Pneumologie 2020; 74(02): 88-102
DOI: 10.1055/a-1069-0611
Übersicht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Spiroergometrie kompakt – Physiologie, Durchführung und Auswertung

Guidance to the Interpretation of Cardiopulmonary Exercise Testing
T. Glaab
1   Medizinische Klinik III, Abteilung Pneumologie, Universitätsmedizin Mainz, Mainz
2   Pneumologische Gemeinschaftspraxis, Koblenz
,
O. Schmidt
2   Pneumologische Gemeinschaftspraxis, Koblenz
,
J. Fritsch
3   Facharztzentrum am Heilig-Geist-Gesundheitszentrum, Kardiologische Gemeinschaftspraxis, Köln
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Prof. Dr. Thomas Glaab

Publication History

eingereicht 18 October 2019

akzeptiert nach Revision 06 December 2019

Publication Date:
12 February 2020 (online)

 

Zusammenfassung

Die kardiorespiratorische Fitness gilt als unabhängiger Prognosefaktor für Morbidität und Mortalität unterschiedlicher Genese. Patientenrelevante Symptome wie latente Belastungsdyspnoe, körperliche Leistungsdefizite und Erschöpfung korrelieren oft schlecht mit der kardiopulmonalen und bildgebenden „Ruhediagnostik“. Die Spiroergometrie als Goldstandard der Belastungsanalyse dient der Früherkennung, Differenzialdiagnostik, Verlaufs- und Therapiekontrolle von kardiopulmonalen Erkrankungen und deren Prognose. Als integrative Untersuchungsmethode des Lungen-Herz-Kreislauf-Muskel-Systems ist sie bei geringem zeitlichem Mehraufwand deutlich aussagekräftiger und informativer als alternative Messmethoden und ermöglicht auch Aussagen im submaximalen Belastungsbereich. Trotz dieser enormen Bedeutung wird die Spiroergometrie aus verschiedenen Gründen (z. B. Aufwand, Budget, Expertise) auch hierzulande zu selten durchgeführt. Die Methode ist komplex, aber nicht unbedingt kompliziert. Ziel dieser Übersicht ist es daher, allen Interessierten diesen häufig wegweisenden Globaltest leichter zugänglich zu machen. Inhaltlich werden sowohl die physiologischen Grundlagen, die Indikationen und praktischen Aspekte der Messung als auch die strukturierte Auswertung spiroergometrischer Befunde übersichtlich vorgestellt. Damit soll auch das Interesse und der eigene Anspruch geweckt werden, diese fachspezifische Referenzuntersuchung in indizierten Fällen selbst häufiger durchzuführen.


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Abstract

Cardiorespiratory fitness has been established as an independent overall predictor of morbidity and mortality. However, patients’ symptoms or stated levels of exercise intolerance correlate only poorly with resting functional and imaging tests. Cardiopulmonary exercise testing (CPET) is the gold standard for the integrative assessment of the cardiocirculatory, pulmonary and metabolic response to exercise and can help identify the source of exercise limitation, monitor disease progression, evaluate treatment responsiveness and inform about prognosis. Though CPET offers more valuable and pertinent information with slightly more expenditure of time compared to other methods even at submaximal exercise levels, it remains underutilized for various reasons such as costs, reimbursement and expertise. CPET can be seen as a complex, but not necessarily difficult tool. The objective of this review was to provide a description of the underlying principles of physiology, and an easy-to-follow guidance to indications, methodology, and interpretative strategies of CPET.


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Abkürzungsverzeichnis

B: Beginn der Belastung
BE: base excess / Basenüberschuss
BF: breathing frequency / Atemfrequenz
BGA: Blutgasanalyse
BR: breathing reserve / Atemreserve
caO2 : content O2 = Hb × 1,39 (Hüfner-Zahl) × SpO2 % [g O2 pro 100 ml Blut] / arterielle Sauerstoffkonzentration
COPD: Chronisch obstruktive Lungenerkrankung
DLCO: Diffusionskapazität (Transferfaktor)
E: Ende der Belastung
EELV: Endexspiratorisches Lungenvolumen (nach normaler Ausatmung)
EqCO2 bzw. EqO2 : ventilatory equivalents / Atemäquivalente für CO2 und O2
ERV: Exspiratorisches Reservevolumen
FEV1: forced expiratory volume / Forciertes exspiratorisches Volumen in 1 sec
FRC: Funktionelle Residualkapazität
F/V-Kurve: Fluss-Volumenkurve
Hb: Hämoglobin
Hg (mm): mm Quecksilbersäule
HR: heart rate / Herzfrequenz
HRR: heart rate reserve / Herzfrequenzreserve
IC: inspiratory capacity / Inspiratorische Kapazität
ILD: interstitial lung diseases / interstitielle Lungenerkrankungen
IRV: Inspiratorisches Reservevolumen
MVV: maximal voluntary ventilation / Maximale willkürliche Ventilation (alter Begriff: Atemgrenzwert)
OHS: Obesitas-Hypoventilations-Syndrom
PAO2, PACO2 : alveolärer O2- und CO2-Partialdruck
PaCO2, PaO2 : arterieller O2- und CO2-Partialdruck
PvO2, PvCO2 : gemischt-venöser O2- und CO2-Partialdruck
P(A-a)O2 : Alveolär-arterielle Partialdruckdifferenz für O2
P(a-A)CO2 : Arterio-alveoläre Partialdruckdifferenz für CO2
PETO2 bzw. PETCO2 : pressure endtidal / O2- und CO2-Partialdruck am Ende der Ausatmung
PICO2 bzw. PIO2 : inspiratorischer CO2- bzw. O2-Partialdruck
RER (= R): respiratory exchange rate / Respiratorische Austauschrate
RR sys, RR diast: systolischer und diastolischer Blutdruck
RV: Reservevolumen
SOP: standard operating procedure / Handlungsanweisung
SpO2 : periphere Sauerstoffsättigung
VC: vital capacity / Vitalkapazität
V̇E: minute ventilation / Atemzeitvolumen
V̇E/V̇CO2 Slope: Anstieg V̇E/V̇CO2
V̇CO2 : Kohlendioxidabgabe
V̇O2 : Sauerstoffaufnahme
V̇O2 max: maximal erreichbare Sauerstoffaufnahme
V̇O2 peak: Erreichte Sauerstoffaufnahme bei Belastungsende
V̇O2 an VT1: Sauerstoffaufnahme an der 1. ventilatorischen Schwelle
V̇O2/HR: Sauerstoffpuls
V̇O2/Watt: Aerobe Kapazität
VT: tidal volume / Atemzugvolumen
VT1: first ventilatory threshold / Erste ventilatorische Schwelle
V/Q: Ventilations/Perfusions-Quotient
W: Watt

Einleitung

“It is likely that no test in medicine can be used to diagnose the broad spectrum of diseases, while quantifying severity of organ dysfunction or improvement in the pathophysiology of exercise intolerance, better and more cheaply than cardiopulmonary exercise testing.”
(Vorwort aus Wasserman et al. Principles of Exercise Testing and Interpretation, 5th ed.)

Die Spiroergometrie ist die wichtigste körperliche Belastungsuntersuchung zur integrativen Beurteilung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit und des Gasaustauschs und ermöglicht eine umfassende Aussage zur körperlichen „Fitness“. Daher ist sie nicht nur für sportmedizinische Fragestellungen attraktiv [1], sondern dient auch der Früherkennung, Verlaufs- und Therapiekontrolle von kardiopulmonalen Erkrankungen und deren Prognose. Wichtig ist dabei die Feststellung, dass Ruhefunktionswerte nur schlecht mit einer Belastungsintoleranz korrelieren [2] [3] [4] [5].

Durch die Messung von Atemzeitvolumen, Herzfrequenz und Sauerstoffaufnahme bzw. Kohlendioxidabgabe in Ruhe und bei Belastung lassen sich Aussagen zum Zusammenspiel von Atmung, Gasaustausch, Herz-Kreislauf-Funktion und Skelettmuskelarbeit treffen sowie Abweichungen davon differenziert erfassen. Im Vergleich zur Ergometrie bietet die Spiroergometrie einen erheblichen Informationsmehrwert und präsentiert den Goldstandard der Belastungsuntersuchungen.

Die häufigsten Indikationen für die Spiroergometrie umfassen:

  • die Abklärung unklarer Dyspnoe (kardiovaskuläre, pulmonale, kardiopulmonale Limitation)

  • die präoperative Funktionsdiagnostik vor größeren chirurgischen Interventionen (Herz-Thoraxchirurgie, Viszeralchirurgie inkl. bariatrischer Operationen)

  • die Früherkennung und Prognoseabschätzung kardiovaskulärer und pneumologischer Erkrankungen

  • Therapieplanung, Verlaufskontrolle, Therapieansprechen (medikamentös, interventionell) von Herz- und Lungenerkrankungen

  • die Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit und deren Quantifizierung

  • die individuelle Trainingsplanung, Trainingskontrolle (Rehabilitations-, Präventiv-, Sportmedizin)

  • Gutachten (Einschränkungen der maximalen und dauerhaften Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit)

Die absoluten Kontraindikationen stimmen mit denen der Ergometrie überein [1] [5] [6]. Trotz der hohen Patientenrelevanz und Aussagekraft wird die Spiroergometrie auch hierzulande aus unterschiedlichen Gründen (z. B fehlende Expertise, Zeitaufwand, Vergütung) zu selten eingesetzt.

Das Ziel dieses Übersichtsartikels ist es, kurz und verständlich in die Grundlagen, die praktische Durchführung und die strukturierte Auswertung spiroergometrischer Befunde einzuführen. Der Fokus liegt dabei auf der klinischen Anwendung. Damit soll auch die Neugier und das Interesse geweckt werden, diese fachrelevante Referenzuntersuchung selbst häufiger durchzuführen. Für weiterführende Informationen – auch zum kombinierten Einsatz der Spiroergometrie – verweisen wir auf die umfangreiche Literatur zum Thema [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] und die beiden Referenzwerke [12] [13].


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Physiologische Grundlagen der Spiroergometrie

Um die Spiroergometrie zu verstehen, sind Basiskenntnisse der Leistungsphysiologie und des Gasaustauschs unerlässlich, die nachfolgend kurz rekapituliert werden.

[Abb. 1] illustriert wichtige physiologische Veränderungen unter Belastung.

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Abb. 1 Grundlagen der Leistungsphysiologie. Physiologischer Verlauf der spiroergometrischen Standardparameter unter steigender körperlicher Belastung. Dargestellt sind die charakteristischen Veränderungen von Messgrößen der Ventilation, Kardiozirkulation, des Gasaustauschs und des Metabolismus. VT1 dokumentiert den Übergang zum gemischt aerob-anaeroben Stoffwechsel, VT2 den Übergang zum anaeroben Stoffwechsel. Details s. Text.

Das Sauerstoffangebot an das Gewebe hängt maßgeblich von Herzzeitvolumen, Hämoglobin (Hb)-Wert, Sauerstoffsättigung des Hämoglobins sowie von der Dichte des Kapillarnetzes und dem arteriellen Gefäßtonus ab.

Aerober Bereich (Dauerleistungsbereich) Der steigende Energiebedarf unter Belastung wird bis zum Erreichen der ersten ventilatorischen Schwelle (VT1) (alter Begriff: aerob-anaerobe Schwelle [AT1]) überwiegend durch aerobe Glykolyse und Lipolyse gedeckt.

