Praxis Handreha 2020; 01(01): 4-6
DOI: 10.1055/a-1025-3393
Aus der Forschung

Teamarbeit

 
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Quelle: Siam/adobe.stock.com

Hum Resour Health 2013; doi: 10.1186/1478-4491-11-19

Wie in vielen Versorgungsbereichen der Medizin ist auch in der Handrehabilitation interdisziplinäre Zusammenarbeit gefragt und sinnvoll. Das läuft nicht immer reibungslos, nicht zuletzt, weil berufliche Grenzen verwischen und neben fachlichen auch die kommunikativen Fähigkeiten eine Rolle spielen.

Ein internationales Forschungsteam stellt 10 Erfolg versprechende Prinzipien vor.

  • Der Teamleiter gibt eine klare Richtung und Vision vor, hört den Teammitgliedern zu und unterstützt sie.

  • Das Team hat Werte verinnerlicht, die sich im gemeinsamen Handeln zeigen und immer wieder dargestellt werden.

  • Es bestehen eine Teamkultur und eine interdisziplinäre Atmosphäre, in der Beiträge willkommen sind und die Teammitglieder einen Konsens anstreben.

  • Erforderliche Ressourcen stehen zur Verfügung, um die Vision umsetzen zu können.

  • Das Team legt seinen Fokus auf patientenorientierten Service, dokumentiert Outcomes und bezieht Rückmeldungen ein.

  • Nützliche Kommunikationsstrategien fördern die interne Kommunikation und unterstützen die gemeinsame Entscheidungsfindung.

  • Das Team setzt sich aus Mitarbeitern mit unterschiedlichen Kompetenzen zusammen, die sich gegenseitig ergänzen und eine bedarfsgerechte Patientenversorgung ermöglichen.

  • Es werden bevorzugt Teammitglieder angeworben, die über interdisziplinäre Kompetenzen verfügen.

  • Das Team respektiert individuelle Rollen und fördert gleichzeitig die Wechselbeziehungen zwischen diesen Rollen.

  • Der Einzelne erhält durch Trainings, Belohnungssysteme und Karriereperspektiven die Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln.

Selbstverständlich lassen sich nicht alle Prinzipien direkt in die Praxis umsetzen, aber sie lassen auch verstehen, warum Teamarbeit nicht immer einfach ist.

Ergotherapie bei Karpaltunnelsyndrom und distaler Radiusfraktur – Schienen & Co. zeigen Wirkung

Am J Occup Ther 2017; doi: 10.5014/ajot.2017.023234

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Karpaltunnel. Quelle: Hüter-Becker A, Dölken M, Hrsg. Physiotherapie in der Traumatologie/Chirurgie. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2016

Menschen mit Muskel- und Skeletterkrankungen profitieren von Ergotherapie. Das zeigt der aktuelle Forschungsstand. Die stärksten Wirksamkeitsnachweise liegen dabei für frühe Bewegungsaktivitäten und Schienenversorgung vor. Zu diesem Schluss kamen die Ergotherapeuten Dr. Shawn Roll und Marc Hardison an der University of Southern California in Los Angeles, USA.

In ihrer systematischen Übersichtsarbeit werteten sie 59 Studien aus, die sie zuvor in gängigen Datenbanken recherchiert hatten. Die meisten Studien konzentrierten sich auf die ergotherapeutische Behandlung des Karpaltunnelsyndroms und der distalen Radiusfraktur. Als Interventionsformen untersuchten sie am häufigsten frühe Bewegungsaktivitäten, Übungen und Schienenversorgung. Wie die Ergebnisse zeigen, profitieren Menschen mit Karpaltunnelsyndrom nachweislich von einer nächtlichen oder ganztägigen Schienenversorgung, die mit gezielten Übungen zu Kräftigung und Dehnung oder mit Nerven- und Sehnengleitaktivitäten kombiniert wird. Die besten Kurz- und Langzeiteffekte erzielt dabei eine Kombination aus Schienenversorgung und Lumbrikal-Stretching. Anhand der Studienlage ist jedoch keine Aussage darüber möglich, welche Art von Schienen vorteilhafter ist.

Nach einer distalen Radiusfraktur bieten sich vor allem abgestimmte Bewegungsübungen an, die die Klienten sowohl im therapeutischen Setting als auch im Rahmen eines Heimprogramms absolvieren können. Die Studienlage lässt allerdings keine Schlüsse zur Überlegenheit bestimmter Übungen zu. Dabei sollte die ergotherapeutische Behandlung bereits kurz nach dem chirurgischen Eingriff beginnen. Denn frühzeitige Bewegungsaktivitäten sind der Immobilisation vorzuziehen: Die Klienten erholen sich schneller, können früher funktionelle Aktivitäten ausführen und erzielen bessere Langzeiteffekte. Das gilt nicht nur für die distale Radiusfraktur, sondern auch für Verletzungen der Streck- und Beugesehnen.

Außerdem finden die Forscher erste Belege für die Wirkung neuerer Interventionsformen wie die Spiegeltherapie bei eingeschränktem Bewegungsausmaß oder das Kinesiotaping bei rheumatoider Arthritis. Mit ihrer Arbeit möchten sie aktuelle Evidenz zur Verfügung stellen und Ergotherapeuten eine Orientierung für klinische Entscheidungen bieten. Sie sehen allerdings Bedarf an Forschungen, die betätigungsbasierte Interventionen und Outcomes einbeziehen.


