intensiv 2019; 27(05): 238-242
DOI: 10.1055/a-0970-0434
Intensivpflege
Fallbesprechungen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wie geht’s weiter, wenn wir an unsere Grenzen kommen?

Alexander Mark
,
Tobias Heinicke
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Publication Date:
05 September 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Die Arbeit von Intensivpflegenden ist mit vielfältigen Belastungen verknüpft. Regelmäßige Besprechungen im multidisziplinären Team können helfen, mit schwierigen Situationen umzugehen. Ein Team der Uniklinik Erlangen hat dazu ein Ampel-System eingeführt, mit dessen Hilfe jeder Mitarbeiter schwierige Situationen benennen kann, die in der Folge nach Dringlichkeit abgestuft, systematisch und verbindlich im Team besprochen werden.


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Bei einer Fallbesprechung kommen alle beteiligten Disziplinen an einen Tisch. (Symbolbild/Quelle: lenetsnikolai/stock.adobe.com)

Eine belastende Situation

Ein schwer kranker und deliranter Patient, der seit 63 Tagen postoperativ auf der Intensivstation liegt, erhält seit Neuestem immer häufiger Besuch von seinem zwölfjährigen Sohn. Dieser kommt ohne Begleitung einer weiteren Bezugsperson auf die Station. Die Eltern leben getrennt und haben kaum Kontakt. Sein Vater schreit unvermittelt sehr laut, stöhnt und gibt ungewöhnliche Laute von sich. Der Patient ist auch für den Sohn kaum zugänglich. Die therapeutische Behandlung seines Zustands ist ausgeschöpft. Es entsteht schleichend eine belastende Situation für das gesamte Behandlungsteam der Intensivstation. Der Grund ist ein Gefühl der Hilflosigkeit dem Patienten und jetzt auch zusätzlich dem Sohn gegenüber.

Das Team fragt sich: Ist das so in Ordnung? Können wir den Besuch des Sohns bei seinem Vater zulassen? Kann der Sohn einen emotionalen oder psychischen Schaden nehmen? Wie verträgt sich das mit unserer Verantwortung?

Aus diesem Grund veranlasst ein Mitarbeiter eine ▶Fallbesprechung.

Am Limit arbeiten, empathisch auf individuelle Bedürfnisse der Patienten und deren Angehörige eingehen, im therapeutischen Team kollegial funktionieren, dabei wirtschaftlich handeln, den pflegefachlichen und medizinischen Ansprüchen genügen, Verantwortung für die Patientensicherheit tragen, unfassbares Leid unmittelbar erleben und aushalten – das alles gehört zum Alltag der Intensivpflegenden. Diese Aspekte sind unbestritten und mit Studien belegt [1]. Sie bilden seit einigen Jahren den Rahmen vieler interdisziplinärer Behandlungsteams. Dieses Phänomen ist nicht nur auf Intensivstationen zu beobachten. Die Kooperation aller Beteiligten in Form von multidisziplinären Teambesprechungen kann helfen, mit diesen Belastungen professionell umzugehen.

FALLBESPRECHUNG

„Betrifft den zwölfjährigen Sohn von Herrn M.

Aktuelle Situation: Der Sohn möchte in den Ferien öfter zu Besuch kommen (nächster Besuch am Freitag, 17., vormittags geplant). Mit dem Sohn im Besucherzimmer gesprochen, über seine Wahrnehmung der Situation/Gefühle/Ängste.

Letztendlich muss eine Lösung für weiteres Vorgehen besprochen werden bezüglich:

Fürsorgepflicht unsererseits? Mutter? Bekannter des Patienten, Herr B., der den Sohn häufig hierher begleitet (aber den Patienten selbst nicht besucht)? Gegenüber dem Sohn, welche derzeit nicht gänzlich klar ist?

Der Sohn äußert Bedarf an Begleitung.

Die Begleitung des Sohns kann nicht zusätzlich durch das Team Pflege und Ärzte geleistet und verantwortet werden, und die Sorge um das Kind belastet die Betreuenden.

Dr. R. informiert.“


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Vorstellung des Prinzips

Die Grundidee der „Roten Karte“ wurde aufgegriffen 2017 bei einem Vortrag auf dem Kongress der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und folgend in der Fachzeitschrift „intensiv“ publiziert [2]. Fallbesprechungen von Intensivteams in ethisch schwierigen Situationen sollten anonym und von allen an der Patientenversorgung beteiligten Berufsgruppen veranlasst werden können, um „vor allem (…) den Therapieverlauf aus ethischer Sicht gemeinsam mit den beteiligten Berufsgruppen zu betrachten“ [2].

