Schlüsselwörter
Ovarialkarzinomrezidiv - ROC - Rezidivoperation - PARP-Inhibitor - Antiangiogenese
Einleitung
In der Krebsstatistik bei Frauen stellt das epitheliale Ovarialkarzinom die häufigste
krebsbedingte Todesursache bei gynäkologischen Tumoren und die fünfthäufigste bei
allen Tumoren dar [1].
Die Therapie des Ovarialkarzinomrezidivs zeigte in den letzten Jahren deutliche Fortschritte
in der medikamentösen, aber auch der operativen Therapie.
Die Krebsmortalität konnte in der Primärsituation um 30% gesenkt werden. Die Mortalität
hat von 10/100 000 auf 6,7/100 000 abgenommen, parallel hierzu hat auch die Inzidenz
von 16/100 000 auf 11/100 000 abgenommen. Hierdurch ist die Mortalitätsreduktion im
Wesentlichen zu erklären [1]. 70 – 80% der Patientinnen im FIGO-Stadium III – IV entwickeln ein Rezidiv innerhalb
von 5 Jahren [2], [3].
Traditionellerweise wurde fast ausschließlich das platinfreie Intervall (PFI) benutzt,
um Ovarialkarzinomrezidive in platinsensitiv und platinresistent einzuteilen und um
daran medikamentöse, aber auch operative Therapieentscheidungen festzumachen. Patientinnen,
die ein Rezidiv > 6 Monate nach Ende einer platinhaltigen Chemotherapie entwickeln,
werden als platinsensibel klassifiziert. Patientinnen, die zunächst ein Therapieansprechen
zeigen, aber dann ein Rezidiv in < 6 Monaten entwickeln, werden als platinresistent
bezeichnet. Platinsensitive Patientinnen haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, auf
eine neue platinhaltige Therapie anzusprechen [4]. Allerdings handelt es sich hier um ein Kontinuum ohne strikten zeitlichen Cut-off.
Daher wird diese Einteilung aktuell als überholt angesehen. Die Ovarian Cancer Consensus
Group der Gynecologic Cancer Intergroup hat erstmalig diese Definition geändert, und
die ESMO/ESGO haben dies aufgegriffen.
Entsprechend den aktuellen Konsensus-Empfehlungen der ESMO/ESGO 2019 sollte vielmehr
das therapiefreie Intervall nach letzter platinhaltiger, nicht platinhaltiger oder
biologischer Therapie beschrieben werden [2], [5], [6]. Des Weiteren sollten differenziert verschiedene Behandlungskriterien bei der Therapiefestlegung
berücksichtigt werden. Zu diesen sollten die Tumorbiologie/Histologie, die Anzahl
der Vortherapien, das Ansprechen auf Vortherapien, persistierende Nebenwirkungen aus
Vortherapien, aktuelle Symptome und natürlich der Patientenwunsch gehören [7].
Nach diesem Paradigmenwechsel werden Patientinnen nun als solche kategorisiert, für
die eine erneute Platintherapie infrage kommt oder für die eine platinhaltige Chemotherapie
keine Wahl darstellt.
Im Rahmen der Betrachtung der Tumorbiologie sollte insbesondere der BRCA-Status in
der Keimbahn und im Tumor berücksichtigt werden. Auch stellen die vorherige Bevacizumab-Behandlung
oder Behandlung mit anderen Erhaltungstherapien entscheidende Kriterien dar. Dabei
ist auch zu diskutieren, welche Patientinnen eventuell weniger von einer Systemtherapie
profitieren wie z. B. Patientinnen mit extrem schlechter Prognose, histologische Subtypen
wie klarzellige, muzinöse, Low-grade seröse Tumore und asymptomatische Patientinnen
mit ansteigendem CA-125 nach Ansprechen auf Erstlinientherapie [8].
Die operative Behandlung des Ovarialkarzinomrezidivs stellt eine zusätzliche Option
unter bestimmten Voraussetzungen dar. Diese Möglichkeit sollte vor der Einleitung
einer Systemtherapie geprüft werden ([Abb. 1]). Nach jahrelanger Kontroverse zeigt sich entsprechend den aktuellen Daten der DESKTOP-III-Studie
vom ASCO 2020 ein deutlicher Vorteil im Sinne eines verlängerten Gesamtüberlebens
für eine ausgewählte Patientinnengruppe [9].
Abb. 1 Therapie des Ovarialkarzinomrezidivs (therapiefreies Intervall > 6 Monate). PARPi:
PARP-Inhibitoren.
In diesem Übersichtsartikel werden die neusten Erkenntnisse zur Behandlung des Ovarialkarzinomrezidivs
präsentiert und diskutiert, insbesondere die 2. zytoreduktive Operation (Rezidivoperation),
die Therapie bei Platinresistenz und Platinsensibilität, Anwendung von PARP-Inhibitoren,
Antiangiogenesetherapeutika und neue Therapien.
Operation beim Ovarialkarzinomrezidiv
Operation beim Ovarialkarzinomrezidiv
Die Operation beim Ovarialkarzinomrezidiv wurde über Jahre kontrovers diskutiert und
rückt durch aktuelle Ergebnisse der DESKTOP-III-Studie [9] erneut in den Fokus. Grundsätzlich muss dabei zwischen 2 verschiedenen Zielen der
Rezidivoperation unterschieden werden: eine palliative Zielsetzung zur Symptomkontrolle,
z. B. zur Prävention eines mechanischen Ileus, oder eine zytoreduktive Operation mit
dem Ziel der makroskopischen Tumorfreiheit, um so das krankheitsfreie und das Gesamtüberleben
zu verlängern.
