Aktuelle Dermatologie 2019; 45(12): 573-575
DOI: 10.1055/a-1008-4157
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

2009 – 2019: gestern – heute – morgen. Gedanken von Prof. Thomas Vogt zu seinem 10-jährigen Jubiläum in Homburg

2009 – 2019: Yesterday – Today – Tomorrow. Thoughts by Prof. Thomas Vogt on his 10th Anniversary in Homburg
T. Vogt
Further Information

Korrespondenzadresse

Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Vogt
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum des Saarlandes
Kirrbergerstr. 100
66421 Homburg/Saar

Publication History

Publication Date:
12 December 2019 (online)

 
    Zoom Image
    Prof. Dr. med. Thomas Vogt

    Wähle einen Beruf,
    den Du liebst,
    und Du brauchst keinen Tag in Deinem Leben mehr zu arbeiten.
    Konfuzius

    Vor 10 Jahren, am Dienstag, den 1. 12. 2009 um 7.30 Uhr, durfte ich meinen Dienst als neuer Direktor der Hautklinik der Universität des Saarlandes antreten, und so erschien dann auch kurze Zeit später ein Artikel in der Rubrik „Eine Klinik stellt sich vor – Die Hautklinik an der Universität des Saarlandes UKS“ in der damaligen Ausgabe der Aktuellen Dermatologie.

    Ich freue mich sehr, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit mir zusammen anlässlich meines eher persönlichen 10-jährigen Jubiläums in Homburg Ihnen in der vorliegenden Ausgabe Erfahrungen aus unserer klinischen Arbeit nebst diesem Editorial und einem CME-Artikel zum Thema „Antibiotic Stewardship“ präsentieren dürfen.

    Konfuzius formulierte die oben genannte, sehr positive Utopie eines geglückten Berufslebens. Speziell in meinen Anfängen hier, in den Jahren 2010 – 2014, hätte ich diese Weisheit zeitweise als sarkastisch, ja mindestens als zynisch empfunden. Ja – es ist zwar eine Binse –, aber aller Anfang ist tatsächlich oft schwer. Der „Chefarzt im Praktikum, Prof. Vogt“ hatte in seinen ersten Jahren eine Lernkurve zu meistern, da fühlte sich die Last deutlich größer an als die Lust: Es galt, diese dermatologische Klinik schrittweise in mehrjährigen Bauetappen – man denke allein an die erforderlichen Sitzungen und Diskussionen, Irrwege und Korrekturen – aus mehreren auf dem Campus verteilten Standorten – seit alters her war die Dermatologie untergebracht in ehrwürdigen, aber eben 2010 auch alten und abgelebten Gebäuden, weit unter heutigen Standards – in eine teilneubauliche-teilrenovierte Struktur zu integrieren und neu prozess- und effizienzorientiert aufzustellen. Das UKS insgesamt hat Enormes geleistet in eben diesen 10 Jahren, auf die ich hier zurückblicke. Es entstanden auf der größten Uniklinik-Baustelle im Bund eine neue integrierte Innere Medizin, eine neue Pathologie- und Rechtmedizin, neue Vorklinik- und Forschungsgebäude und ein neues, modernes Hörsaalgebäude. Letzteres just an dem Platz, an welchem mindestens die zwei letzten Vorgänger in meinem Amt, Hans-Otto Zaun und Wolfgang Tilgen – nach Strempel und Nödl – und dann ich selbst noch wenige Jahre in zwei Alt-Hautklinikgebäuden gewirkt hatten.

    Das ist nun Geschichte, eine entschwundene Zeit. Keine Spuren mehr. Denn jetzt agieren wir in freundlichen, hellen, modernen Räumen und harren doch tatsächlich schon nach 10 Jahren der letzten finalen Bauphase entgegen, der Evakuierung einer weiteren alten dermatologischen Teilklinik (Gebäude 18) und Integration dann endlich auch des Routine- und Forschungslabors in unser neues Umfeld im und um das Kombigebäude 6 auf dem Homburger Campus ([Abb. 1]).

    Zoom Image
    Abb. 1 Teilneubau der dermatologischen Hochschulambulanz und des neuen OP-Trakts in Erweiterung der Kombiklinik im Gebäude 6 auf dem Campus Homburg.

