Aktuelle Kardiologie 2020; 9(02): 118-120
DOI: 10.1055/a-1128-9052
Aktuelles aus der klinischen Forschung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vitamin C reduziert Mortalität sowie Intensiv- und Beatmungstage bei ARDS-Sepsis

Fowler AA. et al.
Effect of Vitamin C Infusion on Organ Failure and Biomarkers of Inflammation and Vascular Injury in Patients With Sepsis and Severe Acute Respiratory Failure. The CITRIS-ALI Randomized Clinical Trial.

JAMA 2019;
322: 1261 -1270
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Publication History

Publication Date:
08 April 2020 (online)

 

In der randomisierten CITRIS-ALI-Studie wurde der Frage nachgegangen, ob antiinflammatorisch wirksames bzw. die zytokinvermittelte Entzündungsreaktion abschwächendes Vitamin C sowohl das Organversagen als auch die organversagenassoziierten Biomarker bzw. die klinischen Parameter wie Beatmungs- und Intensivbehandlungstage sowie Mortalität günstig beeinflussen kann.


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Das Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS) ist eine bei sepsisassoziiertem Organversagen vorkommende Komplikation mit einer in der LUNG-SAFE-Studie dokumentierten Mortalität von 34 – 45%, ohne dass diese durch Therapieinterventionen bisher eindeutig gesenkt werden konnte. Frühere Untersuchungen hatten für Vitamin-C Wirkungen auf die hierbei vorhandene systemische Inflammation, sepsisbedingte Koagulopathie und Vaskulitis dokumentieren können. Die randomisierte CITRIS-ALI-Studie untersuchte mit primärem Endpunkt die Effekte von hochdosiertem Vitamin C auf Organversagen sowie Biomarker der Inflammation und Vaskulitis bzw. auf Mortalität, ICU- und beatmungsfreie Tage als sekundäre Endpunkte.

Methode. Von 1262 gescreenten Patienten wurden 167 Patienten in die Studie randomisiert. 84 Patienten (durchschnittliches Alter 54 Jahre [39 – 67], 54% Männer) erhielten alle 6 h 50 mg/kgKG Vitamin C intravenös über einen Zeitraum von 96 h gegenüber Placebo (n = 83). Primärer Endpunkt war ein modifizierter Sequential Organ Failure Assessment (mSOFA) Score und Plasmaspiegel von CRP und Thrombomodullin nach 96 h und 168 h. Sekundäre Endpunkte waren 46 Parameter einschließlich Gesamtmortalität sowie Intensivstation (ICU)- bzw. beatmungsfreie Tage.

Ergebnisse. Es fanden sich bei den primären Endpunkten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. In explorativen Analysen, die nicht für Mehrfachvergleiche angepasst wurden, waren jedoch 3 sekundäre Ergebnisse signifikant unterschiedlich: Die Gesamtmortalität betrug 29,8% (Vit. C) vs. 46,3% (Placebo, p = 0,01 im Wilcoxon-Test), beatmungsfreie Tage 13,1 (Vit. C) vs. 10,6 Tage (Placebo) p = 0,15 und bei den ICU-freien Tagen 10,7 (Vit. C) vs. 7,7 Tage (Placebo) p = 0,03. Die hier dokumentierten signifikant unterschiedlichen Ergebnisse entstanden vorwiegend durch die Patienten, bei denen eine frühzeitige Vitamin-C-Gabe erfolgte. Es wurden keine Nebenwirkungen der Vitamin-C-Gabe registriert.

Diskussion. Vitamin C scheint bei früher Gabe, wie zuvor bereits in verschiedenen Studien dokumentiert, einen günstigen Einfluss auf die sepsisinduzierte Zytokinfreisetzung, die zur Neutrophilen-Invasion bzw. -Akkumulation sowie alveolaren Kapillarschäden in der Lunge führt, zu haben. Da die Studie aber bez. biomarkerassoziierter Sepsisparameter und nicht bez. anderer durch Vitamin C beeinflusste biologische Prozesse gepowert war, sind die ermutigenden Ergebnisse hinsichtlich der klinischen Parameter Gesamtmortalität, ICU- und beatmungsfreie Tage „nur“ als explorativ zu werten.

Fazit

Vitamin C scheint bei frühzeitiger Gabe durch Reduktion der inflammationsbedingten Zytokinfreisetzung eine zusätzliche und nebenwirkungsfreie Option zur günstigen Beeinflussung des häufig deletären Verlaufs bei ARDS und Sepsis zu sein.

Prof. Dr. med. Johannes B. Dahm, Göttingen

Studienkommentar zu SARS-CoV-2

Anhand der inzwischen verfügbaren SARS-CoV-2-Publikationen kann aus klinischer Sicht folgendes unter Vorbehalt zusammengefasst werden:

SARS-CoV-2 kann über den ACE-2-Rezeptor vorwiegend den Nasen/Rachenraum und die Lunge/Lungenwege infizieren. Dort kann es bei „Risikopatienten“ ein mit hoher Mortalität einhergehendes ARDS als Haupttodesursache auslösen. Diese Patienten haben häufig eine arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus bzw. pulmonale Auffälligkeiten, was zwangsläufig häufiger bei älteren Patienten der Fall ist. Da deletäre SARS-CoV-2-Verläufe aber auch bei jüngeren und scheinbar gesunden Patienten beschrieben wurden, könnten weitere bisher unbekannte Faktoren die Pathogenität beeinflussen. Neben Viruslast und Virusexposition (z. B. Inhalation eines Virus-Hustenaerosols) werden gerade in der Phase der frühen Virusreplikation ein aktives Immunsystem (u. a. bei Kindern) gegenüber einer durch verschiedene Faktoren (u. a. Alter, Metabolik, Ernährung, Bewegungsmangel) eingeschränkten Immunantwort diskutiert. Die erhöhte Exprimierung von ACE-2-Rezeptoren bei (Prä-) Diabetes/metabolischem Syndrom könnte eine Erklärung für die hohe Fallzahl bei Hypertonikern sein. Die frühzeitige Behandlung mit zytokinsenkenden Substanzen (u. a. Vitamin C) bzw. anderer antiinflammatorischer Substanzen (Interleukin-Hemmer) bzw. Therapien (Immunadsorption) könnten sich günstig auf den ARDS-Verlauf auswirken.

In Abwesenheit einer Impfung werden aktuell mit Nachdruck SARS-CoV-2-wirksame antivirale Therapieansätze (u. a. Remdesivir, Hydroxychloroquin, Azithromycin) und Antikörper von Genesenen (passive Immunisierung) in kontrollierten Studien untersucht. Neben Maßnahmen zur Minimierung der Infektionswege (Fremd- und Selbstschutz bzw. physische Distanz), sollte ein größerer Fokus auf die Prävention schwerer Verläufe durch Reduzierung „optimaler“ Bedingungen für die Virusreplikation durch (1) Rauchkarenz und (2) viel Bewegungssport zur Verbesserung der Lungenperfusion/-Belüftung, Reduktion der Inflammationsneigung und Verbesserung der Immunantwort, Senkung des peripheren Widerstands und Verbesserung der Metabolik (Reduktion der ACE-2-Rezeptoren) gelegt werden und eine gesunde und vitaminreiche Ernährung dürfte hierzu auch beitragen.


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Autorinnen/Autoren

Prof. Dr. med. Johannes B. Dahm

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Herz- & Gefäßzentrum, Göttingen



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