Notaufnahme up2date 2019; 1(01): 47-63
DOI: 10.1055/a-0926-0978
Thorax, Herz und Atemwege
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Notaufnahme: Management starker Blutungen

Heiko Lier
,
Mark Michael

Subject Editor: Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Heiko Lier, Köln.
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Heiko Lier
Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin
Universitätsklinikum Köln (AöR)
Kerpener Straße 62
50937 Köln

Publication History

Publication Date:
25 October 2019 (online)

 

Starke bzw. lebensbedrohliche Blutungen sind auch in der Zentralen Notaufnahme von Krankenhäusern der Maximalversorgung nicht alltäglich. Daher ist es wichtig, auf diese Ereignisse, die früher oder später auftreten, vorbereitet zu sein. Neben wenigen spezifischen Therapien gibt es generelle Optionen, die bei allen Blutungen sinnvoll sind. Dieser Beitrag gibt eine Übersicht über aktuelle Aspekte der Therapie starker Blutungen in der Notaufnahme.


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Abkürzungen

AAJT: abdominal aortic junctional tourniquet
aPTT: aktivierte partielle Thromboplastinzeit
ASS: Acetylsalicylsäure
BE: Basenüberschuss
BGA: Blutgasanalyse
<C>ABCDE: catastrophic haemorrhage, airway, breathing, circulation, disability, exposure
Ca2 +  : Kalzium
COX-1: Zyklooxygenase-1
DaO2 : arterielles Sauerstoffangebot
DCR: damage control resuscitation
DOAK: direkte orale Antithrombotika
ECMO: extrakorporale Membranoxygenierung
EK: Erythrozytenkonzentrat
ERC: European Resuscitation Council
FiO2 : inspiratorische Sauerstoffkonzentration
GCS: Glasgow Coma Scale
GFP: gefrorenes Frischplasma
Hb: Hämoglobinwert
Hkt: Hämatokrit
LP: lyophilisiertes Plasma
MAP: mittlerer arterieller Druck
paO2 : arterieller Sauerstoffpartialdruck
POC: point of care
PPSB: Prothrombinkonzentrat
REBOA: resuscitative balloon occlusion of the aorta
ROTEM: Rotationsthromboelastometrie
SAP: systemischer arterieller Druck
SHT: Schädel-Hirn-Trauma
SpO2 : pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung
SvO2 : gemischtvenöse O2-Sättigung
SzvO2 : zentralvenöse O2-Sättigung
TCCC: tactical combat casualty care
TEG: Thrombelastografie
thP: therapeutisches Plasma
TIK: traumainduzierte Koagulopathie
TK: Thrombozytenkonzentrat
tPA: Gewebe-Plasminogenaktivator
TXA: Tranexamsäure
VET: viskoelastische Testverfahren
VO2 : Sauerstoffverbrauch
VWF: Von-Willebrand-Faktor
 

Einleitung

Blutstillung, Transfusion und Gerinnungsmanagement sind häufige Maßnahmen im Alltag einer Zentralen Notaufnahme, insbesondere bei traumatologischen Patienten. Ein strukturiertes Vorgehen ermöglicht hier eine zeitnahe und standardisierte Diagnostik und Therapie des Patienten. Im Rahmen der traumatologischen und konservativen Schockraumversorgung erfolgt nicht nur eine Stabilisierung der Vitalfunktionen, sondern ggf. auch eine (Massiv-)Transfusion und Gerinnungstherapie gemäß einem regionalen Protokoll.

Bei einem akuten Blutverlust ist neben einer Beeinträchtigung der Hämodynamik die traumainduzierte Koagulopathie (TIK) von prognostischer Bedeutung. Faktoren wie Normothermie, ein ausgeglichener pH-Wert sowie eine Normokalzämie sind eine essenzielle Basis der Gerinnungstherapie. Frühzeitige blutstillende Maßnahmen können den Blutverlust effektiv minimieren. Ausreichende Oxygenierung sowie eine Damage Control Resuscitation sind weitere Bausteine der Notfalltherapie bei akuten Blutungen.

Im Rahmen der Notfalltransfusion sind feste Transfusionstrigger allein nicht zielführend, es sollte ein Zielbereich des Hämoglobinwerts von 7 – 9 g/dl (4,4 – 5,6 mmol/l) unter Beachtung individueller Faktoren angestrebt werden. Die weitere Gerinnungstherapie umfasst unter anderem die Gabe von Tranexamsäure (TXA) und eskalierend auch weitere Präparate wie Fibrinogen und Prothrombinkonzentrat (PPSB).

Was ist das therapeutische Ziel?

Eine Blutung zu behandeln heißt, diese Blutung zu stoppen, und zwar so schnell wie möglich. Zur Betonung dieser zeitlichen Komponente wurde das ABCDE-Schema (Airway, Breathing, Circulation, Disability, Exposure) um ein vorgestelltes <C> ergänzt:  <C>ABCDE unterstreicht die Wichtigkeit der zunächst vorübergehenden Versorgung stärkster, lebensbedrohlicher Blutungen (<C> für „catastrophic haemorrhage“).

Essenzielle Zielpunkte dabei sind:

  • die Sicherstellung einer ausreichenden Perfusion der Endorgane,

  • die Wiederherstellung (besser: der Erhalt) einer physiologischen Gerinnung,

  • der Ausgleich einer zellulären Sauerstoffschuld.

Die ausreichende Sauerstoffversorgung des Gewebes wird bestimmt durch das Gleichgewicht zwischen dem Sauerstoffangebot (DaO2) und dem Sauerstoffverbrauch (VO2). Während bei intakter Mikrozirkulation in einem weiten Bereich der VO2 vom DaO2 unabhängig ist, führt ein zunehmender Schockzustand zu einer linearen Abhängigkeit beider Größen. Im Bereich dieses flussabhängigen Sauerstoffverbrauchs versucht der Körper, Energie durch anaeroben Stoffwechsel zu gewinnen. Folgen sind eine steigende Laktatkonzentration und ein negativer Basenüberschuss („base excess“, BE). Alle therapeutischen Maßnahmen sollten darauf zielen, dies zu vermeiden.

Merke

Ein tastbarer Radialispuls und eine verbesserte Bewusstseinslage sind grobe klinische Orientierungspunkte für diese Ziele und werden von vielen Organisationen wie z. B. European Resuscitation Council (ERC) oder Tactical Combat Casualty Care (TCCC) empfohlen.

Dabei ist zu beachten, dass der Blutdruck ein Surrogat für die Makrozirkulation ist; nach normalisierter Makrohämodynamik kann es noch Stunden dauern, bis die zelluläre Mikrozirkulation ebenfalls ausreichend ist [1].


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Warum blutet es?

Eine Vielzahl von Ursachen kann dazu beitragen, dass stark blutende Patienten in der Zentralen Notaufnahme erscheinen. Werden diese Ursachen nicht schnell genug behoben, so entwickelt sich zwangsläufig eine Koagulopathie. Einen Überblick über mögliche, nicht traumatologische Blutungsursachen zeigt [Tab. 1].

Tab. 1

Differenzialdiagnosen nicht traumatologischer Blutungsursachen (Auswahl).

