Schlüsselwörter
Nahrungsmittelallergie - Medikamentenallergie - eosinophile Ösophagitis-Kontaktallergie
Key words
Food allergy - drug allergy - eosinophilic esophagitis-contact allergy
Einleitung
Symptome allergischer Erkrankungen im Kindesalter sind häufig und vielfältig. Die
Prävalenz von Nahrungsmittelallergien (gesichert durch doppelblinde, Placebo-kontrollierte
Provokation) liegt bei 4,2 % bei Kindern [29] im Gegensatz zu 3,7 % bei Erwachsenen [40]. Mithilfe der molekularen Allergiediagnostik werden die Beurteilung möglicher Zusammenhänge
zwischen pollenassoziierten und gastrointestinal erworbenen Nahrungsmittelallergien
sowie deren Bewertung hinsichtlich Prognose und Schwere erleichtert. Auch ist eine
zunehmende Inzidenz der eosinophilen Ösophagitis in den letzten zwei Jahrzehnten zu
beobachten. Bei hartnäckigen Ekzemen in der Kindheit sollte differenzialdiagnostisch
an eine Kontaktallergie gedacht werden. Aufgrund der weiten Verbreitung bestimmter
Kontaktallergene ist eine diagnostische Abklärung wichtig.
Rhinokonjunktivitis allergika und Asthma bronchiale
Rhinokonjunktivitis allergika und Asthma bronchiale
Anamnestisch sind die Ausprägung der klinischen Beschwerden, das zeitliche Auftreten
im Jahresverlauf und die Bestandsdauer wichtig. Zur weiteren Diagnostik werden Pricktestungen
mit den Aeroallergenen eingesetzt, ggf. mit einer Reduktion auf die meist auslösenden
Leitallergene (Birken-, Gräser-, Beifußpollen, Hausstaubmilben, [Tier-] Katzenepithelien).
Ergänzend kann eine Bestimmung der spezifischen IgE im Serum durchgeführt werden.
Zur genaueren Evaluation des Sensibilisierungsprofils, insbesondere zur Frage der
Sensibilisierung gegenüber Major- oder Minorallergenen, steht die Komponenten-basierte
Allergiediagnostik zur Verfügung. Diese hilft möglicherweise, den zu erwartenden Erfolg
der SIT einzuschätzen. Verlaufen bei eindeutig hinweisender Anamnese serologische
Untersuchungen und Hauttestverfahren negativ, kann ergänzend eine nasale Provokationstestung
durchgeführt werden. Hierfür muss zuvor ein ggf. bestehendes Asthma bronchiale suffizient
eingestellt sein.
Zur kausalen Therapie stehen subkutane und sublinguale Therapieverfahren, sowohl zur
präsaisonalen Anwendung in mindestens 3 aufeinanderfolgenden Jahren als auch zur ganzjährigen
Behandlung, zur Verfügung. Gemäß den Empfehlungen des Pediatric Committee (PCO) der
European Medicines Agency (EMA) wird der Beginn erst ab dem 5. Lebensjahr empfohlen.
Um eine Reduktion von Neusensibilisierungen zu erreichen und ein vermindertes Risiko
für die Entwicklung eines Asthma bronchiale zu erzielen, wird eine frühe Indikationsstellung
im Sinne einer Sekundärprävention favorisiert. Die Wirksamkeit der spezifischen Immuntherapie
wird derzeit auf folgende Mechanismen zurückgeführt:
-
▪ die Induktion von überwiegend IgG4-Antikörpern, die die Allergen-vermittelte Immunantwort
blockieren,
-
▪ die Freisetzung von antiinflammatorischen Zytokinen sowie
-
▪ die Aktivierung immunmodulierender regulatorischer T-Zellen (T-reg) [25].
