Nervenheilkunde 2019; 38(07): 485-489
DOI: 10.1055/a-0888-7190
Schwerpunkt
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Früherkennung und Behandlung von psychischen und psychosomatischen Erkrankungen im Betrieb

Überblick über ein nutzerzentriertes, neues VersorgungsmodellEarly detection and treatment of mental and psychosomatic illness at the workplace

Authors

  • Elena Schwarz

    1   Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Ulm
    2   Kompetenzzentrum Ulm für seelische Gesundheit am Arbeitslatz (LPCU), Universität Ulm
  • Harald Gündel

    1   Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Ulm
    2   Kompetenzzentrum Ulm für seelische Gesundheit am Arbeitslatz (LPCU), Universität Ulm
  • Eva Rothermund

    1   Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Ulm
    2   Kompetenzzentrum Ulm für seelische Gesundheit am Arbeitslatz (LPCU), Universität Ulm
Further Information

Publication History

Publication Date:
10 July 2019 (online)

ZUSAMMENFASSUNG

Psychische Erkrankungen gelten in Deutschland als zweithäufigster Grund für Arbeitsunfähigkeit. Dabei kann die Arbeit selbst sowohl Belastung als auch Ressource für die Mitarbeiter sein. Positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat vor allem die frühe Erkennung und somit auch frühe Behandlung der Erkrankungen. Die Psychosomatische Sprechstunde im Betrieb (PSIB) ist ein vom Betrieb initiiertes Angebot für Mitarbeiter mit psychischen Beschwerden. Sie wird von externen Experten für seelische Gesundheit durchgeführt, gehört aber zum betrieblichen Versorgungsnetzwerk. Das so entstehende, niedrigschwellige Angebot soll Mitarbeitern den Zugang zu adäquater Behandlung erleichtern. Die enge Anbindung der Behandler an den Betrieb soll weiter die individuelle Integration von Arbeitsthemen in die Behandlung ermöglichen. Die Rahmenbedingungen der Sprechstunde, wie z. B. der Ort und die Dauer des Kontaktes, werden im Vorlauf mit dem jeweiligen Unternehmen abgestimmt. Der Fokus der Begegnung liegt auf der Vermittlung von Kontrolle und Orientierung an den Mitarbeiter. Zentrale Elemente der PSIB sind dabei zunächst die Beziehungsherstellung zwischen Behandler und Mitarbeiter sowie eine erste Diagnostik und Situationsbeschreibung. Weitere Elemente sind Wissensvermittlung und Befähigung des Mitarbeiters sowie abschließend die Planung und Begleitung nächster Schritte. Insgesamt 174 Mitarbeiter dreier Unternehmen wurden mit 194 Nutzern psychotherapeutischer Ambulanzen verglichen. Es zeigte sich eine signifikant höhere Nutzerzufriedenheit der Sprechstundenteilnehmer zu denen der Regelversorgung.

ABSTRACT

Mental disorders are considered to be the second leading cause for sick leave in Germany. However, work itself can function both as a burden as well as a power resource for employees. Early detection, followed by an early intervention, in particular, have a positive influence on the progress of the disease. The Psychosomatic Consultation in the Workplace (PSIW) is an offer, initiated by the company, for employees with mental health problems. It is conducted by external experts for mental health even though being offered by the company itself. This low-threshold offer is meant to facilitate the access to adequate treatment for the employees. Furthermore, the close proximity of the practitioner to the company allows to consider individual workplace conditions during treatment. The general framework, such as location and duration of the consultation, is set out with each company in advance. The main focus of the consultations is put on transferring control and orientation to the employee. Central elements of the PSIW are fostering a trustful relationship between the practitioner and the employee in line with a first diagnostic assessment and description of the situation. Further effects are the transfer of knowledge and the empowerment of employees, as well as providing support in the planning of further steps. A total of 174 employees of three different companies have been compared to 194 users of psychotherapeutic ambulances. Results showed a significantly higher satisfaction of PSIW-users compared to users of standard treatment.