Lokalisation

Ursache

Blutungen im Kopf-/Halsbereich

Epistaxis

postoperative Nachblutung nach Tonsillektomie

Tumorarrosionsblutungen

gastrointestinale Blutungen

obere Gastrointestinalblutung, z. B.:

  • Ösophagusvarizenblutung

  • Ulcus ventriculi/Ulcus duodeni

untere Gastrointestinalblutung, z. B.:

  • Divertikel

  • Kolitis

  • Angiodysplasien

  • Hämorrhoidalblutung

retroperitoneale Blutungen

retroperitoneales Hämatom unter oraler Antikoagulation

intraabdominelle Blutungen

Milzruptur nach endoskopischen Interventionen

Milzruptur bei hämatoonkologischer Grunderkrankung

gedeckt rupturiertes Bauchaortenaneurysma

Ovarialruptur/Extrauteringravidität

vaginale Blutungen

Tumorblutung bei gynäkologischen Patientinnen

Merke

Koagulopathie ist die Bezeichnung für eine unspezifische Störung des „Organsystems Gerinnung“ ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Mögliche Ursachen einer Koagulopathie.
INR: International Normalized Ratio

Ab einem Blutverlust > 30 % sind die Kompensationsmechanismen auch bei kardiopulmonal gesunden Patienten nicht mehr ausreichend; bei sehr jungen und alten Patienten erfolgt die Dekompensation früher [1]. Somit ist bei einem anamnestisch gesunden Erwachsenen spätestens ab einem Blutverlust > 1,5 – 2 l eine kritische Schwelle überschritten.

Fallbeispiel

Anamnese/Vorbereitung

Für den Schockraum Ihrer Notaufnahme wird ein Patient nach einem Motorradunfall telefonisch angekündigt. Das Schockraumteam erwartet einen etwa 35-jährigen Patienten nach Hochrasanztrauma, der ein „C-Problem“ habe. Als Verletzungsmuster werden ein Thorax- und ein Beckentrauma vermutet sowie eine Amputationsverletzung der oberen Extremität. Der Patient sei bereits vor Ort intubiert worden.

Das Schockraumteam trifft alle nötigen Vorbereitungen, insbesondere werden das Wärmemanagement („warm touch“) vorbereitet und Präparate zur Notfalltransfusion angefordert („Schock-Box“ mit 4 0-negativen Erythrozytenkonzentraten [EK] und 4 therapeutischen Plasmen).

Rahmenbedingungen

Von besonderer Bedeutung sind, sowohl prophylaktisch als auch therapeutisch, die Rahmenbedingungen der Gerinnung. „Gerinnung“ ist im Wesentlichen ein enzymatischer Vorgang. Daher besteht eine ausgeprägte Abhängigkeit von Temperatur und pH-Wert. Eine Kerntemperatur < 32 °C oder ein pH < 7,1 führen zu einer Halbierung der Gerinnungsaktivität, ohne dass die „Gerinnung“ als solche beeinträchtigt ist. Das ionisierte Kalzium (Ca2 + ) ist der Gerinnungsfaktor IV und Coenzym fast aller Schritte der plasmatischen Gerinnung.

Hypothermie, Azidose und Verdünnung („tödliche Triade“) haben additive Effekte. Die Laborwerte zeigen diese Problematik i. d. R. jedoch nicht an, da die Untersuchungen bei Körpertemperatur, im Plasma, gepuffert und im Kalziumüberschuss durchgeführt werden. Die Auskühlung des Patienten sollte mit geeigneten Maßnahmen vermieden und Normothermie angestrebt werden. Eine Azidämie sollte vermieden und durch eine geeignete Schocktherapie behandelt werden. Eine endgültige Korrektur ist nur durch Wiederherstellung der (Mikro-)Perfusion und nicht durch Gabe von Puffern möglich, Puffern ist aber vor der Gabe von Gerinnungspräparaten sinnvoll. Die meisten Blutgasanalyse-(BGA-)Geräte messen das freie, ionisierte Kalzium, welches 50 % des Gesamtkalziums ausmacht, der Normwert des ionisierten Ca2 +  liegt also bei 1,2 mmol/l. Eine Hypokalzämie < 0,9 mmol/l sollte vermieden und eine Normokalzämie angestrebt werden [2]. [Abb. 2] zeigt die Grenzwerte der Rahmenbedingungen, die vermieden werden sollten.

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Abb. 2 Grenzwerte für Temperatur, pH und ionisiertes Kalzium zum Erhalt einer physiologischen Gerinnung.
ESA 2017: Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Anästhesiologie zur Therapie perioperativer Blutungen [3]
5th European Trauma 2019: 5. Aufl. der Europäischen Trauma-Richtlinien [4]

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Angeborene Hämostasestörungen

Angeborene Störungen der primären (Wechselwirkung der Thrombozyten untereinander und mit dem Endothel) und sekundären (plasmatische Gerinnung) Hämostase sind meist bekannt und eher selten. Eine deutliche Ausnahme macht hier das Von-Willebrand-Syndrom, dessen Prävalenz mit 1 – 2 % der Bevölkerung sehr hoch ist. Die Therapie dieser Störungen sollte durch einen hämostaseologisch versierten Arzt erfolgen.

Zusatzinfo

Störungen der primären Hämostase

  • Von-Willebrand-Syndrom → quantitativer/qualitativer Defekt des VWF

  • Glanzmann-Thrombasthenie → Defekt am GpIIb/IIIa

  • Bernard-Soulier-Syndrom → Defekt am GpIb/XI/V

  • „Platelet storage pool disease“ → Defekt der Plättchengranula

  • „Gray platelet syndrome“ → Defekt der α-Granula

  • Wiskott-Aldrich-Syndrom → reduzierte Thrombozytenbildung in Megakaryozyten

Störungen der sekundären Hämostase

  • Faktor-I-(Fibrinogen-)Störungen:

    • Afibrinogenämie

    • Hypofibrinogenämie

    • Dysfibrinogenämie

  • Faktor-II-(Prothrombin-)Mangel

  • Faktor-V-Mangel

  • Faktor-VII-Mangel

  • Faktor-VIII-Mangel (Hämophilie A)

  • Faktor-IX-Mangel (Hämophilie B)

  • Faktor-X-Mangel

  • Faktor-XI-Mangel

  • Faktor-XIII-Mangel

  • kombinierte Faktorenmängel

  • α2-Antiplasmin-Mangel

  • α1-Antitrypsin-Mangel

  • Ehlers-Danlos-Syndrom → gestörte Kollagensynthese

  • Osler-Weber-Rendu-Syndrom → Teleangiektasien

  • Skorbut (Vitamin-C-Mangel)


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Medikamente

In der Roten Liste sind über 120 Medikamente gelistet, die Acetylsalicylsäure (ASS) enthalten und über 300, die der Gruppe der nicht steroidalen Antiphlogistika zugehören. Aber auch viele Antibiotika (z. B. Penicillin G, Ampicillin, Cephalosporine, Amphotericin B), trizyklische Antidepressiva, Phenothiazine, Valproinsäure oder Lipidsenker (Clofibrat) hemmen die Thrombozytenfunktion.


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Traumata

30 – 40 % der Sterblichkeit nach schwerer Verletzung sind durch massive Blutungen bedingt, etwa die Hälfte der Patienten verstirbt bereits prähospital. Im Jahre 2010 konnten in Berlin alle traumabedingten Todesfälle obduziert werden. Das erschreckende Ergebnis zeigte, dass 68 % der vermeidbaren Todesfälle verblutet sind [5].