Saisonale und perenniale Allergene sollten nicht gemischt werden. Bei Hausstaubmilben-Allergikern
kann zunächst die Effektivität allergenreduzierender Maßnahmen im Haushalt inklusive
eines Encasings über 3 Monate beobachtet werden, bevor die Indikation zu einer SIT
gestellt wird [18]. Für Allergiker gegenüber Tierallergenen ist eine Karenz erforderlich, nur in Ausnahmefällen
wird individuell über eine SIT entschieden [25].
Insektengiftallergien
Neben Nahrungsmitteln sind Insektengifte die häufigsten Anaphylaxie-Auslöser im Kindesalter.
Zur Frage der Indikation einer spezifischen Immuntherapie ist der Nachweis einer IgE-vermittelten
Reaktion notwendig. IgE-vermittelte Sensibilisierungen gegenüber Insektengift im Serum
lassen sich bei Kindern in bis zu 50 % feststellen. Die Indikation zu einer spezifischen
Immuntherapie/ SCIT gegen Insektengift wird jedoch in der Regel in Zusammenschau von
Anamnese, serologischen Ergebnissen und Hauttestungen gestellt. Ab einem Anaphylaxie-Schweregrad
> II (Ring/Messmer) oder einer stattgehabten Anaphylaxie Grad I mit besonderen Risikofaktoren/Einschränkung
der Lebensqualität besteht die Indikation zu einer SCIT (subkutanen Immuntherapie)
[28]. Traten in zeitlichem Zusammenhang zum Stichereignis lediglich Hautsymptome auf,
kann bei Kindern die Indikation einer spezifischen Immuntherapie in Abstimmung mit
den Eltern optional erwogen werden (abhängig von individuellen Risikofaktoren, Expositionen,
Lebensumständen etc.), da es in Verlaufsstudien nur bei ca. 20 % der Patienten erneut
zu systemischen Symptomen nach einem weiteren Insektenstichereignis kam, ohne dass
sich der Schweregrad der Anaphylaxie erhöhte [28], [39].
Die genaue Stichanamnese umfasst Stichlokalisation, Beobachtung zum Verbleib des Stachels/Giftapparates,
genaue Abfolge der Reaktionsart und nähere Informationen zur Umgebung im Rahmen des
Stichereignisses (Schwimmbad, Blumen/Speisen/Getränke in der Nähe, bei Imkern etc.),
Jahreszeit sowie die notärztliche Therapie.
Gesamt-IgE, spezifisches IgE für Bienen- und Wespengift, (ggf. auch Hummel- oder Hornissengift)
sowie die Mastzelltryptase sollten, wenn möglich, direkt nach dem Stichereignis und
(2-) 4 Wochen später bestimmt werden. Das spezifische IgE gegenüber dem auslösenden
Insektengift wird durch das Stichereignis geboostert, sodass anhand des Verlaufes
das auslösende Insekt in der Regel besser eingegrenzt werden kann. Die Patienten können
oft Bienen und Wespen nicht sicher unterscheiden. Die Tryptase ist ein Risikomarker
für schwere allergische Reaktionen und ist insbesondere bei Mastzellerkrankungen erhöht.
Zeigen sich Sensibilisierungen gegenüber Bienen- und Wespengift, können die spezifischen
IgE gegen kreuzreagierende Kohlenhydratepitope, sog. CCD (cross reactive carbohydrat
determinants) ergänzend bestimmt werden. Als Screening für eine Reaktion auf die Kohlenhydratepitope
dienen die spez. IgE gegen MUXF3 (CCD von Bromelain) und die Meerettichperoxidase.
Zur genaueren Differenzierung stehen im Rahmen der molekularen Allergiediagnostik
als Markerallergene für Bienengiftallergiker rekombinantes Api m 1, (ggf. Api m 2,
Api m 10) und für Wespengift Ves v 1 und Ves v 5 zur Verfügung [4].
Bestand anamnestisch eine systemische IgE-vermittelte Reaktion auf einen Insektenstich,
wird ergänzend eine Hauttestung mit Bienen- und Wespengift mittels Pricktest oder
Intradermaltest (0,001; 0,01; 0,1 und 1,0 ug/ml) durchgeführt [28].