Im Folgenden werden die Erfahrungen beschrieben, wie diese Idee auf der interdisziplinär operativen Intensivstation (IOI) der Universitätsklinik Erlangen mit 27 Betten umgesetzt wurde, welche Adaptionen vorgenommen wurden und welche Rahmenbedingungen nach Ansicht der Autoren für eine erfolgreiche Implementation notwendig sind.


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Vorüberlegungen

Das Einsatzgebiet der „Roten Karte“ für akut ethisch schwierige Situationen erschien für die Bedürfnisse der Intensivstation als zu eng gefasst. Schwierige Situationen im Zusammenhang mit der Versorgung von Intensivpatienten entstehen bei uns nicht nur durch unterschiedliche ethische Sichtweisen bezüglich der Therapie bzw. deren Zielen. In Konflikte kommt das Team auch dann, wenn z. B. die Versorgung oder Betreuung von Patienten sowie deren Angehörigen nicht adäquat gewährleistet werden kann.

Deshalb sollten nicht nur akut ethisch problematische, sondern primär alle auftretenden schwierigen und belastenden Situationen erfasst werden. Die Bezeichnung „Rote Karte“ war nach Ansicht der Autoren nicht treffend, da beispielsweise die „Rote Karte“ im Fußball mit einem Platzverweis gleichzusetzen ist. Dieser Aspekt würde demnach in die falsche Richtung gehen, denn der Begriff wirkt stigmatisierend. Aufgrund dessen wurde, um die vorgesehenen Fallbesprechungen zu kennzeichnen, der Name in „Rote Lupe“ geändert und ein entsprechendes Logo in das PDMS (Patientendatenmanagementsystem) eingepflegt ([ Abb. 1 ]). Die Lupe steht in diesem Kontext für „hier müssen wir (noch!) genauer hinsehen“.

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Abb. 1 Symbol „Rote Lupe“.

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Die Reaktion der Leitungen

Die ärztliche und pflegerische Leitung sind sofort zur Einführung bereit. Denn Konflikte, die Zeit binden und zu Unzufriedenheit führen, kommen (leider) auch auf der Intensivstation vor. Diese Konflikte werden nicht nur durch die Möglichkeit und Durchführung einer maximalen Therapie, bei der viele im Team häufig die Frage nach der Sinnhaftigkeit stellen, sondern auch durch sehr fordernde Patienten bzw. Angehörige oder durch besondere Patientenschicksale verursacht. Auch die Erweiterung des Einsatzgebiets der „Roten Lupe“ für allgemein schwierige Situationen wurde als sinnvoll erachtet, trotz der Bedenken, dass es evtl. zu einem „inflationären“ Einsatz der Lupe mit nachfolgenden häufigen Fallbesprechungen kommen könnte. Es war allen bewusst, dass die Organisation, Durchführung und Protokollierung einer Fallbesprechung zeitintensiv ist. Es wurde festgelegt, dass diese Fallbesprechungen – auch für Mitarbeiter, die in ihrer Freizeit teilnehmen – als Arbeitszeit gewertet werden (▶Beispielrechnung).

BEISPIELRECHNUNG

Besprechungszeit = mindestens 45 min, also bei 20 Mitarbeitern = 15 h (Verantwortlicher plus 19 Kollegen)

Verantwortlicher: Vorbereitung mindestens 3 h plus Erstellung des Protokolls ca. 2 h = 5 h

→ Insgesamt 20 h Arbeitszeit, das entspricht knapp 2,5 Arbeitstagen.


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Praktische Einführung

Information der Mitarbeiter

In vier 20-minütigen Informationsveranstaltungen wurde das Team über die Einführung des Instruments „Rote Lupe“ informiert. Wer nun eine Fallbesprechung veranlassen möchte, findet im Intranet der Station ein „Formblatt zur Anforderung einer Fallbesprechung“. Neben diesem Formblatt gibt es auch ein ▶Infoblatt, das Hilfestellung und Tipps bietet, um eine Fallbesprechung zu veranlassen.

Um eine Fallbesprechung zu veranlassen, ist somit die Schriftform und damit auch eine gewisse Reflexion des Problems notwendig.

INFOBLATT „INFORMATION ZUR ANFORDERUNG EINER FALLBESPRECHUNG“ (AUSZUG)

Es gibt offensichtlich wichtige und nicht auf andere Art zu klärenden Fragen zu einem Patienten, der auf der Intensivstation versorgt wird. Diese resultieren aus einer für Patienten und/oder Personal belastenden Situation.

