(Quelle: Kirsten Oborny)
Die Bedürfnisse lassen sich aus dem Normalverhalten ableiten
Die Bedürfnisse lassen sich aus dem Normalverhalten ableiten
Um im Tierschutzgesetz festgelegten Forderungen nachkommen zu können, ist ein solides
Wissen um das Normalverhalten der jeweils gehaltenen Spezies zwingend notwendig. Aus
dem Normalverhalten lassen sich die Bedürfnisse einer Tierart für die unterschiedlichen
Funktionskreise ablesen. Eine Haltung kann nur angemessen sein, wenn neben den Grundbedürfnissen wie Wasser und Futter auch die Bedürfnisse in Bezug auf Sozialkontakt, Rückzugsmöglichkeiten, Bewegung, Beschäftigung etc. befriedigt werden können. Werden diese auf Dauer nicht oder nur teilweise erfüllt,
ist die Haltung als tierschutzwidrig anzusehen.
Ernährung an das natürliche Nahrungsangebot anpassen
Ernährung an das natürliche Nahrungsangebot anpassen
Grundsätzlich muss das Nahrungsangebot im natürlichen Lebensraum der Tiere als Grundlage für die Erstellung einer artgerechten Ration verwendet werden.
Wichtig ist beispielsweise, ob die Tiere insgesamt an karge Nahrung angepasst sind,
eher Körner und Sämereien oder Gras verspeisen oder auch ab und zu tierisches Protein
zu sich nehmen.
Wildkaninchen sind beispielsweise auf das Fressen von Gräsern spezialisiert ([Abb. 1]). Sie nehmen Halme einzeln auf und zerkauen sie Schritt für Schritt mit bis zu 120
Kauschlägen pro Minute [2]. Da Gras eine nährstoff- und kalorienarme Nahrungsquelle darstellt, sind wildlebende
Kaninchen viele Stunden täglich mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt. Das gesamte
Verdauungssystem der Kaninchen ist an diese Art der Nahrung angepasst. Durch das Kauen
beim Verzehr einzelner Gras- oder Heuhalme werden aber nicht nur die beständig nachwachsenden
Zähne am besten abgerieben. Das Kauen hat zudem einen beruhigenden Effekt auf die
Tiere. Es gibt Studien, die deutlich zeigen, dass eine Heufütterung Stereotypien wie
Gitternagen, exzessive Fellpflege und auch Fellfressen signifikant reduziert [3], [4], [5].
Abb. 1 Wildkaninchen beim Fressen von Gras auf der Wiese. (Quelle: Barbara Schneider)
Nicht nur das Futter an sich, sondern auch die Art der Futteraufnahme ist entscheidend, wenn alle damit verbundenen Bedürfnisse befriedigt werden sollen.
Bei Tierarten, die sich ihr Futter mühsam zusammensuchen müssen (z. B. Goldhamster,
Wüstenrennmäuse), ist es beispielsweise wichtig, dass auch in der Heimtierhaltung
das Futter gesucht und erarbeitet werden muss und nicht einfach in einem Napf vorgelegt
wird. Chinchillas nehmen beispielsweise ihr Futter in die Vorderpfoten, untersuchen
es und machen einen Probebiss. Angebotene Futterbestandteile müssen über eine entsprechende
Größe verfügen, um dies zu ermöglichen.
Was ist bei der Gruppenhaltung zu beachten?
Was ist bei der Gruppenhaltung zu beachten?
Das Sozialverhalten bildet eine weitere wichtige Grundlage für eine tiergerechte Haltung. Werden hier Fehler gemacht, kann dies schnell zu chronischem Stress und damit verbundenen
Problemen führen. Nicht selten hat dies auch einen negativen Einfluss auf die Lebenserwartung.
Einige Tierarten wie Meerschweinchen, Ratten oder Kaninchen sind obligat sozial. Das bedeutet, dass sie zwingend mit Artgenossen zusammenleben müssen, um sich wohlzufühlen.
Allein gehaltene Tiere dieser Arten leiden. Andere Spezies können den arteigenen Sozialpartner
ebenfalls nicht ersetzen, da sie auf eine andere Art kommunizieren und andere Bedürfnisse
haben. Die bedauerlicherweise immer noch häufig praktizierte gemeinsame Haltung eines
einzelnen Meerschweinchens und eines einzelnen Kaninchens ist somit nicht tiergerecht
und kompromisslos abzulehnen.