Im Folgenden wird Letzteres behandelt.
Um den Effekt der zytoreduktiven Operation beim Ovarialkarzinomrezidiv auf das krankheitsfreie
und Gesamtüberleben erstmals systematisch zu untersuchen, wurde die DESKTOP-Studienserie
der AGO initiiert. Hier konnte zunächst in der DESKTOP-I- und -II-Studie gezeigt werden,
dass nur Patientinnen mit einer makroskopischen Komplettresektion zu profitieren scheinen.
Um den Erfolg für eine makroskopische Tumorresektion vorhersagen zu können, wurden
im Rahmen dieser DESKTOP-Serie erstmals ein Score aus klinischen Faktoren, der sog.
AGO-Score, implementiert [10]. Dieser besteht aus 3 Kriterien und wird in AGO-Score positiv und negativ eingeteilt.
Ein positiver AGO-Score beinhaltet einen Performance Status nach der Eastern Cooperative
Oncology Group (ECOG) 0, Aszites ≤ 500 ml und den Zustand nach Komplettresektion bei
der 1. Operation. Die Rate an makroskopischer Komplettresektion betrug 76% in der
prospektiven DESKTOP-II-Studie [10] und 89,3% in einer weiteren Analyse von Harter et al. [11]. Aber auch Frauen mit negativem AGO-Score können eine Komplettresektion mit gutem
klinischen Outcome erreichen, wenn sie in einem gynäkologischen Zentrum behandelt
werden. Eine retrospektive, monozentrische Analyse von Muallem et al. [12] zeigte, dass von 127 Frauen, die mindestens 1 negatives AGO-Score-Kriterium aufwiesen,
bei 48,5% der Patientinnen trotzdem makroskopische Tumorfreiheit in einer 2. OP erreicht
werden konnte. Das progressionsfreie Überleben (PFS) war 22 Monate in der AGO-Score-positiven
Gruppe verglichen zu 21 Monaten in der AGO-Score-negativen.
Weitere verschiedene Metaanalysen und schließlich 3 randomisiert-kontrollierte prospektive
Studien, darunter die DESKTOP-III-Studie, wurden durchgeführt. Eine Cochrane-Analyse
aus 2013 untersuchte die zytoreduktive Operation beim epithelialen Ovarialkarzinomrezidiv
in 9 nicht randomisierten Studien, die 1194 Frauen umfassten [13], und kam zu dem Ergebnis, dass eine makroskopische Komplettresektion mit einem verbesserten
Überleben assoziiert ist. Jedoch unter Vorbehalt, da randomisiert-kontrollierte Studien
fehlen und ein Bias bei der Auswertung retrospektiver Studien durchaus vorhanden ist.
Drei große randomisiert-kontrollierte Phase-III-Studien wurden dann gestartet, um
diese Thematik zu untersuchen: Die AGO-DESKTOP-III-Studie [9], die GOG-213- [14] und die niederländische SOCceR-Studie [15]. Bedauerlicherweise wurde die SOCceR-Studie eingestellt bei zu niedriger Rekrutierungsrate
in den Niederlanden [16].
Auf dem ASCO 2018 wurden die Daten der GOG-213-Studie [14] präsentiert. GOG 213 zeigte ein negatives Ergebnis für die sekundäre zytoreduktive
Operation beim platinsensitiven Ovarialkarzinomrezidiv gefolgt von Chemotherapie (n = 240)
bezüglich des krankheitsfreien und des Gesamtüberlebens (PFS und OS) verglichen zu
Frauen, die keine Operation und nur eine platinbasierte Kombinationschemotherapie
mit oder ohne Bevacizumab erhalten haben (n = 245). In dieser Studie wurde kein strukturierter
Score angewendet. Das mediane progressionsfreie Überleben war 18,2 Monate im Operationsarm
und 16,5 Monate im Kontrollarm. Medianes Gesamtüberleben war 53,6 Monate in der OP-Gruppe
vs. 65,7 Monate in der OP-freien Kontrollgruppe (HR 0,88; 95%-KI 0,7 – 1,11) [14].
Kritikpunkte bei der GOG-213-Studie waren die lange Rekrutierungszeit, der hohe Anteil
an ostasiatischer Population und, dass 84% der Frauen Bevacizumab erhalten haben als
Erhaltungstherapie, verglichen zu 20% in der DESKTOP-III-Studie.
Die finalen Gesamtüberlebensergebnisse der DESKTOP III der AGO wurden aktuell auf
dem ASCO 2020 präsentiert. Eingeschlossen wurden Frauen mit 1. Rezidiv > 6 Monate
nach letzter platinhaltiger Therapie und positivem AGO-Score. 407 Patientinnen wurden
randomisiert, von denen 201 keine Operation erhielten. 206 Frauen wurden in den Operationsarm
randomisiert, hiervon wurden letztlich 187 operiert. In 75% der Patientinnen wurde
eine Komplettresektion erreicht. Die Analyse des primären Endpunkts zeigte ein medianes
Gesamtüberleben von 53,7 Monaten mit und 46,2 Monaten ohne Operation (HR 0,76, 95%-KI
0,59 – 0,97, p = 0,03). Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 18,4 und 14
Monate (HR 0,66, 95%-KI 0,54 – 0,82, p < 0,001). Patientinnen, die eine OP erhielten
und bei denen keine makroskopische Tumorfreiheit erreicht wurde, hatten ein medianes
Gesamtüberleben von nur 28,8 Monaten. Daher bestätigt diese Studie die Ergebnisse
der DESKTOP-Serie, wonach das Ziel einer
Rezidivoperation eine Komplettresektion sein muss. Wird dieses Ziel erreicht,
so haben die Patientinnen einen signifikanten und klinisch hoch relevanten Überlebensvorteil.
