen werden. Die Stadieneinteilung entspricht der des LMS.
Das mediane Erkrankungsalter beträgt ca. 60 Jahre. In der Regel können diese Tumoren
ebenso durch pathologische Blutungen auffällig werden, evtl. einhergehend mit einer
vergrößerten Gebärmutter mit ggf. entsprechenden Beschwerden.
Wie bereits erwähnt, ist der Terminus „undifferenziertes endometriales Sarkom (UES)“,
der noch in der WHO-Klassifikation von 2003 geführt wurde [79], in der aktuellen WHO-Klassifikation nicht mehr enthalten [2] und sollte somit nicht mehr verwendet werden.
4.2 Prognose
Bezüglich der Prognose stehen die HG-ESS im Allgemeinen zwischen den prognostisch
günstigeren LG-ESS und den aggressiv verlaufenden undifferenzierten uterinen Sarkomen
(UUS) [80].
Generell ist jedoch auch aufgrund der häufigen Detektion in fortgeschrittenen Stadien
die Prognose mit einem medianen Gesamtüberleben von 1 – 2 Jahren ungünstig [81], [82].
4.3 Operative Therapie
Konsensbasierte Empfehlung 4.E23
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Im Frühstadium sollen die komplette Entfernung des Uterus ohne Morcellement und eine
Adnexexstirpation bds. erfolgen.
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Konsensbasierte Empfehlung 4.E24
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Eine systematische pelvine und paraaortale Lymphadenektomie sollte bei diagnostisch
unauffälligen LK nicht durchgeführt werden.
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Die Therapie der Wahl besteht auch hier in einer totalen Hysterektomie (ohne Morcellement)
und einer Adnexexstirpation bds. Ob die Adnexe in der Prämenopause belassen werden
können, ist unklar.
Zwar sind positive pelvine und/oder paraaortale Lymphknoten mit einer schlechteren
Prognose assoziiert, allerdings gibt es keinen Hinweis darauf, dass durch die operative
Entfernung und darauf aufbauende adjuvante Therapieoptionen diese eingeschränkte Prognose
verbessert wird.
4.4 Adjuvante Systemtherapie und Radiatio
Konsensbasierte Empfehlung 4.E25
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Eine adjuvante Chemotherapie sollte nicht generell durchgeführt, kann aber in Abhängigkeit
von weiteren Risikofaktoren (z. B. höheres Tumorstadium) individuell diskutiert werden.
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Für eine postoperative endokrine Therapie gibt es selbst bei dem seltenen Nachweis
von Hormonrezeptoren keine validen Daten, die auf einen Benefit für die Patientinnen
hinweisen.
Für eine adjuvante Chemotherapie liegen keine validen Daten vor, sodass dies individuell
besprochen werden sollte.
Bezüglich einer adjuvanten Strahlentherapie ist die Datenlage ebenso limitiert. In
einer multizentrischen retrospektiven Analyse wurden 59 Patientinnen mit endometrialen
Stromatumoren untersucht, davon 29 mit undifferenziertem uterinen Sarkom (58% in den
Stadien I und II (FIGO 1988) [83]). 86% der Patientinnen erhielten eine Teletherapie des Beckens (mediane Dosis im
Gesamtkollektiv 48 Gy) bzw. 51% eine Brachytherapie. Für die Patientinnen mit undifferenziertem
uterinen Sarkom betrug nach 5 Jahren das Gesamtüberleben 65% und die lokoregionäre
Kontrolle 40%. Die Beckenbestrahlung war in der Gesamtgruppe (endometriales Stromasarkom
und undifferenziertes uterines Sarkom) in multivariater Analyse mit einem signifikant
verbesserten Gesamtüberleben assoziiert. Definitive Schlussfolgerungen können allerdings
aufgrund der geringen Fallzahlen und der retrospektiven Analyse nicht gezogen werden.
4.5 Therapie bei Metastasen und Rezidiv
Es gibt Hinweise, dass sich ein Teil der Rezidive histologisch heterogen (Anteile
von High- und Low-Grade-Tumoren) darstellt, und sich die Wirkung einer endokrinen
Therapie bei nachgewiesenen Rezeptoren lediglich im Low-Grade-Anteil zeigt, wohingegen
der die Prognose bestimmende High-Grade-Anteil von einer Hormontherapie nicht erfasst
wird [84].
Daher spielt im Allgemeinen eine endokrine Therapie im Gegensatz zum LG-ESS keine
Rolle.
