Pneumologie 2020; 74(02): 70
DOI: 10.1055/a-1078-5150
Pneumo-Fokus

Nintedanib verzögert Progress nicht nur bei der idiopathischen Lungenfibrose

Flaherty KR. et al.
Nintedanib in Progressive Fibrosing Interstitial Lung Diseases.

N Engl J Med 2019;
381: 1718-1727
 

    Der Tyrosinkinaseinhibitor Nintedanib reduziert neben seiner antiangiogenetischen Wirkung das Wachstum und die Funktion von Fibroblasten. Bei der idiopathischen Lungenfibrose verzögerte Nintedanib den pulmonalen Funktionsverlust. In der INBUILD-Studie war Nintedanib auch bei anderen Fibrosemustern in der hochauflösenden CT effektiv.


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    Bei der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) reduziert Nintedanib in einer Dosis von 2 × 150 mg/d die Abnahme der forcierten Vitalkapazität (FVC). An der doppelblinden, placebokontrollierten INBUILD-Studie nahmen nun auch Patienten mit bekannten Ursachen für die interstitielle Fibrosierung teil. Zu den Einschlusskriterien gehörte eine Lungenfibrosierung > 10 % in der hochauflösenden CT sowie eine Zunahme der Fibrosierung und Symptome unter Therapie. Die FVC musste ≥ 45 % und die CO-Diffusionskapazität 30 – < 80 % der Vorhersagewerte betragen. Die Medikation mit u. a. Azathioprin, Cyclosporin, Mycophenolat-Mofetil und höher dosierten Glukokortikoiden war für die ersten 6 Monate ein Ausschlusskriterium. Die Randomisierung in die Nintedanib-Gruppe (2 × 150 mg/d) und die Placebogruppe erfolgte nach der CT, in der sich die Fibrosen bei der IPF als UIP (Usual Interstitial Fibrosis) und die weiteren Ursachen mit anderen Mustern präsentieren. Die primäre Studiendauer betrug 52 Wochen. Danach konnten die Patienten weiter Nintedanib erhalten (Open-Label). Bei unerwünschten Wirkungen erfolgten ggf. Dosisreduktionen. Endpunkte waren die Abnahme der FVC, die subjektive Lungengesundheit (z. B. Atemnot, psychologische Faktoren; K-BILD-Fragebogen), akute Exazerbationen und Tod. Exazerbationen waren definiert als akute klinische Verschlechterungen, neue CT-Auffälligkeiten und eine Progression, die nicht mit einer Herzinsuffizienz oder Hypervolämie erklärbar war.

    Von insgesamt 663 randomisierten Patienten hatten 412 eine IPF (62,1 %) und 251 (37,9 %) eine andere Grunderkrankung. Am häufigsten waren dabei die chronische Hypersensitivitätspneumonitis und autoimmunologische interstitielle Krankheiten. 332 und 331 Erkrankte bekamen ≥ 1 Dosis Nintedanib bzw. Plazebo. 252 und 282 Patienten führten die Behandlung ≥ 52 Wochen durch. Das Durchschnittsalter betrug in der Gesamtpopulation 65,8 Jahre, die FVC 69 % und die CO-Diffusionskapazität 46,1 %. Verglichen mit Placebo nahm die FVC in der Gesamtpopulation, bei Patienten mit UIP und bei anderen radiologischen Mustern mit Nintedanib langsamer ab:

    • Gesamtpopulation – 80,8 ml vs. – 187,8 ml,

    • UIP – 82,9 vs. – 211,1 ml und

    • nicht UIP – 79,0 ml vs. – 154,2 ml.

    Nintedanib beeinflusste die krankheitsbezogene Lebensqualität nur geringfügig. Der sekundäre Endpunkt akute Exazerbation/Tod trat bei 7,8 % (Nintedanib) und 9,7 % (Placebo) ein. 4,8 % und 5,1 % der Erkrankten starben (UIP 5,3 % vs. 7,8 %). Bei jedem 3. Patienten erfolgte eine Dosisreduktion von Nintedanib (33,1 % vs. 4,2 % Placebo). Ursachen waren überwiegend gastrointestinale Nebenwirkungen und dabei insbesondere Durchfälle ≤ Grad 3, unter denen ⅔ der Patienten litten. Laborchemische Leberfunktionsstörungen kamen bei 13,0 % (Nintedanib) und 1,8 % (Placebo) vor. Die Nebenwirkungen waren nicht mit dem radiologischen Fibrosetyp assoziiert.

    Fazit

    Nintedanib verlangsamte effektiv die Progression interstitieller Lungenerkrankungen. In Nicht-IPF-Fällen war der therapeutische Nutzen etwas geringer, blieb aber laut den Autoren klinisch relevant. Dies spräche für die Hypothese, dass unterschiedliche progredient-fibrosierende Lungenerkrankungen ähnliche pathobiologische Mechanismen aufwiesen. Die ausbleibende Verbesserung der Lebensqualität sei möglicherweise auf die unerwünschten Wirkungen von Nintedanib zurückzuführen.

    Dr. med. Susanne Krome, Melle


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    Publication History

    Article published online:
    12 February 2020

    © Georg Thieme Verlag KG
    Stuttgart · New York