Basierend auf diesen aktuellen Ergebnissen sollte zukünftig die Operation bei 1. Ovarialkarzinomrezidiv
mit dem Ziel der Komplettresektion bei der Patientinnensubgruppe mit platinsensitivem
Tumor und positivem AGO-Score (ECOG 0, Aszites ≤ 500 ml, Komplettresektion bei der
1. Operation) als ein neuer Therapiestandard etabliert werden.
Frühes (ehem. platinresistentes) Ovarialkarzinomrezidiv (PR-ROC)
Frühes (ehem. platinresistentes) Ovarialkarzinomrezidiv (PR-ROC)
Wenn Patientinnen mit Ovarialkarzinomrezidiv unter platinhaltiger Therapie oder < 6
Monate nach Abschluss der Therapie einen Progress aufweisen, sind sie in der Regel
nicht mehr geeignet für eine weitere platinhaltige Therapie (ehemals platinresistent
oder refraktär). Diese Patientinnen haben typischerweise schlechte Ansprech- und kurze
Gesamtüberlebensraten. Es ist schwierig, die Frauen zu identifizieren, die einen klaren
Nutzen von einer palliativen Chemotherapie haben, was die „Symptom Benefit“-Studie
der Gynecologic Cancer Intergroup zeigt: 20% der 570 Patientinnen mit platinresistentem
Ovarialkarzinom (PR-ROC), die vorher als geeignet für eine palliative Chemotherapie
eingeordnet wurden, brachen innerhalb von 8 Wochen die Studie ab aufgrund von Krankheitsprogression,
Tod oder Patientinnenwunsch. Das mediane PFS lag bei 1,2 Monaten und das mediane OS
bei 2,9 Monaten [17]. Um die Prognose hinsichtlich des Überlebens einzuschätzen,
können validierte Scores, wie z. B. der modifizierte Glasgow Prognostic Score
[18], eingesetzt werden und Patientinnen und deren Familien hinsichtlich des Nutzens
einer weiteren Therapie beraten werden. Insbesondere der Nutzen einer höheren Therapielinie
> 3 ist fraglich im Rezidiv [19]. Auf der anderen Seite haben palliative Chemotherapien beim PR-ROC einen Nutzen
zur Symptomkontrolle [20]. Aus diesem Grund sollte das oberste Therapieziel der Erhalt der Lebensqualität
sein.
Wird eine weitere Therapie angestrebt, kommen Kombinationschemotherapien bei Patientinnen
mit PR-ROC nicht mehr infrage. Der Einsatz von Monochemotherapien hat sich als wirksamer
herausgestellt [21]. Hierbei kommen insbesondere nichtplatinhaltige Chemotherapien wie Topotecan, Gemcitabin,
Paclitaxel oder PLD infrage [22], [23], [24], [25], [26]. Pegyliertes liposomales Doxorubicin (PLD) hat in verschiedenen Studien ein PFS
von 2,1 – 3,7 Monaten mit einer 10 – 20% objektiven Ansprechrate und im Vergleich
zu Topotecan ein besseres Sicherheitsprofil und bessere Aktivität gezeigt [25]. In retrospektiven Studien wurde ein besseres Ansprechen bei vorliegendem BRCA-Mutationsstatus
beobachtet [27].
Auch wenn Patientinnen mit Paclitaxel in der Erstlinientherapie behandelt wurden,
ist das wöchentliche Paclitaxel-Regime eine Option und hat eine objektive Ansprechrate
von 20,9% gezeigt [23].
Bezüglich intermediär refraktärer Patientinnen wurden aktuell neue Daten auf dem ESMO
2020 präsentiert. Im INOVATYON Trial wurden Carboplatin/PLD vs. Trabectedin/PLD verglichen
bei Patientinnen mit Rezidiv zwischen 6 – 12 Monaten nach letzter platinhaltiger Therapie.
Es zeigte sich zwar kein Benefit für Trabectedin/PLD, aber ein ähnliches medianes
Gesamtüberleben (21,3 und 21,5 Monate), sodass Trabectedin/PLD zwar nicht die Therapie
der Wahl ist bei diesen Patientinnenkollektiv, jedoch durchaus als Option bei Platinhypersensitivität
besteht [28].
Eine weitere Option bei PR-ROC stellt Bevacizumab dar. Bevacizumab wurde in der AGO-OVAR-2.15-Studie
(AURELIA) bei Patientinnen, bei denen nur 7% Bevacizumab bereits in der Erstlinientherapie
erhalten haben, untersucht. Patientinnen wurden randomisiert und erhielten entweder
Bevacizumab oder Placebo in Kombination mit Paclitaxel, PLD oder Topotecan [29].
Das mediane PFS betrug 3,4 Monate mit alleiniger Chemotherapie vs. 6,7 Monate mit
Bevacizumab-haltiger Therapie (p ≤ 0,001). Medianes OS war 13,3 vs. 14,6 Monate mit
einer HR von 0,85 (95%-KI 0,66 – 1,08; p < 0,174). Die Hinzunahme von Bevacizumab
verlängerte folglich das PFS signifikant bei nicht signifikantem Gesamtüberlebensgewinn
und ist in Europa und den USA zugelassen für Frauen, die bisher kein Bevacizumab erhalten
haben.
Spätes (ehem. platinsensibles) Ovarialkarzinomrezidiv (PS-ROC)
Spätes (ehem. platinsensibles) Ovarialkarzinomrezidiv (PS-ROC)
Patientinnen mit Ovarialkarzinomrezidiv, die nach > 6 Monaten therapiefreien Intervalls
rezidivieren, kommen in der Regel für eine erneute platinhaltige Chemotherapie infrage.