Mit zunehmender Belastungsintensität kommt es zum Anstieg der Sauerstoffaufnahme (V̇O2) und der Kohlendioxidproduktion (V̇CO2). Im aeroben Bereich überwiegt anfangs noch die V̇O2-Aufnahme gegenüber der V̇CO2-Abgabe. Linear zur Last steigen auch Herzfrequenz (HR), Sauerstoffpuls (V̇O2/Herzfrequenz) und Ventilation (V̇E = Atemzeitvolumen) an.

Die körperliche Belastung führt über eine gesteigerte Durchblutung und vertiefte Atmung zu einem optimierten Ventilations-/Perfusionsverhältnis und damit einer vergrößerten Gasaustauschfläche. Diese hohe Effizienz der Atemarbeit spiegelt sich in einem Abfall der Atemäquivalente EqO2 (≈ V̇E/V̇O2) und EqCO2 (≈ V̇E/V̇CO2), da relativ zur Ventilation mehr O2 (V̇O2 ↑) aufgenommen bzw. mehr CO2 (V̇CO2↑) abgegeben wird. Der tiefste Punkt (Nadir) der Atemäquivalente stellt dabei das Wirkungsoptimum der Atemarbeit dar, d. h. es muss nur wenig Volumen ventiliert werden, um 1 Liter O2 ein- bzw. CO2 auszuatmen.

Die Partialdrücke von O2 (PETO2) und CO2 (PETCO2) am Ende der Exspiration (endtidal [ET]) entsprechen beim Lungengesunden den alveolären Drücken, PAO2 und PACO2. PETCO2 steigt unter Belastung aufgrund der gesteigerten CO2-Produktion in der Arbeitsmuskulatur leicht an, während durch die verstärkte periphere O2-Aufnahme (hohe V̇O2-Aufnahme) weniger O2 abgeatmet wird (PETO2 sinkt).

Aerob-anaerober Übergang (Übergang vom aeroben zum partiell anaeroben Stoffwechsel in der Muskulatur)
Bei weiter ansteigender Belastung reicht der aerobe Stoffwechsel zur alleinigen Energieversorgung nicht mehr aus. Aufgrund der ausgeschöpften O2-Bindungskapazität des Hämoglobins führt daher auch eine Zunahme der alveolären Ventilation zu keiner weiteren Erhöhung von PaO2 und arterieller O2-Konzentration (caO2), sondern beeinflusst lediglich die alveolären Gase (PAO2↑ und PACO2↓).

Infolge des maximal ausgeschöpften aeroben Stoffwechsels kommt es jetzt zur zusätzlichen Energiegewinnung von ATP über anaeroben Glykogenabbau (Vorteil: schnelle sauerstoffunabhängige Energiebereitstellung, Nachteil: geringe Energiemenge pro 1 Mol Glukose: 2 mol ATP). Das saure Endprodukt der anaeroben Gykolyse ist das Laktat. Die dabei anfallenden Wasserstoffionen (H +) werden pH-neutral durch Bikarbonat (HCO3 ) gepuffert: H + + HCO3 → H20 und CO2. Das dabei überproportional entstehende CO2 stellt einen sehr starken Atemantrieb dar. Die Ventilation ist somit sehr eng an die CO2-Produktion im Körper gekoppelt.

Durch die CO2-induzierte Mehrventilation wird jetzt deutlich mehr CO2 abgeatmet (V̇CO2 steigt), während die Zunahme der Sauerstoffaufnahme (V̇O2) weiter „nur“ parallel zur Belastung erfolgt. Damit steigt jetzt V̇CO2 deutlich steiler an als V̇O2 (VT1-Schwelle; RER steigt nach Erreichen der VT1-Schwelle im weiteren Verlauf auf Werte > 1). Da V̇E und V̇CO2 nahezu proportional ansteigen, bleibt das Verhältnis V̇E/V̇CO2 ≈ EqCO2 relativ konstant (bzw. minimal reduziert), während das Verhältnis (V̇E/V̇O2 ≈ EqO2) wegen der stärkeren Zunahme von V̇E erhöht ist.

Der endexspiratorische bzw. alveoläre PETO2 (≈ PAO2) steigt infolge der (CO2-vermittelten) Hyperventilation ebenfalls an, während PETCO2 (≈ PACO2) in ein Plateau übergeht (bzw. leicht abfällt). Der Anstieg des Sauerstoffpulses flacht im Übergangsbereich aufgrund des ausgeschöpften Schlagvolumens ab, während die Herzfrequenz weiter linear zur Belastung ansteigt. PETO2 ≈ PAO2 steigt durch die Hyperventilation weiter an, während PETCO2 ≈ PACO2 durch die verstärkte CO2-Abatmung absinkt.

Merke

Die Ventilation wird hauptsächlich durch den Anstieg von PaCO2 und den pH-Abfall gesteuert. Bei Hyperventilation ist die CO2-Abatmung größer als die CO2-Produktion; bei Hypoventilation ist es umgekehrt.

Anaerober Bereich (insgesamt überwiegend anaerobe Energiebereitstellung in der Muskulatur)
Bei weiter steigender Belastungsintensität kumuliert immer mehr Laktat in der Muskulatur, da die Pufferbasenkapazität für Laktat bzw. H +  ausgelastet ist. Die resultierende metabolische Laktatazidose bzw. der pH-Abfall stimuliert – über die CO2-induzierte Hyperventilation hinaus – einen zusätzlichen starken zentralen Atemantrieb (respiratorische Kompensation der metabolischen Azidose). Infolge der nun exzessiv gesteigerten Ventilation (Hyperventilation) wird noch mehr CO2 („CO2-Exzess“) abgeatmet (steiler Anstieg V̇CO2), während V̇O2 weiter nur parallel zur Belastungsintensität ansteigt. Entsprechend steigt auch RER (V̇CO2/V̇O2) überproportional an. Die überproportionale Zunahme der Ventilation ist mit einem Abfall von PETCO2 (vermehrte CO2-Abatmung) sowie der Zunahme von PETO2 bzw. PAO2 und den beiden Atemäquivalenten EqO2 (≈ VE/VO2) und EqCO2 (≈ V̇E/V̇CO2) verbunden.

Im anaeroben Bereich flacht der Sauerstoffpuls gegenüber der Herzfrequenz weiter ab. Das Erreichen des anaeroben Bereichs signalisiert den bevorstehenden Abbruch der Belastung.

Nach Ende der Belastung (ohne Abb.)
Die Ventilation bleibt aufgrund der respiratorischen Kompensation der Laktatazidose mit verstärkter Abatmung von CO2 noch kurzzeitig erhöht, entsprechend steigen die Atemäquivalente für O2 und CO2, RER sowie PETO2 (bzw. PETCO2 ↓) an, bevor sie sich rasch normalisieren. Das Laktat wird oxidativ abgebaut bzw. über den Cori-Zyklus wieder verstoffwechselt.


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Störungen des Ventilations-/Perfusions-Verhältnisses

Entscheidend für die Qualität des Gasaustauschs in der Lunge ist das Verhältnis von Ventilation (V) zu Perfusion (Q). Der Gasaustausch ist i. d. R. ventilations- oder perfusionslimitiert und nicht diffusionslimitiert. Bei einer Vielzahl von pulmonalen und kardiovaskulären Erkrankungen treten ausgeprägte Ventilations-/Perfusionsstörungen (V/Q) auf [14].

Gravitationsbedingt nehmen in Ruhe die Belüftung und besonders die Perfusion von der Lungenspitze zur Lungenbasis zu (d. h. V/Q fällt von der Spitze [high V/Q] zur Basis hin ab) und machen den Gasaustausch ineffektiv. Unter Belastung verschwinden diese V/Q-Inhomogenitäten, da nun auch die oberen Lungenabschnitte durch vertiefte Atmung, Gefäßweitstellung und Rekrutierung zuvor verschlossener Kapillaren gut belüftet und durchblutet werden. Das Resultat ist eine vergrößerte Gasaustauschfläche.

Prinzipiell lassen sich 2 Formen von Ventilations-/Perfusionsstörungen unterscheiden, die sich häufig überlappen:

  1. Ventilationsstörung von Lungenbezirken bei normaler Durchblutung (low V/Q, Gasaustauschstörung). In gering ventilierten aber normal perfundierten Lungenabschnitten (relative Hypoventilation) verringert sich das Ventilations-/Perfusionsverhältnis (Shunteffekt). Beispiel: obstruktive Lungenerkrankungen (COPD, Asthma), restriktive Lungenerkrankungen (Kyphoskoliose, Fibrose). Als Nettoeffekt tritt eine Hypoxämie infolge venöser Beimischung auf, die auch durch Hyperventilation nicht kompensiert werden kann, ein Anstieg von paCO2 wird dagegen zumeist durch Hyperventilation in anderen Lungenarealen verhindert. Die unterschiedlichen Effekte auf paO2 und paCO2 sind auf die unterschiedlichen Dissoziationskurven von O2 (sigmoidale Form der O2-Dissoziationskurve) und CO2 (lineare Form der CO2-Dissoziationskurve) zurückzuführen. Erst bei einer Reduktion der V/Q über die gesamte Lunge tritt eine ventilatorische Insuffizienz ein.

  2. Verminderte Perfusion von Lungenarealen bei normaler Ventilation (high V/Q, Verteilungsstörung bzw. Totraumventilation). In normal ventilierten aber gering perfundierten Lungenabschnitten (relative Hyperventilation) erhöht sich das V/Q-Verhältnis (Totraumeffekt). Beispiele: Lungenemphysem (Kompressionseffekte durch Überblähung, reduziertes Kapillarbett), chronische Herzinsuffizienz, chronisch thromboembolische Lungengefäßerkankung, pulmonale Hypertonie, idiopathische Lungenfibrose (reduziertes Kapillarbett). Insgesamt hat dies meist nur einen geringen Effekt auf die arteriellen Blutgase (mehr auf CO2 als auf O2), da kompensatorisch die Ventilation in anderen Lungenarealen gesteigert wird.

Die Änderung der Partialdrücke in Abhängigkeit vom V/Q-Quotienten (normal, low, high V/Q) ist in [Abb. 2] dargestellt.

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Abb. 2 Abhängigkeit der alveolären Partialdrücke vom V/Q-Quotienten. 2-Kompartment-Modell: A: Normalsituation, B: unterschiedliche V/Q-Quotienten (normal/low/high V/Q). Gepooltes Nettoergebnis aus A + B. Links: normales V/Q = 0.8 – 1. Die eingeatmete Luft mischt sich mit dem in der Lunge noch befindlichen Restgas. Die Partialdrücke von O2 und CO2 im gemischt-venösen Blut der Lungenarterien werden mittels Diffusion an die Partialdrücke in den Alveolen angeglichen (hohes Partialdruckgefälle für O2, niedriges Partialdruckgefälle für CO2 bei jedoch hervorragenden Diffusionseigenschaften von CO2). Der PaO2 sinkt aufgrund physiologischer Shunts auf ca. 90 mmHg ab. Mitte: Ventilationsstörung bzw. Gasaustauschstörung (low V/Q). Bei einer Abnahme der V/Q (d. h. minderbelüftete, aber gut durchblutete Alveolen) fällt der arterielle PO2 und die O2-Sättigung des Hb. Diese Abnahme kann regional nicht kompensiert werden, da in Arealen mit hohem V/Q-Quotienten nur eine unwesentliche Zunahme der arteriellen Sauerstoffkonzentration eintritt (sigmoidale Form der O2-Sättigungskurve). Die Abnahme von V/Q ist mit einer Zunahme der alveolo-arteriellen O2-Druckdifferenz (P(A-a)O2) verbunden. Rechts: Verteilungsstörung bzw. erhöhte Totraumventilation (high V/Q). Bei einem deutlich erhöhten V/Q (d. h. gut belüftete aber gering durchblutete Alveolen [„wasted ventilation“]) steigt zwar der PaO2 proportional zur Abnahme des PaCO2, die arterielle O2-Konzentration bleibt jedoch konstant, da das Hb schon bei normalem PAO2 fast vollständig gesättigt ist. Bei dieser Störung wird durch die Minderperfusion primär die CO2-Abgabe aus dem Blut in die Alveolen beeinträchtigt, d. h. PaCO2 fällt kaum ab im Vergleich zum venösen PCO2, und es wird weniger CO2 in den Alveolarraum abgegeben (PACO2↓). Das Ergebnis ist eine Zunahme der arterio-alveolären CO2-Druckdifferenz (P(a-A)CO2).

