Aktuelle Rheumatologie 2020; 45(01): 1
DOI: 10.1055/a-0963-4816
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

St. Rehart
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Publication Date:
06 February 2020 (online)

 

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    liebe Kolleginnen und Kollegen in der „Rheumatologie“,

    in der vorliegenden Ausgabe stellen wir Ihnen ganz verschiedene Facetten des umfangreichen Feldes der Arthrose vor.


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    Prof. Dr. med. Dr. med. habil. St. Rehart

    Der degenerative Befall der (beim Erwachsenen fehlenden) Regenerationsfähigkeit der Knorpeloberflächen in den Gelenken – im engl. Sprachraum als „Osteoarthritis“ bezeichnet – ist mit hoher Prävalenz weltweit verbreitet. 5 Mio. Menschen in D leiden unter einer mehr oder weniger aktiven Arthrose, latent liegt eine solche bei 11 Mio. Personen vor. Fast die Hälfte aller Menschen im Alter über 65 Jahren ist betroffen!! Die volkswirtschaftliche Bedeutung ist deshalb – aus vielen Quellen leicht zu entnehmen – enorm… Es sind zahlreiche Risikofaktoren und präarthrotische Deformitäten bekannt, die möglichst prophylaktisch zu adressieren, bzw. zu verhindern sind. Dazu kommt, dass bis zum heutigen Tag weder eine prophylaktische Behandlung, die die Ausbildung oder das Fortschreiten einer beginnenden Arthrose verhindert, noch eine kausale Therapie einer manifesten Arthrose bekannt ist!

    In der Altersgruppe von 45 bis 64 Jahren zeigt sich dann bei beiden Geschlechtern auch noch ein Zusammenhang zwischen degenerativem Gelenkverschleiss und dem Bildungsstatus, so berichten Personen aus der oberen Bildungsgruppe signifikant seltener über eine Arthrose. Damit konstatieren wir richtig viele verschiedene Einflüsse auf die klinischen Aspekte. Es gilt, bei jedem einzelnen Betroffenen die existierenden Risikofaktoren, wie Geschlecht, Alter, Gewicht, genetische Faktoren, evtl. postmenopausale Hormonumstellungen, Gelenkdeformitäten, anamnestisch zu eruierende Traumata, stattgehabte Gelenkoperationen, Überbelastung in Beruf und Sport in ein diagnostisches sowie in ein konservatives und dann ggf. operatives Konzept zu bringen.

    Ziel aller konkurrierenden konservativen Verfahren unter Einschluss der Medikamente ist es, Schmerzen zu lindern, die Gelenkfunktion zu verbessern und das Fortschreiten der degenerativen Destruktion aufzuhalten. Für eine differenzierte Anwendung ist eine genaue Indikationsstellung wichtig, da die verschiedenen Verfahren je nach Patient und Defekt unterschiedlich geeignet sind. Kann eine intensive konservative Therapie die Beschwerden nicht mehr ausreichend lindern, ist ein Gelenkersatz (Endoprothese) sehr gut dazu geeignet, Erleichterung zu bringen und die Lebensqualität in Bezug auf die Schmerzfreiheit und die Aktivität weitgehend zu normalisieren. Der Einbau eines künstlichen Gelenkes ist jedoch eine Maßnahme, die erst nach Ausnutzung sämtlicher anderer Therapieverfahren erwogen werden sollte. Grundsätzlich haben Kunstgelenke eine begrenzte Haltbarkeit. Diese beträgt heute meist mehr als 20 Jahre (Knie/Hüfte) aber auftretende Lockerungen zwingen zu aufwendigen Wechseloperationen, was v. a. bei jungen Patienten zu bedenken bleibt. Erfreulicherweise bestehen auch an den sog. „kleineren, peripheren Gelenken“ (alle außer Hüfte/Knie) heute gute endoprothetische Versorgungsmöglichkeiten. Zuletzt bleibt eine Infektion eines Kunstgelenkes eine schlimme Komplikation, die Folgeoperationen bis hin zum Ausbau der Prothese zeitigen kann.

    Die Autoren der vorliegenden Beiträge haben in intensiver Arbeit Manuskripte zu ganz unterschiedlichen Aspekten vorbereitet, die Ihnen Einblicke in Besonderheiten bieten mögen, die nicht jedem von uns in der täglichen Routine begegnen. Dabei haben uns dieses Mal nicht biochemische, molekularbiologische oder immunologische Phänomene interessiert, sondern es lag uns daran, Ihnen orthopädische Details nahezubringen. Natürlich kann es sich bei der schieren Menge der bearbeiteten Gebiete bez. der degenerativen Erkrankungen nur um eine Auswahl handeln, die jedoch geprägt sein soll von einer gewissen Praktikabilität bei den Routineabläufen.

    Wie oft in der Medizin am muskulo-skelettalen System ist eine interdisziplinäre Kooperation zwischen vielen Kompetenzen sinnvoll und gefordert: Orthopädie und Unfallchirurgie/internistische Rheumatologie/Physiotherapie/Orthopädietechnik/Medizintechnik/Prothesenhersteller/Psychologie/Sozialmedizin/Patientenvereinigungen u. a. Diese erfolgt unter respektvollem Beachten des Könnens aller anderen Beteiligten zum Wohle der Betroffenen.

    Ich wünsche allen Lesern einen Gewinn bei der Lektüre der hoffentlich auch aus Ihrer Sicht lesenswerten und in jedem Fall sorgfältig erstellten Manuskripte!!

    Ihnen sehr herzliche kollegiale Grüße aus Frankfurt, Ihr

    Prof. Dr. med. Dr. med. habil. St. Rehart


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    Prof. Dr. med. Dr. med. habil. St. Rehart