Der Grad des sekundären Therapieansprechens verbessert sich hierbei mit der Länge
des platinfreien Intervalls kontinuierlich [30]. In der klinischen Praxis werden vor allem Carboplatin/Paclitaxel, Carboplatin/Gemcitabin
und Carboplatin/PLD eingesetzt, da diese Regime Überlegenheit gegenüber einer Carboplatin-Monotherapie
gezeigt haben. Carboplatin/PLD haben hierbei das günstigere Nebenwirkungsprofil unter
den Kombinationstherapien gezeigt [2], [5].
Eine Hypothese in der Behandlung des platinsensiblen Rezidivs bei Patientinnen, die
nach 6 – 12 Monaten rezidivierten, ist es, dass das platinfreie Intervall mit einer
nicht platinhaltigen Therapie verlängert und das Ansprechen zur folgenden platinbasierten
Therapie erhöht werden könnte.
In der randomisierten Phase-III-MITO-8-Studie [31] erhielten Frauen eine platinbasierte Chemotherapie gefolgt von einer nicht platinhaltigen
(Standardarm) oder andersherum (experimenteller Arm). In > 85% war die nicht platinhaltige
Therapie PLD. Es gab keinen Nutzen bezüglich des Gesamtüberlebens und das mediane
PFS war signifikant kürzer im experimentellen Arm (median 12,8 vs. 16,4 Monate; Hazard
Ratio 1,41; 95%-KI 1,04 – 1,92; p = 0,025). Die Autoren kamen folglich zu dem Ergebnis,
dass die platinhaltige Therapie auf keinen Fall verzögert eingesetzt werden sollte.
Die aktuell auf dem ESMO 2020 präsentierte INOVATYON-Studie konnte keinen Vorteil
durch die platinfreie Kombination Trabectedin/PLD bez. der Effektivitätssteigerung
einer folgenden platinhaltigen Kombination zeigen [32].
Trabectedin und PLD wurden in der Phase-III-OVA-301-Studie [33] evaluiert. Platinsensible Patientinnen erhielten Trabectedin/PLD oder PLD allein.
Die Kombination erreichte eine signifikant bessere Gesamtüberlebensrate. Das mediane
OS betrug 23,0 vs. 17,1 Monate (HR 0,59; 95%-KI 0,43 – 0,82; p = 0,015). Damit stellt
die Kombination Trabectedin/PLD aktuell die Therapie der Wahl dar für Patientinnen,
die potenziell platinsensibel wären, aber kein weiteres Platin erhalten können.
Angiogenesehemmer
Die Einführung der Angiogenesehemmer zur kontinuierlichen Erhaltungstherapie, d. h.
Hinzunahme der Antiangiogenese zur CTX und darüber hinaus, erbrachte einen weiteren
Fortschritt in der Systemtherapie des PS-ROC.
Angiogenese ist wichtig für Tumorzellenwachstum, -überleben und Metastasenbildung.
Inhibition der Angiogenese kann synergistisch mit vorhandenen Therapien arbeiten und
wird durch z. B. Bindung von Vascular endothelial Growth Factor (VEGF) inhibiert.
Die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen der Angiogenesehemmer sind Hypertension,
Proteinurie, Blutungen, thromboembolische Ereignisse, schlechte Wundheilung und gastrointestinale
Perforation.
Bevacizumab
Bevacizumab ist ein Anti-VEGF-Antikörper, der in der Erstlinien- sowie Zweitlinientherapie
beim epithelialen Ovarialkarzinom etabliert ist [34], [35].
Die Zulassung für Bevacizumab in Europa basiert auf der randomisiert-kontrollierten
Phase-III-Studie OCEANS [36], die Bevacizumab oder Placebo in Kombination mit Carboplatin/Gemcitabin untersucht
hat. Alle Patientinnen waren Bevacizumab-naiv. Der Bevacizumab-Arm erreichte ein signifikant
verbessertes PFS (12,4 vs. 8,4 Monate, HR 0,485, p < 0,001) ohne Verbesserung des
Gesamtüberlebens (33,6 vs. 32,9 Monate, HR 0,65, p = 0,65) [36].
Hierbei ist zu erwähnen, dass > 30% der Placebopatientinnen im Sinne eines „Cross-overs“
Bevacizumab nach Progression erhalten haben und bei vielen Patientinnen bereits eine
weitere Therapie appliziert worden war, als das OS ausgewertet wurde, wodurch das
OS möglicherweise beeinflusst wurde.
Die Phase-III-Studie GOG 213 untersuchte Carboplatin/Paclitaxel ± Bevacizumab beim
platinsensitiven Ovarialkarzinomrezidiv und den Nutzen einer Rezidivoperation. Die
Studie zeigte ein signifikant verlängertes PFS im Carboplatin/Paclitaxel-plus-Bevacizumab-Studienarm
(23,8 vs. 10,4 Monate HR 0,63, p < 0,0001). Die OS-Analyse demonstrierte keinen Unterschied
in den Studienarmen (42,2 vs. 37,1 Monate, HR 0,89, p = 0,056). Eine auf das therapiefreie
Intervall korrigierte Sensitivitätsanalyse zeigte post hoc einen Überlebensvorteil
für die Bevacizumab-Gruppe (HR 0,82, p = 0,045) [37].
