Einleitung
Prurigo nodularis (PN) ist eine chronische Hauterkrankung mit stark juckenden Papeln
und Nodi an durch den Patienten erreichbaren Hautarealen. Die meist scharf begrenzten
Effloreszenzen sind von unterschiedlicher Akuität von frisch bis narbig abgeheilt.
Das klinische Bild der PN ist vielgestaltig. Es sind zentral zerkratzte und mit einer
Kruste oder einem frischen Granulationsgewebe bedeckte, mäßig erhabene, rote oder
rotbraune Papeln und Erosionen vorhanden. Daneben sind je nach Dauer der Krankheitssymptomatik
weiße oder noch gerötete, seltener hyperpigmentierte Narben in Größe der vorbestandenen
Prurigopapeln eruierbar.
Charakteristisch ist ein punktueller, quälend stechender Juckreiz, der mit einer umschriebenen
und typischen Kratzreaktion (Auslöffeln) beantwortet wird. Nicht selten jedoch entwickeln
sich schwer zu unterbrechende Kratzautomatismen.
Die Pathogenese der PN beruht auf einer Th2-Zell-vermittelten Entzündung. Es ist ein
guter Effekt von Dupilumab auf das Krankheitsbild zu erwarten [1]
[2]
[3], da die Substanz 2 zentrale Zytokine der Th2-Immunantwort inhibiert, indem sie die
Signalübertragung über die Alpha-Kette des Il-4- und IL-13-Rezeptors hemmt.
Patient 1
Anamnese
Ein 33-jähriger Patient mit einem seit dem Kindesalter bestehenden schweren atopischen
Ekzem entwickelte über die Zeit eine ausgeprägte PN trotz intensivierter topischer
Therapie. Aufgrund der Therapieresistenz des atopischen Ekzems mit zunehmender Bildung
von Prurigoknoten waren über die vergangenen 6 Jahre konsekutive Systemtherapien mit
Ciclosporin A, Methotrexat und Cellcept erfolgt, mitunter mit Besserung der Ekzeme,
aber nicht der Prurigoknoten.
Es bestand ein erhöhtes Gesamt-IgE mit 8200 KU/l und ein stark erhöhtes spezifisches
IgE gegen zahlreiche Aeroallergene mit entsprechender klinischer Symptomatik einer
allergischen Rhinokonjunktivitis. Darüber hinaus lag ein Zustand nach mittelgradiger
depressiver Episode vor. Weitere Grunderkrankungen waren nicht bekannt.
Klinischer Ausgangsbefund und Diagnostik
Multiple, massiv exkoriierte Plaques und Nodi im Bereich der Fußrücken, an den Beinen,
am unteren Rücken, an den Armen und Handrücken, siehe [Abb. 1 a – c]. Die Gesichtshaut war erscheinungsfrei; milde Xerosis cutis.
Abb. 1 Patient 1: a Stamm vor Therapiebeginn. b Fußrücken vor Therapiebeginn. c Bein links vor Therapiebeginn.
Erlanger Atopiescore: 18. Juckreiz 7 – 8/10, EASI: 23,8, SCORAD: 58,6, DLQI: 12.
Im mikrobiologischen Abstrichpräparat einer Prurigoläsion zeigte sich massenhaft Staphylococcus
aureus.
Therapie und Verlauf
Bei Zunahme der Prurigoläsionen mit hohem Leidensdruck erfolgte bei bekannter atopischer
Diathese im März 2018 die Indikation zur Einleitung einer Therapie mit Dupilumab entsprechend
der Zulassung mit 2 × 300 mg s. c. Anschließend erfolgte eine Gabe von 300 mg Dupilumab
alle 2 Wochen.
Bereits nach der 2. Gabe nach 2 Wochen zeigte sich eine deutliche Besserung des Hautbefundes
mit sofortigem Sistieren des Pruritus. 3 Monate nach Therapiebeginn war kein erneuter
Juckreiz aufgetreten und der Hautbefund stark gebessert: SCORAD: 14,1; EASI: 0,2.
12 Monate nach Therapiebeginn zeigt sich eine komplette Abheilung des Hautbefundes,
siehe [Abb. 2 a – c]. Auch 24 Monate nach Therapiebeginn ist weiterhin ein erscheinungsfreier Hautbefund
sichtbar. Als mögliche Nebenwirkung trat ein rezidivierender Herpes simplex im Gesichtsbereich
auf. Bei Verlängerung des Injektionsintervalls beschreibt der Patient eine Zunahme
des Juckreizes, sodass bisher kein Auslassversuch initiiert wurde.
Abb. 2 Patient 1: a Stamm 12 Monate nach Therapiebeginn. b Fußrücken 12 Monate nach Therapiebeginn. c Bein links 12 Monate nach Therapiebeginn.
Patient 2
Anamnese
Ein 66-jähriger Patient wurde binnen 3 Monaten 2-malig aufgrund eines massiv ausgeprägten
Leidensdruckes bei schwerer Prurigo nodularis stationär aufgenommen. Die Hautveränderungen
bestanden seit 3 Jahren und alle bisher durchgeführten intensivierten antiinflammatorischen
Lokaltherapien zeigten keine Besserung.