    Die einzige stetige und unveränderliche Größe im Leben ist tatsächlich nur die Veränderung selbst. Dieses heraklitische panta rhei (altgriechisch πάντα ρει ‚alles fließt‘) ist natürlich auch eine Binse, aber erstaunlich zeitlos und wahr: Auch „unsere“ Dermatologie an sich hat sich in den letzten 10 Jahren grundlegend gewandelt. Zum Beispiel hatte ich vor 10 Jahren schon 20 Jahre relativen Stillstandes seit meinem Berufsstart in den frühen 90ern bei der Behandlung des fortgeschrittenen malignen Melanoms erlebt, bis sich ab 2011 die Dinge grundlegend wandelten mit den gezielten und immunmodulierenden Therapien. Das ist heute eine völlig andere Dermatologie als vor 10, 20 oder 30 Jahren. Wieder eine Binse. Die schwere Psoriasis vulgaris und das schwere atopische Ekzem sind heute ebenfalls gezielt behandelbar – für viele Patienten begann und beginnt mit diesen Therapieoptionen ein völlig neues Leben! Man wird viel gelobt als Dermatologe.

    Unser Fach floriert und ist attraktiv: Wir alle sind natürlich einerseits klassische Dermatologen mit dem Vorteil, unser Organ sehen, anfassen und „beliebig“ biopsieren zu können in der zeitlichen Dynamik eines jeden Krankheitsprozesses, wir lesen die Sprache der Haut, viele von uns sind auch Dermatohistologen und lesen die feinen Nuancen dieser Sprache, viele sind Operateure mit Leidenschaft und Finesse, moderne Systemtherapien und das implizite Nebenwirkungsmanagement definieren auch die wachsende Erfordernis einer internistischen Teilkompetenz in der Dermatologie, die sich fraglos herangebildet hat. Ja, die Deutsche Dermatologie ist stark, dies auch dank der exzellenten politischen Arbeit der berufsständischen Organisationen des BVDD und der DDG, die Dermatologie ist ein komplettes Organfach geblieben, eine integrierte Disziplin um die Haut mit allen nur denkbaren Facetten. Das ist absolut einzigartig in der sich immer weiter in Subdisziplinen aufatomisierenden Medizinlandschaft.

    Wohl dem, der als „Allrounder“ in all diesen Bereichen sich an einer Uniklinik „austoben darf“!

    Meine persönliche Rückschau wird obendrein versüßt durch wissenschaftliche Highlights mit Publikationen in renommierten Journalen wie Cell, Cancer Cell, JCI, JID, JCO und ungezählte schöne klinische Beiträge in allen möglichen Fachorganen.

    So blicke ich denn nun auch erwartungsvoll in die Zukunft und traue mich zuversichtlich zu sein, zusammen in einem Boot mit jungen und leistungsbereiten Studentinnen und Studenten, Doktorandinnen und Doktoranden, Kolleginnen und Kollegen, anerkannten und erfahrenen Oberärztinnen und Oberärzten ([Abb. 2 – 4]), erfahrenen und freundlichen Pflegekräften, einem Stab tüchtiger MTLAs und – last not least – den tapferen und fleißigen Sekretärinnen. Alle zusammen, gut 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, „wuchten“ 30 000 ambulante Besuche, 2500 stationäre Patienten in jetzt 39 Betten, darunter etwa 1000 Primärfälle mit Tumoren und entsprechenden Histologiezahlen im 7000er-Bereich ohne Einsender, ca. 4000 Eingriffen entsprechend, pro Jahr. Die Patienten honorieren den freundlichen und guten Service bei den monatlichen Erhebungen in aller Regel mit einer glatten eins. Auch gut: Wir schreiben jetzt schwarze Zahlen.

    Zoom Image
    Abb. 2  Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Vogt.
    Zoom Image
    Abb. 3 Von links nach rechts: Prof. Cornelia Müller, Prof. Thomas Vogt, Dr. Claudia Schiekofer, Prof. Jörg Reichrath, Prof. Claudia Pföhler (es fehlt: Dr. Eva Jannsen).
    Zoom Image
    Abb. 4 Von links nach rechts unten/vorne: Tiago Félix Fernandes, Dr. Sandra Stridde, Cathérine Bourg, Dr. Krista Yordanova. Von links nach rechts stehend/springend/hinten: Dr. Anja Pemsel, Lynn Heinricy, Dr. Roman Saternus, Monika Zimmerman, Dr. Lisa Will, Lena Weber, Dr. Nadine Jung (es fehlen: Dana Mawlood, Anne-Catherine Wagner, Stephanie Koch, Kathrin Karrenbauer, Dr. Barbara Burgard).