Resultiert hieraus keine eindeutige Zuordnung der Diagnostik zum auslösenden Insektengift,
ist in speziellen Zentren der Basophilen-Aktivierungstest durchführbar.
Ein Notfallset bestehend aus einem Kortikosteroid, bei Kleinkindern z. B. Rectodelt© Suppositorien (100 mg Prednison), bei älteren Kindern einem flüssigen Steroid wie
z. B. Celestamine N Liquidum© (Betamethason), einem vorzugsweise flüssigen Antihistaminikum (z. B. Fenistil® (Dimetinden) oder Cetirizin Tropfen (ohne Alkohol) und gewichtsadaptiert, einem Adrenalin-Pen,
sollte rezeptiert werden.
Nahrungsmittelallergien
IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergie
Unterschieden werden primäre und sekundäre Nahrungsmittelallergien. Die Sensibilisierung
primärer Nahrungsmittelallergien erfolgt meist gastrointestinal, insbesondere auf
stabile Allergene, wie z. B. Speicherproteine der Pflanzen. Sekundäre Nahrungsmittelallergien
werden über die Sensibilisierung gegenüber Aeroallergenen erworben und manifestieren
sich infolge strukturverwandter, kreuzreagierender Allergene in den aufgenommenen
Nahrungsmitteln [37].
Meist treten innerhalb von Minuten nach Ingestion des verdächtigen Allergens Urtikaria,
Angioödem, Erbrechen oder Diarrhöen auf. Gastrointestinale Symptome sind in der Regel
innerhalb von bis zu 2 Stunden nach Allergenaufnahme zu beobachten, seltener sind
respiratorische Beschwerden wie Husten, Stridor, Giemen oder kardiozirkulatorische
Symptome.
Häufigste Nahrungsmittelallergene im Säuglings- und Kleinkindesalter sind:
-
▪ Kuhmilch,
-
▪ Hühnerei,
-
▪ Weizen,
-
▪ Soja,
-
▪ Erdnuss,
-
▪ Baumnüsse.
Bei Jugendlichen und Erwachsenen sind pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien häufiger
[37].
Zur Diagnostik dienen neben einer ausführlichen Anamnese, der Bestimmung spezifischer
IgE, Pricktestung der nativen Nahrungsmittel (bzw. von kommerziellen Nahrungsmittelextrakten)
und der aerogenen Leitallergene auch Eliminationsdiäten und verblindete Provokationstestungen.
Mithilfe der molekularen Allergiediagnostik ist eine Risikoabschätzung des Sensibilisierungsprofils
möglich. Insbesondere eine Sensibilisierung gegenüber den Speicherproteinen der Pflanzen
ist klinisch oft mit schweren allergischen Reaktionen verbunden, während beispielsweise
die Bet-v-1 (Betula verrucosa, Birke)-homologen Nahrungsmittelproteine hinweisend
auf pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien sind. Eine Auswahl wichtiger Allergenkomponenten
ist in [
Tab. 1
] aufgelistet [36].
