Aktuelle Dermatologie 2019; 45(12): 582-583
DOI: 10.1055/a-1007-5465
Derma-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Postoperative NSAR-Analgesie unter der Lupe

Watson Brown T. et al.
Should nonselective nonsteroidal anti-inflammatory drugs be avoided following dermatological surgery? A critically appraised topic with a proposed approach to postoperative analgesia.

Clin Exp Dermatol 2019;
DOI: 10.1111/ced.14033. [Epub ahead of print]
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Publication History

Publication Date:
12 December 2019 (online)

 

Nicht selektive nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) werden als Analgetika nach dermatologischen Eingriffen aufgrund eines möglichen postoperativen Blutungsrisikos durch eine Thrombozyten-Aggregationshemmung oft gemieden. T. Watson Brown von der psychiatrischen Abteilung des Royal Glamorgan Hospitals in Rhondda Cynon Taf (Wales) prüfte zusammen mit Kollegen der Universität von Plymouth (England) die Evidenz für diese tradierte Haltung.


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Eine ausreichende Analgesie ist nicht nur hinsichtlich des Wohlbefindens wichtig, sondern kann auch die Compliance mit postoperativen Maßnahmen für eine optimale Heilung verbessern. In Großbritannien wird zur Analgesie nach dermatologischen Operationen in erster Linie Paracetamol eingesetzt – der Erfolg ist aber teilweise nur mäßig, erläutern die Wissenschaftler.

Nicht selektive NSAR hemmen das COX1-Enzym, was in einer Reduktion von Thromboxan A2 resultiert, einem Vasokonstriktor, der essenziell für die Thrombozytenaggregation ist. Acetylsalicylsäure (ASS) hemmt das Enzym irreversibel über die Thrombozytenlebensdauer hinweg, während andere NSARs dies nur reversibel tun – die Effekte sind abhängig von Dosis und Halbwertszeit. Anhand der publizierten, von Experten begutachteten randomisiert-kontrollierten Studien (RCT) untersuchten die Forscher deshalb das tatsächliche postoperative Blutungsrisiko (POB) mit nicht selektiven NSAR (außer ASS) und diskutieren in einem Leserbrief, welche Rolle NSAR nach dermatologischen Operationen spielen könnten.

Ergebnisse

Für große Operationen im Allgemeinen (plastisch-chirurgische Operationen eingeschlossen) fand eine Studie ein POB-Risiko unter NSAR von 1,04 % – ein Wert, der zur Patientenaufklärung verwendet werden kann, wie die Autoren meinen. Dabei zeigte sich allerdings ein Unterschied im POB-Risiko zwischen Operationen unterschiedlicher Fachgebiete. Daten speziell zu dermatologischen Eingriffen sind selten und die berichtete Patientenzahl ist gering. Deshalb mussten die Autoren die Daten aus anderen Fachdisziplinen heranziehen.

Nach einer Metaanalyse von 27 Studien mit 2314 Patienten ging die postoperative Analgesie mit Ketorolac nicht mit einem erhöhen POB-Risiko einher. Ähnlich fand eine andere systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse von 36 RCTs und 3193 Patienten kein erhöhtes POB-Risiko bei NSAR-Gabe nach Tonsillektomie. Zwei Studien fanden auch bei antikoagulierten Patienten keine signifikante Erhöhung des POB-Risikos, wenn diese postoperativ NSAR erhielten. Alle diese Daten sind zwar nicht direkt miteinander vergleichbar, gehen aber durchweg in dieselbe Richtung.

Fazit

Die Autoren kommen aufgrund ihrer Literaturauswertung zu dem Schluss, dass die Evidenz nicht für ein erhöhtes POB-Risiko durch NSAR nach dermatologischen Eingriffen spricht, und schlagen einen pragmatischen Ansatz für die postoperative Schmerztherapie vor: Bei milden Schmerzen Paracetamol, bei stärkeren Schmerzen zusätzlich ein NSAR, bei starken Schmerzen Codein oder Tramadol, wobei in diesem Falle immer überprüft werden sollte, ob es noch andere Gründe für Schmerzen dieser Stärke gibt.

Friederike Klein, München

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Welche Schmerzmittel kann man nach dermatologischen Operationen (hier gezeigt: Eingriff bei Hyperhidrose) verschreiben? Laut einer aktuellen Studie eignen sich auch die oft gemiedenen NSAR, da sie das postoperative Blutungsrisiko nicht erhöhen. (Quelle: Kaufmann R, Podda M, Landes E. Einsatz von Haltefäden. In: Kaufmann R, Podda M, Landes E, Hrsg. Dermatologische Operationen. 4. akt. u. erw. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2011. doi:10.1055/b-002-46980)

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Welche Schmerzmittel kann man nach dermatologischen Operationen (hier gezeigt: Eingriff bei Hyperhidrose) verschreiben? Laut einer aktuellen Studie eignen sich auch die oft gemiedenen NSAR, da sie das postoperative Blutungsrisiko nicht erhöhen. (Quelle: Kaufmann R, Podda M, Landes E. Einsatz von Haltefäden. In: Kaufmann R, Podda M, Landes E, Hrsg. Dermatologische Operationen. 4. akt. u. erw. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2011. doi:10.1055/b-002-46980)