Tipps zur Anfrage:

  • Überlege, was dir Schwierigkeiten bereitet bzw. was deine Frage/n ist/sind. Das Durchsehen der Dokumentation des Falls, ggf. die Nachfrage bei Kollegen, Ärzten ist wichtig, damit die Anfrage so präzise wie möglich gestellt werden kann.

  • Eventuell gemeinsam mit einer Kollegin oder einem Kollegen formulieren.

  • Vermeiden von persönlichen Angriffen, Schuldzuweisungen und pauschale Aussagen.

Die Anfrage, z. B. in einem Hauspostumschlag, kommt in das Fach der Stationsleitung (STL) am Arbeitspatz der Schichtleitung IOI 1. Dieses Fach wird werktags täglich um 8.00 Uhr geleert. Die STL organisiert die Besprechung. Die Anfrage kann als „es eilt sehr“, „Besprechung innerhalb von 2–3 Tagen“ oder, falls nicht anonym eingereicht, nach Rücksprache mit dem Anfordernden geplant werden. Falls es als „es eilt sehr“ angefordert wurde, erfolgt die Besprechung zeitnah. Dies soll nach Möglichkeit am folgenden Werktag um 14.30 Uhr erfolgen. Dazu muss die Anfrage bis 8.00 Uhr am Vortag im Fach der STL liegen.


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Wer muss an der Fallbesprechung teilnehmen?

Pflicht-Teilnehmer sind Oberarzt, STL, Schichtleitung (Spätdienst), betreuende Pflegekraft (Spätdienst).

Kann-Teilnehmer sind Interessierte aller Berufsgruppen.

Die Anzahl der Pflichtteilnehmer wurde auf das absolut notwendige Minimum reduziert, um garantieren zu können, dass die Fallbesprechung sicher, sofern gefordert, auch am nächsten Tag stattfinden kann.


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Wie wird die Fallbesprechung bekannt gegeben?

Die „Rote Lupe“ erscheint als Symbol bei dem betreffenden Patienten im PDMS auf der Stationsübersicht ([ Abb. 2 ]). Sie ist für jeden Mitarbeiter sofort in der Patientenübersicht sichtbar. Die Uhrzeit und der Ort der Fallbesprechung sind nach Organisation der Fallbesprechung ebenfalls in der elektronischen Patientenakte hinterlegt und können über das integrierte Mailsystem an alle Mitarbeiter der Intensivstation verschickt werden. Grundsätzlich erfolgt ein Aushang in den Aufenthaltsräumen der Intensivstation.

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Abb. 2 Symbol „Rote Lupe“ in der elektronischen Patientendokumentation.

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Seitdem die „Rote Lupe“ eingeführt wurde, wird anders hingeschaut!

Durch dieses genauere Hinsehen werden schwierige Situationen früher erkannt und wir reagieren zunehmend präventiv. Das führt dazu, dass belastende Situationen früher und besser strukturiert aufgearbeitet werden.

Drei Beispiele zur Veranschaulichung:

  1. Therapieablehnung durch den Patienten. Der Patient wurde operiert, obwohl er mehrfach äußerte, dass er das nicht möchte. In der Fallbesprechung wurde u. a. intensiv das Thema Einwilligungsfähigkeit diskutiert und darüber informiert. Die Fallbesprechung wurde in diesem Fall von einer Mitarbeiterin der klinischen Ethikberatung und der Klinikseelsorge unterstützt.

  2. Angehörige wollen dem Patienten traditionelle chinesische Medizin in großen Mengen verabreichen, fotografieren, sind permanent am Krankenbett und diskutieren bei jeder Gelegenheit mit allen Personen des Behandlungsteams. Dieses Verhalten bindet sehr viele zeitliche Ressourcen des Teams. Als Ergebnis der Fallbesprechung führte die Pflegeleitung der Station gemeinsam mit der ärztlichen Leitung ein intensives und eindeutiges Gespräch mit den Angehörigen, inwieweit alternative Behandlungsverfahren zugelassen werden können. Es konnte eine einvernehmliche Lösung erreicht werden.

  3. Ein Patient fordert viel Zuwendung und spielt zusammen mit seiner Ehefrau Ärzte verschiedener Fachrichtungen und Pflegende gegeneinander aus. Dies kam in der Fallbesprechung klar zum Ausdruck und es wurde danach ein gemeinsames Gespräch geführt. An diesem Gespräch nahmen vier mitbehandelnde Chefärzte verschiedener chirurgischer Fachdisziplinen, die ärztliche Leitung der Intensivstation und die Stationsleitung teil. Durch diese interdisziplinäre Zusammenarbeit konnte eine Lösung gefunden werden.