Die beiden Extremvarianten (V/Q = 0 [komplette Ventilationsstörung, Beispiel: Atelektase, Pneumonie]; V/Q = ∞ (komplette Perfusionsstörung, Beispiel: akute Lungenembolie]) spielen bei der Spiroergometrie praktisch keine Rolle, da die klinische Situation eine Belastungsuntersuchung i. d. R. ausschließt.

Merke

Störungen des V/Q-Verhältnisses wirken sich primär auf den paO2 aus, da Veränderungen des paCO2 bei erhaltener Atemreserve durch Hyperventilation gut kompensiert werden. Dies führt zu verstärkter Atemarbeit bzw. Dyspnoe.


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Durchführung der Spiroergometrie

Vor der Spiroergometrie sollten eine genaue Anamnese (Vor- und Begleiterkrankungen, Herzschrittmacher, Medikamente, Genussmittel, Aktivität des Patienten), klinische Untersuchung, kardiopulmonale Basisdiagnostik (Röntgen-Thorax, EKG, Blutdruck, Lungenfunktion) und Laborergebnisse (Blutbild [Anämie!], TSH) vorliegen. Dies erleichtert die spätere Interpretation und die individuelle Risikoabschätzung. Obwohl es sich um eine sehr komplikationsarme Untersuchung handelt, muss mit kardialen Notfällen, Hypoxämie und vasovagalen Synkopen gerechnet werden. Somit ist für das qualifizierte Fachpersonal das Notfallmanagement regelmäßig zu schulen. Bei der Untersuchung von Risikopatienten sollte ein qualifizierter Arzt anwesend sein.

Die Spiroergometrie erfolgt in Europa i. d. R. als symptomlimitierte Fahrradergometrie in sitzender Position. Als Standard wird ein Rampenprotokoll mit kontinuierlicher Steigerung der Belastung (Intervalle geräteabhängig zwischen 1 – 60 sec in 5 – 30 Watt/min-Schritten) verwendet. Dieses bietet den Vorteil einer zügigen kardialen Ausbelastung.

Die Belastung gliedert sich in eine:

  • Kurze Ruhephase: 1 – 2 min: Adaptation der Atmung an die Maske. Messung von kapillärer Blutgasanalyse, EKG, Blutdruck, Puls, Lungenfunktion.

  • Leerlastphase („physiologischer Reset“): 1 – 2 min unter Leerlast, Trittfrequenz: 55 – 70/min.

  • Belastungsphase: 8 – 12 min, Trittfrequenz: 55 – 70/min.

  • Erholungsphase (± Leerbelastung): 5 min.


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Standards der Messung

Ganz entscheidend tragen standardisierte Untersuchungsabläufe zur Datenqualität und Vergleichbarkeit von Messergebnissen bei. Neben der üblichen Gas- und Volumenkalibration wird eine regelmäßige Systemüberprüfung (Testperson oder mittels Präzisionspumpe, mindestens 1 × jährlich) empfohlen [12] [13].

[Tab. 1] fasst einige Aspekte, die bei der Vorbereitung und Durchführung der Spiroergometrie wichtig sind, zusammen. Der Patient sollte bequeme Sportkleidung tragen und eine letzte leichte Mahlzeit 2 – 3 Stunden vor der Untersuchung eingenommen haben. Außerdem sollte der Patient klinisch stabil und infektfrei sein und intensive Sporteinheiten sowie Alkohol 48 Stunden vor der Untersuchung meiden. Der Untersuchungsablauf, die Kommunikation per Handzeichen sowie die Apparatur müssen dem Patienten genau erklärt werden. Als Basis für die Bestimmung der Atemreserve (und einer Beurteilung der dynamischen Überblähung [IC-Manöver]) kommt der Ruhespirometrie eine besondere Bedeutung zu. Nach Auswahl des geeigneten Steigerungsprotokolls soll der Patient mit einer konstanten Trittfrequenz (ca. 55 – 70 U/min, gegen Ende der Belastung kann auf die Vorgabe einer Trittfrequenz verzichtet werden) treten, solange er dazu in der Lage ist bzw. bis eines der folgenden Abbruchkriterien auftritt [1] [11]:

Tab. 1

Vorbereitung und Durchführung der Spiroergometrie [12].

Vorbereitung Messung

Vorbereitung Patient

  • Warmlaufphase Equipment

  • Umgebungsbedingungen dokumentieren (Temp. ideal 18 – 22 °C, Luftfeuchte ideal 30 – 60 %)

  • Ablaufdatum O2-Analysator ist bekannt

  • Gaskalibration mind. 1 × täglich vor 1. Messung (Flasche wieder schließen!)

  • Volumenkalibration vor jeder Messung

  • Sattel- und Griffhöhe sowie Pedale individuell passend einstellen für eine optimale Kraftübertragung

  • Notfallbereitschaft (inkl. Ausrüstung)

  • Information zum Untersuchungsablauf

  • EKG-Elektroden (ggf. Rücken), RR-Manschette

  • Kommunikation per Handzeichen vereinbaren (Redeverzicht des Pat. während der Messung)

  • Belastungsprotokoll auswählen

  • Auswahl Maske, Maskensitz und -dichtigkeit überprüfen (Pat. auf Stuhl sitzend). Totraum für die Maske im System auswählen

  • Ohr hyperämisieren 10 min

  • Schläuche seitlich („8 – 9 Uhr“-Position) an die Flow- oder Volumensensoren anschließen

Messung

Nach Ende der Messung

  • Ruhephase: Lungenfunktion (FEV1, ggf. IC-Manöver), EKG, RR, BGA (Ohr), BORG CR-10

  • Leerlastphase: 1 – 2 min

  • Belastungsphase: EKG, BGA bei sub-maximaler und maximaler Belastung, ggf. IC-Manöver, RR, Plausibilität, Ausbelastungskriterien. Befindlichkeit des Pat. (Schmerzen [Thorax, Beine], Schwindel?) und Maskensitz gelegentlich kontrollieren

  • Erholungsphase: BORG CR-10, EKG, BGA, RR, Auskultation

  • Abbruchgrund dokumentieren

  • Messung abspeichern

  • Dokumentation von Mitarbeit, Einflussfaktoren und technischer Qualität der Messung

  • Reinigung und Desinfektion der Geräte/Maske etc.

  • ggf. Sammelschlauch wechseln

  • Materialverschleiß überprüfen

Vor Beginn der Spiroergometrie erfolgen Messungen von EKG, Blutdruck, Ausgangslungenfunktion (bevorzugt mit Mundstück, alternativ mit Atemmaske) und BGA. Größere Temperatur- oder Druckänderungen erfordern eine Rekalibration der Sensoren. Die individuelle Anpassung des Fahrradergometers (Sitzposition und -höhe, Griffhöhe, vgl. Herstellerangaben) an den Patienten – und nicht umgekehrt – ist relevant. Eine kurze Leerlastphase wird als gezieltes Warm-up zur Vorbereitung der Muskulatur, Gelenke und Bänder auf die Belastung, als messtechnische Kontrolle und Adaptationsphase direkt vor der Belastung empfohlen. Manche Untersucher starten die Messung auch direkt mit einer Leertretphase (nicht evidenzbasiert).

  • Thoraxschmerzen, Angina pectoris-Symptome,

  • plötzliche Blässe, Zyanose, Koordinationsstörung, Schwindel oder Verwirrtheit,

  • Zeichen der respiratorischen Insuffizienz,

  • ST-Streckenveränderungen: horizontale ST-Senkung über 0,2 mV, ST-Hebung über 0,1 mV, monophasische Deformierung als ST-Hebung,

  • Blockbilder: Auftreten eines Linksschenkelblocks, AV-Block II./III. Grades, progrediente QRS-Verbreiterung,

  • höhergradige Arrhythmien: Couplets, Salven, progrediente supraventrikuläre Extrasystolen, supraventrikuläre und ventrikuläre Tachykardien, Vorhofflattern, neu aufgetretenes Vorhofflimmern,

  • Blutdruckabfall: RR sys > 10 mmHg unterhalb des Ruheblutdrucks,

  • überschießender Blutdruckanstieg RR sys > 250 bzw. RR diast > 120 mmHg,

  • technischer Defekt, Patientenwunsch

Am Ende der Belastung werden das subjektive Anstrengungsempfinden mittels modifizierter Borg-Skala (CR-10-Score) sowie die Abbruchursache(n) erfasst.

Während der Spiroergometrie wird kontinuierlich über die Mund-Nasen-Maske (oder über ein Mundstück) mit angeschlossenen Messsensoren der Sauerstoff- und Kohlendioxidpartialdruck der ausgeatmeten Luft und das Atemzeitvolumen (als Produkt von Atemfluss × Atemfrequenz) analysiert. Gleichzeitig wird die Herzfrequenz über ein Belastungs-EKG abgeleitet. Aus diesen wenigen Variablen werden weitere Parameter der Spiroergometrie abgeleitet, die wir nachfolgend vorstellen.

Die Daten werden für jeden einzelnen Atemzug (Einzelatemzuganalyse) erfasst, gemittelt über 8 – 10 Atemzüge ausgewertet und grafisch als Tabelle und 9-Felder-Tafel dargestellt. Die grafische Darstellung, Parameterauswahl und Skalierung sind in den Werkseinstellungen vorkonfiguriert und können mit Unterstützung des Herstellers an den eigenen Bedarf angepasst werden [12]. Als Standard-Sollwerte präferieren wir die Referenzwerte aus der großen deutschen SHIP-Kohorte [15] oder alternativ die ähnlichen Werte von Wasserman.


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Messdauer und Auswahl der Belastungsstufen

Die Belastungsphase sollte im Idealfall 10 ± 2 min andauern, mindestens jedoch 5 min. Die Wahl einer zu hohen Belastungsstufe bzw. einer zu steilen Rampe ist zu vermeiden, da diese häufig mit starker Hyperventilation und vorzeitigem Belastungsabbruch verbunden ist. So ist bei deutlich eingeschränkten Patienten eine Rampenbelastung mit 5 W/min mit dem Ziel einer ausreichend langen Belastungsdauer überlegenswert.

Bei der Wahl der Gesamtbelastungsstufe (in Watt) gibt es mehrere Optionen. Grundsätzlich bewährt hat sich die einfache Orientierung an der Belastbarkeit im Alltag (Treppenbelastung, Frage: Wie viele Stockwerke können Sie zügig gehen ohne anzuhalten?).