    Eines wurde mir auch klar in den Jahren: Es kommt darauf an, die Jugend, den Nachwuchs, ab origine zu gewinnen und dann nicht mehr zu verlieren. Die Lehre, die Lehre, die Lehre, das „Erwecken“ der jungen Kolleginnen und Kollegen bei jeder Visite am Krankenbett, genauso die tägliche Arbeit mit Doktorandinnen und Doktoranden, sind der Kern der Gesundheit und Stabilität eines sich stetig über die Jahre regenerierenden Ärzteteams; ich vergleiche es immer mit einem Knabenchor: Die guten Sänger kommen irgendwann in den Stimmbruch und gehen ihrer Wege. Da heißt es für uns Chorleiter, stetige Aufmerksamkeit für die Erwartungen und Bedürfnisse der jungen Studentinnen und Studenten, der Nachwuchs-Dermatologinnen und -Dermatologen zu üben.

    Letztere erlaube ich mir aber auch – ich bin ja alt genug dafür – an dieser Stelle zu ermahnen, bzw. pädagogisch formuliert, zu ermuntern, doch bitte zu erkennen, dass unsere wunderbare moderne Dermatologie natürlich auf dem Fundament akademischer Arbeit und Forschung vieler, vieler einzelner Altvorderer steht und sich nährt von Früchten, die andere angebaut haben in all den Jahren zuvor. Mühsam, nur manchmal erfolgreich, aber immer unabdingbar ist daher unser aller Beitrag zum Fortschritt durch Forschung in der Dermatologie. Lehre, Forschung und Krankenversorgung an einer akademischen, universitären Einrichtung in der Weiterbildung aktiv mitzutragen ist gleichwohl Pflicht wie Privileg, Prägung und Ansporn und schließlich Erfüllung.

    Allen Lehrenden gebührt daher immer auch Dank und Anerkennung: Die 10 zurückliegenden Jahre haben natürlich auch unter meinen Lehrmeistern und Idolen Tribut gefordert: unvergessen und unvergleichlich Otto Braun-Falco, Walter Burgdorf und Hansotto Zaun. (Die noch Lebenden lobe ich dann später mal.)

    Das handsignierte Glückwunschschreiben Braun-Falcos an mich von 2009 – mit einem Foto von ihm mit im Dozentenmodus leuchtenden Augen – hängt in meinem Büro, ich habe es immer im Blick. Der Urvater der Dermatologie und 1922 in Saarbrücken geborene Grande unseres Faches grüßt von dort runter unter anderem mit den Worten: „… auch das Saarland hat seine schönen Seiten!“

    Und: Ei (saarländisches Idiom für in summa, by the way, ich denke, ich frage mich u. a.),
    Konfuzius hatte Recht,
    ich arbeite heute kaum noch was!

    Mit freundlichen kollegialen Grüßen

    Ihr

    Thomas Vogt


    #

    Interessenkonflikt

    Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


    Korrespondenzadresse

    Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Vogt
    Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum des Saarlandes
    Kirrbergerstr. 100
    66421 Homburg/Saar


    Zoom Image
    Prof. Dr. med. Thomas Vogt
    Zoom Image
    Abb. 1 Teilneubau der dermatologischen Hochschulambulanz und des neuen OP-Trakts in Erweiterung der Kombiklinik im Gebäude 6 auf dem Campus Homburg.
    Zoom Image
    Abb. 2  Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Vogt.
    Zoom Image
    Abb. 3 Von links nach rechts: Prof. Cornelia Müller, Prof. Thomas Vogt, Dr. Claudia Schiekofer, Prof. Jörg Reichrath, Prof. Claudia Pföhler (es fehlt: Dr. Eva Jannsen).
    Zoom Image
    Abb. 4 Von links nach rechts unten/vorne: Tiago Félix Fernandes, Dr. Sandra Stridde, Cathérine Bourg, Dr. Krista Yordanova. Von links nach rechts stehend/springend/hinten: Dr. Anja Pemsel, Lynn Heinricy, Dr. Roman Saternus, Monika Zimmerman, Dr. Lisa Will, Lena Weber, Dr. Nadine Jung (es fehlen: Dana Mawlood, Anne-Catherine Wagner, Stephanie Koch, Kathrin Karrenbauer, Dr. Barbara Burgard).