Chemotherapeutisch kann diese Tumorentität in Analogie zu anderen High-Grade-Weichteilsarkomen
behandelt werden, wobei spezifische Daten hierfür insgesamt limitiert sind.
5 Uterine Adenosarkome
5.1 Einführung, Klinik, Diagnostik
Diese seltene Entität kommt in allen Altersklassen vor [85], mit einem Gipfel im 6. und 7. Lebensjahrzehnt.
Entsprechend der WHO-Klassifikation werden Adenosarkome (AS) definiert als gemischte
epithelial-mesenchymale Tumoren des Uterus mit benigner epithelialer und maligner
mesenchymaler Komponente [86], [87].
Entspricht die mesenchymale Komponente einem High-Grade-Sarkom (hochgradige Polymorphie,
höhere Mitoserate, ggf. myometrane bzw. zervikale Stromainvasion und Veneneinbrüche
mit z. T. Nachweis heterologer Elemente) und ist diese in > 25% des Tumors nachweisbar,
ergibt sich die Diagnose eines AS mit sarkomatöser Überwucherung (sarcomatous overgrowth)
[88].
5.2 Prognose
Die Rezidivrate beim Adenosarkom ohne sarkomatöse Überwucherung beträgt 15 – 25%,
bei den Fällen mit sarkomatöser Überwucherung jedoch 45 – 70%. Eine erhöhte Rezidivrate
wird auch bei tiefer myometraner Invasion, Lymphgefäßinvasion, hochmaligner heterologer
Stromakomponte und/oder einer extrauterinen Ausbreitung beobachtet. Die Mortalität
des typischen Adenosarkoms beträgt 10 – 25%, bei sarkomatöser Überwucherung jedoch
bis zu 75%.
5.3 Operative Therapie
Wie bei den anderen Sarkomen steht die Hysterektomie ohne Morcellement im Vordergrund.
Ob die Adnexe ebenso entfernt werden sollen, ist unklar.
Der Stellenwert einer systematischen pelvinen und paraaortalen Lymphadenektomie ist
ebenso unklar [66]. Die Wahrscheinlichkeit eines Lymphknotenbefalls beträgt lediglich 3 – 4% [89]. Aufgrund dieser geringen Inzidenz und der Tatsache, dass in dieser Analyse der
Lymphknotenstatus keinen Einfluss auf das Überleben der Patientinnen hatte, wird eine
systematische Lymphadenektomie nicht als Standard empfohlen.
5.4 Adjuvante Systemtherapie und Radiatio
Ein Nutzen jeglicher adjuvanten Therapie konnte bislang nicht nachgewiesen werden.
Anhand von 1884 Fällen der National Cancer Database hatte eine Chemotherapie keinen
und eine postoperative Radiotherapie sogar einen negativen Effekt auf das Überleben
[89].
Sie gelten beide gegenwärtig nach kompletter Operation in Analogie zu den anderen
uterinen Sarkomen als nicht indiziert.
Nach inkompletter Operation oder bei fortgeschrittenen Befunden kann man sich am Auftreten
einer sarkomatösen Überwucherung und/oder der Expression von Hormonrezeptoren orientieren
und in Analogie zum HG-ESS oder LG-ESS vorgehen.
5.5 Therapie bei Metastasen und Rezidiv
Aufgrund fehlender Daten wird analog zu den anderen uterinen Sarkomen die Überprüfung
eines operativen Ansatzes mit Komplettresektion empfohlen.
Eine Strahlentherapie kann zur Palliation von Lokalrezidiven bei Inoperabilität eingesetzt
werden bzw. postoperativ bei isolierten Befunden erwogen werden.
Ein optimales Regime bez. einer Systemtherapie fehlt. Rezidive von Adenosarkomen mit
Sarcomatous Overgrowth sollten in Analogie zu anderen High-Grade-Sarkomen therapiert
werden [90]. Rezidive von Adenosarkomen ohne sarkomatöse Überwucherung mit Homonrezeptorexpression
sollten in Analogie zu LG-ESS therapiert werden.
6 Nachsorge
Konsensbasierte Empfehlung 7.E26
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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In den ersten 2 – 3 Jahren nach Primärtherapie sollte eine regelmäßige Nachsorge alle
3 Monate mit Spekulumeinstellung, vaginaler und rektaler Untersuchung und gegebenenfalls
Ultraschall erfolgen.