1. Stock: ca. 50 Watt (entspricht leichtem Wandern, Golfspielen). Für Pat. mit schwerer Herz- u./o. Lungenerkrankung können bereits 50 Watt das Maximum der Belastbarkeit darstellen.

2. Stock: ca. 100 Watt („Nordic Walking“, Radfahren [ebene Strecke])

3. Stock: ca. 125 – 150 Watt (Schwimmen, Bergwandern)

4. Stock: ca. 200 Watt (Joggen ≥ 10 km/h, trainierter Radfahrer)


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Plausibilitätskontrolle

Eine Plausibilitätskontrolle ist unerlässlich, um messtechnische Probleme vor und während der Belastungsmessung (z. B. Maskenundichtigkeit, Defekt bzw. Drift der Gasanalysatoren) rechtzeitig zu erkennen und ggf. zu korrigieren [12]. Die Kontrolle beschränkt sich auf folgende einfache Berechnungen:

  1. Ventilation (V̇E = Atemzeitvolumen): unplausibel, wenn der Anstieg von V̇E nicht dem Anstieg der Wattbelastung folgt (Maskenleckage?). Zur Abschätzung eignet sich hervorragend die 9er-Regel nach Rühle: Pro 25 Wattleistung sind 9 l Ventilation plus 9 l Ruheatmung nötig. Beispiel: Leistung: 100 Watt erfordern eine Ventilation von: 4 × 9 l + 9 l Ruheatmung = 45 l/min.

  2. V̇O2-Anstieg/Watt (aerobe Kapazität): unplausibel, wenn Anstieg unter Belastung (nach 1 – 2 min) zu gering. Der Wert kann online am Bildschirm abgelesen werden: Faustformel ≥ 10 ml/Watt. Als Plausibilitätskontrolle in Ruhe eignet sich ein Wert für V̇O2 von 5 – 6 ml/kg (Faustformel).

  3. RER unplausibel, wenn RER in Ruhe unter 0,7 oder bei geringer Belastung RER ≥ 1,1 liegt (Fehlfunktion Gasanalysatoren, Sammelschlauch, Maskenleckage, Hyperventilation?).

Mögliche Lösungen: Aufwärmzeit Messapparatur einhalten, Kalibration wiederholen, gefüllte Gasflasche, bei behinderter Nasenatmung zur Mundatmung auffordern, Austausch (Maske, Messsensoren, Sammelschlauch).

Relevante Artefakte treten auch auf, wenn das markierte Belastungsende in der Software nicht mit dem tatsächlichen Belastungsende auf dem Ergometer übereinstimmt. Ein weiteres häufiges Fehlerbeispiel ist die kapilläre BGA-Abnahme (Abnahmefehler, fehlende oder inkorrekte Markierung bzw. falsche Reihenfolge der BGA-Einträge im Softwareprogramm. Letztere kann über die Base Exzess (BE)-Werte aus der BGA korrigiert werden, die mit zunehmender Belastung immer negativer werden).


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Ausbelastungskriterien

Für eine ausreichende Ausbelastung sprechen u. a. das Erreichen einer RER ≥ 1,05 (erkrankte Patienten) bzw. ≥ 1,1 (Gesunde), das Überschreiten der VT1-Schwelle sowie eine Annäherung an die Sollgrenzen von V̇O2 peak, Herzfrequenz und Ventilation (bzw. V̇E/V̇O2 > 30 – 35).


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Auswertung der Spiroergometrie

Die Bewertung der Messergebnisse setzt das hier vermittelte Grundlagenwissen und eine strukturierte Auswertung voraus. Mit Blick auf die klinische Leistungsdiagnostik ist die maximal erreichte Leistungsfähigkeit (V̇O2 peak = höchste Sauerstoffaufnahme bei Abbruch der Belastung) relevanter als die maximal erreichbare Leistungsfähigkeit (V̇O2 max) als Domäne der Sportmedizin. Im klinischen Alltag werden oftmals die Begriffe V̇O2 max und V̇O2 peak (falsch) synonym verwendet. Je mehr sich V̇O2 peak an V̇O2 max annähert, umso aussagekräftiger ist natürlich der Test.

Die wichtigsten Messgrößen und ihre Beziehungen zueinander werden in der 9-Felder-Grafik nach Wasserman [12] [13] systematisch zusammengefasst. Wir verwenden die in Deutschland aktuell übliche ursprüngliche Version der 9-Felder-Tafel nach Wasserman. Eine – inhaltsgleiche – Neuanordnung der 9-Feldertafel [13] vor wenigen Jahren hat sich bislang nicht durchgesetzt und bietet außer didaktischen Vorteilen keinen grundsätzlichen Mehrwert. Eine parallele Verwendung der beiden Versionen sollte vermieden und eine Harmonisierung angestrebt werden.

Das primäre Ziel der Auswertung liegt darin festzustellen, ob und in welchem Ausmaß eine Leistungseinschränkung besteht und welche Ursache(n) kardiovaskulärer, pulmonaler oder pulmovaskulärer Genese dabei im Vordergrund stehen. Eine diagnostische Zuordnung zu spezifischen Erkrankungen ist – auch unter Verwendung starrer Algorithmen – i. d. R. nicht sicher möglich, da unterschiedliche Erkrankungen gleichförmige Reaktionsmuster verursachen können und nicht selten auch Mischbilder unterschiedlicher Erkrankungen bestehen.

Es hat sich sehr bewährt, die 9-Felder-Grafik nach einem festen Schema bzw. einer festen Reihenfolge und im gesamten Belastungsverlauf zu analysieren [12] [13]. Kardiozirkulatorische Aspekte und Aussagen zur Leistungsfähigkeit werden in den Feldern 3 →2→5 (sog. kardiozirkulatorische Felder) abgebildet. Aussagen zum Gasaustausch sind den Feldern 4 bzw. 6→9 zu entnehmen. Eine mögliche pulmonale Limitation zeigt sich in den Feldern 1→7→8 (ventilatorische Felder). Das Feld 4 wird sowohl von der Ventilation als auch kardiovaskulär beeinflusst ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Klassische Anordnung der 9-Felder-Tafel mit einem Vorschlag zur strukturierten Auswertung [modifiziert nach 12]. Zunächst werden die kardiovaskulären Felder (rot) in der Reihenfolge 3 →2→5 analysiert, danach die Felder zum Gasaustausch (grün): 4 bzw. 6→9, und abschließend die ventilatorischen bzw. Lungenfelder (blau): 1→7→8. Das Feld 4 wird sowohl pulmonal als auch kardial beeinflusst. Die Zahlen in den Einzelfeldern oben rechts zeigen die Neuanordnung (Stand 2012) der 9-Felder-Tafel an (rechtsseitige Felder wandern nach links, Feld 2 und 8 bleiben konstant) [13].

Angesichts der Vielzahl an spiroergometrischen Einzelparametern (ca. 150) ist die Reduktion auf wenige, klinisch aussagekräftige Parameter wirklich bemerkenswert und ermöglicht auch Nichtexperten eine strukturierte und unkomplizierte Befundung der 9-Felder-Tafel.

In den nachfolgenden [Abb. 4 – 6] beschreiben wir die einzelnen Felder in der o. g. Reihenfolge am Beispiel eines Normalbefunds bei einem gesunden 44-jährigen Mann (Fahrradspiroergometrie mit Rampenprotokoll). Die Felder spiegeln somit die physiologischen Veränderungen unter Belastung wider, die unter [Abb. 1] zusammengefasst sind. Die einzelnen Felder enthalten ergänzende Informationen zu den Messparametern, Vorschläge zur strukturierten Analyse sowie eingravierte Beispiele möglicher pathologischer Reaktionsmuster.

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Abb. 4Kardiozirkulatorische Felder.
4.1 Darstellung von O2-Aufnahme (V̇O2) und CO2-Abgabe (V̇CO2) gegen die Zeit. B: Beginn, E: Ende der Belastung.
– V̇O2 peak: Maximal erreichte Leistung bzw. Sauerstoffaufnahme am Ende der Belastung. Maß für die aerobe Leistungsfähigkeit. Einheiten: ml/min (gewichtsunabhängig); ml/kg/min (gewichtsbezogen). Wichtiger Prognoseindikator für das Langzeitüberleben auch bei Gesunden.
– Steigung V̇O2/Watt (aerobe Kapazität): Verhältnis der Sauerstoffaufnahme zur geleisteten Arbeit (Watt). Maß für die aerobe Energieeffizienz, die über den Anteil der aeroben Energiegewinnung an der erbrachten Leistung informiert.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– V̇O2 peak % Sollwert erreicht?
– Vorzeitige Abflachung, Abfall bzw. Plateau von V̇O2 peak unterhalb des Sollbereichs?
– Überschießendes V̇O2 nach Belastungsende (als Hinweis auf myokardiale Ischämie)?
– Aerobe Kapazität im Sollbereich (linearer Verlauf von V̇O2 zur Wattleistung bis VT1) oder reduziert (als Hinweis für einen gesteigerten anaeroben Stoffwechsel)?
– Oszillationen vor/unter Belastung (als Hinweis auf Cheyne-Stokes-Atmung)?


4.2 Darstellung von Herzfrequenz und Sauerstoffpuls gegen die Zeit.
– O2-Puls: Sauerstoffmenge, die pro Herzschlag aufgenommen wird (V̇O2/HR). Indirektes Maß für das Schlagvolumen des Herzens unter maximaler Belastung.
– Die Herzfrequenz (HR) (vgl. auch ergänzende Darstellung in Feld 5) weist viele Einflussfaktoren auf.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– O2-Puls: Sollwert erreicht oder reduziert (als Hinweis auf Rechts-oder Linksherzinsuffizienz)?
– Linearer oder flacher Anstieg O2-Puls unter Belastung, frühe Plateaubildung unterhalb des Sollwerts?
– Abfall des O2-Puls mit möglichem Wiederanstieg (z. B. Arrhythmien oder R-L-Shunt)
– Herzfrequenzreserve erhalten/aufgebraucht?
– Überschießender Anstieg der Herzfrequenz schon bei geringer Belastung?
– Geringer Anstieg der Herzfrequenz? Bei chronotroper Inkompetenz oder ß-Blockertherapie kann der O2-Puls normal oder erhöht sein.