Die traumainduzierte Koagulopathie (TIK) ist ein primäres, eigenständiges, multifaktorielles und unmittelbar nach der Verletzung auftretendes Krankheitsbild mit deutlichen Einflüssen auf das Überleben [2]. Der Schock als Zeichen der Sauerstoffschuld der Mikrozirkulation ist, neben einer ausreichend schweren Gewebezerstörung, der Initiator einer TIK. Dabei kann es zu einer endogenen Antikoagulation (Autoheparinisierung, Gewebe-Plasminogenaktivator [tPA], aktiviertes Protein C, thrombozytäre Dysfunktion, Hyperfibrinolyse) kommen. Traumata gehen nur in etwa 20 % mit einer solchen Hyperfibrinolyse, aber in ≈ 60 % mit einem „fibrinolytic shutdown“, d. h. einer Hypofibrinolyse, einher [6]. Bei den lebensbedrohlich blutenden Patienten nach (Poly-)Trauma ist allerdings die Hyperfibrinolyse meist die führende Pathologie und mit einer hohen Sterblichkeit verbunden.

Cave

Weder zelluläre Minderperfusion noch „fibrinolytic shutdown“ sind Spezifika eines Traumas, sie kommen bei vielen Pathologien vor. Eine chirurgische Blutung kann nicht hämostaseologisch gestillt, muss aber ggf. hämostaseologisch supportiv versorgt werden.


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Welche Diagnostik?

Sofern die Zeit vorhanden ist, ist die Basis jeder Diagnostik eine strukturierte Gerinnungsanamnese. Das Minimum sind die vier Fragegruppen:

  • Nasenbluten ≥ 1 – 2/Monat und Zahnfleischblutung beim Zähneputzen (DD Parodontose bei ≈ ⅓ der Bevölkerung),

  • stammbetonte „blaue Flecken“ > 5 cm oder > 2/Monat ohne entsprechendes Trauma,

  • Familien-/Blutungs- und Medikamentenanamnese,

  • bei Frauen: Monatsblutung regelmäßig länger als 5 (– 7) Tage und/oder > 6 Pads bzw. Tampons/d (seit Menarche und regelmäßig; cave: ohne Einnahme oraler Kontrazeptiva).

Ausführlichere Fragebögen sind von mehreren Anbietern erhältlich.

Für die Nutzung der Standardlaborparameter Quick (Prothrombinzeit), aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) und Thrombozytenzahl gibt es keine positive Datengrundlage. Ihre Bestimmung sei aber besser, als nichts zu messen [1]. Quick und aPTT messen nur die Zeit bis zum Beginn der Gerinnung und stoppen bei ≈ 5 % der gesamten Thrombinbildung. Sie geben keine Information bezüglich Dauer der Gerinnselbildung, dessen Stärke oder Auflösung. Vor allem aber wurden Quick und aPTT nur zum Monitoring von Vitamin-K-Antagonisten bzw. Heparin entwickelt. Zeitnahe, sog. „point of care-(POC-)“Geräte zur Messung dieser Gerinnungsparameter am Patienten, wie der CoaguChek® können eine erste Orientierung bieten, weichen aber gelegentlich von den Ergebnissen des Kliniklabors ab. Folgende Liste zeigt eine vereinfachte diagnostische Übersicht:

  • aPTT normal, pathologischer Quick:

    • Bestimmung von FVII,

  • pathologische aPTT, Quick normal:

    • Bestimmung der Thrombinzeit:

      • verlängerte Thrombinzeit → Heparineffekt,

      • normale Thrombinzeit → Bestimmung von FVIII, FIX, FXI (Auschluss: [Sub-]Hämophilie, Phospholipidantikörper [„Lupus antikoagulans“: Autoantikörper gegen Phospholipidkomplexe]),

  • pathologischer Quick und pathologische aPTT:

    • ↓FII + ↓FVII + ↓FIX + ↓FX → Vit.-K-Antagonist oder -mangel,

    • zusätzlich ↓FV → globale hepatische Synthesestörung oder Verbrauch,

  • Thrombozytopenie:

    • erneute Messung mit Zitratblut (Ausschluss: Pseudothrombopenie),

    • Sonografie Abdomen (Splenomegalie, portale Hypertension),

    • Medikamentenanamnese,

  • Abklärung von:

    • Leberfunktion,

    • Nierenfunktion.

Bei stark blutenden Patienten soll eine frühzeitige und wiederholte Messung von Blutgasanalyse, Quick, aPTT, Fibrinogen und Thrombozytenzahl sowie eine Blutgruppenbestimmung (mit Anforderung von ≥ 4 EK) durchgeführt werden [2].

Praxis

Die alleinige Hb-Konzentration hat beim aktiv blutenden Patienten einen sehr zweifelhaften diagnostischen Wert. Da bei akuter Blutung feste und flüssige Bestandteile des Blutes gleichzeitig verloren gehen, bleiben Hb und Hämatokrit (Hkt) initial weitgehend konstant (solange keine Flüssigkeitssubstitution erfolgt) [1].

Die Halbwertszeit der direkten oralen Antithrombotika (DOAK) kann interindividuell unterschiedlich und zum Teil unvorhersehbar sein, insbesondere bei Patienten mit Organdysfunktionen und verminderter Elimination. Die Messung der tatsächlich vorliegenden Plasmaspiegel kann erheblichen Einfluss auf das klinische Management dieser Patienten haben [7]. Jede Notaufnahme sollte in enger Absprache mit dem hauseigenen Labor die jeweiligen Möglichkeiten und das Procedere für die Diagnostik von DOAK klären.

Koagulopathische Blutungen sind am besten visuell zu diagnostizieren: nicht chirurgische, diffuse Blutungen aus Schleimhaut, Serosa und Wundflächen. Typisch ist auch das Auftreten von Blutungen aus den Einstichstellen intravasaler Katheter und aus liegenden Blasenkathetern oder Magensonden.

Merke

Zusätzlich sollte der frühzeitige Einsatz viskoelastischer Testverfahren (VET, z. B. Thrombelastographie [TEG®] oder Rotationsthromboelastometrie [ROTEM®]) und einer Thrombozytenfunktionsanalyse (z. B. Multiplate® oder ROTEMplatelet®) erwogen werden [2] [4].

Die patientennahe POC-Diagnostik bietet einen erheblichen Zeitgewinn. Die VET untersuchen die sekundäre Hämostase (d. h. die plasmatische Gerinnung inklusive der [Hyper-]Fibrinolyse). Die Thrombozytenfunktionsdiagnostik ermöglicht eine Aussage über die primäre Hämostase (d. h. die Wechselwirkung der Thrombozyten untereinander und mit dem Endothel) [3].

Als Zeichen eines Schockes wird die Kombination aus systolischem arteriellem Druck („systolic arterial pressure“, SAP) < 90 mmHg mit (zunehmender) Tachykardie und (vermutetem) Blut-/Volumenverlust gewertet. Die sympathikusbedingte Tachykardie ist der entscheidende Mechanismus für die Tolerierung einer akuten Hämorrhagie, eine vorhandene β-Rezeptoren-Blockade reduziert die Kompensationsfähigkeit des Organismus erheblich [1]. Aufgrund einer ausgeprägten Kompensationsfähigkeit kardiopulmonal gesunder Patienten kann jedoch ein Volumenverlust sehr lange mit gering erhöhter Herzfrequenz und kaum erniedrigtem Blutdruck kompensiert werden. Ein beidseits fehlender Radialispuls kann ein Zeichen für einen schweren Schock sein, ebenso eine Rekapillarisierungszeit > 3 Sekunden [1].