Eine gemeinsame Haltung unterschiedlicher Tierarten ([Abb. 2]) ist nur dann akzeptabel, wenn …
-
die jeweiligen Tierarten in Gruppen gehalten werden,
-
der Platz ausreicht, sodass sie sich aus dem Weg gehen können,
-
die Bedürfnisse in Bezug auf Nahrungsaufnahmeverhalten und
-
die Rückzugsmöglichkeiten jederzeit gewährleistet werden können.
Abb. 2 Eine gemeinsame Haltung unterschiedlicher Tierarten ist nur möglich, wenn u. a. diese
in Gruppen gehalten werden, der Platz ausreicht und die Bedürfnisse in Bezug auf Nahrungsaufnahmeverhalten
und Rückzugsmöglichkeiten erfüllt werden. (Quelle: Barbara Schneider)
Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat …
Im Tierschutzgesetz [1] ist unter § 2 festgelegt, dass jede Person, die ein Tier hält, betreut oder zu betreuen
hat, dieses seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen
und verhaltensgerecht unterbringen muss. Sie darf zudem die Möglichkeit des Tieres
zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen, vermeidbare Leiden
oder Schäden zugefügt werden. Darüber hinaus muss sie über die für eine angemessene
Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse
und Fähigkeiten verfügen.
Gewöhnungstraining
Das Gewöhnungstraining wird bei allen kleinen Heimtierarten ähnlich durchgeführt.
Grundsätzlich sollten alle beteiligten Tiere immer entspannt bleiben, Auseinandersetzungen
zwischen ihnen müssen vermieden werden. Die beiden Tiere, die aneinander gewöhnt werden
sollen, müssen jeweils in getrennten, tiergerechten Haltungseinheiten mit ausreichend
Rückzugsmöglichkeiten gehalten werden.
Schritt 1: Geruchsaustausch
Die Haltungseinheiten werden anfangs so nahe nebeneinander gestellt, dass die Tiere
gerade nicht aufeinander reagieren und ruhig bleiben. Einmal bis mehrmals täglich
muss eine Handvoll benutzte Einstreu zwischen den Käfigen ausgetauscht werden. Dies
fördert den Geruchsaustausch und die Bildung eines Gruppengeruchs.
Schritt 2: Annäherung
Die Haltungseinrichtungen werden einander nach und nach angenähert. Auch hier ist
wiederum darauf zu achten, dass die Tiere nicht aufeinander reagieren und keine Stresszeichen
zeigen. Falls dies der Fall ist, müssen die Gehege wieder weiter getrennt und die
Annäherung sollte beim nächsten Versuch langsamer durchgeführt werden.
Zudem sollten immer besonders begehrte Leckerchen in Anwesenheit des anderen Tieres
verfüttert werden, um eine Gegenkonditionierung zu erreichen.
Schritt 3: Erster Direktkontakt
Wenn beide Haltungseinheiten über mehrere Tage direkt nebeneinander stehen können,
ohne dass die Tiere aufeinander reagieren, kann das erste Zusammenführen erfolgen.
Dies muss immer auf sogenanntem neutralen Terrain geschehen, also in einem Areal,
das keines der beiden Tiere kennt. Hier sollte es viele Rückzugs- und Versteckmöglichkeiten
(immer mit 2. Ausgang) geben, sodass sich die Tiere aus dem Weg gehen können. Sackgassen
müssen vermieden werden. Alle ersten Begegnungen der Tiere müssen unter aktiver Überwachung
stattfinden, damit ein rechtzeitiges Eingreifen und Abbrechen möglich ist. Wenn beide
Tiere gut miteinander auskommen, wird schrittweise die Zeit verlängert, in der sie
gemeinsam auf neutralem Boden Auslauf haben.
Schritt 4 Umzug
Erst wenn mehrere Tage hintereinander ein gemeinsamer Auslauf für längere Zeit problemlos
möglich ist, können die Tiere in eine gemeinsame Haltungseinheit gegeben werden, die
frisch gesäubert sein muss und nicht nach nur einem der beiden Tiere riechen darf.
Doch auch bei der Gruppenhaltung sozialer Tierarten gilt es Einiges zu beachten, damit das Zusammenleben harmonisch verläuft. Wie eine
Gruppe zusammengestellt sein muss, damit es möglichst wenig Probleme gibt, ist dabei
von Tierart zu Tierart unterschiedlich. Die beste Haltungsform für Kaninchen ist beispielsweise
eine gemischte Gruppe mit einem kastrierten Männchen und 2 Weibchen oder 2 kastrierten
Männchen mit 2 – 4 Weibchen [6]. Eine Vergesellschaftung erfolgt bei allen Tierarten idealerweise bereits im Jungtieralter.