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Zwischenergebnis und Adaption

Schwierige Situationen wurden nun allein durch die Einführung der „Roten Lupe“ deutlich früher erkannt, was dazu führte, dass das Instrument der „Roten Lupe“ weniger zur Anwendung kam. Trotzdem braucht es nach der Meinung der Autoren eine Besprechungskultur, um den multidisziplinären Austausch zu fördern. Deshalb wurden regelmäßige und fest terminierte Fallbesprechungen eingeführt, in denen aktuelle oder retrospektive Situationen berufsübergreifend und ggf. unterstützt durch externe Mitarbeiter wie der Klinikseelsorge oder Ethikberatung besprochen werden.

Diese Fallbesprechungen sind an zehn festen Terminen im Jahr geplant und erhalten als Kennzeichnen eine „Grüne Lupe“ ([ Abb. 3 ]).

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Abb. 3 a Das Symbol „Grüne Lupe“… b … und seine Verwendung im PDMS.

Jeder Mitarbeiter kann Fälle oder Situationen, die besprochen werden sollen, durch einen einfachen Eintrag in einer Tabelle vorschlagen. Er muss dazu für eventuelle Nachfragen seinen Namen angeben und mindestens ein Stichwort anführen, was besprochen werden soll. Falls eine Fallbesprechung durchgeführt wird, wird das Symbol der „Grünen Lupe“ auf der Stationsübersicht des PDMS dem betreffenden Patienten zugeordnet. Jeder Mitarbeiter sieht somit, welcher Fall bzw. welche Situation am Besprechungstag behandelt wird. Eine Fallbesprechung aus aktuellem Anlass kann natürlich auch zwischendurch durchgeführt werden. Bei einer retrospektiven Fallbesprechung fungiert ebenfalls das Symbol „Grüne Lupe“ als Kennzeichen/Logo auf den Aushängen zur Information der Mitarbeiter. Um die unterschiedliche Dringlichkeit noch besser darzustellen wurde die „Gelbe Lupe“ integriert (▶Das „Lupen-System“).

DAS „LUPEN-SYSTEM“.

„Rote Lupe“

= sehr schwierige, akute Situation

Es bedarf einer sofortigen Lösung! Fallbesprechung am nächsten Tag!

Die Veranlassung ist anonym möglich.

„Gelbe Lupe“

= schwierige Situation

Fallbesprechung innerhalb von 2–3 Tagen ist ausreichend.

Die Veranlassung ist anonym möglich.

„Grüne Lupe“

= interessante und/oder problematische Situation

Situation, die geplant, in einem größeren Rahmen, entweder aus einem aktuellen oder retrospektiven Anlass heraus, besprochen werden soll.

Die Veranlassung ist nicht anonym möglich.

Ziel ist, alle Besprechungen zu protokollieren. Die Protokolle werden in der Patientenakte und im Intranet der Station zum Nachlesen abgelegt.


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Nützliche Rahmenbedingungen

Grundvoraussetzung nach Ansicht der Autoren ist die Bereitschaft der pflegerischen und ärztlichen Leitung. Die Leitungen sind auf der IOI in die Durchführung der Fallbesprechungen eingebunden und müssen dadurch selbst Zeit aufwenden. Sehr hilfreich ist es, wenn sich Mitarbeiter im Pflegeteam finden, die sich mit dem Themenkreis Ethik, Begleitung Sterbender, Gesprächskultur etc. beschäftigen und die Leitung unterstützen. Diese Unterstützung kann z. B. durch die Organisation der Fallbesprechungen, das Schreiben des Protokolls und die Dokumentation der Fallbesprechungen erfolgen. Zur fachlichen Unterstützung sollte diesem Team ein ausgebildeter Ethikberater aus der Berufsgruppe der Pflegenden angehören. Die Zusammenarbeit mit der Klinikseelsorge und der Ethikberatung, die uns bei entsprechendem Bedarf unterstützen, sind ebenfalls als wichtige Bausteine zu nennen.


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Stärken

Durch das abgestufte Schema kann angemessen auf die Dringlichkeit einer jeweiligen Situation reagiert werden. Der Begriff „Lupe“ ist als Symbol wertneutral und signalisiert Genauigkeit. Durch die differenzierte Farbgebung in einem Ampelsystem und einfache Darstellung im PDMS ist die Anwendung einfach und praktikabel. Das System kann bei belastenden Konflikten mit den unterschiedlichsten Ursachen eingesetzt werden, den interprofessionellen Dialog fördern, als Forum der Aussprache dienen, helfen eskalierende Situationen zu vermeiden und so die Zufriedenheit bei Patienten, Angehörigen und Personal erhöhen. Im Ergebnis ist eine höhere Qualität der Patientenversorgung zu erwarten.