Tab. 1
Wichtige Allergene
Indikation
|
Allergenkomponente
|
Allergencharakterisierung
|
Milben-Allergie
|
rDer p 1
|
Hauptallergen der Hausstaubmilbe
|
rDer p 2
|
Hauptallergen der Hausstaubmilbe
|
rDer p 10
|
Milbentropomyosin, Kreuzreaktion zu Krustentieren
|
Soja-Allergie
|
Sojabohne
|
Screening
|
rGly m 4
|
Bet-v-1-homologes Sojaprotein
|
rGly m 5
|
Speicherprotein der Sojabohne
|
rGly m6
|
Speicherprotein der Sojabohne
|
Haselnuss-Allergie
|
r Cor a 1
|
Bet-v-1-homologes Haselnussprotein
|
rCor a 8
|
Lipidtransferprotein (LTP)
Systemische Reaktionen
|
rCor a 9
|
Speicherprotein der Haselnuss
|
rCor a 14
|
Speicherprotein der Haselnuss
|
Erdnuss-Allergie
|
r Ara h 1
|
Speicherprotein der Erdnuss
|
r Ara h 2
|
Speicherprotein der Erdnuss
|
r Ara h 3
|
Speicherprotein der Erdnuss
|
r Ara h 8
|
Bet-v-1-homologes Erdnussprotein
|
r Ara h 9
|
Lipid-Transfer-Protein
|
Hühnereiweiß-Allergie
|
Hühnereiweiß
|
Screening
|
rGad d 1
|
Ovomucoid
|
rGad d 2
|
Ovalbumin
|
r Gad d 4
|
Lysozym
|
Milcheiweißallergie
|
Milcheiweißextrakt
|
Screening
|
r Bos d 8
|
Kasein
|
Anstrengungs-induzierte Anaphylaxie auf Weizenmehl
|
r Tri a 19,
r Tri a 14, α-, β-, γ-Gliadin
|
Omega-5-Gliadin
|
Allergie auf rotes Fleisch
|
α-Gal
|
Alpha-Galaktosidase
|
Eine bedeutsame Differenzialdiagnose bei verzögert auftretender Soforttypreaktion
(ca. 3–6 Std. nach Ingestion) ist die Sensibilisierung auf das Kohlenhydrat Galactose-alpha-1,3-galactose
(„Alpha-Gal“), enthalten in rotem Fleisch von Säugetieren (nicht Primaten) und in
dessen Produkten. Die Sensibilisierung wird meist über Zeckenstiche erworben [17].
Anstrengungs-induzierte Anaphylaxie auf Nahrungsmittel
Nur die Kombination körperlicher Anstrengung (teils auch andere Kofaktoren wie Infekte,
Alkohol, NSAR) mit Ingestion des Allergens führen zu einer anaphylaktischen Reaktion.
Am häufigsten ist Weizenmehl der Auslöser dieser selteneren Anaphylaxieform. Zur Diagnostik
stehen das spez. IgE für Omega-5-Gliadin (r Tri a 19), für r Tria a 14 bzw. für α-,
ß-, γ-Gliadine zur Verfügung. Möglicher Auslöser kann auch eine Sensibilisierung gegen
high molecular weight (HMW)-Gluteninen sein, für deren Diagnostik bisher kein kommerziell
erhältlicher Test zur Verfügung steht [12]. Ggf. kann eine stationäre Provokationstestung unter Verwendung von Kofaktoren (körperliche
Anstrengung, Azetylsalizylsäure, bei Erwachsenen zusätzlich mit Alkohol) erfolgen.
Häufig sind anaphylaktische Reaktionen unter diesen Bedingungen jedoch nicht reproduzierbar
[30].
Gemischt IgE- und zellvermittelte Nahrungsmittelallergie: atopisches Ekzem
Bei Säuglingen und Kleinkindern mit mittelschwerem bis schwerem atopischem Ekzem,
das therapieresistent erscheint, kann eine T-Zell-mediierte Reaktion auf Nahrungsmittel
vorliegen. Eine kurzzeitige Karenz-Diät kann Hinweise auf eine mögliche Assoziation
geben.
Die Testung nativer Nahrungsmittel zum Nachweis einer T-Zell-vermittelten Nahrungsmittelallergie
mithilfe des Atopie-Patch-Testes hat in der Praxis und Aussagekraft enttäuscht. Der
Test ist nicht validiert. Weiterhin ist der Goldstandard auch hierbei die orale Provokationstestung
zur Diagnostik der Nahrungsmittelallergien [34].
