Prof. Dr. med. Peter Elsner
Die Berufsdermatologie beschäftigt sich – wen wundert es – mit der Diagnose, Therapie
und Prävention durch den Beruf verursachter oder verschlimmerter Hautkrankheiten,
wissenschaftlich auch mit der Erforschung von deren Pathogenese und Epidemiologie.
Dass die Berufsdermatologie als eine so ausdifferenzierte und aktive Subspezialität
der Dermatologie in Deutschland existiert, ist keineswegs selbstverständlich, schaut
man sich etwa in Europa oder gar weltweit um, sondern ist wesentlich dem Umstand zu
verdanken, dass Deutschland über eine gesetzliche Unfallversicherung verfügt, dass
also Patienten mit Berufskrankheiten der Haut im Versicherungssystem eine besondere
Aufmerksamkeit erfahren, was Prävention, Diagnose und Therapie angeht. Der erste Kanzler
des deutschen Kaiserreichs, Otto von Bismarck, hat mit der weitblickenden Entscheidung
zur Einführung einer gesetzlichen Unfallversicherung 1885 diese Weichen gestellt.
1925 wurden nach den Arbeitsunfällen auch Berufskrankheiten in den Schutz der gesetzlichen
Unfallversicherung einbezogen; bereits in der ersten Berufskrankheiten-Verordnung
von 1925 war der Hautkrebs durch „Russ, Teer, Pech und ähnliche Stoffe“ enthalten.
Für die Feststellung einer Berufskrankheit war die Unfallversicherung auf spezialisierte
dermatologische Gutachter angewiesen, und nach wie vor nimmt die Begutachtung einen
besonderen Schwerpunkt der Berufsdermatologie ein. Die „Bamberger Empfehlung“ bietet
dafür eine qualitätsgesicherte Grundlage [1].
Die schweren und/oder wiederholt rückfälligen Berufskrankheiten der Haut (BK 5101)
sind nach wie vor die am häufigsten gemeldeten Berufskrankheiten in Deutschland, mit
in den vergangenen Jahren sogar steigender Tendenz. Da über das 1972 auf Initiative
von S. Borelli, München, eingeführte „Hautarztverfahren“ die meisten gemeldeten Fälle
jedoch präventiv behandelt werden können und die Versicherten ihre Tätigkeit nicht
aufgeben müssen, sind die Zahlen der anerkannten Fälle einer BK 5101 erfreulich rückläufig.
Wesentlich dazu beigetragen hat auch in den vergangenen Jahren das von der Deutschen
Gesetzlichen Unfallversicherung geförderte und dann in die Regelversorgung übernommene
Forschungsprojekt „ROQ“, das stationäre tertiäre Präventionsmaßnahmen für Patienten
anbietet, bei denen ambulante Maßnahmen nicht ausreichen [2]
[3].
Von der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD) initiiert wurde
im vergangenen Jahrzehnt die epidemiologische Erforschung und die versicherungsrechtliche
Anerkennung des UV-bedingten Hautkrebses als Berufskrankheit, was in der wissenschaftlichen
Begründung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats „Berufskrankheiten“ beim Bundesarbeitsministerium
und der Anerkennung der neuen Berufskrankheit „Plattenepithelkarzinom oder multiple
aktinische Keratosen durch natürliches UV-Licht“ ab 01. 01. 2015 seinen Niederschlag
gefunden hat [4]. Mit der berufsdermatologischen Dermatoonkologie hat die deutsche Berufsdermatologie
ein neues Tätigkeitsfeld gefunden, das sie in den kommenden Jahrzehnten diagnostisch,
therapeutisch, vor allem aber auch präventiv herausfordern wird [5].
An vielen Stellen sind Dermatologen berufsdermatologisch aktiv: In den Praxen und
Kliniken im Hautarztverfahren, bei der Meldung von Berufskrankheiten der Haut und
in deren Behandlung, aber auch in spezialisierten Zentren für die Prävention der BK
5101, insbesondere in den Hautschutzzentren und den Schulungs- und Beratungszentren
(SchuBerZ) der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege und
in der stationären Prävention in den sogenannten „ROQ“-Zentren, etwa in Falkenstein,
Heidelberg und Osnabrück.
Dieses Themenheft der „Aktuellen Dermatologie“ will einen Einblick geben in die inzwischen
sehr differenzierten Tätigkeitsfelder der Berufsdermatologie – die „berufsdermatologische
Landschaft“ – und Kolleginnen und Kollegen anregen, in die Berufsdermatologie „einzusteigen“,
wenn sie auf diesem schönen Teilgebiet unseres Faches noch nicht tätig sind. Bei diesem
„Einstieg“ helfen zertifizierte Qualifizierungsangebote für Dermatologen [6]; über 1000 Dermatologen konnten bis dato als „Berufsdermatologen (ABD)“ zertifiziert
werden. Interessenten finden alle notwendigen Informationen dazu auf der neugestalteten
Webseite der ABD: https://www.abderma.org/.
Peter Elsner, Jena