4.3 Darstellung von CO2-Abgabe (V̇CO2) (Y-Achse) im Verhältnis zur O2-Aufnahme (V̇O2 (X-Achse) sowie Verlauf der Herzfrequenz (HR) im Verhältnis zur V̇O2.
– Erste Referenz zur Festlegung der ersten ventilatorischen Schwelle VT1 (s. [Abb. 5]).
– Übersichtliche Information zum Herzfrequenzverhalten (mit Sollwertbereich. vgl. Feld 2.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– VT1 im Sollbereich?
– Linearer Anstieg der Herzfrequenz zu V̇O2?
– Überproportionaler Anstieg der Herzfrequenz, zu geringer Anstieg, oder wechselhafter Verlauf der Herzfrequenz?
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Abb. 5Gasaustauschfelder.
5.1 Dargestellt wird die CO2-Abgabe (V̇CO2) bez. auf die Ventilation.
– Das Verhältnis V̇E/V̇CO2 zeigt an, wieviel Liter man ventilieren muss, um 1 l CO2 abzuatmen, und gilt als Maß für den Ventilationsaufwand bzw. die Atemökonomie. Die Steigung von V̇E/V̇CO2 wird als Slope bezeichnet.
– Die gleiche Information findet sich in Feld 6 (EqCO2 als Quotient im Verlauf dargestellt).
– Der V̇E/V̇CO2 Slope (bzw. V̇E/V̇CO2 bei VT1 (Feld 6) hat sich als wichtiger Prognoseindikator bei chronischen Herz- und Lungenerkrankungen sowie großen chirurgischen Eingriffen etabliert und kann auch bei submaximaler Belastung bestimmt werden.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– V̇E/V̇CO2 Slope im Sollbereich?
– Steiler Anstieg V̇E/V̇CO2 Slope und überproportionaler starker Anstieg vor Ende der Belastung (als Hinweis für eine massive Hyperventilation bzw. V/Q-Störung, z. B. idiopathische pulmonal-arterielle Hypertonie)?
– Parallelverschiebung der Kurve nach oben? (als Hinweis für eine erhöhte Totraumventilation; diese steigt wegen vertiefter Atmung unter Belastung nicht weiter an, z. B. chronische Herzinsuffizienz).
– Steiler Anstieg initial, unter steigender Last wieder abfallend (als Hinweis für eine psychogene Hyperventilation)?
– Abfall V̇E/V̇CO2 Slope (als Hinweis für eine alveoläre Hypoventilation)?
5.2 Dargestellt wird das Verhältnis von Ventilation (V̇E) zur O2-Aufnahme (V̇O2) bzw. zur CO2-Abgabe (V̇CO2).
– Die Atemäquivalente EqO2 ≈ V̇E/V̇O2 bzw. EqCO2 ≈ V̇E/V̇CO2 zeigen an, wieviel Luft man ein und ausatmen muss, um 1 l O2 aufzunehmen bzw. 1 l CO2 abzugeben. (Hinweis: EQ-Werte werden korrigiert um den apparativen Totraum [Maske]).
– Maß für den Ventilationsaufwand bzw. die Atemökonomie. Je niedriger die Eq-Werte, umso effektiver ist der Gasaustausch bzw. die Atemarbeit und umgekehrt. (Vgl. auch Feld 4: V̇E/V̇CO2 liefert die gleiche Information in linearer Darstellung).
– Weitere Möglichkeit zur Bestimmung der VT1 (s. [Abb. 5]).
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– Physiologischer Abfall der beiden Atemäquivalente bis VT1? Zunahme von Eq nach VT1 innerhalb der Sollwerte?
– Deutlich erhöhte Werte der Atemäquivalente bereits in Ruhe?
– Überproportionaler Anstieg von Eq bei VT1 und im weiteren Belastungsverlauf (als Hinweis für eine V/Q-Störung)?
– Stark erniedrigte Werte von Eq (als Hinweis für eine alveoläre Hypoventilation)?
5.3 Darstellung der endexspiratorischen Partialdrücke von O2 (PETO2) und CO2 (PETCO2). Indirektes Maß für den Gasaustausch.
– Je ausgeprägter die Ventilation, desto niedriger ist PETCO2 und desto höher ist PETO2 und umgekehrt. Hinweis: PETCO2 ist bei Belastung ca. 4 mmHg höher als PaCO2, in Ruhe ist PETCO2 < PaCO2.
– Weitere Möglichkeit zur Bestimmung von VT1 (siehe [Abb. 5]).
– Die zusätzliche Bestimmung der kapillären Blutgase (Zeitpunkte: Ruhe, submaximale Belastung, maximaler Bereich, Ende der Erholungsphase) ermöglicht die automatische Berechnung der alveolär-arteriellen Partialdruckdifferenz für O2 und der arteriell-alveolären Partialdruckdifferenz für CO2.
– Die Bestimmung von P(A-a)O2 bzw. P(a-A)CO2 erfasst Ventilationsstörungen bzw. Perfusionsstörungen deutlich sensitiver und zuverlässiger als die alveolären (bzw. endtidalen) Partialdrücke und eliminiert rechnerisch Störeinflüsse wie Hyper- oder Hypoventilation. Je höher die Druckdifferenz ausfällt, umso ausgeprägter ist die Störung.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– Physiologischer Verlauf von PETO2 und PETCO2 unter Belastung?
– Abnahme von PETO2 (Hinweis auf belastungsinduzierte Hypoxämie)?
– Abfall von PETCO2 in Ruhe und bei Belastung (als Hinweis auf eine ausgeprägte Hyperventilation bzw. V/Q-Störung, z. B. pulmonal-arterielle Hypertonie)?
– Progrediente Zunahme von PETCO2 unter Belastung (als Hinweis auf eine Hypoventilation, z. B. schwere COPD mit erschöpfter Atemreserve, OHS, neuromuskulär)?
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Abb. 6Ventilatorische Felder.
6.1 Dargestellt ist das Verhältnis der Ventilation (V̇E) zur erbrachten Leistung (Watt, grün markiert) gegen die Zeit (X-Achse).
– Die maximal mögliche Ventilation (MVV, alter Begriff: Atemgrenzwert) wird bei Gesunden nicht ausgeschöpft. Die MVV errechnet sich vereinfacht aus FEV1 × 35 (FEV1 × 40 bei Emphysem) oder kann durch direkte Messung von MVV bestimmt werden.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– Ist die Ventilation im Verhältnis zur Leistung adäquat, zu hoch (z. B. Lungenfibrose) oder zu niedrig (z. B. Maskenleckage, offener Mund)? Zur Abschätzung eignet sich die 9er-Regel nach Rühle (s. Text).


6.2 Dargestellt ist das Verhältnis von Atemzugvolumen (VT) (Y-Achse) und Atemfrequenz (BR) zur Ventilation (X-Achse). Dieses Feld informiert über das Atemmuster.
– Die Atemfrequenz wird indirekt in Form von Isoplethen (= Linie gleicher Zahlenwerte. Obere Isoplethe: niedrige BR: 20/min, untere Isoplethe: hohe BR = 50/min) abgebildet.
– Zunächst steigt V̇E, bis VT ausgeschöpft ist (VT: 50 – 60 % der Vitalkapazität [VC]), danach steigt V̇E durch die Zunahme der Atemfrequenz.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– Normales Atemmuster? Die Werte im Bereich der oberen Isoplethen weisen auf eine stark vertiefte Atmung mit hohem Atemzugvolumen (VT) und eine niedrige Atemfrequenz hin.
– Obstruktives Atemmuster? Der erhöhte Ventilationsbedarf unter Belastung kann nur durch vertiefte Atmung gedeckt werden. VT wird maximal ausgeschöpft und fällt anschließend ab. Die Atemfrequenz ist aufgrund der verlängerten Exspirationszeit nicht adäquat steigerbar. Es resultiert eine tiefe, niedrigfrequente Atmung.
– Restriktives Atemmuster? Der erhöhte Ventilationsbedarf unter Belastung kann nur durch eine Zunahme der Atemfrequenz gedeckt werden. Die Atemzugtiefe lässt sich aufgrund der Volumenreduktion nur unzureichend steigern. VT verläuft niedrig und flach in Richtung untere Isoplethe. Es resultiert eine oberflächliche, hochfrequente Atmung (Hyperventilation).


6.3 Darstellung der respiratorischen Austauschrate (RER) und (optional) der Atemreserve (BR).
– RER („Lungen-RQ“) beschreibt das Verhältnis aus CO2-Abgabe zu O2-Aufnahme: (V̇CO2/V̇O2) und gilt als Maß für die metabolische Ausbelastung und die Mitarbeit.
– Die Atemreserve gibt an, wieviel % der maximal möglichen Ventilation (MVV) bei Belastung tatsächlich ausgeschöpft wird. BR = MVV-V̇E. Da die MVV aus FEV1 × 35 (× 40 bei Emphysem) berechnet wird, führt eine falsch niedrige Messung von FEV1 zu falsch niedrigen Werten für MVV bzw. BR. In Zweifelsfällen (z. B. ausgeprägte restriktive Ventilationsstörung) sollte MVV direkt gemessen werden (z. B. 12 sec maximal schnelle und kräftige Ein- und Ausatmung × 5).
Auswertung (Sollwerte und Kinetik);
– Atemreserve erhalten oder erschöpft?
– RER-Ausgangswert > 0,7 und < 1,0?; RER > 1 meist durch (un-)willkürliche Hyperventilation
– RER: Metabolische Ausbelastung erreicht?
– RER ≥ 1 in früher oder später Belastungsphase erreicht? (Abrupter, persistierender RER-Anstieg unter Belastung als Hinweis für belastungsinduzierten R-L-Shunt).
– RER < 1 unter Belastung (als Hinweis für Mitarbeitsdefizit, schwere COPD oder Lungenfibrose [Ventilation nicht adäquat steigerbar], erschöpfte Skelettmuskulatur, pAVK)?
– Verzögerter Abfall der RER nach Belastung (als Hinweis für eine verzögerte CO2-Elimination, z. B. COPD) oder abrupter Abfall nach Belastungsende (kardiovaskuläre Ursache)?

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Bestimmung der ersten ventilatorischen Schwelle (VT1)

Die Messung der ersten ventilatorischen Schwelle (VT1, „Internistenschwelle“) ermöglicht die objektive Beurteilung der aeroben Leistungsfähigkeit auch ohne maximale Ausbelastung des Patienten. Durch die Kombination mehrerer Verfahren ist die Schwellenbestimmung in den allermeisten Fällen möglich (sog. 3-Felder-Blick, siehe [Abb. 7]) und wird durch das Messprogramm automatisch ermittelt. Die Bestimmung von VT1 ist erst bei sehr gravierenden respiratorischen Einschränkungen beeinträchtigt, wenn die Ventilation als Antwort auf den CO2-Anstieg nicht mehr adäquat gesteigert werden kann. Andere Gründe umfassen ein zu leichtes Belastungsprotokoll oder leistungsmindernde Faktoren (Arthrose, pAVK, Kooperationsmangel). Auf die Darstellung der zweiten ventilatorischen Schwelle (VT2) wird aufgrund der relativ geringen klinischen Relevanz verzichtet.

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Abb. 7 Methoden zur Bestimmung der ersten ventilatorischen Schwelle VT1 (3-Felder-Blick) (modifiziert nach [16] [17]): Links: Feld 5: V-Slope-Methode (Referenzmethode). VT1 entspricht dem Kurvenpunkt, an dem aufgrund der CO2-bedingten Hyperventilation V̇CO2 erstmals steiler als V̇O2 ansteigt. Die Bestimmung der VT1 mit der V-Slope-Methode ist am zuverlässigsten, da diese wenig von ventilatorischen Kompensationsvorgängen beeinflusst wird. Mitte: Feld 6: VT1 entspricht dem tiefsten Punkt (Nadir) von EqO2 direkt bevor EqO2 kontinuierlich ansteigt bei gleichzeitig fehlendem Anstieg von EqCO2. Rechts: Feld 9: VT1 entspricht dem tiefsten Punkt (Nadir) von PETO2 direkt bevor PETO2 kontinuierlich ansteigt (bei gleichzeitig konstantem PETCO2).

[Tab. 2] fasst die Normwerte einiger zentraler spiroergometrischer Parameter zusammen, deren Kenntnis für die Auswertung hilfreich sein kann. Die Tabellenwerte dienen nur zur Orientierung, da bislang noch keine allgemein gültigen Sollwerte etabliert sind.