Definition

Schwere Blutung mit vitaler Bedrohung [1]

  • persistierender Transfusionsbedarf (z. B. mehr als 6 EK in 12 h)

und/oder

  • hämodynamische Instabilität (Abfall des systolischen Blutdrucks um 20 % im Vergleich zum Ausgangsblutdruck oder Katecholaminpflichtigkeit)

sowie folgende Blutungslokalisationen:

  • intrazerebrale Blutung

  • intraspinale Blutung

  • schwere Blutung in präformierte Körperhöhlen (z. B. Pleura, Abdomen)

  • schwere Organblutung mit drohendem Organausfall

  • schwere Kompartmentblutung, besonders im Bereich der Extremitäten

  • schwere Blutung in die Halsweichteile mit drohender Erstickung

Fallbeispiel

Aufnahmebefund

Bei Übernahme des Patienten im Schockraum imponiert ein blutdurchtränkter Verband am linken Unterarm, aus dem massiv Blut austritt. Hier zeigt sich schon bei initialer Begutachtung eine arterielle Blutung bei subtotaler Amputation. Vor der weiteren Untersuchung und Stabilisierung legt das Schockraumteam ein Tourniquet zur Blutstillung oberhalb der Blutungsquelle an. Hierunter sistiert die Blutung und der Patient wird nun im Rahmen des Primary Survey untersucht.

Im Rahmen der ABCDE-Untersuchung imponiert weiterhin ein „C-Problem“ mit klinischen Zeichen einer schweren Zentralisation (nicht palpabler Radialispuls rechts, verlängerte Rekapillarisierungszeit von 5 Sekunden, Sinustachykardie von 130/Minute). Der Patient ist intubiert, beatmet und sediert. Bei der weiteren Untersuchung wird eine Hypothermie mit 33,5 °C Körpertemperatur detektiert. Eine Beckenschlinge bei vermuteter Beckenfraktur wurde bereits prähospital durch den Rettungsdienst angelegt. Freie intraabdominelle Flüssigkeit konnte sonografisch mittels eFAST im Douglas-Raum nachgewiesen werden.

Nach Kontrolle des Atemwegs und Fortführung der Beatmung, Anlage des Monitorings und eines Shaldon-Katheters zur Volumentherapie erhält der Patient vor der weiteren Diagnostik 1000 ml balancierte kristalline Infusionslösung.

Als Verletzungsmuster werden nach Abschluss des Primary Survey ein stumpfes Thoraxtrauma, eine instabile Beckenfraktur sowie eine subtotale Amputation des linken Unterarms postuliert.


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Welche Therapie?

Jeder Patient mit (drohendem) Schock benötigt, zusätzlich zum Standardmonitoring, in der Notaufnahme zumindest einen großlumigen zentralen Venenkatheter, eine invasive, arterielle Blutdruckmessung und einen Blasenkatheter mit Temperaturmessung [1].

Ein spezifisches Massivtransfusions- und Gerinnungstherapieprotokoll, d. h. ein eskalierender Algorithmus, der an lokale Gegebenheiten im Detail angepasst wurde und vordefinierte Interventionstrigger enthält, sollte in jeder Notaufnahme etabliert sein [8]. Das primäre Ziel in der Notaufnahme muss sein, zu verhindern, dass sich zusätzlich zu der initialen Blutung eine koagulopathische Blutung, d. h. eine Störung des „Organs Gerinnung“, entwickelt.

Das modifizierte <C>ABCDE-Schema, bei dem das initiale <C> für „catastrophic haemorrhage“ steht, betont die Notwendigkeit einer schnellstmöglichen Versorgung stärkster, lebensbedrohlicher Blutungen. Erreicht wird dieses Ziel durch die Anwendung eines Stufenschemas von manueller Kompression, Druckverband (ggf. mit Hämostyptika) und Tourniquet [1] [2]. Die Anlage eines Tourniquets, wenn eine Blutung nicht durch Kompression/Druckverband beherrschbar ist, kann ggf. auch in der Notaufnahme notwendig werden. Der Druck des Tourniquets soll so stark sein, dass es distal zum Sistieren der Blutung kommt.

Praxis

Eine stete Re-Evaluation der Effektivität eines Tourniquets ist in der Notaufnahme (und nicht nur da) obligat, da eine suffiziente Schocktherapie zum Anstieg des Blutdrucks und somit neuer Blutung führt. Um eine solche sofort zu bemerken, sollte eine mit Tourniquet versorgte Extremität nicht zugedeckt werden [9].

Bei den Hämostyptika eignen sich vor allem die Präparate auf Chitosan-Basis, da diese eine von Gerinnungsfaktoren weitgehend unabhängige blutstillende Wirkung haben und auch bei TIK, Hypothermie oder medikamentöser Antikoagulation noch wirksam, ungiftig, nicht allergen und nicht thrombogen sind. Für einen optimalen Effekt muss mit dem Hämostyptikum ein sog. „wound packing“ erfolgen, d. h. ein Austamponieren der Wunde bzw. der Wundhöhle mit dem flexiblen, sterilen Verbandmaterial mit folgendem Druckverband. Bei den nicht kompressiblen Blutungen des Torsos ist eine suffiziente Blutungskontrolle oft schwierig. Ein häufiger Fehler ist die falsche Anlage der sog. „Beckenschlinge“ („pelvic binder“). Eine optimale Kompression erfolgt nur bei Positionierung auf Höhe der Trochanteres majores. Innere Blutungen können mittels „Resuscitative Thoracotomy“, einem „Abdominal Aortic Junctional Tourniquet (AAJT)“ oder der „Resuscitative Balloon Occlusion of the Aorta (REBOA)” versorgt werden; die Anwendung ist aber i. d. R. auf Maximalversorger begrenzt.

Oxygenierung

Die schnellste Verbesserung der DaO2 ist durch Erhöhung des inspiratorischen Sauerstoffkonzentration (FiO2) zu erreichen. Spätestens ab einer pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung (SpO2) von 90 % (das entspricht etwa einem arteriellen Sauerstoffpartialdruck [paO2] von 60 mmHg) sollte beim spontan atmenden Patienten die Sauerstoffzufuhr mittels z. B. Gesichtsmaske mit Reservoir und 10 l/min erhöht und ggf. eine kontrollierte Beatmung erwogen werden. Eine Erhöhung der FiO2 von 0,21 auf 1,0 bedingt einer Steigung des physikalisch gelösten Sauerstoffs von 0,3 auf 2,3 ml/dl und entspricht einem Anstieg der Hb-Konzentration um 1,5 g/dl [1].


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Damage Control Resuscitation

Jegliche Verletzung, die das Risiko einer starken Blutung und/oder einer physiologischen Entgleisung bedingt, sollte schnellstmöglich mittels „damage control resuscitation (DCR)“ therapiert werden [4]. Auch eine diffuse Blutungsneigung ist eine solche Indikation. DCR beginnt am Unfallort, wird in der Notaufnahme und im OP fortgeführt und endet auf der Intensivstation. Die Prinzipien der DCR beinhalten:

  • den Erhalt von Normothermie und physiologischem pH-Wert,

  • eine frühzeitige Gabe von Blutprodukten,

  • die „permissive Hypotension“.