Das präferierte Regime – aufgrund der Überlegenheit gegenüber Carboplatin/Gemcitabin
und fehlender Alopezie – ist aktuell aber Carboplatin/PLD. Diese Kombinationschemotherapien
inkl. Bevacizumab wurden in der AGO-OVAR-2.21-Studie untersucht. Hierbei ist zu erwähnen,
dass auch die Subgruppe der Patientinnen, die bereits in der Erstlinientherapie Bevacizumab
erhalten hatten, profitierten [34]. PLD/Carboplatin plus Bevacizumab demonstrierte im Rahmen dieser Studie ein signifikant
verlängertes medianes PFS (13,3 vs. 11,7 Monate; HR 0,8; 95%-KI 0,68 – 0,96 p = 0,0128)
und erstmals auch medianes OS (31,8 vs. 27,8; HR 0,81, 95%-KI 0,67 – 0,98; p = 0,032)
verglichen zu Carboplatin/Gemcitabin plus Bevacizumab [34].
Die MITO 16B-MANGO OV2 Phase-III-Studie [38] wurde bei ROC-Patientinnen durchgeführt, die bereits eine Therapie mit Bevacizumab
in der Erstlinie erhalten hatten, zur Klärung der Frage, ob eine Bevacizumab-Re-Induktion
mit einer Kombinationschemotherapie sinnvoll erscheint.
Erste Ergebnisse zeigen ein signifikant besseres medianes PFS (8,8 vs. 11,8 Monate,
HR 0,51, p < 0,0001) im Bevacizumab-Arm. Die Gesamtüberlebensdaten sind noch unreif.
Die Patientinnen, die unter Erhaltungstherapie mit Bevacizumab, und solche, die nach
Ende der Therapie rezidivierten, profitierten beide von einer Bevacizumab-Re-Induktion.
Poly-(Adenosindiphosphat-ribose-)Polymerase-(PARP-)Inhibitoren
Poly-(Adenosindiphosphat-ribose-)Polymerase-(PARP-)Inhibitoren
Die PARP-Inhibitoren (PARPi) können aktuell im Rahmen zweier unterschiedliche klinischer
Szenarien eingesetzt werden. Zum einen als Monotherapie in der höheren Therapielinie
bei progredienter Erkrankung oder als Erhaltungstherapie nach Beendigung der Chemotherapie.
Nach Ansprechen auf eine platinhaltige Therapie beim ROC ist der Goldstandard nach
den aktuellen Empfehlungen der ESMO-ESGO die PARPi-Erhaltungstherapie (Olaparib, Niraparib
und Rucaparib) unabhängig von BRCA- oder Homologe-Rekombinations-Defizienz-(HRD-)Status
([Abb. 1]) [5]. Der Einsatz von Antiangiogenesetherapeutika im Sinne einer kontinuierlichen Erhaltungstherapie,
d. h. Initiierung der Erhaltung bereits während der Chemotherapie, stellt eine weitere
Option bei Patientinnen dar, die eine platinhaltige Therapie beim ROC erhalten sollen,
wenn sie diese nicht in der Erstlinientherapie erhalten haben.
PARP Inhibitoren sind vor allem wirksam gegen Zellen mit BRCA-1- oder -2-Defizienz.
Ungefähr 15,5% aller epithelialen Ovarialkarzinome haben eine Keimbahn BRCA-1- und
5,2% eine BRCA-2-Mutation [39]. Vorliegen einer homologen Rekombinationsdefizienz (HRD) wird in 50% der High-grade
serösen Ovarialkarzinome vermutet [40]. Den Hauptreparaturmechanismus bei Doppelstrangbrüchen stellt die sogenannte homologe
Rekombinationsreparatur dar. Dabei wird im Rahmen der Reparatur, durch Nutzung der
homologen DNA als Grundlage, die originale Sequenz der DNA wiederhergestellt. Insbesondere
die Gene BRCA1 und BRCA2 sowie weitere Gene spielen eine wesentliche Rolle in diesem
Prozess. Bei Schädigung der BRCA-Gene ist dieser Reparaturmechanismus gestört und
die Zelle greift auf weniger effektive und somit fehleranfälligere Reparaturwege,
wie Einzelstrangreparatur oder nicht homologe Rekombination, zurück. Eine wichtige
Rolle in diesem „alternativen“ Reparaturprozess, insbesondere bei der Basenexzisionsreparatur
im Rahmen der Einzelstrangreparatur, spielt die Poly-(Adenosindiphosphat-ribose-)Polymerase
1 (PARP1). Diese Zusammenhänge führten zu der Erkenntnis, dass Störungen der DNA-Reparatur
und insbesondere der homologen Rekombination zur Entstehung verschiedener Tumoren
beitragen und therapeutische Optionen bergen [41], [42]. Die Bestimmung der HRD eines Tumors hat seit Zulassung von Olaparib in Kombination
mit Bevacizumab nach Platinansprechen in der Erstlinientherapie einen festen Platz
in der Diagnostik des Ovarialkarzinoms erhalten.
In der AGO-TR-1-Studie wurde ein BRCA-like-Profil sogar in 58,1% der Tumorproben ohne
vorliegende somatische oder Keimbahnmutation in BRCA 1/2 gefunden [43]. Patientinnen mit BRCA-Mutationen sind meistens platinsensibel und zeigen ein längeres
Gesamtüberleben [44], [45].
Trotzdem bleibt es unklar, welche BRCA-Wildtyp-Ovarialkarzinome am ehesten auf eine
PARP-Inhibition ansprechen.
Olaparib
Der PARPi Olaparib wurde als erstes in Europa für die Erhaltungstherapie bei ROC-Patientinnen
nach Partial- oder Komplettansprechen auf platinhaltige Chemotherapie bei vorliegender
BRCA-1- und -2-Mutation zugelassen.
