Neonatologie Scan 2019; 08(04): 239
DOI: 10.1055/a-0998-1364
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Die ärztliche Kommunikation in der Neonatologie verbessern

Parham D. et al.
Families as educators: a family-centered approach to teaching communication skills to neonatology fellows.

J Perinatol 2019;
39: 1392-1398
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Publication History

Publication Date:
25 November 2019 (online)

 

    Neonatologen werden in ihrer Ausbildung gut in technischen Fähigkeiten angeleitet, aber weniger gut für die Gesprächsführung mit den Eltern vorbereitet. Die Fähigkeit, Informationen klar zu vermitteln und gemeinsame Entscheidungen zu finden, ist jedoch entscheidend für eine qualitativ hochwertige Versorgung von schwerkranken Neugeborenen und Säuglingen. Dabei hat es sich als Vorteil gezeigt, Eltern in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen.


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    Ziel der Studie war es, zu prüfen, ob die Einführung einer strukturierten Bildungsmaßnahme unter Einbeziehung von Familienmitgliedern als stellvertretende Entscheidungsträger die Kommunikationsfähigkeit der Ärzte verbessert.

    2017 nahmen 17 Fellows aus 2 Kliniken in den USA an einem simulationsbasierten Training mit ausgebildeten Familienmitgliedern ehemaliger Patienten teil. Die Fellows haben vor dem Training, unmittelbar danach und einen Monat später Fragen zur Selbsteinschätzung ausgefüllt. Das Programm umfasste 7 Lernmodule mit begleitenden Workshops und Simulation:

    1. grundlegende Kommunikationsfertigkeiten

    2. Überbringen schlechter Nachrichten

    3. Pflegeziele bestimmen

    4. Durchführung einer Familienkonferenz

    5. Diskussion über Einschränkung lebenserhaltender Therapie

    6. Diskussion über Verzicht auf lebenserhaltende Therapie

    7. Konfliktsteuerung während der Entscheidungsfindung

    Die Familienausbilder hatten persönliche Erfahrungen mit einem Kind auf der Intensivstation, sie waren auf die Ziele des Lehrplans geschult worden und hatten ein Training in Kommunikationstechniken und Feed-back-Methoden erhalten. Sie beurteilten die Leistung der Fellows während der Simulationsaktivitäten in 3 Kategorien: non-verbal, verbal und empathisches Zuhören. Die Fellows wurden gebeten, ihre Kommunikationsfähigkeit für 12 ausgewählte Kernkompetenzen während des Curriculums zu bewerten. Die Selbst-Einschätzungen basierten auf einer 5-Punkte-Likert-Skala.

    Zweiseitige unabhängige t-Tests wurden zum Vergleich für alle 12 Kernkompetenzen sowie zwischen den beiden Zentren durchgeführt. Für alle Tests erfolgte die Bonferroni-Korrektur mit dem korrigierten Signifikanzniveau von 0,0041. Freie Textantworten wurden von 2 unabhängigen Gutachtern analysiert und zusammengefasst.

    Die Rücklaufquote der 17 Fellows betrug 100 %. Die Kommunikationsfähigkeit war in der Selbstbewertung zwischen Prä- und Post-Curriculum für alle 12 Kernkompetenzen statistisch signifikant besser. In dem Ein-Monats-Follow-up gaben 100 % der teilnehmenden Fellows an, dass sie die Techniken in die klinische Praxis umsetzen konnten. Die Familienausbilder hatten den Fellows den höchsten Score für empathisches Zuhören und nonverbale Kommunikation gegeben.

    Hohe Zufriedenheit mit dem Curriculum wurde sowohl von den Fellows wie auch von den Familienmitgliedern berichtet. Die Fellows fanden am Wichtigsten die Einbeziehung der Lebenserfahrung der Familienmitglieder in das Training. Die Familienteilnehmer schätzten, dass sie ihre persönliche Familiensituation direkt mit dem Arzt teilen und ihre Erfahrungen in das Training einbringen konnten. Die Verbesserung der Kommunikation und Förderung gemeinsamer Entscheidungsfindung führte zu größerer Zufriedenheit der Familien auf der Intensivstation. Die Eltern berichteten über weniger Stress, fühlten sich besser informiert, und es gab weniger Konflikte mit den Pflegekräften.

    Ein Nachteil der Studie war die kleine Stichprobe, obwohl sie multizentrisch war. Die Autoren planen daher weitere Kooperationen, um das Training weiterentwickeln zu können.

    Fazit

    Dieses Curriculum zeigte, dass die Kommunikationsfähigkeit von Neonatologen in der Ausbildung durch strukturierte Anleitungen mit Feed-back und unter Einbeziehung speziell geschulter Familienmitglieder verbessert werden konnte. Die aktive Beteiligung von Familienmitgliedern bei medizinischen Entscheidungen auf einer Intensivstation bietet eine Perspektive für den besseren Umgang mit schwierigen Gesprächssituationen.

    Dr. med. Isabell Hörnig-Franz, Münster


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