Dieser niedrigere als normale Blutdruck (mittlerer arterieller Druck [MAP] ≈ 65 mmHg, SAP ≈ 90 mmHg, altersadaptiert bei Kindern [2]) wird durch restriktive Flüssigkeitsgabe von balancierten, kristallinen Lösungen, ggf. unterstützt durch Vasopressoren wie Noradrenalin, erzielt und gilt nur für die Dauer der lebensbedrohlichen Blutung („major bleeding“ [4]), „uncontrolled bleeding“ [3]), d. h. nur bis zur chirurgischen Blutstillung. Der international publizierte, weitgehende Verzicht auf kristalline Lösungen und vor allem Kolloide als Volumenersatz wird mit dem Risiko von u. a. Dilution, Hypothermie und Azidose („tödliche Triade“) begründet. Bei hämorrhagischem Schock mit Schädel-Hirn-Trauma (SHT; Glasgow Coma Scale [GCS] < 9) und/oder spinalem Trauma mit neurologischer Symptomatik sollte der MAP 85 – 90 mmHg betragen. Die Behandlung des Schockes soll durch wiederholte Messung von Basenüberschuss (BE) und/oder Laktat überprüft werden [2] [4]. Beide Parameter sind allerdings bei alkoholisierten Patienten mit Vorsicht zu werten [1].

Merke

Mögliche Zielwerte sind dabei ein BE > –6 mmol/l, ein Laktat < 4 mmol/l, eine arteriell-zentralvenöse Differenz des pCO2 („pCO2 gap“) < 6 mmHg sowie der zeitliche Verlauf dieser Parameter [1].

Die Auswertung einiger Studien deutet darauf hin, dass die „permissive Hypotension“ einen Überlebensvorteil bewirken kann. Der individuell ideale Zielblutdruck bleibt allerdings weiterhin unklar [10].


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Restriktive Transfusionsstrategie

Das therapeutische Ziel der Transfusion von Erythrozyten ist die Vermeidung einer manifesten anämischen Hypoxie, d. h. eines zellulären Sauerstoffmangels infolge fehlender Sauerstoffträger, also Erythrozyten [11]. Die Indikation zur Transfusion ist bei einem aktiv blutenden Patienten immer individuell nach klinischen Kriterien, dem Verletzungsgrad, dem Ausmaß des Blutverlusts, der Kreislaufsituation und der Oxygenierung zu stellen. Im Grundsatz kann unter strikter Aufrechterhaltung der Normovolämie die globale O2-Versorgung bei akutem Blutverlust bis zu einer Hämoglobinkonzentration von ca. 6 g/dl (3,7 mmol/l) bzw. einem Hkt von 18 % durch die physiologischen Kompensationsmechanismen ohne dauerhaften Schaden kompensiert werden [11]:

  • Anstieg des Herzzeitvolumens durch erhöhtes Schlagvolumen (bis ≈ Hb 7,5 g/dl) und erhöhte Herzfrequenz,

  • Zunahme der O2-Extraktion durch Umverteilung und kapilläres Recruitment in den Lungen (durch Freisetzung von Adenosin, Prostaglandinen und Stickstoffmonoxid),

  • Redistribution der Durchblutung zugunsten von Herz und ZNS.

Da der Hb-Wert eine Schätzung der zirkulierenden Erythrozytenmasse ermöglicht, aber keine Aussage über die Gewebeoyxgenierung macht, verlangt die Bundesärztekammer für die Indikation zur Gabe von Erythrozytenkonzentraten (EK) neben dem Hb-Wert zusätzlich den Nachweis einer zellulären Hypoxie, z. B.:

  • neu auftretende, regionale myokardiale Kontraktionsstörungen im Echokardiogramm,

  • Abfall der zentralvenösen O2-Sättigung SzvO2 < 60 % (SvO2 < 50 %, PvO2 < 32 mmHg),

  • Laktatazidose (Laktat > 2 mmol/l + Azidose),

  • zunehmende Tachykardie bei Hypotonie [11].

EK werden AB0-identisch transfundiert. Liegt das Ergebnis der AB0-Blutgruppenbestimmung des Empfängers nicht vor, können zur Erstversorgung EK der Blutgruppe 0 verwendet werden. Die Gabe von ungekreuzten Konserven „0 Rhesus negativ“ ist nur bei vitaler Gefährdung des Patienten indiziert [12]. Der Hb-Wert sollte auf 7 – 9 g/dl (4,4 – 5,6 mmol/l) angehoben werden. Dieser Bereich sollte möglichst zu keinem Zeitpunkt verlassen werden. Damit kann also bei einem anhaltend und massiv blutenden Patienten ggf. bereits vor diesem Bereich eine Transfusion erforderlich sein [2] [4]. Eine eindeutige „Evidence” für eine Transfusionsindikation erst ab einem Hb < 7 g/dl liegt für fast alle kritisch kranken Patienten vor, sie fehlt aktuell nur beim SHT und dem akuten Myokardinfarkt [2] [13].

Im Fall von akuten Blutungen stellen die Thrombozytenzahl und -funktion, das Ausmaß des Blutverlusts sowie die Bedrohlichkeit der Blutung die wichtigsten Transfusionstrigger dar [11]. Bei anhaltenden, transfusionspflichtigen Blutungen und/oder SHT sollte die Thrombozytenzahl bei ≥ 100 000/μl sein [4] [11]. Thrombozytenkonzentrate (TK) sollen AB0-kompatibel, bevorzugt AB0-identisch, transfundiert werden [12]. Da die Funktion der Plättchen jedoch mindestens so bedeutend wie ihre Zahl ist, wird seit 2019 auf europäischer Ebene die zusätzliche Nutzung einer patienten- und zeitnahen Thrombozytenfunktionsanalyse empfohlen [4].

In der Bundesrepublik gibt es therapeutisches Plasma (thP) in verschiedenen Präparationen:

  • Gefrorenes Frischplasma (GFP),

  • lyophilisiertes Plasma (LP),

  • pathogenreduziertes Plasma (durch Methylenblau/Licht, Amotosalen/UVA oder Solvens/Detergens).

In Präparaten der Blutgruppe 0 und A(2) liegen die Spiegel des Gerinnungsfaktors VIII und des Von-Willebrand-Faktors (VWF) im Durchschnitt um ca. 25 % niedriger als in Plasmaeinheiten der Blutgruppen A(1), B oder AB [11]. Seit Herbst 2017 muss thP-AB0-identisch transfundiert werden, nur in Ausnahmefällen kann auch AB0-kompatibles Plasma benutzt werden [12].

Praxis

Bei Patienten ohne lebensbedrohliche Blutung soll die Gabe von thP vermieden werden [2] [4]. Wenn überhaupt, ergibt sich eine Indikation für die Gabe von thP nur bei (erwarteter) Massivtransfusion, d. h. beim Erwachsenen ab 4 – 6 EK. Dann aber frühzeitig, viel (d. h. mindestens 6 GFP für Erwachsene bzw. ≥ 30 ml/kg und ein Verhältnis GFP:EK:TK von ≈ 4 [– 6]:4 [– 6]:1) und schnell (d. h. ≈ 50 ml/min [≈ 3000 ml/h]).