Die erste randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde, Phase-II-Studie, die
sog. Studie 19 wurde bei Patientinnen mit platinsensiblem ROC zur Evaluierung der
Erhaltungstherapie mit Olaparib durchgeführt [46]. Die Patientinnen mussten ein partielles oder Komplettansprechen auf die letzte
platinhaltige Chemotherapie gezeigt haben. Es wurden Patienten mit und ohne BRCA-Mutation
eingeschlossen. Dabei wurden Tumoren untersucht, die eine BRCA-Mutation in der Keimbahn
und somatisch vorliegend hatten. Das mediane PFS war 3,6 Monate länger in der Olaparib-Gruppe
als in der Placebogruppe (8,4 vs. 4,8 Monate; HR 0,35, 95%-KI 0,25 – 0,49; p < 0,001).
Die Gesamtüberlebensergebnisse zeigten einen Vorteil für Olaparib, der jedoch nicht
den prädefinierten Grenzwert der statistischen Signifikanz erreichte (medianes OS 29,8
vs. 27,8 Monate, HR 0,73, 95%-KI 0,55 – 0,96, p = 0,025). Jedoch war diese Phase-II-Studie
nicht gepowert, einen signifikanten
Unterschied im Gesamtüberleben zu identifizieren [46].
In der doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie AGO-OVAR
2.23 (SOLO2) wurden das erste Mal Olaparib-Tabletten (300 mg 2 × tgl.) statt -Kapseln
verwendet. Patientinnen mit ROC, die ein partielles oder Komplettansprechen auf die
letzte der mindestens 2 platinbasierten Chemotherapien gezeigt und bei denen eine
somatische oder Keimbahn-BRCA-Mutation vorlag, wurden eingeschlossen. Das mediane
PFS war signifikant länger im Olaparib-Arm als im Placeboarm (19,1 vs. 5,5 Monate,
HR 0,30, 95%-KI 0,22 – 0,41; p < 0,0001) [47].
Patientinnen, die ein Ansprechen zeigen, verbleiben interessanterweise sehr lange
unter Olaparib-Therapie [46], [47]. Dieses Phänomen besteht bei allen PARP-Inhibitoren und keine biologischen Prognosekriterien
wurden bisher gefunden, die ein langfristiges Ansprechen erklären. Die finalen Daten
der SOLO2-Studie wurden auf dem ASCO 2020 vorgestellt. Das Gesamtüberleben zeigte
sich im Median 12,9 Monate verlängert unter Olaparib-Therapie. Diese Verbesserung
war jedoch nicht signifikant. Dieses könnte bedingt durch einen Cross-over-Effekt
sein, da 38% der Patientinnen im Placeboarm später eine PARPi-Therapie erhielten.
Eine post hoc adjustierte Analyse auf die Patientinnen ohne Cross-over zeigte ein
signifikant verlängertes OS [48].
Die Wirksamkeit der PARPi in der Monotherapie konnte ebenfalls zuerst für Olaparib
gezeigt werden. Im Rahmen der Phase-II-Studie zeigten sich hohe Ansprechraten trotz
intensiver Vortherapie bei Patientinnen mit einem Ovarialkarzinomrezidiv [49]. Diese Daten führten zu einer FDA Zulassung ab der 4. Linie.
Eine aktuelle Phase-III-Studie (SOLO3) untersucht ebenfalls die Aktivität von Olaparib
als Monotherapie bei Patientinnen mit BRCA-Keimbahnmutation. Patientinnen mit platinsensiblen
ROC, die mindestens 2 paltinhaltige Therapien erhalten haben, wurden gegenüber nicht
platinhaltiger Chemotherapie (pegyliertes liposomales Doxorubicin, Paclitaxel, Gemcitabin
oder Topotecan) verglichen. Die objektive Ansprechrate war der primäre Endpunkt und
war signifikant höher in der Olaparib-Gruppe (72,2 vs. 51,4%; Odds Ratio 2,53 [95%-KI
1,40 – 4,58]; p = 0,002). Das mediane PFS betrug 13,4 vs. 9,2 Monate zugunsten des
Olaparib-Arms (HR 0,62 [95%-KI 0,43 – 0,91]; p = 0,013) [50].
Niraparib
Im Gegensatz zu den anderen PARP-Inhibitoren werden die Cytochrom-P450-Enzyme und
P-Glykoprotein (P-gp) durch Niraparib nicht inhibiert, wodurch weniger Medikamenteninteraktionen
zu erwarten sind. In Europa ist Niraparib bei Patientinnen mit ROC zugelassen, die
ein partielles oder Komplettansprechen auf die letzte platinbasierte Therapie gezeigt
haben – unabhängig vom BRCA- oder HRD-Status basierend auf der Phase-III-Studie AGO-OVAR
2.22 (NOVA) [51]. Patientinnen, die Niraparib 300 mg/d erhielten, hatten ein längeres progressionsfreies
Überleben als Patientinnen im Kontrollarm – egal ob eine BRCA-Mutation vorlag oder
nicht, wobei die Gruppe der BRCA-Mutierten ein längeres PFS aufwies (BRCA-mutiert
21,0 vs. 5,5 Monate, HR 0,27, 95%-KI 0,17 – 0,41; nicht mutiert 12,9 vs. 3,8 Monate,
HR 0,38, 95%-KI 0,34 – 0,61; p < 0,001) [51].
Im nicht mutierten Patientinnenkollektiv wurde versucht, auf Basis des HRD-Status,
ermittelt durch den Myriad myChoice HRD™ Test, eine potenzielle Subgruppe zu identifizieren, die von Niraparib profitiert.