Tab. 2

Orientierende Sollwerte (Fahrradspiroergometrie) [5] [8] [11] [12].

Variable

Sollwert

Pathologisch

Peak V̇O2

≥ 85 % bezogen auf Soll V̇O2 bzw. > 20 ml O2/min/kg

< 85 % / < 70 % / < 50 % (leicht/mittel/schwer)≤ 20 ml/min/kg

V̇O2/Watt (aerobe Kapazität)

≥ 9 – 10 ml/min/ Watt[a]

≤ 8 ml/min/ Watt

V̇O2 bei VT1

≥ 40 – 80 % Soll V̇O2 (> 10 ml O2/kg/min)

< 40 % / < 30 % / < 25 % (leicht/mittel/schwer)

Blutdruck

Anstieg 10 mmHg pro 30 Watt

Abfall, inadäquater Anstieg

O2 Puls (V̇O2/HR)

≥ 80 % bzw. 10 – 12 (weiblich) und 12 – 15 (männlich) ml/HR

< 80 % Soll unter Peak-Belastung

Herzfrequenzreserve

≥ 85 % Soll bei Ausbelastung

< 85 % Sollwert

Atemreserve (BR)

> 20 % (bzw. 15 l/min)

≤ 20 % (bzw. 15 l/min)

Atemfrequenz (BF)

≤ 50/min

≥ 60/min

EqCO2 bei VT1

25 – 30 bei VT1, ≤ 40 nach VT1

> 35 bei VT1, > 40 nach VT1; < 25

EqO2 bei VT1

20 – 30, ≤ 40 nach VT1

> 35, > 40 nach VT1

V̇E/V̇CO2 slope

25 – 30

> 35 bzw. < 20

RER

≥ 1,05 (ausreichend) bzw. ≥ 1,1 (sehr gute Ausbelastung); > 1,1 – 1,5 in Erholungsphase

< 1

PETCO2 (≈ PACO2≈ PaCO2)[b]

Ruhe > 35 mmHg, unter Belastung: > 40 mmHg

< 33 (in Ruhe), < 3 mmHg Anstieg oder ≥ 50 mmHg unter Belastung

PETO2 (≈ PAO2)

 > 90 mmHg, 20 – 30 mmHg Anstieg unter Belastung

fehlender Anstieg bzw. Abfall unter Belastung

[b]P(A-a)O2

In Ruhe: 20 mmHg. Bei Belastung: 30 mmHg

> 35

[c]P(a-A)CO2

In Ruhe: minimal positiv. Bei Belastung: leicht negativ

> 5

a V̇O2/Watt (aerobe Kapazität): gesunde Adipöse mit Sollwerten bis 15 ml/min/W.


b Genaue Kalkulation der alveolär-arteriellen Partialdruckdifferenz für O2 (P(A-a)O2): PAO2 wird berechnet mittels Alveolarluftformel (erfordert paCO2 aus der BGA), paO2 wird über die BGA bestimmt.


c P(a-A)CO2 (arterio-alveoläre Partialdruckdifferenz für CO2): PACO2 wird als PETCO2 gemessen, PaCO2 wird über die BGA bestimmt. P(a-A)CO2 ist in Ruhe leicht positiv infolge V/Q-Inhomogenitäten (gering perfundierte Lungenoberfelder mit gestörter CO2-Abgabe, PaCO2 > PACO2), bei Belastung negativ infolge Hyperventilation (PaCO2 < PACO2 [Differenz ca. 4 mmHg]). BF: breathing frequency; BR: breathing reserve; HR: heart rate; PET: endexspiratorischer Partialdruck (≈ alveolärer Partialdruck); Eq: ventilatory equivalent; RER: respiratorische Austauschrate. V̇O2 bei VT1: Sauerstoffaufnahme an der 1. ventilatorischen Schwelle.



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Auswertung und differenzialdiagnostische Überlegungen

Die körperliche Belastbarkeit bei Gesunden ist kardial oder muskulär begrenzt. Bei der Auswertung geht es darum, die Leistungsfähigkeit zu beurteilen und die Ursachen für eine bestehende Leistungsintoleranz differenzialdiagnostisch abzuklären. Schon mithilfe einiger weniger Hauptparameter können somit wichtige Rückschlüsse auf den primären Mechanismus (kardiozirkulatorisch, pulmonal, pulmovaskulär, Dekonditionierung) einer Leistungslimitation gezogen und dann ggf. gezielt weiter untersucht werden (s. [Tab. 3]). In der Tabelle können für einen Patienten die zutreffenden Befunde markiert und festgestellt werden, zu welchem Reaktionsmuster der Befund am besten passt. Erwartungsgemäß kann es zu Überlappungen zwischen den Kategorien kommen. Dieses Vorgehen bietet jedoch den großen Vorteil, dass aus der Summe der Einzelbefunde und dem klinischen Kontext eine klare Zuordnung getroffen werden kann, welches Befundmuster – alleine oder in Kombination – dominiert.

Tab. 3

Identifizierung des dominierenden Reaktionsmusters bei reduziertem V̇O2 peak.

Einzelbefunde

Patient/in

Kardio-vaskulär

Pulmo-vaskulär

Pulmonal

Trainingsmangel

VT1 frühzeitig erreicht

X

X

X

O2 Puls reduziert/Plateau am Belastungsende

X

X

X

V̇O2/Watt (aerobe Kapazität) reduziert

X

X

erhöhtes EqCO2 bzw. V̇E/V̇CO2 bei/nach VT1

X

XX

X

große Atemreserve

X

X

unauffälliges Atemmuster

X

X

X

PETCO2-Abfall unter Belastung

X

XX

EKG-Veränderungen, inadäquates RR-Verhalten

X

VT1 nicht erreicht

(X)

PETCO2 konstant oder steigend in später Belastungsphase

X

SpO2- bzw. PaO2-Abfall unter Belastung

X

X

ausgeschöpfte Atemreserve

(X)

X

auffälliges Atemmuster[a]

X

Differenzierung von kardialem, pulmovaskulärem und pulmonalem Reaktionsmuster oder Trainingsmangel als primärer Ursache der Leistungslimitation (mod. nach [4] [7] [18]). In der Tabelle kann in der Spalte Patient/in markiert werden, welche Befunde individuell zutreffen. Durch den Grad der Übereinstimmung mit den Kategorien (kardiovaskulär bis Trainingsmangel) kann direkt festgestellt werden, zu welchem Reaktionsmuster der Befund am besten passt. Der Schweregrad der Erkrankung hat maßgeblichen Einfluss auf das Reaktionsmuster. So lässt sich z. B. ein Trainingsmangel oft nicht von einer leichten kardialen Funktionseinschränkung unterscheiden. Auch bei pulmonal-arterieller Hypertonie kann die Atemreserve durch Hyperventilation ausgeschöpft sein. Überlappende Reaktionsmuster finden sich z. B. bei Lungenerkrankungen mit sekundärer pulmonal-arterieller Hypertonie oder kardialer Mitbeteiligung.

XX: starke Ausprägung.

a restriktives oder obstruktives Atemmuster.



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Belastungs-EKG und Blutdruck

Während der gesamten Untersuchung ist auf pathologische Blutdruck- und EKG-Veränderungen (ST-Veränderungen, Arrhythmien und Blockbilder) zu achten (vgl. auch Abbruchkriterien).


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Dokumentation der Untersuchung

Vorschläge zur Befunddokumentation sind in der Literatur beschrieben [5] [8] [12]. Die Möglichkeiten der computergestützten Softwareauswertung im Sinne eines automatisierten Reports werden häufig noch nicht ausreichend genutzt, verbessern aber Zeitaufwand, Qualität der Befunderstellung und damit auch die Akzeptanz der Untersuchung.

Aufgrund der praktischen Bedeutung folgen noch kurze Anmerkungen zur Aufzeichnung der dynamischen Fluss-Volumenkurven und der präoperativen Funktionsdiagnostik.


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Dynamische Überblähung (Intrabreath-Kurven oder IC-Manöver)

Die Registrierung der dynamischen Fluss-/Volumenkurven unter Belastung (Intrabreath- oder IC-Manöver (IC = inspiratorische Kapazität) liefert zusätzliche Informationen über die Atemmechanik ([Abb. 8]). Sie ist kein routinemäßiger Bestandteil der Spiroergometrie und kann eine Flusslimitierung und dynamische Überblähung bei obstruktiven Lungenerkrankungen anzeigen [8] [12].

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Abb. 8 Intrabreath- bzw. IC-Manöver bei obstruktiver Lungenerkrankung (z. B. COPD). Die dynamische Überblähung ist Folge der exspiratorischen Flusslimitierung bei Obstruktion. Bei dynamischer Überblähung reicht unter Belastung die Zeit für eine vollständige Exspiration nicht mehr aus. Es kommt daher zu einer progredienten Zunahme der exspiratorischen Lungenvolumina (EELV = FRC) auf Kosten der Inspirationsvolumina mit einer starken Abnahme der inspiratorischen Kapazität (IC) und des inspiratorischen Reservevolumens (IRV). Die Abnahme des IRV korreliert dabei eng mit dem Dyspnoe-Schweregrad [20]. Außerdem kann beurteilt werden, ob ggf. auch eine exspiratorische Flusslimitierung vorliegt. Infolge des obstruktionsbedingt begrenzten Ventilationsspielraums ist bei zunehmender Belastung mit entsprechender Zunahme von VT nur eine begrenzte Ausdehnung von Atemtiefe und Atemströmung (F/V-Kurve unter Belastung) bis zum Erreichen der „FEV1-Begrenzung“ möglich. An dieser Stelle überlagern sich die beiden Kurven.

Als Ausgangspunkt liegt das Ergebnis einer maximalen Fluss-/Volumenkurve (FEV1-Messung) in Ruhe vor. Für die Bestimmung des IC-Manövers während der Belastung muss der Patient am Ende einer normalen Ausatmung einmal maximal tief einatmen und danach normal aus- bzw. weiteratmen (sog. IC-Manöver). 3 Messzeitpunkte werden vorgeschlagen: Ruhewert, submaximaler (aber möglichst nicht im Bereich der VT1-Schwelle) und maximaler Belastungsbereich. Die Messung wurde bislang nicht standardisiert und ist störanfällig, scheint aber die spiroergometrische Messung nicht relevant zu beeinflussen [19].


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Präoperativer Einsatz der Spiroergometrie

Nach aktuellen Leitlinienempfehlungen (2013) der ACCP (American College of Chest Physicians), die nur moderat von der European Respiratory Society (ERS)-Leitlinie (2009) abweichen, wird eine Spiroergometrie vor thoraxonkologischen Operationen (Thorakotomien) in folgenden Fällen empfohlen [21] [22]:

  • präoperativer Wert der postbronchodilatorischen FEV1 oder DLCO < 80 %

  • errechneter Wert der postoperativen FEV1 oder DLCO < 30 % (optional auch schon ab < 60 %, falls Treppenbelastungstest oder Shuttle-Walk-Test keine Option darstellen)

In Abhängigkeit von der spiroergometrisch ermittelten VO2 peak erfolgt dann eine präoperative Risikostratifizierung:


V̇O2 peak (% Soll): > 20 ml/kg/min (> 75 % Soll) = niedriges Risiko

V̇O2 peak (% Soll): 10 – 20 ml/kg/min (35 – 75 % Soll) = mittleres Risiko

V̇O2 peak (% Soll): < 10 ml/kg/min (< 35 % Soll) = hohes Risiko

Die ACCP-Leitlinie befürwortet den liberalen Einsatz der Spiroergometrie bei kardialer Komorbidität und die Analyse des V̇E/V̇CO2-Slope als zusätzlichen Prognoseindikator.