Dieses Verhältnis, nach 4 – 6 Paar EK + GFP 1 TK, ergibt sich aus der Anpassung der Daten der PROPPR-Studie [14] mit Einzelspender-TK an deutsche Pool- bzw. Apherese-TK mit 2 × 1011 Plättchen. Diese Studie „Pragmatic Randomized Optimal Platelet and Plasma Ratios (PROPPR)“ konnte als bisher einzige prospektiv, randomisiert und kontrolliert die blutungsbedingte Sterblichkeit innerhalb von 3 Stunden durch das 1:1:1-Verhältnis von GFP:EK:TK reduzieren. Nach 24 Stunden und nach 30 Tagen gab es keinen Überlebensvorteil. Dies galt nur, wenn aufgetautes GFP innerhalb von 8 Minuten nach Anruf bei der Blutbank anwendbar sowie die Nutzung von kristallinen und kolloidalen Lösungen deutlich begrenzt war [1]. Für pathogeninaktiviertes oder lyophilisiertes Plasma gibt es bisher keine randomisiert-kontrollierten Daten. Das physiologische Kolloid „Plasma“ mit deutlichem Volumeneffekt und den enthaltenen gerinnungsaktiven Substanzen scheint, im Vergleich mit allen bisherigen künstlichen kristallinen und kolloidalen Lösungen, für Massivtransfusionen besser geeignet zu sein [1].


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Tranexamsäure

Bei massiv blutenden Patienten soll möglichst frühzeitig die Gabe von 1 g Tranexamsäure (TXA) über 10 Minuten, ggf. gefolgt von einer Infusion von 1 g über 8 Stunden, erfolgen [2]. Das Medikament ist eine wichtige Teilkomponente eines blutsparenden Gesamtkonzepts [15]. Die breite Verfügbarkeit, die geringen Kosten sowie eine teilweise recht unkritische Literatur lassen TXA als universell einsetzbares „Gerinnungswundermittel“ erscheinen. TXA ist jedoch ein Antifibrinolytikum (es verhindert die vorzeitige und verstärkte Auflösung eines bereits gebildeten Gerinnsels), es ist kein Antihämorrhagikum (es bildet keine Gerinnsel). Gravierende Wissenslücken (pharmakokinetisch und -dynamisch begründete Dosierung, Anpassung an GFR bei einem renal eliminierten Medikament, eine Dosis für alle Patienten usw.), die Erkenntnis, dass ≈ 60 % der Traumapatienten eine Hypofibrinolyse („fibrinolytic shutdown“) und keine Hyperfibrinolyse haben, dass diese Hypofibrinolyse durch TXA negativ beeinflusst wird [16] sowie zunehmende Hinweise auf thromboembolische Nebenwirkungen im Bereich schwerer Polytraumata [15] lassen eine sehr großzügige, flächendeckende Anwendung als problematisch erscheinen [15].

Praxis

Eine individualisierte Indikation für TXA ergibt sich somit beim schwer, d. h. lebensbedrohlich blutenden Patienten („significant haemorrhage“ [4]) durch (zumindest vermutete) Hyperfibrinolyse [3], optimalerweise bevor es zu einem Schock kommt und innerhalb von 3 Stunden nach Trauma, wenn die Blutung nicht durch Kompression und/oder Tourniquet kontrollierbar ist.

Ist prähospital TXA appliziert worden, sollte innerklinisch eine erneute Gabe erst bei Nachweis oder zumindest dem hochgradigen Verdacht einer (anhaltenden) Hyperfibrinolyse erfolgen.


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Faktorenkonzentrate

Wird die Gerinnungstherapie bei Massivtransfusionen mit Faktorenkonzentraten durchgeführt, sollte dies mit geeigneten Verfahren (siehe „Diagnostik“) gesteuert erfolgen [2].

Fibrinogen (= Faktor I) ist einerseits das Substrat der plasmatischen Blutgerinnung und andererseits ein wesentlicher Ligand bei der Thrombozytenaktivierung und Thrombozytenaggregation. Fibrinogen ist ein Akut-Phase-Protein, das z. B. bei Infektionen oder postoperativ innerhalb von wenigen Stunden bis auf Werte über 10 g/l im Plasma ansteigen kann. In der Schwangerschaft steigt der Fibrinogenspiegel physiologischerweise auf Werte bis 6 g/l. Der Plasmaspiegel sollte immer spezifisch bestimmt werden, eine abgeleitete Bestimmung (sog. „derived fibrinogen“) über Thromboplastinzeit oder PTT ist zur Frage einer Indikation zur Substitution nicht ausreichend. Bei Hyperfibrinolysen ist die Fibrinogengabe nur nach Unterbrechung der Gerinnungsstörung durch Antifibrinolytika (z. B. TXA) indiziert [11].

Fibrinogen ist der erste Prokoagulationsfaktor, der bei starker Blutung in den kritischen Bereich abfällt. Eine Substitution ist indiziert, wenn diese Blutung von einer Hypofibrinogenämie begleitet ist, also thromboelastometrische Zeichen eines funktionellen Fibrinogendefizits oder Plasmaspiegel ≤ 1,5 g/l (≤ 150 mg/dl) vorliegen [4]. Dieser Plasmabereich kann bei polytraumatisierten Patienten vermutet werden, wenn in der BGA der Hb um 8 g/dl und/oder der BE < –6 mmol/l liegt.

Während die Indikation zur Gabe von Fibrinogenkonzentrat bei einer Plasmakonzentration ≤ 1,5 g/l international akzeptiert ist, ist der Zielbereich nach Substitution nicht eindeutig. Vermutlich sollte, zumindest bei Patienten, bei denen vorher keine die Gerinnung beeinflussende Pathologie und/oder Medikation bestand und die kardiopulmonal gesund waren, ein Fibrinogen von 2 – 2,5 g/l ausreichend für die Hämostase sein. Nach Fibrinogengabe sind unabhängig von der applizierten Menge keine erhöhten Spiegel an den folgenden Tagen zu erwarten, somit ist ein erhöhtes Thromboserisiko unwahrscheinlich.

PPSB enthalten die Faktoren II, VII, IX und X sowie Protein C, Protein S und Protein Z. PPSB sind hinsichtlich ihres Faktor-IX-Gehalts standardisiert [11], die Konzentration der anderen Bestandteile variiert bei den Präparaten verschiedener Hersteller deutlich. Aktivierte Gerinnungsfaktoren und aktiviertes Protein C oder Plasmin sind in den heute zur Verfügung stehenden PPSB nicht mehr enthalten. Die Gabe von PPSB ist sicher indiziert zur Antagonisierung von Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien. Außerhalb dieser Indikation kann PPSB sinnvoll sein, wenn die CT-Zeit im VET verlängert, also die Initiation der Gerinnung gestört ist. Da die Faktoren als Konzentrat enthalten sind, ist eine Substitution mit PPSB deutlich wirksamer als mit GFP. Nach PPSB ist für 3 Tage das endogene Thrombinpotenzial erhöht, damit ist ein gesteigertes Thromboserisiko möglich.