Bei älteren Tieren sollte sie immer nur nach einem Gewöhnungstraining stattfinden,
bei dem die Tiere sich langsam an Geruch, Anblick und Geräusche des neuen Partners
gewöhnen können.
Nur wenige der häufig als Haustier gehaltenen Heimtiere sind Einzelgänger. Als bekanntestes Beispiel ist hier der Goldhamster zu nennen. Werden solche Tierarten
in Gruppen gehalten, sind schwere Aggressionen und Verletzungen vorprogrammiert.
Rückzugsmöglichkeiten helfen, unnötigen Stress zu vermindern
Rückzugsmöglichkeiten helfen, unnötigen Stress zu vermindern
Auch in Bezug auf die notwendigen Rückzugs- und Versteckmöglichkeiten ist wieder das Normalverhalten der wildlebenden Verwandten zugrunde zu legen ([Abb. 3]). Da es sich bei den kleinen Heimtieren um Beutetiere handelt, die mitunter nicht
sehr wehrhaft sind, sind tiergerechte Rückzugsmöglichkeiten essenziell für ihr Wohlbefinden.
Wenn sie sich bei (vermeintlicher) Gefahr nicht verstecken können, sind sie unnötigem
Stress ausgesetzt ([Abb. 4 a]).
Abb. 3 Selbstgegrabener Bau von Wildkaninchen: Bei Gefahr ziehen sich die Tiere in diese
dunklen, sicheren Unterschlüpfe zurück. (Quelle: Barbara Schneider)
Abb. 4 a Die sichtbar gestressten Meerschweinchen drängen sich um den provisorischen Unterschlupf,
der ihnen in diesem Käfig die einzige Sicherheit bietet. b Versteckversuch eines Kaninchens neben dem Unterschlupf bei Überbelegung des Käfigs.
(Quelle: Barbara Schneider)
Grundsätzlich müssen in einem Gehege ausreichend Unterschlupfmöglichkeiten zur Verfügung stehen, damit alle Tiere gleichzeitig Zuflucht finden können ([Abb. 4 b]). Als Faustregel muss für jedes Individuum ein Häuschen zum Rückzug zur Verfügung stehen. Nur dann können sich die Tiere alle in Sicherheit
begeben und dennoch aus dem Weg gehen, wenn nötig. Zudem sollte es in den Häuschen
immer einen 2. Ausgang geben, damit es darin nicht zur Bildung einer Sackgasse kommt
und Auseinandersetzungen besser vermieden werden können.
Auch bei der Gestaltung von Auslauf- und Freilaufmöglichkeiten muss dem Bedürfnis nach einer angemessenen Rückzugsmöglichkeit Rechnung getragen
werden. Sonst kann es dazu kommen, dass der angebotene Platz nicht genutzt wird, da
er den Tieren nicht sicher erscheint. Nicht selten wird eine mangelnde Nutzung eines
schlecht strukturierten Auslaufs von Besitzern dahingehend interpretiert, dass die
Tiere diesen grundsätzlich nicht benötigen.
Gehegegröße an Bewegungsbedürfnisse anpassen
Gehegegröße an Bewegungsbedürfnisse anpassen
Kleine Heimtiere haben trotz ihrer geringen Größe in der Regel ein ausgeprägtes Bewegungsbedürfnis. Dies liegt unter anderem daran, dass sie in der Wildnis oft einen Teil des Tages
mit der Suche nach Futter beschäftigt sind und dabei unter Umständen weite Strecken
zurücklegen müssen. Ist das Gehege nicht ausreichend groß, und sind keine weiteren
Bewegungsanreize wie beispielsweise Strukturen, Laufräder oder Laufteller gegeben,
kann es zu Problemen kommen.
Typische Probleme sind (nach Rothfritz [7]):
Laufrad
Anforderungen an ein tiergerechtes Laufrad:
Die überwiegende Zahl der kommerziell erhältlichen Käfige ist zu klein, um eine tiergerechte
Haltung zu gewährleisten. So benötigen beispielsweise 2 – 3 Kaninchen eine Mindestfläche von 6 m2
und jedes weitere Tier zusätzliche 2 m2 [8]. Selbst gebaute Gehege oder großzügige Außengehege sind in der Regel am tiergerechtesten
([Abb. 5]).
