Einleitung
Das basaloide follikuläre Hamartom (BFH) ist eine seltene Fehlbildung des Haarfollikels
mit Ähnlichkeit zum Basalzellnävussyndrom. Sein klinisches Erscheinungsbild ist sehr
variabel und reicht von singulären Läsionen bis hin zu generalisierten Formen. Es
kann erworben sein oder familiär in Form des BFH-Syndroms auftreten [1]. Histologisch bestehen Ähnlichkeiten zum infundibulozystischen Basalzellkarzinom.
Die Unterscheidung ist ohne Kenntnis des klinischen Befundes schwierig, zumal die
Umwandlung eines basaloiden follikulären Hamartoms in ein Basalzellkarzinom möglich
ist.
Kasuistik
Eine 60-jährige Patientin stellte sich nach vorangegangener ausgedehnter Operation
eines vermeintlichen Basalzellkarzinoms zur Zweitmeinung in unserem Hautkrebszentrum
vor ([Abb. 1]). Bei ihr bestand am rechten Nasenflügel anamnestisch ein kleiner Knoten, der rezidivierend
blutete und mittels Biopsie als Basalzellkarzinom gesichert wurde. Nach der Biopsie
erfolgten in der HNO-Abteilung eines Krankenhauses der Regelversorgung die Erstexzision
und insgesamt 6 Nachexzisionen, wobei die gesamte Nase, große Teile der rechten Wange
und der Oberlippe entfernt wurden. Nach der sechsten Nachexzision kamen Zweifel am
histologischen Befund, insbesondere an der R1-Situation auf und die Präparate wurden
Herrn Dr. Rütten/Dermatopathologie Friedrichshafen zur Mitbegutachtung übersandt,
der den Verdacht auf das Vorliegen eines basaloiden follikullären Hamartoms äußerte.
Abb. 1 Klinisches Bild bei der Erstvorstellung nach erfolgter Resektion und plastischer Rekonstruktion.
Im Zusammenhang mit dem klinischen Befund, der multiple, 1 – 2 mm große, hautfarbene
Papeln zentrofazial und an der Stirn zeigte ([Abb. 2] und [Abb. 3]), konnte klinisch die Diagnose eines basaloiden follikulären Hamartoms bestätigt
werden. Histologisch imponierten die Hamartome wie Reststrukturen des bioptisch diagnostizierten
Basalzellkarzinoms ([Abb. 4]), was zu unnötigen Nachexzisionen führte.
Abb. 2 Multiple Papeln an der Stirn.
Abb. 3 Multiple Papeln in der Nasolabialfalte.
Abb. 4 Histologisches Bild (HE-Färbung) aus dem Schnittrand des Nachresektates.
Diskussion
Das basaloide follikuläre Hamartom wurde erstmals 1969 unter der Bezeichnung „generalisertes
Haarfollikelhamartom“ beschrieben [2]; 1985 benutzten Mehregan und Bake den Begriff „basaloides follikuläres Hamartom“
[3]. Fünf klinische Formen des basaloiden follikulären Hamartoms sind bisher beschrieben:
1. Solitäre oder multiple Papeln; 2. Lokalisierter Plaque mit Alopezie; 3. Lokalisierte
lineäre oder unilaterale Papeln oder Plaques; 4. Generalisierter hereditär-dominanter
Typ ohne weitere assoziierte Erkrankungen; 5. Generalisierte Papeln mit Alopezie und
Myasthenia gravis [4]. Die Entwicklung „echter“ Basalzellkarzinome aus den Hamartomen ist möglich [4]. Genetische Untersuchungen zeigen Mutationen im PTCH1-Gen [5]. Bei unserer Patientin bestanden keine weiteren assoziierten Erkrankungen, jedoch
zeigt die Tochter der Patientin ähnliche klinische Veränderungen, was den Verdacht
auf das Vorliegen einer hereditären Form des basaloiden follikulären Hamartoms nahelegt.
Die genetischen Untersuchungen sind diesbezüglich jedoch noch nicht abgeschlossen.
Im Zusammenhang mit dem anamnestisch bestehenden rezidivierend blutenden Knoten am
linken Nasenflügel ist die Umwandlung eines Hamartoms in ein Basalzellkarzinom an
dieser Stelle denkbar. Die erfolgten Nachexzisionen zeigten dann jeweils Strukturen
des Hamartoms, die fälschlicherweise als Reststrukturen des Basalzellkarzinoms interpretiert
wurden, was zu ausgedehnten Nachexzisionen mit schwieriger Rekonstruktion des Defektes
führte.
Anhand des Falles wird deutlich, wie wichtig es ist, nicht nur die Einzelläsion, sondern
auch die Tumorumgebung zu betrachten. Der Operateur ist in diesem Fall eine wichtige
Schnittstelle für den Pathologen, um die korrekte Diagnose stellen zu können. In Gebieten
ohne ausreichende operative Versorgung von Hauttumoren durch Dermatologen/Dermatochirurgen
erfolgt die Behandlung häufig durch MKG-Chirurgen oder HNO-Ärzte. Daher ist es wichtig,
dass Nicht-Dermatologen, die an der operativen Versorgung dermatologischer Tumoren
beteiligt sind, Kenntnis von diesem Krankheitsbild und weiteren Simulatoren des Basalzellkarzinoms
besitzen, um Patienten mit dieser seltenen Erkrankung vor unnötigen und entstellenden
Operationen zu bewahren.