Aktuelle Dermatologie 2020; 46(01/02): 7
DOI: 10.1055/a-1058-9412
Derma-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hauterkrankungen in der allgemeinen Notaufnahme

Kilic D. et al.
Epidemiologic Characteristics of Patients Admitted to Emergency Department with Dermatological Complaints; a Retrospective Cross sectional Study.

Arch Acad Emerg Med 2019;
7: e47
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Publication Date:
10 February 2020 (online)

 

    Die wenigsten Dermatosen sind akut gefährlich oder lebensbedrohlich. Trotzdem suchen Patienten mit Hautsymptomen regelmäßig die allgemeinen Notfallambulanzen auf. Die retrospektive Studie ergab die häufigsten Diagnosen, epidemiologische Charakteristika und gute Gründe für eine intensivierte dermatologische Ausbildung der Notärzte.


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    Auch wenn eine akute Gefährdung selten ist, sollte jeder in der allgemeinen Ambulanz tätige Arzt dermatologische Notfälle erkennen, meinen die Autoren. Erkrankungen wie u. a. das DRESS-Syndrom, Angioödeme und die nekrotisierende Fasziitis können rasch protrahierende Verläufe aufweisen und umgehende Interventionen erfordern. Aber auch die weniger kompliziert Erkrankten tauchen als Notfälle auf. Die Studie erfasste über einen Zeitraum von 6 Monaten alle Patienten, die sich wegen dermatologischer Beschwerden in der allgemeinen Notfallambulanz der türkischen Universitätsklinik vorstellten. Ausschlusskriterien waren infektiöse Hauterkrankungen und ein Lebensalter < 18 Jahre. Von insgesamt 50 622 Patienten kamen 958 wegen dermatologischer Symptome (1,89 %). Die Daten von 859 Erkrankten flossen in die Analyse ein. Das Durchschnittsalter betrug 39,03 Jahre, und 511 Personen waren Frauen (59,5 %). Die häufigste Problematik war ein erythematöser Hautausschlag mit Pruritus (50,9 %). Bei den abschließenden Diagnosen überwogen die Urtikaria und medikamentenassoziierte Hautausschläge. Die meisten Patienten stellten sich zwischen 8:00 und 16:59 Uhr vor. 86 % der Konsultationen durch Fachärzte erfolgten zwischen 8:00 und 23:59 Uhr. Am häufigsten kamen dermatologische Notfälle im Frühsommer vor (Mai 20,8 % und Juni 17,7 %). Ganz überwiegend verließen die Patienten die Ambulanz nach einer Beratung durch den primär Diensthabenden und mit einem Rezept. Nur 6,4 % wurden zusätzlich einem Dermatologen, Allergologen oder z. B. Hals-Nasen-Ohrenarzt vorgestellt. Stationäre Aufnahmen waren häufiger, wenn eine fachärztliche Beurteilung erfolgt war (34,5 % vs. 2,2 %). 6,8 % der Patienten kamen aus anderen Krankenhäusern.

    Verglichen mit der Urtikaria waren Angioödeme und Anaphylaxie signifikant häufiger mit Konsultationen und Hospitalisationen assoziiert (p = 0,025 und p = 0,004). Von den Patienten ohne fachärztliche Weiterbetreuung nahmen nur 15,2 % eine Kontrolluntersuchung in der dermatologischen Ambulanz der Klinik wahr. 55 Patienten suchten die Notaufnahme innerhalb von 5 Tagen erneut auf, davon 7 Patienten 2-mal und jeweils 1 Patient 3- und 4-mal.

    Fazit

    Warum suchen Patienten mit nicht bedrohlichen Hauterkrankungen lieber einen Notarzt als den niedergelassenen Spezialisten auf? Kilic et al. nehmen hauptsächlich praktische Gründe an: zentrale Versorgung und keine Verzögerungen. Die regionalen Wartezeiten für einen Hautarzttermin lägen zwischen 1 Woche und 3 Monaten. Der inadäquaten Nutzung allgemeiner Notfallambulanzen soll eine „Kanalisierung“ entgegenwirken, von der sich die Autoren wenig versprechen. Deshalb sei es wichtig, sowohl schwere als auch weniger gefährliche Hauterkrankungen stärker in die Curricula für Notärzte zu implementieren.

    Dr. med. Susanne Krome, Melle


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