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DOI: 10.1055/a-0918-1488
Praktikable standardisierte Fotografie in der Praxis – Schritt für Schritt
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Publication History
Publication Date:
19 July 2019 (online)
In der Zahnmedizin ist neben der klinischen und radiologischen Untersuchung die digitale Fotografie ein wichtiges Diagnostikum. Insbesondere bei ästhetischen Fragestellungen im Frontzahngebiet gewinnt die fotografische Darstellung einen zunehmenden Wert. In wissenschaftlichen Präsentationen sowie bei schriftlichen Publikationen ist die professionelle fotografische Bildgebung schon seit vielen Jahren ein wesentlicher Bestandteil. Dies ist nicht nur für den wissenschaftlichen Bereich notwendig, sondern auch im medizinischen Praxisalltag sinnvoll und ohne großen Aufwand möglich. Auch aus forensischer Sicht ist die Fotodokumentation ein relevanter Teil der Patientenakte. Um die Informationsquelle Fotografie fachgerecht auszuschöpfen und qualitativ hochwertige und vergleichbare Bilder zu generieren, wird ein standardisiertes Vorgehen und eine minimales Basis Set vorgeschlagen.
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Standardvorgehen
Schritt 1
Technische Ausrüstung
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Digitale Spiegelreflexkamera (DSLR-Kamera)
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Makro-Objektiv mit einer festen Brennweite von 90 – 100 mm und Gitternetzlinien im Sucher der Kamera oder digital einblendbar
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für intraorale Aufnahmen: Ringblitz; für extraorale Aufnahmen: Blitz mit Diffusor
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Computer, Chip, Kartenleser, bei neueren Geräten: Übertragung mittels WLAN
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Lippenretraktor, Lippenhalter, schwarzer Spatel oder Haken
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angewärmter Fotospiegel.
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Für das Fotografieren im manuellen Modus ist neben der Belichtungszeit die Blende das wichtigste Instrument zur Beeinflussung der Bildhelligkeit. Die Blende hat auch Einfluss auf die Tiefenschärfe. Je kleiner die Blendeneinstellung und somit je größer die Öffnung der Blende gewählt wird, desto kleiner wird der Bereich, in dem Objekte scharf abgebildet werden (kleine Tiefenschärfe). Die Tiefenschärfe wird auch durch den Abstand zwischen Objekt und Kamera beeinflusst. Je kürzer dieser Abstand ist, desto kleiner wird auch der Tiefenschärfebereich.
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Schritt 2
Das Fotografieren
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Einstellung intraoral: 100-mm-Objektiv, Verschlusszeit 1/125 s, Blende 22
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Einstellung extraoral: 60-mm-Objektiv, Verschlusszeit 1/60 s, Blende 11
Alternativ kann auch das gleiche Objektiv für intra- und extraoral verwendet werden, um das Wechseln zu vermeiden. Dann muss nur die Verschlusszeit angepasst werden. Weitere Vorgehensweise: Lippenretraktor einsetzen, Patientenposition einstellen, Patientenstuhl auf Fotohöhe, mindestens ein Helfer.
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Schritt 3
Basis-Foto-Set intraoral
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Frontalansicht in Okklusion, Fokuspunkt Eckzahn, Bildmitte Inzisalpunkt
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Oberkieferansicht mit intraoralem Spiegel, Fokuspunkt Prämolaren, Bildmitte Gaumen
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Unterkieferansicht mit intraoralem Spiegel, Fokuspunkt Prämolaren, Bildmitte Mundboden ([Abb. 1], [Abb. 2], [Abb. 3])
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Seitenansicht in Okklusion rechts und links mit intraoralem Spiegel
Für intraorale Aufnahmen ermöglicht ein Ringblitz eine gleichmäßige Ausleuchtung ohne Schattenbildung. Wichtige Anforderungen für einen prä- und postoperativen Vergleich sind die Konsistenz der Belichtung, das Vergrößerungsverhältnis, die Patientenpositionierung, die Schärfentiefe sowie gleicher Hintergrund und Linse.