Zell-vermittelte Nahrungsmittelallergie: eosinophile Ösophagitis
Die Inzidenz der eosinophilen Ösophagitis, einer eosinophilenreichen, T-Zell-mediierten
Entzündung, hat in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich zugenommen. Sie manifestiert
sich klinisch meist mit einem Fremdkörper/Globusgefühl und Erbrechen. Erkrankungen
aus dem allergischen Formenkreis sind häufig assoziiert:
-
▪ in 40–74 % Rhinokonjunktivitis allergica,
-
▪ 40–70 % Asthma bronchiale,
-
▪ 4–60 % atopisches Ekzem.
Der auslösende Mechanismus ist noch nicht klar definiert. Selten wird sie im Rahmen
von sublingualer Immuntherapie beobachtet. Die Erkrankung spricht auf Eliminationsdiäten
an. Empfohlen wird entweder eine 6-food-elimination-diet (mit Karenz von Weizenmehl,
Milch, Ei, Soja, Nüssen, Fisch/Meeresfrüchten), eine 4-food-elimation-diet (Milch,
Getreide, Ei, Soja), die eine höhere Akzeptanz zeigt, oder eine anhand des individuellen
Sensibilisierungsprofils abgestimmte Diät [21], [23]. Der Pricktest mit nativen Nahrungsmitteln, der bisher nicht-validierte Atopie-Patch-Test
und die serologische Bestimmung des spezifischen IgE sind hilfreich in der Diagnostik,
scheinen jedoch nicht ausreichend zuverlässig, die auslösende Nahrungsmittelallergie
vorherzusagen [22], [26].
Arzneimittelallergien
Es sind nur wenige Studien zur Häufigkeit von Arzneimittelallergien im Kindesalter
verfügbar. Anamnestisch berichten die Eltern von ca. 10 % der Kinder über Unverträglichkeitsreaktionen
auf Medikamente [8]. Hierbei sind unerwünschte bzw. pharmakologische Nebenwirkungen (z. B. Diarrhö,
Soor etc.) von echten, immunologisch vermittelten Mechanismen abzugrenzen, auf die
nur ca. die Hälfte der angegebenen Reaktionen zurückzuführen ist.
Die allergologische Diagnostik sollte, wenn möglich, innerhalb von 4 Wochen bis 6
Monaten nach der stattgehabten Reaktion durchgeführt werden [6]. Anamnestisch sind sowohl potenzielle Auslöser/weitere Erkrankungen als auch Zeitdauer
der Medikamenten-Einnahme sowie Beginn, klinisches Bild und Verlauf der Symptome wichtig
zur allergologischen Einschätzung des Reaktionstyps. In Zusammenschau dieser Befunde
kann nach Evaluation von Nutzen und Risiko eine weitere Diagnostik erfolgen.
Bisher sind keine einheitlichen Standards für Hauttestungen mit Medikamenten hinterlegt,
da die optimale, nicht-irritativ wirkende Testkonzentration häufig nicht bekannt ist.
Derzeit können die Empfehlungen des European Network on Drug Allergy (ENDA) [1] und die deutschen Leitlinie zur allergologischen Diagnostik von Überempfindlichkeitsreaktionen
auf Arzneimittel als Richtlinie dienen.
Antibiotika sind die häufigste Ursache: Penicilline, Cefachlor, Trimethoprim führen
die Rangliste an, seltener sind Makrolide oder weitere Cephalosporine auslösend [13].
Soforttypallergien auf Penicilline können sowohl durch den ß-Lactamring als durch
die Seitenketten ausgelöst werden. Zur Diagnostik eines IgE-vermittelten Mechanismus
stehen die spez. IgE für Pencilloyl G/V, Ampicillin und Amoxicillin und Cefachlor
zur Verfügung. Eine eingehende Diagnostik, insbesondere mit ausführlicher Anamnese,
incl. Prick- und Intradermaltestung zur Diagnosesicherung bzw. Auswahl von unverdächtigen
Präparaten zur Planung einer möglichen Ausweich-Expositionstestung, sollten erfolgen.