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Schwächen

In erster Linie ist hier der erhöhte Zeitbedarf anzuführen. Weiterhin muss hierbei die notwendige Qualifikation bzw. Kompetenz angesprochen werden, um eine Fallbesprechung dieses Themenkreises vorzubereiten, zu moderieren und nachvollziehbar zu dokumentieren sowie die ggf. notwendige interdisziplinäre Zusammenarbeit zu initiieren.

FAZIT

Die Einführung der „Roten Lupe“ stieß auf positive Resonanz bei den Mitarbeitern. Das Instrument wird genutzt. Im vergangenen Jahr wurde es viermal angefordert und erfolgreich eingesetzt. Es gab auch Situationen, in denen Mitarbeiter eine Fallbesprechung veranlassen wollten, es aber vorher durch die notwendige Reflexion bei der schriftlichen Anforderung bereits zu einer Lösung kam. Die befürchtete häufige Nutzung blieb demnach aus. Die Mitarbeiter nutzen die „Rote Lupe“ sehr diszipliniert. Der Blick für belastende Situationen wurde berufsübergreifend bei allen an der Patientenversorgung beteiligten Mitarbeitern durch die Einführung der Fallbesprechung geschärft. Es wird zunehmend präventiv reagiert, damit es erst gar nicht zu einem Konflikt kommen kann.

Um dies dauerhaft sicherzustellen, wurden regelmäßige fest terminierte Fallbesprechungen eingeführt. In diesen werden aktuelle oder zurückliegende Situationen thematisiert. Durch die regelmäßige Nutzung und Kennzeichnung dieser Fallbesprechungen mit dem gleichen Symbol werden die Mitarbeiter an das Notfallinstrument „Rote Lupe“ erinnert.

Wir hoffen allerdings, dass durch die Regelmäßigkeit dieser Fallbesprechungen das Ansprechen belastender Situationen im Alltag auf Station früher und selbstverständlicher erfolgt, und dass der Einsatz der „Roten Lupe“ in Zukunft immer seltener not-wendig wird.

Unsere bisherigen Erfahrungen sind sehr positiv. Der Aufwand ist hoch, aber lohnenswert!

Die Kernbotschaft lautet: Interdisziplinäre, kooperative und qualitativ gut moderierte Gespräche unterstützen die multidisziplinäre Kooperation und führen zu einer dauerhaften Reduzierung belastender Situationen.


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Alexander Mark

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Fachkrankenpfleger für Intensivpflege und Anästhesie am Universitätsklinikum Erlangen, arbeitet auf der interdisziplinären operativen Intensivstation (IOI) an der Klinik für Anästhesi-ologie, Gruppenleitung, Ethikberater AEM K1.
E-Mail: alexander.mark@kfa.imed.unierlangen.de

Tobias Heinicke

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Fachkrankenpfleger für Intensivpflege und Anästhesie am Universitätsklinikum Erlangen, arbeitet auf der interdisziplinären operativen Intensivstation (IOI) an der Klinik für Anästhesiologie, Praxisanleiter. Cand. B. Sc. Angewandte Pflegewissenschaft am Institut für Pflegewissenschaft und -praxis an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg.
E-Mail: tobias.heinicke@uk-erlangen.de

Danksagung

Wir danken der Gruppe um Tobias Wittler, die uns als Orientierung diente und uns inspiriert hat, der ärztlichen und Pflegeleitung für ihre uneingeschränkte Unterstützung sowie allen Mitarbeitern, die uns mit Rat, Tat und auch Kritik unterstützten.

  • Literatur

  • 1 Kersting K. „Coolout“ in der Pflege. Eine Studie zur moralischen Desensibilisierung. Frankfurt am Main: Mabuse; 2011
  • 2 Wittler T, Milius B, Klassen M. et al. Wir zeigen die rote Karte!. intensiv 2018; 26 (02) 70-2

  • Literatur

  • 1 Kersting K. „Coolout“ in der Pflege. Eine Studie zur moralischen Desensibilisierung. Frankfurt am Main: Mabuse; 2011
  • 2 Wittler T, Milius B, Klassen M. et al. Wir zeigen die rote Karte!. intensiv 2018; 26 (02) 70-2

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Bei einer Fallbesprechung kommen alle beteiligten Disziplinen an einen Tisch. (Symbolbild/Quelle: lenetsnikolai/stock.adobe.com)
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Abb. 1 Symbol „Rote Lupe“.
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Abb. 2 Symbol „Rote Lupe“ in der elektronischen Patientendokumentation.
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Abb. 3 a Das Symbol „Grüne Lupe“… b … und seine Verwendung im PDMS.