Diese Empfehlungen zu Thorakotomien lassen sich jedoch nicht einfach auf die thorakoskopischen Eingriffe übertragen, sodass hier eigene Konzepte zur Risikostratifizierung entwickelt werden [23].


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Fazit

Bei vielen Patienten mit kardiopulmonalen Krankheiten liefert erst die Spiroergometrie entscheidende (differenzial-)diagnostische Informationen über belastungsinduzierte Reaktionen und deren Schweregrad oder ermöglicht das Monitoring therapeutischer Interventionen. Die Spiroergometrie ergänzt somit die „Ruhediagnostik“ um den wichtigen Aspekt der Pathophysiologie unter Belastung und informiert über die körperliche Leistungsfähigkeit als einen der wichtigsten klinischen und patientenrelevanten Endpunkte überhaupt.

Die diagnostische Aussagekraft dieses kardiopulmonalen Globaltests ist anderen Belastungsuntersuchungen (Ergometrie, 6-Minuten-Gehtest etc.) deutlich überlegen, da durch zusätzliche Messung der Atemgase auch bei submaximaler Belastung prognostisch wichtige Parameter zuverlässig erfasst werden.

Die Differenzierung der Befunde hinsichtlich kardialer, pulmonaler oder pulmovaskulärer Ursachen erlaubt zugleich eine ökonomische und zielführende weitere diagnostische Abklärung.

Dies alles spricht sehr dafür, die Spiroergometrie als etablierte Referenzmethode bei kardiopulmonalen Fragestellungen viel häufiger einzusetzen, zumal auch der zeitliche Mehraufwand z. B. gegenüber der Ergometrie in der routinemäßigen Anwendung gering ist. Auch im ambulanten Bereich erweitert die Spiroergometrie das fachärztliche Leistungsprofil erheblich, selbst wenn der Anspruch auf eine umfassende Funktionsdiagnostik durch insuffiziente Abrechnungsziffern derzeit nicht unterstützt wird. Dennoch droht dieser Globaltest hierzulande immer mehr aus der ambulanten fachärztlichen Versorgung zu verschwinden. Um hier eine Trendwende einzuleiten, gilt es die Spiroergometrie bereits im Rahmen der fachärztlichen Weiterbildung gezielt zu fördern und obligat zu schulen. In der Spiroergometrie-SOP des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung wird diesbezüglich die initiale Begleitung von 5 Spiroergometrien und die anschließende eigenverantwortliche Durchführung von mindestens 20 Untersuchungen unter Supervision empfohlen [24]. Ergänzend ist die Teilnahme an einer Spiroergometrie-Fortbildung erwägenswert.

Es bleibt zu hoffen, dass die moderne Präzisionsmedizin und der eigene Anspruch auch bei der kardiopulmonalen Funktionsdiagnostik dazu führen, für Belastungsuntersuchungen – wann immer möglich – primär den Goldstandard und nicht deutlich eingeschränkte Alternativen auszuwählen. Darüber hinaus wird sich zeigen, ob sich – wie von der American Heart Association propagiert – die Messung der „cardiorespiratory fitness“ als unabhängiger Risikofaktor und klinisches Vitalzeichen in der kardiopulmonalen Routinediagnostik etablieren wird [25].


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Danksagung

Wir danken der Chiesi GmbH, Hamburg, sehr für die Unterstützung bei der grafischen Erstellung der Abbildungen durch die Agentur „gemeinsam werben“, Hamburg. Außerdem danken wir Herrn Joachim Nöthling, AMEDTEC Medizintechnik Aue GmbH, Aue, für den sehr guten technischen Support.


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Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie für die grafische Umsetzung der Abbildungen durch eine Agentur finanzielle Unterstützung von der Chiesi GmbH, Hamburg, erhalten haben.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Thomas Glaab

  • Literatur

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  • 25 Ross R, Blair SN, Arena R. et al. Importance of assessing cardiorespiratory fitness in clinical practice: A case for fitness as a clinical vital sign. A scientific statement from the American Heart Association. Circulation 2016; 134: e653-e699

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Abb. 1 Grundlagen der Leistungsphysiologie. Physiologischer Verlauf der spiroergometrischen Standardparameter unter steigender körperlicher Belastung. Dargestellt sind die charakteristischen Veränderungen von Messgrößen der Ventilation, Kardiozirkulation, des Gasaustauschs und des Metabolismus. VT1 dokumentiert den Übergang zum gemischt aerob-anaeroben Stoffwechsel, VT2 den Übergang zum anaeroben Stoffwechsel. Details s. Text.
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Abb. 2 Abhängigkeit der alveolären Partialdrücke vom V/Q-Quotienten. 2-Kompartment-Modell: A: Normalsituation, B: unterschiedliche V/Q-Quotienten (normal/low/high V/Q). Gepooltes Nettoergebnis aus A + B. Links: normales V/Q = 0.8 – 1. Die eingeatmete Luft mischt sich mit dem in der Lunge noch befindlichen Restgas. Die Partialdrücke von O2 und CO2 im gemischt-venösen Blut der Lungenarterien werden mittels Diffusion an die Partialdrücke in den Alveolen angeglichen (hohes Partialdruckgefälle für O2, niedriges Partialdruckgefälle für CO2 bei jedoch hervorragenden Diffusionseigenschaften von CO2). Der PaO2 sinkt aufgrund physiologischer Shunts auf ca. 90 mmHg ab. Mitte: Ventilationsstörung bzw. Gasaustauschstörung (low V/Q). Bei einer Abnahme der V/Q (d. h. minderbelüftete, aber gut durchblutete Alveolen) fällt der arterielle PO2 und die O2-Sättigung des Hb. Diese Abnahme kann regional nicht kompensiert werden, da in Arealen mit hohem V/Q-Quotienten nur eine unwesentliche Zunahme der arteriellen Sauerstoffkonzentration eintritt (sigmoidale Form der O2-Sättigungskurve). Die Abnahme von V/Q ist mit einer Zunahme der alveolo-arteriellen O2-Druckdifferenz (P(A-a)O2) verbunden. Rechts: Verteilungsstörung bzw. erhöhte Totraumventilation (high V/Q). Bei einem deutlich erhöhten V/Q (d. h. gut belüftete aber gering durchblutete Alveolen [„wasted ventilation“]) steigt zwar der PaO2 proportional zur Abnahme des PaCO2, die arterielle O2-Konzentration bleibt jedoch konstant, da das Hb schon bei normalem PAO2 fast vollständig gesättigt ist. Bei dieser Störung wird durch die Minderperfusion primär die CO2-Abgabe aus dem Blut in die Alveolen beeinträchtigt, d. h. PaCO2 fällt kaum ab im Vergleich zum venösen PCO2, und es wird weniger CO2 in den Alveolarraum abgegeben (PACO2↓). Das Ergebnis ist eine Zunahme der arterio-alveolären CO2-Druckdifferenz (P(a-A)CO2).
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Abb. 3 Klassische Anordnung der 9-Felder-Tafel mit einem Vorschlag zur strukturierten Auswertung [modifiziert nach 12]. Zunächst werden die kardiovaskulären Felder (rot) in der Reihenfolge 3 →2→5 analysiert, danach die Felder zum Gasaustausch (grün): 4 bzw. 6→9, und abschließend die ventilatorischen bzw. Lungenfelder (blau): 1→7→8. Das Feld 4 wird sowohl pulmonal als auch kardial beeinflusst. Die Zahlen in den Einzelfeldern oben rechts zeigen die Neuanordnung (Stand 2012) der 9-Felder-Tafel an (rechtsseitige Felder wandern nach links, Feld 2 und 8 bleiben konstant) [13].
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Abb. 4Kardiozirkulatorische Felder.
4.1 Darstellung von O2-Aufnahme (V̇O2) und CO2-Abgabe (V̇CO2) gegen die Zeit. B: Beginn, E: Ende der Belastung.
– V̇O2 peak: Maximal erreichte Leistung bzw. Sauerstoffaufnahme am Ende der Belastung. Maß für die aerobe Leistungsfähigkeit. Einheiten: ml/min (gewichtsunabhängig); ml/kg/min (gewichtsbezogen). Wichtiger Prognoseindikator für das Langzeitüberleben auch bei Gesunden.
– Steigung V̇O2/Watt (aerobe Kapazität): Verhältnis der Sauerstoffaufnahme zur geleisteten Arbeit (Watt). Maß für die aerobe Energieeffizienz, die über den Anteil der aeroben Energiegewinnung an der erbrachten Leistung informiert.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– V̇O2 peak % Sollwert erreicht?
– Vorzeitige Abflachung, Abfall bzw. Plateau von V̇O2 peak unterhalb des Sollbereichs?
– Überschießendes V̇O2 nach Belastungsende (als Hinweis auf myokardiale Ischämie)?
– Aerobe Kapazität im Sollbereich (linearer Verlauf von V̇O2 zur Wattleistung bis VT1) oder reduziert (als Hinweis für einen gesteigerten anaeroben Stoffwechsel)?
– Oszillationen vor/unter Belastung (als Hinweis auf Cheyne-Stokes-Atmung)?


4.2 Darstellung von Herzfrequenz und Sauerstoffpuls gegen die Zeit.
– O2-Puls: Sauerstoffmenge, die pro Herzschlag aufgenommen wird (V̇O2/HR). Indirektes Maß für das Schlagvolumen des Herzens unter maximaler Belastung.
– Die Herzfrequenz (HR) (vgl. auch ergänzende Darstellung in Feld 5) weist viele Einflussfaktoren auf.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– O2-Puls: Sollwert erreicht oder reduziert (als Hinweis auf Rechts-oder Linksherzinsuffizienz)?
– Linearer oder flacher Anstieg O2-Puls unter Belastung, frühe Plateaubildung unterhalb des Sollwerts?
– Abfall des O2-Puls mit möglichem Wiederanstieg (z. B. Arrhythmien oder R-L-Shunt)
– Herzfrequenzreserve erhalten/aufgebraucht?
– Überschießender Anstieg der Herzfrequenz schon bei geringer Belastung?
– Geringer Anstieg der Herzfrequenz? Bei chronotroper Inkompetenz oder ß-Blockertherapie kann der O2-Puls normal oder erhöht sein.