Es zeigte sich allerdings, dass sowohl Patientinnen mit positiven als auch negativem
HRD-Test vom Einsatz von Niraparib profitierten. Ein Gesamtüberlebensvorteil konnte
bisher nicht gezeigt werden.
Weiterführend wurde Niraparib als Monotherapie in der Phase-II-Studie QUADRA getestet.
Die Studie untersucht die Wirksamkeit bei platinsensiblen Frauen mit BRCA-positiven
oder HRD-positiven Tumoren. Patientinnen waren mehrfach vorbehandelt. Im Median hatten
die Patientinnen bereits 4 vorherige Therapien erhalten. 27,7% der Patientinnen (13
von 47) erreichten eine Tumorantwort nach RECIST (95%-KI: 15,6–42,6; p = 0,00053)
[52]. Aufgrund dieser guten Ansprechraten erfolgte die Zulassung nach FDA im Oktober
2019 bei Patientinnen ab der 4. Linie, bei denen eine HRD vorliegt. Dieses wird definiert
nach vorliegender BRCA-Mutation oder vorliegender genomischer Instabilität und Krankheitsprogress
> 6 Monate nach letzter platinbasierter Therapie. Um die homologe Rekombinationsdefizienz
festzustellen, wurde auch hier der Myriad myChoice HRD Test angewendet.
Rucaparib
Rucaparib ist ein weiterer PARPi, der aktuell in 2 Indikationen in Europa zugelassen
ist. Zum einen als Monotherapie bei BRCA-mutierten Patientinnen, die 2 oder mehr Therapielinien
erhalten haben und keine weitere platinhaltige Therapie tolerieren können. Zum anderen
besteht die Indikation in der Erhaltungstherapie nach Platinansprechen unabhängig
vom BRCA- oder HRD-Status.
In der ARIEL2-Studie wurde Rucaparib als Monotherapie evaluiert. Es wurde eine Overall
Response Rate von 54% erreicht und eine mediane Ansprechrate von 9,2 Monaten. Patientinnen
wurden in 3 Gruppen eingeteilt: BRCA-positiv (Keimbahn oder somatisch), BRCA-Wildtyp
mit High Loss of Heterozygosity (LOH) und BRCA-Wildtyp mit niedrigem LOH. Das mediane
progressionsfreie Überleben war 12,8 Monate für die BRCA-mutierten Patientinnen, 5,7
und 5,2 Monate für die LOH-high- und LOH-low-Gruppen [53]. Eine gepoolte Analyse der Studie ARIEL2 und der sog. Studie 10 zeigte hohe Ansprechraten,
insbesondere bei Patientinnen mit BRCA-Mutation und Spätrezidiv, und führte daher
zur Zulassung von Rucaparib als Monotherapie ab der 3. Linie bei BRCA-mutierten o. g.
Patientinnnen [54].
Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte ARIEL3-Studie wurde bei Patientinnen
mit platinsensitivem ROC durchgeführt, die bereits 2 platinhaltige Chemotherapie erhalten
haben und bei der letzten ein partielles oder Komplettansprechen gezeigt haben. Die
Patientinnen erhielten Rucaparib 600 mg 2 × tgl. vs. Placebo stratifiziert nach HRD-Status.
Es wurden 3 Kohorten gebildet: eine BRCA-positive (Keimbahn und somatisch), eine HRD-positive
Gruppe und eine Intention-to-treat-Gruppe (alle Patientinnen).
Das PFS bei Patientinnen mit BRCA-Mutation, die Rucaparib erhielten, betrug 16,6 Monate
(95%-KI 13,4 – 22,9) vs. 6,4 Monate (95%-KI 3,4 – 6,7) in der Placebogruppe (HR 0,23,
95%-KI 0,16 – 0,34; p < 0,0001). Bei Patientinnen mit HRD-Positivität betrug das mediane
PFS13,6 vs. 5,4 Monate (HR 0,32, 95%-KI 0,24 – 0,42; p < 0,0001). Für die ITT-Population
war das PFS 10,8 vs. 5,4 Monate (p < 0,0001) in der Rucaparib- und der Placebogruppe
[55]. ARIEL3 bestätigte folglich die Wirksamkeit von Rucaparib unabhängig vom HRD- oder
BRCA-Status.
Ausblick PARP-Inhibition
Bisher liegen keine Daten vor, die untersuchen, ob eine erneute PARP-Inhibition sinnvoll
erscheint, wenn bereits in der Erstlinie ein PARP-Inhibitor eingesetzt wurde.
Hierzu wird aktuell die AGO-OVAR-2.31-(OReO-)Studie durchgeführt. Dabei handelt es
sich um eine randomisiert-kontrollierte Phase-III-Studie, die eine Olaparib-Erhaltungstherapie
vs. Placebo bei Patientinnen untersucht, welche bereits eine PARP-Inhibition als Erhaltungstherapie
erhalten haben und ein partielles oder Komplettansprechen auf die aktuelle platinhaltige
Chemotherapie zeigen.
Zudem werden weiterhin prädiktive Marker gesucht für ein Therapieansprechen, Gründe
für PARP-Inhibitor-Resistenz und wie man die Wirksamkeit von PARP-Inhibitoren durch
z. B. Kombination mit Angiogenesehemmern oder Immunotherapien verstärken könnte.
Weitere Therapien beim Ovarialkarzinomrezidiv
Weitere Therapien beim Ovarialkarzinomrezidiv
Hormonelle Therapien
Hormonelle Therapien mit Tamoxifen, Aromataseinhibitoren (Letrozol und Anastrozol),
Leuprolidacetat oder Megestrolacetat stellen eine Möglichkeit bei Patientinnen dar,
die keine zytotoxische Chemotherapie mehr vertragen oder nicht darauf angesprochen
haben [56], [57], [58], [59], [60], [61].