Für den Intradermaltest werden MDM (Minor Determinants Mixture) und PPL (Penicilloyl-Poly-Lysin)
sowie entsprechende, nicht-irritativ wirkende, Verdünnungen steriler Injektionslösungen
von Aminopenicillinen und Cephalosporinen verwendet. Bei Nachweis einer Penicillinallergie
werden Kreuzreaktionen zu Cephalosporinen der 1. Generation in bis zu 67 % der Fälle
beobachtet [3]. Cephalosporine der höheren Generationen führen deutlich seltener zu Kreuzreaktivität.
Differenzialdiagnostisch ist bei urtikarieller Symptomatik, ggf. mit Angioödemen,
an eine parainfektiöse Urtikaria zu denken.
Für andere Antibiotika-Gruppen stehen routinemäßig keine zuverlässigen Labortestsysteme
zur Verfügung, sodass lediglich die Pricktestung bzw. ggf. in entsprechenden Verdünnungen
der Intrakutantest durchgeführt werden kann. Ggf. kann in Einzelfällen auf nicht standardisierte
Testsysteme wie Basophilen-Freisetzungstest, BAT (Basophilen-Aktivierungstest), CAST
(cellular antigen stimulation test) und Lymphozytenaktivierungstest zusätzlich zurückgegriffen
werden [6].
Wesentlich häufiger treten im Rahmen einer antibiotisch behandelten Infektion makulo-papulöse
Exantheme auf, die meist über mehrere Tage persistieren. Diese können T-Zell-vermittelte,
echte Spättypallergien sein oder z. B. Virusexantheme. Im Rahmen von Virusinfektionen
werden Mechanismen des angeborenen Immunsystems derart hochreguliert, dass Medikamentenreaktionen
häufiger auftreten und nach Abklingen der Infektion nicht mehr reproduzierbar sind
[27]. Besonders bei Infektionen mit Herpesviren, EBV, HIV sowie bei Autoimmunerkrankungen
sind derartige Wechselwirkungen oft zu beobachten. Die geringe Reproduzierbarkeit
von Arzneimittelexanthemen mithilfe der Expositionstestung ist unter anderem auf derartige
Mechanismen, die Abnahme der Reagibilität im Zeitverlauf und den möglichen Einfluss
von Arzneimittelinteraktionen zurückzuführen [6]. Zur Diagnostik stehen sowohl der Epikutantest als auch die Spätablesungen des Intradermaltestes
zur Verfügung. Je nach Anamnese sollte unter Nutzen- und Risikoabwägung eine Expositionstestung
angestrebt werden.
NSAR (nicht-steroidale Antiphlogistika) induzieren Intoleranzreaktionen, die sich
klinisch mit einer anaphylaktoiden Symptomatik manifestieren. Extrem selten sind echte
IgE-vermittelte Reaktionen auf NSAR. Reaktionen auf NSAR beruhen meist auf einem Ungleichgewicht
proinflammatorischer Mediatoren, das durch die Beeinflussung der Cyclooxygenase-Aktivität
ausgelöst wird [1], [19]. Daher können Reaktionen auch auf bisher nicht eingenommene NSAR auftreten, weshalb
eine Provokationstestung unter stationären Bedingungen mit Ausweichpräparaten empfohlen
wird.
Impfreaktionen/Allergien auf Impfungen
Auch hierbei ist die Anamnese zum Ausmaß und der zeitlichen Abfolge der Symptomatik
essenziell. Insbesondere nach Soforttypreaktionen ist eine weitere Abklärung indiziert.
Kontaminationen mit Latex (insbesondere bei Verwendung von Mehrwegampullen), Ovalbumin,
gelegentlich auch zugesetzte Stabilisatoren wie Gelatine und Polysorbat, können Auslöser
der Reaktion sein [9]. Hühnerei-Allergen (Ovalbumin) ist bei Impfstoffen, die in Hühnerei-Fibroblastenzellkulturen
(MMR, Tollwut, FSME), in Hühnereiembryos (Gelbfieber) oder embryonierten Hühnereiern
(Influenza) hergestellt werden, enthalten. Der Ovalbumingehalt wurde in den letzten
Jahren zunehmend reduziert, der höchste Gehalt an Ovalbumin ist immer noch in Gelbfieber-Impfungen
vorhanden [7]. Entsprechend werden eine Pricktestung und eine verdünnte Intrakutantestung mit
dem Impfstoff selbst und ggf. den Zusatzstoffen zur Klärung empfohlen.
