Psychiatr Prax 2020; 47(03): 166
DOI: 10.1055/a-1124-8601
Mitteilungen BDK
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bericht aus dem Arbeitskreis Sucht

Christel Lüdecke
Asklepios Fachklinikum Göttingen
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Christel Lüdecke
Asklepios Fachklinikum Göttingen
Rosdorfer Weg 70
37081 Göttingen

Publication History

Publication Date:
02 April 2020 (online)

 

    Wir über uns:

    Der Suchtausschuss der Bundesdirektorenkonferenz setzt sich zusammen aus leitenden Ärztinnen und Ärzten psychiatrischer Fachkrankenhäuser und suchtpsychiatrischer Abteilungen an Fachkrankenhäusern aus dem gesamten Bundesgebiet. Er hält enge Kontakte zu weiteren für die Suchtkrankenversorgung wichtigen Gremien und Institutionen wie der Deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren, dem Suchtreferat der DGPPN, der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin, der DG-Sucht, dem FDR sowie der Aktion Psychisch Kranke.

    1. Bericht über die Jahrestagung der BDK-Sucht 2020

    Die Jahrestagung fand mit dem Schwerpunktthema „Ändern sich Konsummotive? Wirkerwartungen an den Konsum“ in Mühlhausen statt. In den Vorträgen wurden aus unterschiedlichen Perspektiven gezielt die Motive der Suchtmittelkonsumenten in den Mittelpunkt gestellt.

    Die nächste Jahrestagung wird in Gütersloh vom 28. – 29.01.2021 mit dem Thema „Aufbruch in die 20iger Jahre“ stattfinden.

    2. LL Medikamente – und LL Alkoholkonsumstörungen

    Die BDK-Sucht ist bei der Erstellung der LL Medikamente-, LL Tabak- und LL Alkoholbezogene Störungen aktiv beteiligt.

    3. Verschreibung von medizinischem Cannabis

    Im Bundesgesetzblatt wurde am 9. März 2017 das Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften („Cannabisgesetz“) veröffentlicht. Danach haben GKV-Versicherte mit schwerwiegenden – auch psychische Erkrankungen – unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf die Versorgung mit Cannabisarzneimitteln. In der Suchttherapie befinden wir uns beständig in dem Spagat zwischen Erweiterung der Therapiemöglichkeiten bei bisher nicht suffizient behandelbaren PatientInnen mit somatischen oder psychischen Störungen einerseits und Prävention und Behandlung von Cannabissubstanzstörungen andererseits. Aufgrund der insbesondere bez. der psychiatrischen Indikation unzureichenden Evidenzlage sind dringend weitere Forschungen erforderlich.

    Weitere Infos: https://www.ecomed-suchtmedizin.de/archiv/suchtmedizin-band-20-nr-6-2018 , homepage BDK-Sucht

    4. StäB – stationsäquivalente Behandlung

    Auch wenn mittlerweile Qualifizierte Entzugsbehandlung als StäB ausgeschlossen ist, bestehen diverse Möglichkeiten zur stationsäquivalenten Behandlungen Abhängigkeitskranker. Viele psychiatrische Fachkrankenhäuser haben Behandlungsplätze geschaffen und regelhaft positive Erfahrungen mit diesem Setting gesammelt.

    5. Modellprojekt Naloxonverschreibung

    Naloxon-Spray ist ein spezifischer Opioidantagonist und wird in einem Modellprojekt in 4 Städten in Bayern zur Notfallbehandlung bei Drogennotfällen eingesetzt. Insgesamt sind über Multiplikatoren 450 Opioidkonsumenten in der Applikation bei einem Drogennotfall geschult worden. Anonyme Befragungen ergaben, dass Drogennotfälle meistens in der Gruppe passieren und Konsumenten in der Regel versuchen, erste Hilfe zu leisten. Das Naloxon-Spray heißt Nyxoid und wir empfehlen die Aufnahme des Sprays in die Notfallkoffer der Stationen psychiatrischer Krankenhäuser, die Patienten mit Opioidabhängigkeit (illegal Drogenabhängige oder Schmerzmittelkonsumenten) behandeln.

    6. Aktuelles: Gefährdung der Suchtkrankenversorgung in der Krise der Sars-CoV-2-/Covid-19-Pandemie

    Das Gesundheitssystem steht vor einer sehr schwierigen Situation, sich auf die Behandlung der Sars-CoV-2-/Covid-19-Pandemie vorzubereiten. Unsere Aufgabe ist es, auch in diesen Zeiten die Behandlung Suchtkranker aufrechtzuerhalten. Bekanntermaßen leiden suchtkranke Menschen auch oft an schweren psychischen und somatischen Folgeerkrankungen. Sie sind zudem psychosozial hoch belastet. Viele Suchtkranke leben in armen Verhältnissen, die Obdachlosigkeit ist hoch.

    Wie wir aus psychiatrischen Akutkrankenhäusern erfahren, werden auch Suchtstationen für zukünftige Covid-19-Behandlungsplätze geschlossen. Aufnahmereglementierungen in den psychiatrischen Akutkrankenhäusern betreffen Menschen mit Suchterkrankungen in hohem Maße. Die Versorgung von Substitutionspatienten ist derzeit außerhalb der Kliniken nicht ausreichend sicher gewährleistet. Schwerpunktpraxen sind aktuell völlig überlaufen. Grund hierfür ist, dass illegal Dogenabhängige mit Opioidabhängigkeit, die sich bisher nicht in Substitutionsbehandlung befunden haben, vermehrt Hilfe suchen. Auch an dieser Stelle des Versorgungssystems sehen wir schon jetzt Überlastung.

    (s. a. Stellungnahmen der Dachgesellschaft Sucht und der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin).


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    Dr. med. Christel Lüdecke
    Asklepios Fachklinikum Göttingen
    Rosdorfer Weg 70
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