MEK-Inhibitor (Trametinib) bei Low-grade serösem Ovarialkarzinomrezidiv
Der MEK-Inhibitor Trametinib ist ein hochselektiver Inhibitor der MEK-Kinase 1 und
2. MEK-Proteine sind am extrazellulären ERK-Signalweg beteiligt. Bei Melanomen z. B.
ist dieser Signalweg oft durch mutierte Formen von BRAF aktiviert.
Trametinib wurde beim Low-grade serösen Ovarialkarzinomrezidiv untersucht. Auf dem
ESMO 2019 präsentierte Gershenson et al. Daten einer Phase-II/III-Studie von 260 Patienten,
die entweder Trametinib oder Letrozol/Tamoxifen erhalten haben. Das mediane progressionsfreie
Überleben war signifikant verlängert in der Trametinib-Gruppe (median 13,0 vs. 7,2
Monate; HR 0,48; 95%-KI 2,39 – 12,21; p < 0,0001). Auch das Gesamtüberleben war verbessert
mit Trametinib (37 Monate; 95%-KI 30,3–NR) verglichen mit dem Kontrollarm (29,2 Monate;
KI: 23,5 – 51,6) [62]. Allerdings ist hierbei zu erwähnen, dass Letrozol und Tamoxifen zwar eine Wirksamkeit
gezeigt haben, aber keine Standardtherapeutika bei Low-grade serösem Ovarialkarzinomrezidiv
sind [63].
Immunotherapie
Die Immunotherapie zeigte zuletzt für die Primärsituation keinen Vorteil hinsichtlich
PFS und OS für die Patientinnen, wenn man die Daten der Phase-III-IMagynp050/GOG 3015/ENGOT-OV39-Studie
betrachtet, die auf dem ESMO 2020 vorgestellt wurden [64].
In der Rezidivsituation ist die Rolle der Immunotherapie noch nicht abschließend geklärt.
Durch die tumoragnostische Zulassung der FDA bei soliden Tumoren mit hoher Mikrosatelliteninstabilität
(MSI-H) oder Mismatch-Repair-Defizienz (dMMR), die auf vorherige Therapie progredient
waren und für die keine weiteren Therapieoptionen zur Verfügung stehen, ist Pembrolizumab,
ein PD1-Antikörper, auch beim ROC eine mögliche Alternative [65].
Pembrolizumab wurde bei 149 Patienten mit 15 verschiedenen Krebsarten mit MSI-H oder
dMMR soliden Tumoren untersucht. 39,6% der Patienten zeigten ein komplettes oder partielles
Ansprechen. Die Länge des Therapieansprechens war 6 Monate oder mehr bei 78% der Patienten
[66].
Patientinnen mit ROC waren in den 5 KEYNOTE-Studien nicht eingeschlossen.
Ob die Zulassung von der FDA verlängert wird, hängt von den Ergebnissen weiterer Studien
ab.
In der Phase-III-JAVELIN-200-Studie wurde Avelumab bei ROC untersucht (n = 566). Patienten
erhielten entweder Avelumab-Monotherapie oder in Kombination mit PLD vs. PLD allein
bei Patienten mit PR-ROC. Die Avelumab-Monotherapie zeigte kein verbessertes progressionsfreies
Überleben oder Gesamtüberleben und nur geringe objektive Ansprechraten (3,7% für Avelumab-Monotherapie,
13,3% für Avelumab + PLD und 4,2% für PLD). Die Studie verfehlte somit ihre primären
Endpunkte.
Retrospektiv wurden die PDL1-positiven Patienten ausgewertet, die einen Trend zu einem
längeren krankheitsfreien und Gesamtüberleben zeigten.
Hier werden weitere Studien benötigt, um die Stellenwert der Immunotherapie beim PR-ROC
festzulegen [67], [68]. Zahlreiche Studien, wie z. B. die AGO 2.29, die Atezolizumab in Kombination mit
Bevacizumab und Chemotherapie vs. Bevacizumab und Chemotherapie in rezidivierendem
Ovarialkarzinom untersucht, laufen aktuell und untersuchen den Nutzen und Sicherheit
der Immunotherapie beim Ovarialkarzinom in verschiedenen Therapielinien.
Schlussfolgerung
Zusammenfassend hat sich die Therapie des epithelialen Ovarialkarzinomrezidivs in
den letzten Jahren signifikant verändert. Die Operation beim Rezidiv ist der neue
Standard bei Patientinnen mit positivem AGO-Score, da sich ein deutlicher Überlebensvorteil
zeigte. Durch die Hinzunahme von Anti-VEGF- und PARPi-Therapien konnten die progressionsfreien
Überlebensraten verlängert werden. Bisher gibt es keine Studien, die diese neuen Therapien
untereinander vergleichen oder die Sequenz für diese festlegen. Hierzu werden randomisiert-kontrollierte
Studien benötigt. Aktuell gilt die PARP-Inhibition als Goldstandard unabhängig von
BRCA- oder HRD-Status nach Therapieansprechen auf eine platinhaltige Chemotherapie.
Ein Ausblick auf zukünftige Therapieoptionen – auch beim platinresistenten ROC – bergen
die Immunotherapie ggf. in Kombination von PARPi und Antiangiogenese, um sowohl auf
die Tumorzellen als auch das Tumorstroma zu zielen. Die Therapie des Ovarialkarzinoms
wird sich so weiter individualisiert auf die Tumorbiologie („tumoragnostischer Ansatz“)
richten, mit dem Ziel, Fortschritte hinsichtlich des Gesamtüberlebens für die Patientinnen
zu erreichen.