4.3 Darstellung von CO2-Abgabe (V̇CO2) (Y-Achse) im Verhältnis zur O2-Aufnahme (V̇O2 (X-Achse) sowie Verlauf der Herzfrequenz (HR) im Verhältnis zur V̇O2.
– Erste Referenz zur Festlegung der ersten ventilatorischen Schwelle VT1 (s. [Abb. 5]).
– Übersichtliche Information zum Herzfrequenzverhalten (mit Sollwertbereich. vgl. Feld 2.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– VT1 im Sollbereich?
– Linearer Anstieg der Herzfrequenz zu V̇O2?
– Überproportionaler Anstieg der Herzfrequenz, zu geringer Anstieg, oder wechselhafter Verlauf der Herzfrequenz?
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Abb. 5Gasaustauschfelder.
5.1 Dargestellt wird die CO2-Abgabe (V̇CO2) bez. auf die Ventilation.
– Das Verhältnis V̇E/V̇CO2 zeigt an, wieviel Liter man ventilieren muss, um 1 l CO2 abzuatmen, und gilt als Maß für den Ventilationsaufwand bzw. die Atemökonomie. Die Steigung von V̇E/V̇CO2 wird als Slope bezeichnet.
– Die gleiche Information findet sich in Feld 6 (EqCO2 als Quotient im Verlauf dargestellt).
– Der V̇E/V̇CO2 Slope (bzw. V̇E/V̇CO2 bei VT1 (Feld 6) hat sich als wichtiger Prognoseindikator bei chronischen Herz- und Lungenerkrankungen sowie großen chirurgischen Eingriffen etabliert und kann auch bei submaximaler Belastung bestimmt werden.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– V̇E/V̇CO2 Slope im Sollbereich?
– Steiler Anstieg V̇E/V̇CO2 Slope und überproportionaler starker Anstieg vor Ende der Belastung (als Hinweis für eine massive Hyperventilation bzw. V/Q-Störung, z. B. idiopathische pulmonal-arterielle Hypertonie)?
– Parallelverschiebung der Kurve nach oben? (als Hinweis für eine erhöhte Totraumventilation; diese steigt wegen vertiefter Atmung unter Belastung nicht weiter an, z. B. chronische Herzinsuffizienz).
– Steiler Anstieg initial, unter steigender Last wieder abfallend (als Hinweis für eine psychogene Hyperventilation)?
– Abfall V̇E/V̇CO2 Slope (als Hinweis für eine alveoläre Hypoventilation)?
5.2 Dargestellt wird das Verhältnis von Ventilation (V̇E) zur O2-Aufnahme (V̇O2) bzw. zur CO2-Abgabe (V̇CO2).
– Die Atemäquivalente EqO2 ≈ V̇E/V̇O2 bzw. EqCO2 ≈ V̇E/V̇CO2 zeigen an, wieviel Luft man ein und ausatmen muss, um 1 l O2 aufzunehmen bzw. 1 l CO2 abzugeben. (Hinweis: EQ-Werte werden korrigiert um den apparativen Totraum [Maske]).
– Maß für den Ventilationsaufwand bzw. die Atemökonomie. Je niedriger die Eq-Werte, umso effektiver ist der Gasaustausch bzw. die Atemarbeit und umgekehrt. (Vgl. auch Feld 4: V̇E/V̇CO2 liefert die gleiche Information in linearer Darstellung).
– Weitere Möglichkeit zur Bestimmung der VT1 (s. [Abb. 5]).
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– Physiologischer Abfall der beiden Atemäquivalente bis VT1? Zunahme von Eq nach VT1 innerhalb der Sollwerte?
– Deutlich erhöhte Werte der Atemäquivalente bereits in Ruhe?
– Überproportionaler Anstieg von Eq bei VT1 und im weiteren Belastungsverlauf (als Hinweis für eine V/Q-Störung)?
– Stark erniedrigte Werte von Eq (als Hinweis für eine alveoläre Hypoventilation)?
5.3 Darstellung der endexspiratorischen Partialdrücke von O2 (PETO2) und CO2 (PETCO2). Indirektes Maß für den Gasaustausch.
– Je ausgeprägter die Ventilation, desto niedriger ist PETCO2 und desto höher ist PETO2 und umgekehrt. Hinweis: PETCO2 ist bei Belastung ca. 4 mmHg höher als PaCO2, in Ruhe ist PETCO2 < PaCO2.
– Weitere Möglichkeit zur Bestimmung von VT1 (siehe [Abb. 5]).
– Die zusätzliche Bestimmung der kapillären Blutgase (Zeitpunkte: Ruhe, submaximale Belastung, maximaler Bereich, Ende der Erholungsphase) ermöglicht die automatische Berechnung der alveolär-arteriellen Partialdruckdifferenz für O2 und der arteriell-alveolären Partialdruckdifferenz für CO2.
– Die Bestimmung von P(A-a)O2 bzw. P(a-A)CO2 erfasst Ventilationsstörungen bzw. Perfusionsstörungen deutlich sensitiver und zuverlässiger als die alveolären (bzw. endtidalen) Partialdrücke und eliminiert rechnerisch Störeinflüsse wie Hyper- oder Hypoventilation. Je höher die Druckdifferenz ausfällt, umso ausgeprägter ist die Störung.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– Physiologischer Verlauf von PETO2 und PETCO2 unter Belastung?
– Abnahme von PETO2 (Hinweis auf belastungsinduzierte Hypoxämie)?
– Abfall von PETCO2 in Ruhe und bei Belastung (als Hinweis auf eine ausgeprägte Hyperventilation bzw. V/Q-Störung, z. B. pulmonal-arterielle Hypertonie)?
– Progrediente Zunahme von PETCO2 unter Belastung (als Hinweis auf eine Hypoventilation, z. B. schwere COPD mit erschöpfter Atemreserve, OHS, neuromuskulär)?
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Abb. 6Ventilatorische Felder.
6.1 Dargestellt ist das Verhältnis der Ventilation (V̇E) zur erbrachten Leistung (Watt, grün markiert) gegen die Zeit (X-Achse).
– Die maximal mögliche Ventilation (MVV, alter Begriff: Atemgrenzwert) wird bei Gesunden nicht ausgeschöpft. Die MVV errechnet sich vereinfacht aus FEV1 × 35 (FEV1 × 40 bei Emphysem) oder kann durch direkte Messung von MVV bestimmt werden.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– Ist die Ventilation im Verhältnis zur Leistung adäquat, zu hoch (z. B. Lungenfibrose) oder zu niedrig (z. B. Maskenleckage, offener Mund)? Zur Abschätzung eignet sich die 9er-Regel nach Rühle (s. Text).


6.2 Dargestellt ist das Verhältnis von Atemzugvolumen (VT) (Y-Achse) und Atemfrequenz (BR) zur Ventilation (X-Achse). Dieses Feld informiert über das Atemmuster.
– Die Atemfrequenz wird indirekt in Form von Isoplethen (= Linie gleicher Zahlenwerte. Obere Isoplethe: niedrige BR: 20/min, untere Isoplethe: hohe BR = 50/min) abgebildet.
– Zunächst steigt V̇E, bis VT ausgeschöpft ist (VT: 50 – 60 % der Vitalkapazität [VC]), danach steigt V̇E durch die Zunahme der Atemfrequenz.
Auswertung (Sollwerte und Kinetik):
– Normales Atemmuster? Die Werte im Bereich der oberen Isoplethen weisen auf eine stark vertiefte Atmung mit hohem Atemzugvolumen (VT) und eine niedrige Atemfrequenz hin.
– Obstruktives Atemmuster? Der erhöhte Ventilationsbedarf unter Belastung kann nur durch vertiefte Atmung gedeckt werden. VT wird maximal ausgeschöpft und fällt anschließend ab. Die Atemfrequenz ist aufgrund der verlängerten Exspirationszeit nicht adäquat steigerbar. Es resultiert eine tiefe, niedrigfrequente Atmung.
– Restriktives Atemmuster? Der erhöhte Ventilationsbedarf unter Belastung kann nur durch eine Zunahme der Atemfrequenz gedeckt werden. Die Atemzugtiefe lässt sich aufgrund der Volumenreduktion nur unzureichend steigern. VT verläuft niedrig und flach in Richtung untere Isoplethe. Es resultiert eine oberflächliche, hochfrequente Atmung (Hyperventilation).


6.3 Darstellung der respiratorischen Austauschrate (RER) und (optional) der Atemreserve (BR).
– RER („Lungen-RQ“) beschreibt das Verhältnis aus CO2-Abgabe zu O2-Aufnahme: (V̇CO2/V̇O2) und gilt als Maß für die metabolische Ausbelastung und die Mitarbeit.
– Die Atemreserve gibt an, wieviel % der maximal möglichen Ventilation (MVV) bei Belastung tatsächlich ausgeschöpft wird. BR = MVV-V̇E. Da die MVV aus FEV1 × 35 (× 40 bei Emphysem) berechnet wird, führt eine falsch niedrige Messung von FEV1 zu falsch niedrigen Werten für MVV bzw. BR. In Zweifelsfällen (z. B. ausgeprägte restriktive Ventilationsstörung) sollte MVV direkt gemessen werden (z. B. 12 sec maximal schnelle und kräftige Ein- und Ausatmung × 5).
Auswertung (Sollwerte und Kinetik);
– Atemreserve erhalten oder erschöpft?
– RER-Ausgangswert > 0,7 und < 1,0?; RER > 1 meist durch (un-)willkürliche Hyperventilation
– RER: Metabolische Ausbelastung erreicht?
– RER ≥ 1 in früher oder später Belastungsphase erreicht? (Abrupter, persistierender RER-Anstieg unter Belastung als Hinweis für belastungsinduzierten R-L-Shunt).
– RER < 1 unter Belastung (als Hinweis für Mitarbeitsdefizit, schwere COPD oder Lungenfibrose [Ventilation nicht adäquat steigerbar], erschöpfte Skelettmuskulatur, pAVK)?
– Verzögerter Abfall der RER nach Belastung (als Hinweis für eine verzögerte CO2-Elimination, z. B. COPD) oder abrupter Abfall nach Belastungsende (kardiovaskuläre Ursache)?
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Abb. 7 Methoden zur Bestimmung der ersten ventilatorischen Schwelle VT1 (3-Felder-Blick) (modifiziert nach [16] [17]): Links: Feld 5: V-Slope-Methode (Referenzmethode). VT1 entspricht dem Kurvenpunkt, an dem aufgrund der CO2-bedingten Hyperventilation V̇CO2 erstmals steiler als V̇O2 ansteigt. Die Bestimmung der VT1 mit der V-Slope-Methode ist am zuverlässigsten, da diese wenig von ventilatorischen Kompensationsvorgängen beeinflusst wird. Mitte: Feld 6: VT1 entspricht dem tiefsten Punkt (Nadir) von EqO2 direkt bevor EqO2 kontinuierlich ansteigt bei gleichzeitig fehlendem Anstieg von EqCO2. Rechts: Feld 9: VT1 entspricht dem tiefsten Punkt (Nadir) von PETO2 direkt bevor PETO2 kontinuierlich ansteigt (bei gleichzeitig konstantem PETCO2).
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Abb. 8 Intrabreath- bzw. IC-Manöver bei obstruktiver Lungenerkrankung (z. B. COPD). Die dynamische Überblähung ist Folge der exspiratorischen Flusslimitierung bei Obstruktion. Bei dynamischer Überblähung reicht unter Belastung die Zeit für eine vollständige Exspiration nicht mehr aus. Es kommt daher zu einer progredienten Zunahme der exspiratorischen Lungenvolumina (EELV = FRC) auf Kosten der Inspirationsvolumina mit einer starken Abnahme der inspiratorischen Kapazität (IC) und des inspiratorischen Reservevolumens (IRV). Die Abnahme des IRV korreliert dabei eng mit dem Dyspnoe-Schweregrad [20]. Außerdem kann beurteilt werden, ob ggf. auch eine exspiratorische Flusslimitierung vorliegt. Infolge des obstruktionsbedingt begrenzten Ventilationsspielraums ist bei zunehmender Belastung mit entsprechender Zunahme von VT nur eine begrenzte Ausdehnung von Atemtiefe und Atemströmung (F/V-Kurve unter Belastung) bis zum Erreichen der „FEV1-Begrenzung“ möglich. An dieser Stelle überlagern sich die beiden Kurven.