Eine Vielzahl von Pathologien kann ein erworbenes Von-Willebrand-Syndrom auslösen. Hierbei liegt eine Thrombozytenfunktionsstörung infolge von Hypothermie, Azidämie und/oder bestimmten Krankheiten (Klappenvitien, myeloproliferativ, autoimmun, Anschluss an extrakorporale Membranoxygenierung [ECMO], Herz-Lungen-Maschine [HLM], Anlage von „ventricular assist devices“) bzw. Medikamenten (z. B. ASS, Zyklooxygenase-1-[COX-1-]Inhibitoren, Antibiotika, Valproat, Clopidogrel, Ticagrelor) vor. Desmopressin/DDAVP ist ein Agonist für Vasopressin-Rezeptor Typ 2. Es bewirkt eine Freisetzung (≈ 3-facher Anstieg) von FVIII, VWF und t-PA (welches schnell in α2-Antiplasmin umgewandelt wird und daher nicht fibrinolytisch wirkt) aus Gefäßendothel (Weibel-Palade-Körperchen) und Lebersinusoiden, eine verbesserte Plättchenfunktion durch verstärkte Freisetzung von p-Selektin, eine verstärkte Thrombozytenadhäsion an das Endothel und eine Freisetzung von „ultra-large“ Von-Willebrand-Multimeren. In einer Dosierung von 0,3 µg/kg („1 Ampulle [= 4 µg] pro 10 kg KG“), langsam als Kurzinfusion, ist DDAVP bei Thrombozytopathie sowie angeborenem (Typ 1 und 2 [kontraindiziert bei 2B], jeweils + TXA) und erworbenem Von-Willebrand-Syndrom indiziert.

Fallbeispiel

Therapeutisches Vorgehen

Auch unter der Gabe von kristallinen Infusionslösungen ist bei dem Patienten keine ausreichende hämodynamische Stabilisierung zu erzielen. Nach Abnahme von Kreuzblut und Laborproben werden in der venösen BGA u. a. folgenden Werte ermittelt:

  • pH 7,22,

  • BE – 8,

  • Laktat 5,3 mmol/l,

  • Hb 7,6 g/dl.

Bei vermuteter aktiver Blutung bei instabiler Beckenfraktur wird neben warmen Infusionslösungen bei hämodynamischer Instabilität, Laktatazidose und akuter vitaler Gefährdung des Patienten die Notfalltransfusion 0-Rhesus-negativer EK über ein Druckinfusionssystem mit Wärmemöglichkeit begonnen, zudem Applikation von 1 g TXA i. v. bei vermuteter traumabedingter Hyperfibrinolyse. Diese kann wenig später in der unmittelbar mit Abnahme der Laborproben durchgeführten ROTEM bestätigt werden.

Nach der Transfusion von 4 EK wird der Patient bei Zeichen einer traumainduzierten Koagulopathie, aber stabilerer Hämodynamik unter laufender Gabe von therapeutischem Plasma zur Versorgung in den OP verlegt. Dort werden die Transfusion und das Wärmemanagement fortgeführt, zudem mittels BGA neben dem Hb-Wert insbesondere pH, BE und ionisiertes Ca2 +  bestimmt. Bei bestehender Koagulopathie werden im Verlauf 1 TK, 4 g Fibrinogen sowie 1000 IE PPSB appliziert.

Die kurze Zeit nach der Verlegung vorliegenden Laborwerte zum Aufnahmezeitpunkt zeigen u. a. folgende Befunde:

  • Hb 7,5 g/dl,

  • Thrombozyten 91 000/µl,

  • Quick 55 %,

  • Fibrinogen 123 mg/dl.

Nach interdisziplinärer Versorgung wird der Patient intubiert und beatmet, aber katecholaminfrei auf die Intensivstation verlegt. Die Körpertemperatur beträgt 36,2 °C (Blasentemperatur). Klinische Zeichen einer Koagulopathie bestehen nicht.


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Thromboseprophylaxe

Die hypokoable Form der TIK wandelt sich innerhalb von 24 h in die hyperkoable, damit sind diese Patienten akut thrombosegefährdet.

Merke

Innerhalb von 24 Stunden nach Blutungsstopp soll über Art und Beginn der Thromboseprophylaxe entschieden werden [2].

Bei Kontraindikationen gegen eine medikamentöse Thromboembolieprophylaxe sollten physikalische Maßnahmen, bevorzugt intermittierende pneumatische Kompression (IPK), eingesetzt werden [8].

[Tab. 2] zeigt ein eskalierendes Schema zur Therapie koagulopathischer Blutungen. [Tab. 3] zeigt die Möglichkeiten der Antagonisierung moderner Antithrombotika.

Tab. 2

Eskalierende Therapie chirurgisch nicht beherrschbarer, koagulopathischer Blutungen [2].

Ziel

Therapeutisches Vorgehen

1. Stabilisierung der Rahmenbedingungen (Prophylaxe und Therapie!)

Körperkerntemperatur  ≥ 34 °C (möglichst Normothermie)

pH-Wert  ≥ 7,2

ionisierte Ca2 + -Konzentration  > 0,9 mmol/l (möglichst Normokalzämie)

2. frühestmögliche Hemmung einer potenziellen (Hyper-)Fibrinolyse (immer vor Gabe von Fibrinogen!)

Tranexamsäure initial 1 (– 4) g (15 – 30 mg/kg KG) oder 1 g in 10 min + ggf. 1 g über 8 h

3. Substitution von Sauerstoffträgern

EK nach Stabilisierung: Hb auf mindestens 7 – 9 g/dl (4,4 – 5,6 mmol/l) anheben

4. Substitution von Gerinnungsfaktoren (bei fortbestehender schwerer Blutungsneigung)

GFP ≥ 20 (eher 30) ml/kg KG (bei [erwarteter] Massivtransfusion)

und Fibrinogen (2 –) 4 (– 8)g (30 – 60 mg/kg KG; Ziel: ≥ 2 g/l; ggf. z. B. peripartal höher)

und ggf. PPSB initial 1000 – 2500 IE (20 – 30 IE/kg KG)

ggf. 1 – 2 × FXIII 1250 IE (30 IE/kg KG)

und (bei V. a. Thrombozytopathie)

DDAVP/Desmopressin 0,3 µg/kg KG über 30 min („1 Ampulle pro 10 kg KG über 30 min“)

5. Substitution von Thrombozyten für die primäre Hämostase

Thrombozytenkonzentrate (Apherese-/Pool-TK): Ziel bei transfusionspflichtigen Blutungen und/oder SHT: ≥ 100 000/µl

6. ggf. Thrombinburst mit Thrombozyten- und Gerinnungsaktivierung („Rahmenbedingungen“ beachten!, „Off-Label-Use“)

im Einzelfall sowie bei Erfolglosigkeit aller anderen Therapieoptionen ggf. rFVIIa

initial 90 µg/kg KG i. v.

innerhalb von 24 Stunden nach Blutungsstopp

über Art und Beginn der Thromboseprophylaxe entscheiden

EK: Erythrozytenkonzentrat; FXIII: Faktor-XIII-Präparat, GFP: gefrorenes Frischplasma, Hb: Hämoglobinwert, KG: Körpergewicht, rFVIIa: rekombinanter, aktivierter Faktor VII, PPSB: Prothrombinkonzentrat, SHT: Schädel-Hirn-Trauma

Tab. 3

Antagonisierung moderner Antithrombotika [2]

Zeit bis zur regulären Hämostase nach therapeutischer Dosis

Antidot

Bemerkung

Vitamin-K-Antagonisten

Phenprocoumon = Marcumar®: 8 – 10 d

Warfarin = Coumadin®: 60 – 80 h

Vitamin K  = Konakion® 20 mg i. v. (max. 40 mg/d, Geschwindigkeit etwa 1 mg/min) oder 2 – 3 mg p. o.