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Konsensbasierte Empfehlung 7.E27
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Eine weiterführende bildgebende Diagnostik zur Früherkennung von Metastasen kann sinnvoll
sein.
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Die Nachsorge dient der Sicherung des Heilerfolges und der Lebensqualität.
Ob eine lokale Intervention bei frühzeitig detektiertem unilokulärem Rezidiv zu einer
Verbesserung des Gesamtüberlebens führt ist allerdings unklar.
Gleichwohl kann eine weiterführende bildgebende Diagnostik zur Früherkennung von Metastasen
sinnvoll sein (siehe auch spezielle Kapitel der einzelnen Entitäten).
7 Morcellement
Konsensbasierte Empfehlung 8.E28
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Die Verwendung von Morcellierungstechniken bei uterinen Sarkomen führt zu einer Verschlechterung
der Prognose. Darüber soll die Patientin aufgeklärt werden.
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Konsensbasierte Empfehlung 8.E29
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Bei einer Patientin in der Postmenopause soll von einem Morcellement Abstand genommen
werden, wenn ein neu aufgetretenes „Myom“, ein größenprogredientes „Myom“ oder ein
erstmalig symptomatisches „Myom“ diagnostiziert worden ist.
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Konsensbasierte Empfehlung 8.E30
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Eine Disseminierung von Tumorzellen kann durch die Verwendung von Bergesäcken beim
Morcellement nicht ausgeschlossen werden.
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Konsensbasierte Empfehlung 8.E31
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Im Falle einer Morcellierung eines Uterussarkoms soll zeitnah eine Vorstellung an
einem DKG-zertifizierten Gyn. Krebszentrum erfolgen.
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Konsensbasierte Empfehlung 8.E32
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Eine adjuvante Systemtherapie sollte nicht generell durchgeführt werden, gleichwohl
soll aufgrund des erhöhten Rezidivrisikos nach Morcellement eine Systemtherapie in
Abhängigkeit vom histologischen Subtyp diskutiert werden.
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Im Rahmen von uteruserhaltenden Myomoperationen bzw. totalen und subtotalen Hysterektomien
kann es zu einer Morcellierung von vermeintlich benignem Gewebe kommen, welches sich
postoperativ als Uterussarkom herausstellt. Die Morcellierung des Uterus oder von
Teilen des Uterus wie Myomen und Uteruscorpus kann sowohl im Rahmen von endoskopischen
als auch von vaginalen Eingriffen erfolgen.
Die Prävalenz von unerkannten Uterussarkomen im Rahmen von Hysterektomien und Myomoperationen
wird in der Literatur unterschiedlich angegeben und liegt zwischen 1/204 und 1/7400
(0,49 – 0,014%) [91]. Eine zusammenfassende Analyse der Frequenz akzidentell operierter Uterussarkome
in 10 internationalen Studien mit 8753 Operationen ergab eine Häufigkeit von 0,24%
[91]. Eine Metaanalyse von 10 120 Patientinnen aus 9 Studien ergab eine vergleichbare
Häufigkeit akzidentell operierter Uterussarkome von 0,29% [92]. Eine deutsche Analyse aus dem Jahr 2017 von 475 Morcellierungsoperationen aus den
Jahren 2004 bis 2014 fand ein Risiko von 0,35% (1/280) für die akzidentelle Morcellation
eines vorab unbekannten Uterussarkoms im Rahmen einer Hysterektomie und keinen Fall
von Uterussarkomen im Rahmen von 195 Myommorcellationen (0/195) [93]. Eine weitere deutsche Studie mit 10 731 LASH-Operationen fand eine Rate von 0,06%
Uterussarkomen und 0,07% Endometriumkarzinomen [94].
Insbesondere die endoskopische intraabdominale Morcellierung von unerkannten Sarkomen
im Rahmen von Hysterektomien, konservativen Myomoperationen und laparoskopischen suprazervikalen
Hysterektomien (LASH) wurde mit einer Verschlechterung der onkologischen Prognose
hinsichtlich des rezidivfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens in Verbindung gebracht
[91], [95] – [100].
In einer systematischen Literaturübersicht und Metaanalyse von 4 Studien mit 202 Patientinnen
(75 mit und 127 ohne Morcellierung) aus dem Jahr 2015 war die Rezidivrate nach Morcellation
erhöht (62 vs. 39%; Odds Ratio [OR] 3,16; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,38 – 7,26),
ebenso die intraabdominale Rezidivrate (39 vs. 9%; OR 4,11; 95%-KI 1,92 – 8,81). Die
Gesamtüberlebensrate war nach Morcellierung ebenfalls signifikant schlechter (48 vs.
