Zusammenfassung
Der starke Anstieg von Wirbelsäulenoperationen ist Gegenstand der gesundheitspolitischen
Diskussion in Deutschland und bietet Anlass zu einer kritischen Analyse. Teilweise
ist die rezente Steigerung um 82 % innerhalb von 10 Jahren durch die demographische
Entwicklung, das verbesserte perioperative Patientenmanagement und die technische
Weiterentwicklung in der spinalen Chirurgie bedingt. Einen größeren Anteil scheinen
jedoch systemimmanente Faktoren aufzuweisen. So sind der Einfluss von finanziellen
Anreizen, Patientenerwartungen und Chirurgendichte nicht von der Hand zu weisen. Die
Operationshäufigkeiten und die vorliegenden Versorgungsdaten aus Deutschland legen
nahe, dass die evidenzbasierten Richtlinien nicht verlässlich bzw. nicht flächendeckend
eingehalten werden. Bei oftmals fehlender Evidenz für chirurgische Maßnahmen oder
für bestimmte Operationstechniken wird eine strengere Indikationsstellung nicht zu
umgehen sein, sodass ein Wandel zu weniger Operationen die Folge sein wird. Ob dies
durch bereits angestoßene Maßnahmen beispielsweise der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft
wie Ausbildungsverbesserung, Wirbelsäulenregister oder Zweitmeinungsportale ausreichend
erfolgen wird oder durch politische Intervention aufoktroyiert werden muss, wird sich
zeigen.
Abstract
The dramatic increase of spine surgery is vividly discussed in German health politics
and necessitates a critical analysis. The recent rise by 82 % within 10 years is partly
explained by demographic societal changes, improved perioperative patient management
and technical advances in spine surgery. System-based factors like financial incentives,
patient expectations and surgeon density, however, also play a major role. German
health care data and rates of spine surgery indicate that evidence-based guidelines
and recommendations are not reliably or not globally adhered to. As evidence for surgical
procedures or particular surgical techniques is often lacking in spine surgery, interventions
will be indicated more strictly in the future. Consequently, a change to reduced surgery
rates may ensue. If this can be accomplished by measures recently taken by the German
Spine Society like improved training, spine registries or portals for second opinions
or if it will be imposed by governmental intervention remains to be seen.
Schlüsselwörter
Wirbelsäulenoperationen - Operationszahlen - Evidenz - nationale Trends - Versorgungsbedarf
Keywords
Spine surgery - rates of surgery - evidence - national trends - health care demand