Ausgeprägte Lokalreaktionen, meist nach 24–72 Stunden, können durch das Antigen, die
Aktivierung der Toll-Like-Rezeptoren durch das Adjuvans oder durch bereits vorhandene
spezifische Antikörper, im Sinne einer Arthus-Reaktion, hervorgerufen werden. Eine
epidermale Beteiligung (Ekzem am Injektionsort) kann hinweisend sein für eine Kontaktallergie
auf enthaltenes Formaldehyd, Thiomersal oder Aluminiumsalze. Diese kann mithilfe einer
Epikutantestung bewiesen werden.
Kontaktallergien
Kontaktallergien sollten auch im Kindealter als Differenzialdiagnose bei rezidivierend
auftretenden Ekzemen in Betracht gezogen werden, insbesondere, wenn die Betroffenen
an Hand- oder Fußekzemen leiden [5], [16]. Mindestens einmal im Leben erkranken 5,6 % der Kinder an einem Kontaktekzem [31]. Für die Epikutantestung bei Kindern wurde 2008 eine spezielle Kinderstandard-Epikutantestreihe
mit einer reduzierten Anzahl an Testallergenen (siehe [
Tab. 2
]) eingeführt [35].
Tab. 2
Epikutantestung bei Kindern [35]
DKG-Epikutantest Standardreihe für Kinder
|
Testkonzentration
|
Methylisothiazolinon
|
0,05 % in Aqua
|
Nickel (II)-Sulfat
|
5 % in Vaseline
|
Duftstoff-Mix
|
8 % in Vaseline
|
Kolophonium
|
20 % in Vaseline
|
(Chlor)-Methylisothiazolinon (MCI/MI)
|
100 ppm in Aqua
|
Mercapto-Mix (ohne MBT)
|
1 % in Vaseline
|
Compositae-Mix II
|
5 % in Vaseline
|
Thiuram-Mix
|
1 % in Vaseline
|
Propolis
|
10 % in Vaseline
|
Mercaptobenzothiazol
|
2 % in Vaseline
|
Duftsstoff-Mix II
|
14 % in Vaseline
|
Sorbitansesquioleat
|
20 % in Vaseline
|
In Aluminiumkammern, die auf Pflastersystemen aufgebracht sind, werden die Testallergene
für (24)–48 Std. auf der Rückenhaut fixiert und nach 48 Std. und 72 Std., ggf. auch
länger, abgelesen [16]. Positive Testreaktionen müssen immer im Kontext zur Anamnese und dem klinischen
Bild bewertet werden.
In den Jahren 2005–2014 wurden vom IVDK (Informationsverbund dermatologischer Kliniken)
anhand der, in den angeschlossenen Kliniken, durchgeführten Epikutantestungen die
folgenden 10 häufigsten Kontaktallergene ermittelt, auf die sich bei Kindern zwischen
0–12 Jahren eine positive Testreaktion zeigte:
-
▪ Nickelsulfat,
-
▪ Duftstoff-Mix,
-
▪ Kolophonium,
-
▪ Duftstoff-Mix II,
-
▪ Chlormethylisothiazolinon/Methylisothiazolinon,
-
▪ Thiuram-Mix,
-
▪ Mercaptobenzothiazol,
-
▪ Mercapto-Mix,
-
▪ Bufexamac (Bufexamac-haltige Präparate wurden 2010 vom deutschen Markt genommen),
-
▪ Dibromdicyanobutan [38].