29%; OR 2,42; 95%-KI 1,19 – 4,92) [101]. Die extraabdominale Rezidivrate hingegen war nicht unterschiedlich. Diese Daten
wurden durch weitere [102], [103], [104], [105], [106], nicht jedoch alle Studien [107], [108], [109], [110] bestätigt. Bei allen Studien handelt es sich um retrospektive Beobachtungsstudien.
Zur Frage der Prognose von Patientinnen mit akzidentell morcelliertem Uterusmalignom
nach vaginaler Hysterektomie liegen nur wenige Daten vor. Wasson et al. analysierten
2296 vaginale Hysterektomien, von denen in 611 Fällen eine Morcellierung erfolgte
[111]. Die Inzidenz akzidentell morcellierter Malignome betrug 0,82% (5/611), wobei es
sich in 3 Fällen um Endometriumkarzinome und in 2 Fällen um Sarkome handelte. In 5/5
Fällen wurde kein Rezidiv beobachtet, die mittlere krankheitsfreie Überlebensdauer
betrug 48 Monate. Eine weitere Analyse von über 3000 Hysterektomien mit insgesamt
18 Sarkomen bestätigt die Beobachtung, dass durch ein transvaginales Morcellement
die Rezidivrate nicht gesteigert wird [112].
Ein sicherer präoperativer Ausschluss von Uterussarkomen mittels klinischer Symptomatik,
Wachstumsdynamik, Ultraschall, CT, PET-CT oder MR ist nicht möglich [91], [113].
Vorsicht sollte immer geboten sein, wenn Risikofaktoren vorliegen: Ein allgemein anerkannter
Risikofaktor für Uterussarkome ist neben dem Alter z. B. eine laufende oder abgeschlossene
Tamoxifentherapie [114]. Darüber hinaus stellen hereditäre Tumorsyndrome wie das Li-Fraumeni-Syndrom (assoziiert
mit Sarkomen) bzw. das Lynch-Syndrom und das PTEN-Syndrom (assoziiert mit Endometriumkarzinomen)
gleichfalls eine Kontraindikation für ein Morcellement dar [115].
Das Neuauftreten von sonografisch sichtbaren oder tastbaren Tumoren des Uterus in
der Postmenopause ist unphysiologisch, ebenso das Größenwachstum eines bekannten „Myoms“.
Obwohl diese Faktoren isoliert oder in Kombination bisher nicht als Risikofaktoren
für ein Uterussarkom nachgewiesen wurden, erscheint es klinisch und pathophysiologisch
sinnvoll, in diesen Fällen ein erhöhtes Risiko für ein Uterussarkom zu unterstellen.
Die Verwendung von Bergesäcken zur Vermeidung der Disseminierung von malignen Zellen
im Rahmen einer Morcellierungsoperation wurde in diversen Studien beschrieben [116] – [119]. Eine klinische Validierung der Technik der In-Bag-Morcellation liegt allerdings
nicht vor, sodass über die onkologische Sicherheit dieser Technik keine zuverlässige
Aussage gemacht werden kann [91], [99], [100].
Insgesamt kann man sich hinsichtlich des Vorgehens nach einem Morcellement eines Sarkoms
an den Aussagen des Positionspapiers der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und
Geburtshilfe [91] und an den internationalen Empfehlungen und Stellungnahmen orientieren [95], [96], [97], [98], [99], [100]. Diese Aussagen gelten auch für offene oder endoskopische Tumorexstirpationen unabhängig
von einem Morcellement [108]. Demnach besteht Konsens, zeitnah eine adäqaute onkologische Operation nachzuholen,
wie sie bei den einzelnen Entitäten empfohlen wird. Ob diese Maßnahme einen Einfluss
auf das Gesamtüberleben hat, ist jedoch unbewiesen.
8 Patientinnenaufklärung
Konsensbasierte Empfehlung 9.E33
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Den Patientinnen soll angeboten werden, den Partner/die Partnerin oder Angehörige
in das Gespräch bzw. die Gespräche einzubeziehen.
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Konsensbasierte Empfehlung 9.E34
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Die Patientin soll auf die Möglichkeit, Selbsthilfegruppen zu kontaktieren, hingewiesen
werden.
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