Abb. 5 Einer Gruppe von 2 Kaninchen sollte mindestens ein 6 m2 großes, strukturiertes Gehege zur Verfügung stehen, wie in diesem Außengehege eines
Tierheims gegeben. (Quelle: Barbara Schneider)
Individuelle Bedürfnisse bei der Gehegegestaltung beachten
Individuelle Bedürfnisse bei der Gehegegestaltung beachten
Doch nicht nur die Größe des Auslaufs ist entscheidend, auch die Strukturierung und Gestaltung der Haltungseinheit ist wichtig. So wird, wie bereits erwähnt, die zur Verfügung
stehende Fläche unter Umstünden nur dann genutzt, wenn ausreichend Versteckmöglichkeiten darin verteilt sind, sodass sich die Tiere sicher fühlen. Viele der gängigen kleinen
Heimtiere zeigen nämlich eine ausgeprägte Thigmotaxis. Dies bedeutet, dass sie sich vor allem in direkter Nähe von Strukturen wie Häuschen,
Wänden oder anderen Gegenständen aufhalten und offene Flächen gemieden werden. Zudem
ist eine Haltungseinheit interessanter und regt zu mehr Bewegung an, wenn sie nicht
von einem Ort aus vollständig überblickt werden kann.
Aber nicht nur Laufen, Springen oder Klettern sind zum Bewegungsverhalten zu zählen.
Viele der häufig gehaltenen kleinen Heimtiere verfügen zusätzlich über ein ausgeprägtes
Grabebedürfnis. Bei Hamstern, Gerbils etc. muss daher auch ein tief eingestreuter Bereich zur Verfügung
stehen, in dem die Tiere diesem Bedürfnis nachkommen und sich eigene Bauten graben
können. Doch auch Degus, Ratten, Mäuse und Kaninchen graben gerne und sollten zumindest
eine Buddelkiste zur Verfügung gestellt bekommen. Außengehege müssen entsprechend
in der Tiefe gegen ein Graben nach draußen gesichert sein.
Tiergerechte Beschäftigung zur Stressreduktion
Tiergerechte Beschäftigung zur Stressreduktion
Eine Buddelkiste befriedigt nicht nur das Grabebedürfnis der kleinen Heimtiere, sondern
auch das Bedürfnis nach Abwechslung. Diese wird am besten durch eine Anreicherung der Haltungsumwelt (Enrichment) mit
verschiedenen Reizen und Strukturen erzielt. Dieses dient nicht nur der artgemäßen
Beschäftigung der Tiere, sondern erfüllt zudem weitere Zwecke. Werden verschiedene Reizqualitäten (z. B. weich – hart, warm – kühl) angeboten, haben die Tiere die Möglichkeit, zwischen
diesen zu wählen. Auf diese Weise behalten sie eine gewisse Kontrolle über ihre Haltungsumwelt,
was wiederum hilft, Stress zu reduzieren. Ist eine Haltung entsprechend strukturiert,
so erlaubt das auch, die Verhaltensweisen unterschiedlicher Funktionskreise an unterschiedlichen
Orten auszuführen, also beispielsweise den Ausscheidungs- vom Ruheort zu trennen.
Dieses Bedürfnis nach unterschiedlichen Funktionsbereichen macht man sich u. a. beim
Toilettentraining der Kaninchen zunutze.
Toilettentraining für Kaninchen
Beim Toilettentraining beginnt man in einem kleinen Areal und stellt Toiletten an
Orten auf, an denen das Kaninchen ohnehin bevorzugt ausscheidet. Normalerweise ist
das u. a. unter der Heuraufe.
Es empfiehlt sich, etwas Kot und Urin in die Toilette zu legen, sodass diese auch
als solche besser erkannt wird. Wenn die Ausscheidung zuverlässig in den Toiletten
klappt, kann man Schritt für Schritt größere Areale zugänglich machen. Es sollten
immer viele Toiletten aufgestellt sein, damit die Kaninchen nicht zu weit dorthin
laufen müssen. An allen bevorzugten Ausscheidungsorten sollte eine aufgestellt werden.
Selbstverständlich sollten Ausscheidungen außerhalb der Toilettenschalen niemals bestraft,
sondern jede Benutzung der Toiletten gelobt werden.
Es gilt:
-
in einem kleinen Areal anzufangen
-
mehrere Toiletten aufzustellen
-
die Toilette in die Ausscheidungsecke des Käfigs zu stellen
-
den Kot in die Toilette zu legen
-
den Urin mit Papier aufzunehmen und in die Toilette zu legen
-
langsam mehr Raum zugänglich zu machen
-
Toiletten an bevorzugte Orte zu stellen
-
Tiere zu loben
Auch der Freilauf außerhalb des Geheges kann Enrichment darstellen. Bei diesen Gelegenheiten können
die Tiere neues Terrain und neue Strukturen erkunden. Gerade für die besonders neugierigen
Tierarten wie Ratten, Mäuse, aber auch Kaninchen ist dies eine willkommene Abwechslung.