Vitamin K = Konakion® i. v.: verzögert wirksam in 12 – 16 h (Beginn bereits in 2 h)

Vitamin K = Konakion® p. o.: verzögert wirksam in 24 h

PPSB (20 – 25 IE/kg bzw. [QuickIst - QuickSoll] × kg KG)

PPSB i. v. sofort wirksam

Heparin

3 – 4 h

Protamin (25 – 30 mg): sofort wirksam

1 mg (= 100 E) pro 100 anti-Xa-Einheiten, die in den letzten 2 – 3 h gegeben wurden

LMW-Heparine (Certoparin = Mono-Embolex®, Dalteparin = Fragmin®, Enoxaparin = Clexane®, Nadoprarin = Fraxiparin®, Reviparin = Clivarin®, Tinzaparin = Innohep®)

12 – 24 h

Protamin (25 – 30 mg): sofort partial wirksam

nur partial; 1 mg (= 100 E) pro 100 anti-Xa-Einheiten, die in den letzten 8 h gegeben wurden (ggf. 2. Dosis mit 0,5 mg)

Pentasaccharide/s. c. Xa-Inhibitoren

Fondaparinux = Arixtra® 24 – 30 h

probatorisch: rFVIIa  = NovoSeven® (90 µg/kg)

experimentell

orale Xa-Inhibitoren (Rivaroxaban = Xarelto®, Apixaban = Eliquis®)

meist innerhalb von 12 h (→ dann Thromboplastinzeit [TPZ, Quick] normal bzw. fehlender Anti-Xa-Effekt [NMH-Testung])

spezifisches Antidot: Andexanet alfa  = Ondexxya®

Aktivkohle (30 – 50 g) bei Einnahme des Xa-Inhib. < 2 h

Adjuvanzien: DDAVP  = Minirin® (0,3 µg/kg i. v.) plus Tranexamsäure (TXA = Cyclokapron®, 3 × 1 g oder 20 µg/kg i. v.); probatorisch: PPSB (25 – 50 IE/kg i. v. bzw. [QuickIst - QuickSoll] × kg); ggf. aktiviertes PPSB  = FEIBA® (50 – 100 IE/kg i. v., max. 200 IE/kg/d) oder rFVIIa  = NovoSeven® (90 – 100 µg/kg i. v.)

experimentell (DDAVP bei erworbenem Von-Willebrand-Syndrom)

direkte orale Thrombininhibitoren (Dabigatran = Pradaxa®)

meist innerhalb von 12 h (→ dann Thrombinzeit [TZ] normal bis leicht verlängert)

spezifisches Antidot: Idarucizumab  = Praxbind®, 2 × 2,5 g

ggf. Dialyse (High-Flux-Filter); cave: Rebound nach Ende der Dialyse?

Aktivkohle (30 – 50 g) bei Einnahme des IIa-Inhib. < 2 (– 6) h

Adjuvanzien: DDAVP  = Minirin® (0,3 µg/kg i. v.) plus Tranexamsäure (TXA = Cyclokapron®, 3 × 1 g oder 20 µg/kg i. v.); probatorisch: PPSB (50 IE/kg i. v., ggf. + 25 IE/kg), ggf. aktiviertes PPSB  = FEIBA® (50 – 100 IE/kg i. v., max. 200 IE/kg/d) oder rFVIIa  = NovoSeven® (90 – 100 µg/kg i. v.)

alle experimentell (DDAVP bei erworbenem Von-Willebrand-Syndrom)

Aspirin

5 – 10 d

DDAVP  = Minirin® (0,3 µg/kg i. v.) und/oder Thrombozytenkonzentrate (Ziel: > 80 000/µl), wirksam in 15 – 30 min

abhängig von Klinik

Thienopyridine = ADP-Antagonisten (Clopidogrel = Iscover ®  = Plavix ® , Prasugrel = Efient ® )

1 – 2 d

Thrombozytenkonzentrate (Ziel: > 80 000/µl), möglichst mit DDAVP  = Minirin® (0,3 µg/kg i. v.), wirksam in 15 – 30 min

abhängig von Klinik

PPSB: Prothrombinkonzentrat, LMW-Heparin: niedermolekulares Heparin, rFVIIa: rekombinanter, aktivierter Faktor VII, DDAVP: Desmopressin, NMH: niedermolekulares Heparin

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Kernaussagen
  • Sofern die Zeit vorhanden ist, ist die Basis jeder Diagnostik eine strukturierte Gerinnungsanamnese.

  • Eine Blutung zu behandeln heißt diese Blutung zu stoppen, und zwar so schnell wie möglich.

  • Wird die initiale Ursache einer Blutung nicht schnell genug behoben, so entwickelt sich zwangsläufig eine Koagulopathie, d. h. eine Störung des „Organsystems Gerinnung“.

  • Koagulopathische Blutungen sind am besten visuell zu diagnostizieren: nicht chirurgische, diffuse Blutungen aus Schleimhaut, Serosa und Wundflächen.

  • Ein spezifisches Massivtransfusions- und Gerinnungstherapieprotokoll sollte in jeder Notaufnahme etabliert sein.

  • Jegliche Verletzung, die das Risiko einer starken Blutung und/oder einer physiologischen Entgleisung bedingt, sollte schnellstmöglich mittels „damage control resuscitation (DCR)“ therapiert werden.

  • Der Hb-Wert sollte in den Bereich 7 – 9 g/dl (4,4 – 5,6 mmol/l) angehoben werden.

  • TXA ist ein Antifibrinolytikum (es verhindert die vorzeitige und verstärkte Auflösung eines bereits gebildeten Gerinnsels), es ist kein Antihämorrhagikum (es bildet keine Gerinnsel).


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Autorinnen/Autoren


Dr. med. Heiko Lier

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Jahrgang 1965. 1986–1993 Studium der Humanmedizin an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. 1993–1994 Klinik für Anästhesiologie, Paracelsus-Klinik Bad Ems. 1994–2006 Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Universitätsklinik Bonn. Seit 2006 Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Köln. Seit 2000 Oberarzt. Schwerpunkte: Gerinnungstherapie perioperativer Blutungen.


Dr. med. Mark Michael

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Jahrgang 1978. 1999–2006 Studium der Humanmedizin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seit 2007 Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Düsseldorf. Seit März 2018 Oberarzt der Zentralen Notaufnahme der Universitätsklinik Düsseldorf (Ärztliche Leitung: PD Dr. Michael Bernhard).

Interessenkonflikt

Erklärung zu finanziellen Interessen
Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: ja, von einer anderen Institution (Pharma- oder Medizintechnikfirma usw.); Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an im Bereich der Medizin aktiven Firma: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an zu Sponsoren dieser Fortbildung bzw. durch die Fortbildung in ihren Geschäftsinteressen berührten Firma: nein
Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen
OA, Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Köln (AöR) Mitglied, DGAI, BDA, ESA


Korrespondenzadresse

Dr. med. Heiko Lier
Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin
Universitätsklinikum Köln (AöR)
Kerpener Straße 62
50937 Köln


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Abb. 1 Mögliche Ursachen einer Koagulopathie.
INR: International Normalized Ratio
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Abb. 2 Grenzwerte für Temperatur, pH und ionisiertes Kalzium zum Erhalt einer physiologischen Gerinnung.
ESA 2017: Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Anästhesiologie zur Therapie perioperativer Blutungen [3]
5th European Trauma 2019: 5. Aufl. der Europäischen Trauma-Richtlinien [4]
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