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CTS-Patienten profitieren von Nachtlagerungsschiene in Verbindung mit Tape

Journal of Hand Therapy 2019; doi: 10.1016/j.jht.2017.12.006

Türkische Forscher untersuchten die Wirkung der Behandlung mit Nachtlagerungsschiene, Kinesiotaping und Paraffin-Anwendungen bei 110 Patienten mit Carpaltunnelsyndrom (CTS).

Die erste Gruppe erhielt ausschließlich die Nachtlagerungsschiene, den Patienten der zweiten Gruppe wurde zusätzlich Kinesiotape appliziert und die dritte Gruppe erhielt in Ergänzung zur Schiene eine Paraffinbadbehandlung. Die Patientengruppen wurden vor der Behandlung, nach 3 Wochen, 3 Monaten und 6 Monaten klinisch, elektrophysiologisch und mittels Ultraschalldiagnostik untersucht. Die Forscher fanden heraus, dass sich bei CTS-Patienten, die über einen Zeitraum von drei Monaten eine Nachtlagerungsschiene in Verbindung mit Kinesiotape trugen, die besten Ergebnisse zeigten: Sie verzeichneten eine Verbesserung der Schmerzsymptomatik und des endoneuralen ödems, die 6 Monate anhielt.

Fazit: Der ergänzende Einsatz von Tape bei CTS-Patienten kann sich lohnen.


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Kommunikation verbessert subjektiv die physische Aktivität älterer Menschen

Patient Educ Couns 2019; 102: 253 265; doi:10.1016/j.pec.2018.09.020

Eine Folge von Handverletzungen kann verminderte Aktivität sein. Bei älteren Menschen geht eine geringe physische Aktivität (PA) häufig mit einer erhöhten Multimorbidität einher. Physiotherapeuten können mit einem entsprechenden Training Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz vorbeugen. Ob bei einem solchen Training auch die Kommunikation zwischen Therapeut und Patienten die Effizienz beeinflusst, fragte sich ein Forscherteam aus den Niederlanden.

Im Rahmen eines systematischen Reviews und einer Meta-Analyse führten die Wissenschaftler eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken PubMed, Cochrane, CINAHL, Embase, PsycINFO und PEDro durch. Sie schlossen randomisiert-kontrollierte und klinisch-kontrollierte Studien ein, die das Ziel hatten, die PA von älteren Patienten über 60 Jahren zu erhalten oder zu fördern. Alle Untersuchungen verglichen ein alleiniges Training mit einem Training in Kombination mit „therapeutischer Kommunikation“. Bei den Outcomes unterschieden die Autoren zwischen subjektiv berichteter und objektiv gemessener PA. Die Kommunikation klassifizierten sie mittels „Behavior Change Taxonomy“, um unterschiedliche Kommunikationstechniken auszuwerten.

Insgesamt werteten die Forscher 12 Studien mit 1.581 Teilnehmern aus. Die Analyse ergab, dass sich die subjektiv berichtete PA steigerte, wenn der Therapeut über das Training hinaus mit dem Patienten „therapeutisch kommunizierte“. In Bezug auf die objektiv gemessene PA konnten die Forscher keinen Effekt beobachten. Inhaltlich ergab die Auswertung der unterschiedlichen Kommunikationstechniken lediglich für die Technik „Generalisierung PA“ einen positiven Effekt. Darin bespricht der Therapeut gemeinsam mit dem Patienten, wie dieser die in der Therapie gelernten Übungen in seinen Alltag übertragen kann.

„Wir sollten unbedingt bewusst kommunizieren“

Die Komponente „Kommunikation“ lässt sich in der Physiotherapie und somit auch in den Kontrollgruppen der Studie nicht vollständig ausschalten. Darüber hinaus erkennt man bei einem genauen Blick auf die Studien heterogene Outcome-Parameter. Das lässt vermuten, dass der tatsächliche Nutzen zusätzlicher Kommunikation größer ist als die Studie nachgewiesen hat. Es scheint zunächst ernüchternd, dass die Kommunikation scheinbar keinen Effekt auf die objektiv gemessene PA hat. Fraglich ist jedoch, inwiefern sich durch die Kommunikation unmittelbar Leistung wie die Muskelkraft verändern lassen.

Die ermutigende Erkenntnis ist, dass die Kommunikation die Selbstwahrnehmung und das Bewusstsein des Patienten positiv beeinflusst. Dies hat das Potenzial, dass sich die PA langfristig steigern lässt. Alles in allem sollte uns die Studie dazu ermuntern, bei älteren Patienten unbedingt durch bewusste Kommunikation die PA und somit die Gesundheit zu fördern.

Melissa Wolf und Martin Elgeti, Physiotherapeuten und Studenten im M.Sc. Therapiewissenschaften an der SRH Hochschule Heidelberg


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Publication History

Article published online:
22 January 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

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Karpaltunnel. Quelle: Hüter-Becker A, Dölken M, Hrsg. Physiotherapie in der Traumatologie/Chirurgie. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2016