Für Kaninchen sind die wichtigsten Enrichment-Elemente ([Abb. 5]):
Umgang mit kleinen Heimtieren
Umgang mit kleinen Heimtieren
Im Zuge einer tiergerechten Haltung ist auch auf einen tiergerechten Umgang zu achten.
Grundvoraussetzung dafür ist unter anderem, dass die Tiere langsam und mit viel positiver Bestärkung (Leckerchen) an die Anwesenheit des Menschen und das notwendige Handling gewöhnt
werden. Besonders bei scheuen Tieren muss hier sehr langsam vorgegangen werden. Anfangs
wird eventuell nur die ruhige Anwesenheit eines Menschen im selben Raum toleriert.
Wenn das Tier entsprechend ruhig bleibt, kann Schritt für Schritt eine weitere Annäherung
erfolgen. Hier wird wieder – ähnlich wie beim Gewöhnungstraining – im Tempo des jeweiligen
Tieres vorangeschritten.
Aber auch bei Tieren, die das Handling gewöhnt sind, muss immer die tierschonendste Methode zum Fangen und Hochheben verwendet werden. Viele kleine Heimtiere laufen beispielsweise
relativ problemlos in höhlenartige Strukturen (Hände, Becher, Röhren), mit deren Hilfe
sie im Anschluss hochgehoben werden können. Grundsätzlich muss jegliches Handling
vermieden werden, das mit Schmerzen für die Tiere verbunden ist oder ihnen Unwohlsein
bereitet. Das bedeutet, dass Tiere nicht nur an einzelnen Körperteilen wie beispielsweise
Ohren oder Schwanz hochgehoben werden dürfen. Es muss immer der gesamte Körper beim
Hochheben gestützt werden. Besonders bei Tieren ab der Größe einer Ratte sind dazu
in der Regel 2 Hände vonnöten. Auf die korrekte Anleitung und Unterstützung von Kindern im Hinblick auf das Handling muss besonderen Wert gelegt werden ([Abb. 6]).
Abb. 6 Kinder müssen im Umgang mit kleinen Heimtieren angeleitet werden. (Quelle: Barbara
Schneider)
Speziesspezifische Besonderheiten müssen ebenfalls beachtet werden. So sollte beispielsweise das Handling eines Hamsters
nach Möglichkeit tagsüber vermieden werden oder ein Meerschweinchen nicht gestreichelt
werden. Da Meerschweinchen dies nicht mögen, sind sie beispielsweise nur für solche
Kinder geeignet, die gerne beobachten. Auch die häufig anzutreffende Methode, dass
Meerschweinchen nachts in ein anderes Zimmer verbracht werden, ist aus Sicht eines
Meerschweinchens nach Möglichkeit zu vermeiden, da diese Tiere nicht gut auf Veränderungen
reagieren.
Sollten weitere Besonderheiten beachtet werden?
Sollten weitere Besonderheiten beachtet werden?
Bei der Haltung von kleinen Heimtieren sind weitere Besonderheiten zu bedenken. Das
Hörvermögen ist beispielsweise bei den meisten als Haustiere gehaltenen Arten deutlich
unterschiedlich zu dem des Menschen. Auch die Lärmempfindlichkeit ist im Allgemeinen höher. Auf eine möglichst ruhige Umgebung ist daher zu achten.
Da die Heimtiere in der Regel Beutetiere sind, reagieren sie in bestimmten Situationen
besonders schreckhaft. Plötzliche Bewegungen von oben lösen besonders häufig Stress und/oder Flucht- oder
Erstarr-Reaktionen aus. Sie sind daher zu vermeiden.
Take Home
Folgende Punkte sind in Hinblick auf eine tiergerechte Haltung besonders zu beachten:
-
artgerechte Nahrung
-
Berücksichtigung speziesspezifischen Sozialverhaltens
-
Rückzugsmöglichkeiten für alle Tiere, über den gesamten Lebensraum verteilt
-
große, gut strukturierte Gehege
-
Enrichment
-
tiergerechtes Handling
Fazit
Kleine Heimtiere sind beliebte Haustiere. Dennoch ist ihre Haltung zum Teil recht
anspruchsvoll und erfordert ein solides Wissen um das Normalverhalten und die Bedürfnisse
der jeweiligen Tierart. Werden diese Bedürfnisse jedoch befriedigt, können die Tiere
hervorragende Begleiter sein.