Neben Body-Piercings können Nickelsensibilisierungen zunehmend über elektronische
Geräte (Handys, Tablets) erworben werden [15]. Problematisch ist auch die hohe Konzentration von Methylisothiazolinon, einem Konservierungsmittel,
in leave-on-Kosmetika, die zu Kontaktsensibilisierungen gegenüber Chlormethylisothiazolinon(MCI)/Methylisothiazolinon
führen kann [2], [33]. Thiuram-Verbindungen kommen in verschiedensten Gummiartikeln des tgl. Gebrauchs
vor, sind teilweise auch Bestandteil von Desinfektionssprays, Medikamenten und tiermedizinischen
Präparaten. Mercapto-Verbindungen sind sowohl in Gummiartikeln als auch technischen
Flüssigkeiten verbreitet.
Bei anamnestischem Verdacht wird die Testung der Farbstoffe Para-Toluylendiamin und
Paraphenylendiamin (PPD) empfohlen. Kontaktallergien gegenüber PPD, einem schwarzen
Farbstoff, können über temporäre, schwarze „Henna-Tattoos“ erworben werden. Echtes
Henna ist von braun-roter Farbe und wird aus den Blättern des Strauches Lawsonia inermis
gewonnen und induziert extrem selten Kontaktallergien. Para-Phenylendiamin (PPD) wird
dem Henna-Extrakt zur Farbintensivierung hinzugefügt, um eine schwarze Farbe des Tattoos
zu erzielen [10], [20], [24]. PPD ist ein potentes Kontaktallergen. Im Falle einer Sensibilisierung zeigt sich
typischerweise ein ausgeprägtes Kontaktekzem Tage nach der Applikation. Die so erworbene
Kontaktallergie kann die Optionen bei der Berufswahl aufgrund der weiten Verbreitung
dieses Allergens einschränken.
In modernen, durch Fixierungspflaster provocation testing in the diagnosis of drug
hypersensitivity reactionser tragbaren kontinuierlichen Blutzuckermess-Systemen, die
bei Typ-1-Diabetikern zunehmend verbreitet sind, konnte ein Kontaktallergen identifiziert
werden, das zur Gruppe der Acrylate zählt: Isobornylacrylat (IBOA). IBOA ist ein Acrylat-Monomer,
das in Plastik, Beschichtungen und UV-trocknenden Tinten verwendet wird. Es bestehen
Hinweise darauf, dass dieses Kontaktallergen aus dem Material des Sensors und nicht
aus dem Pflaster, freigesetzt wird. Die empfohlene Testkonzentration beträgt 0,1 %
in Vaseline [11]. Auch weitere Klebstoffinhalte des Pflasters können eine Kontaktallergie hervorrufen
[32].
ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSFOLGERUNG
ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSFOLGERUNG
Auch im Kindesalter ist eine sorgfältige Abklärung allergologischer Erkrankungen erforderlich.
Zunehmend häufiger werden Nahrungsmittelallergien beobachtet, deren prognostische
Bedeutung und möglicher Zusammenhang zu Pollen-assoziierten Beschwerden mithilfe der
Komponenten-basierten Diagnostik mittlerweile besser evaluiert werden können. Die
Aufmerksamkeit für neue Kontaktallergene ist weiterhin bedeutsame Aufgabe der ärztlichen
Tätigkeit.
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Api m: Apis mellifera
Ara h: Arachis hypogaea (Erdnuss)
Bet v: Betula verrucosa (Birke)
Bos d: Bos domesticus (Hausrind)
CCD: Cross reactive Carbohydrat Determinants
Cor a: Corylus avellana (Haselnuss)
Der p: Dermatophagoides pteronyssinus (Hausstaubmilbe)
Gal d: Gallus domesticus (Huhn)
Gly m: Glycine max (Sojabone)
PPD: Para-phenylendiamin
PPL: Penicilloyl-Poly-Lysin
MDM: Minor Determinants Mixture
SCIT: Subkutane Immuntherapie
SIT: Spezifische Immuntherapie
Tri a: Triticum aestivum (Weizen)
Ves v: Vespula vulgaris