Pneumologie 2019; 73(10): 571
DOI: 10.1055/a-0963-9184
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Nutzung von ECMO bei ARDS in der Praxis

Schmidt M. et al.
Mechanical Ventilation Management during ECMO for ARDS: An International Multicenter Prospective Cohort.

Am J Respir Crit Care Med 2019;
DOI: 10.1164/rccm.201806-1094OC.
Further Information

Publication History

Publication Date:
17 October 2019 (online)

 

    Die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) kann Untersuchungen zufolge bei akutem respiratorischem Distress (ARDS) erfolgreich sein – Studiendaten hierzu sind jedoch nicht eindeutig. Unklar bleibt derzeit auch, wie ECMO und andere Beatmungsverfahren bei ARDS-Patienten in der Praxis eingesetzt werden. Diese Fragen versuchten die Autoren in einer internationalen prospektiven Studie zu klären.


    #

    Zur Teilnahme aufgerufen waren internationale Kliniken, die > 15 Fälle jährlich mittels ECMO behandeln. In der Zeit von 2014 – 2016 ließen sich aus 23 Kliniken 350 Patienten rekrutieren, bei denen eine ECMO erfolgte. Zweck dieser Therapie ist es, die notwendige mechanische Ventilation mit geringeren Drücken und Tidalvolumina durchführen zu können, was pulmonalen Verletzungen vorbeugt. Die Autoren der vorliegenden LIFEGARDS-Studie wollten zum einen das Beatmungsmanagement unter ECMO in der Praxis beschreiben, zum anderen deren Effekt auf die 6-Monats-Sterblichkeit bei ARDS beurteilen. Auch weitere atemunterstützende Maßnahmen sowie ECMO-assoziierte Komplikationen prüften die Autoren.

    Die rekrutierten Patienten waren im Durchschnitt 47 Jahre alt, 65 % männlich mit einem APACHE-Score von im Mittel 24 ± 11. Bei 325 von ihnen war das ARDS schwer, bei 22 mäßig und bei 3 leicht ausgeprägt. Insgesamt ließen sich ausführliche, täglich dokumentierte Daten zur Symptomatik und Beatmung von 4211 Therapietagen unter ECMO auswerten. Im Vergleich zur Therapie vor Beginn von ECMO blieb der positive endexspiratorische Druck (PEEP) weiterhin bei > 10 cm H2O. Tidalvolumina und Plateaudruck jedoch wurden deutlich gesenkt: von 6,4 ± 2 auf 3,7 ± 2 ml/kg Körpergewicht bzw. von 32 ± 7 auf 24 ± 7 cm H2O (für beide gilt p < 0,001). Zudem reduzierten sich die nötige mechanische Kraft, die Ventilationsrate/min und der „driving pressure“ (d. h. der Druckunterschied ΔP zwischen PEEP und inspiratorischem Plateaudruck) durch die ECMO-Unterstützung. Es ließen sich unter ECMO im Verlauf 61 % der Patienten mit einem ΔP ≤ 15 cm H2O und einem Tidalvolumen von ≤ 6 ml/kg beatmen. Den meisten Patienten wurde also eine ultraprotektive Beatmung zuteil.

    In Bezug auf die allgemeinen unterstützenden Maßnahmen gaben die teilnehmenden Ärzte an, bei 62 % der Patienten neuromuskuläre Blocker genutzt und 26 % in aufrechte Position gebracht zu haben; bei 41 % und 6 % der Patienten wurden diese Maßnahmen während Tag 1 und 2 der ECMO fortgeführt. Im Verlauf ließ sich ECMO bei 74 % der Patienten erfolgreich beenden; 66 % überlebten die ICU-Entlassung und 6 Monate später waren noch 61 % der Patienten am Leben. Diese Gruppe war durchschnittlich 9 Tage per ECMO behandelt worden.

    Insgesamt ergab sich in der multivariaten Analyse keine Assoziation zwischen den Einstellungen/Parametern der mechanischen Beatmung während der ersten 2 Tage ECMO und der Mortalität. Verschiedene Parameter korrelierten mit einem negativen Outcome, darunter die Erfordernis einer Nierenersatztherapie, hohes Alter oder höhere Laktatwerte. Positiv mit dem Überleben hingegen korrelierten erhöhtes Tidalvolumen und niedriges ΔP während ECMO – eine Konstellation, die auf eine bessere Compliance der Lunge rückschließen lässt. Größere Blutungen erlitten 25 % der Patienten unter ECMO, seltener traten Komplikationen wie Hämolyse, Herzstillstand und Pneumothorax auf.

    Fazit

    Eine lungenprotektive Beatmung mittels ECMO wurde recht verbreitet in Zentren mit entsprechender Erfahrung eingesetzt, wie diese bisher größte prospektive, internationale Multicenter-Studie ergab. Die Ventilationsparameter während der ersten 2 Tage hatten keinen Einfluss auf die Prognose der Patienten, betonen die Autoren. Sie regen an, unterstützende Maßnahmen wie aufrechte Positionierung der Patienten häufiger zu nutzen bzw. deren optimalen Einsatz noch genauer zu untersuchen.

    Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen


    #