Die wichtigste Grundlage zur Einstellung in der Aufnahmetechnik ist die Positionierung der Kamera auf gleicher Höhe mit dem Fokuspunkt, der in den meisten Fotoansichten der Frankfurter Horizontalen entspricht. Die vertikale Relation von Patient und Kamera ist relevant, damit keine verfälschten Blickwinkel entstehen.
Direkt nach der Aufnahme kann im Display die Schärfe durch Vergrößerung und die Helligkeit mittels Histogramm kontrolliert werden. Die Kurve des Histogramms sollte in ihrer Form einer Gaußʼschen Kurve abnehmen und mittig angeordnet sein.
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Schritt 4
Basis-Foto-Set extraoral
Frontalansicht
Der Patientenkopf ist gerade ausgerichtet, sodass die Bipupillarlinie und die Frankfurter Horizontale parallel zum Boden sind. Der Fokuspunkt sowie die Bildmitte liegen an der Kreuzung zwischen Frankfurter Horizontale und Mittellinie.
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Seitenansicht
Für die Seitenansicht gelten die Grundlagen wie für die etablierte Fernröntgen-Seitenanalyse. Die kontralaterale Augenbraue sollte gerade nicht zu sehen sein, die Lippen locker geschlossen. Der Mittelpunkt und Fokuspunkt liegt auf der Kreuzung zwischen Frankfurter Horizontale und Mitte der Strecke Tragus – lateraler Kanthus.
Das Lachfoto kann bei Patienten mit Frontzahnrestauration oder Frontzahnimplantaten die Lippenhöhe in Relevanz zum Gingivalrand darstellen.
Für die Patientenfotografie bei Porträtaufnahmen eignet sich ein hellblauer Hintergrund (RAL 5012), da ein guter Kontrast zu jeder Hautfarbe erreicht wird und nur wenig Schatten entsteht. Um eine professionelle Ausleuchtung zu erreichen, benötigt man eine Multiblitzanlage mit Lichtwannen, in der Praxis kann ein Blitzaufsatz mit Diffusor eingesetzt werden.
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Schritt 5
Tipps und Tricks zur Vermeidung von Fehlern
Helligkeit – falsche Ausleuchtung, Einstellung Blende, Blitz. Beim Fotografieren mit introralem Spiegel muss die Blende angepasst werden.
Lösung: Histogramm kontrollieren, Blende verändern
Unschärfe – Lösung: manueller Fokus, Erfahrung, Blende 16 und mehr für extraorale Bilder und Blende 22 für intraorale Bilder
Extraoral Fokussierung auf Bildmitte, intraoral Fokussierung auf Eckzahnbereich
Position – Patient- und Kamera-Lösung: Linse mit eingeblendetem Gitter verwenden, Patient und Kamera auf gleicher Höhe, höhenverstellbarer Stuhl für Patient und Fotograf, nicht auf Zahnarztstuhl fotografieren
Bei intraoperativen Bildern sollten Blut und Speichel entfernt werden, ggf. kann eine dritte Person einen zusätzlichen Spiegel oder Haken halten, Speichel und Spiegelbeschlag absaugen.
Technische Unterschiede zwischen prä- und postoperativen Bildern vermeiden – Lösung: immer die gleiche standardisierte Einstellung verwenden.
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Schritt 6
Datenschutz
Digitale Patientenfotos sind persönliche Daten und Unterliegen den gleichen Schutzbedingungen wie die medizinische Krankenakte.
Die verlässliche Datensicherung muss garantiert sein. Die digitalen Fotos sowie die Krankenakte müssen vor externem Zugriff durch ein Passwort geschützt sein, Firewall und Virenschutzprogramm sind Pflicht. Die fotografischen Daten können professionell verwaltet werden, sodass sie thematisch gesucht werden können, ohne den Patientennamen zu kennen. Dafür kann das Bild mit mehreren Schlagworten aus den Bereichen Diagnose, Therapie, Lokalisation und Operateur belegt werden. Durch eine schlagwortbasierte Recherche können Bilder zu einem spezifischen Thema von verschiedenen Patienten beispielsweise für Vorträge und Vorlesungen gezielt identifiziert werden. Die Daten sollen nicht mehrfach gespeichert oder auf privaten Computern gespeichert werden.
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Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in: ZWR – Das deutsche Zahnärzteblatt 2018; 127: 121 – 123
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Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.