Als Nebendiagnosen waren bekannt: Z. n. Nierenzellkarzinom mit lumbaler Nierenteilresektion
vor 3 Jahren, medikamentös geführter Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Adipositas,
Hyperurikämie, Niereninsuffizienz, Zst. n. Systemic Inflammatory Response Syndrom
(SIRS), Rhinokonjunktivitis allergika und Asthma bronchiale sowie eine Typ I-Sensibilisierung
auf Hausstaubmilben, Roggen, Lieschgras, Birke, Beifuß, Schimmelpilze, Katze und Hundehaare
(Immuno-CAP).
Klinischer Aufnahmebefund und Diagnostik
Es zeigten sich vom Hals abwärts multiple, erythematöse, livide Plaques mit hartem
keratotischem Pfropf v. a. an den leicht erreichbaren Stellen der Arme, Beine und
am Stamm, siehe [Abb. 3 a – c]. Milde Xerosis des gesamten Integuments.
Abb. 3 Patient 2: a Arm rechts vor Therapiebeginn. b Beine vor Therapiebeginn. c Gesäß vor Therapiebeginn.
Juckreiz: 8 – 9/10, Erlanger Atopiescore: 18, Dermatology Life Quality Index (DLQI):
11/30.
Im mikrobiologischen Abstrich einer Prurigoläsion konnte massenhaft Staphylokokkus
aureus nachgewiesen werden.
Harnsäure: 300 µmol/l (unter Therapie mit Allopurinol 300 mg/die); Harnstoff: 14,7 mmol/L;
Kreatinin i. S.: 200 µmol/L; GFR: 29 mL/min/1,73.
Bei ausgeprägten Papeln mit zentralem Hornpfropf erfolgte 2-malig eine Hautbiopsie
zum Ausschluss einer perforierenden Kollagenose. Histologisch zeigte sich eine akanthotische
hyperkeratotische Epidermis mit fokaler Parakeratose sowie eine Spongiose und ein
eosinophilenreiches, oberflächlich perivaskulär akzentuiertes Entzündungszellinfiltrat
im Sinne einer pruriginös-fibrosierenden eosinophilenreichen Dermatitis. Anhalt für
eine perforierende Kollagenose bestand histopathologisch nicht.
Komplikation und Verlauf
Während des 2. stationären Aufenthaltes kam es zu einer deutlichen Reduktion des Allgemeinzustandes
mit Fieber bis 40 °C, Tachykardie und Leukozytose im Sinne eines Systemic Inflammatory
Response Syndrome (SIRS). In 2 abgenommenen Blutkulturen konnte Staphylococcus aureus
nachgewiesen werden. Als Eintrittspforte ist eine exkoriierte Prurigopapel naheliegend.
Nach Einleitung einer intravenösen antibiotischen Therapie mit Flucloxacillin konnte
eine Besserung des Allgemeinzustandes erzielt werden. Nach kompletter Stabilisierung
des Allgemeinzustandes und bei fehlender Besserung der Prurigo-Läsionen durch eine
intensivierte topische Therapie erfolgte im Juni 2018 die Einleitung einer Therapie
mit Dupilumab 600 mg s. c. Anschließend erfolgte eine Fortsetzungstherapie mit 300 mg
alle 2 Wochen. Der Patient berichtete über einen raschen Rückgang der Juckreizsymptomatik
(Pruritus 2/10 auf der visuellen Analogskala, VAS) nach den ersten Injektionen und
kein Auftreten von neuen Prurigoknoten. Nach 3 Monaten zeigte sich bereits eine deutliche
Besserung der Läsionen am Stamm und an den Extremitäten mit Zunahme von hypo- und
hyperpigmentierten Narben, siehe [Abb. 4 a – c]. Die vorbekannte Niereninsuffizienz zeigte stabile Werte. Aktuell, 20 Monate nach
Beginn der Therapie, wird weiterhin ein stabiler Befund beschrieben, Nebenwirkungen
traten nicht auf.
Abb. 4 Patient 2: a Arm 3 Monate nach Therapiebeginn. b Beine 3 Monate nach Therapiebeginn. c Gesäß 3 Monate nach Therapiebeginn.
Diskussion
Bei PN liegt eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität vor, dennoch sind bisher
keine systemischen Therapieoptionen zugelassen. Bei unseren beiden vorgestellten Patienten
mit PN zeigt sich die Therapie mit Dupilumab langfristig sehr effektiv und nebenwirkungsarm.
Der quälende Juckreiz war bei beiden Patienten bereits nach wenigen Injektionen trotz
zuvor jahrelangem Bestehen der PN deutlich gebessert. Auch bei Multimorbidität und
Z. n. SIRS wie im 2 Fallbericht geschildert, konnte eine stabile Besserung erzielt
werden und die Gefahr einer durch Hautläsionen begünstigten erneuten Sepsis wurde
reduziert.
Ähnliche Ergebnisse von Dupilumab auf PN zeigen verschiedene Fallberichte. In einer
Fallserie mit 11 Patienten mit PN-artigem Phänotyp einer atopischen Dermatitis zeigte
sich eine Reduktion des Juckreizes bereits 4 Wochen nach Therapiebeginn. Alle Patienten
profitierten von der Therapie mit Dupilumab, und es traten keine neuen Hautläsionen
auf [4]. Auch in einer großen Serie mit 90 Patienten mit PN als Phänotyp einer atopischen
Dermatitis konnte eine signifikante Besserung des EASI, DLQI und des Pruritus auf
der VAS nachgewiesen werden [5]. Bei weiteren 3 Patienten mit PN mit atopischer Prädisposition zeigte sich ein Therapieansprechen
innerhalb von 2 bis 8 Wochen nach Therapiebeginn mit Dupilumab [6]. Auch bei älteren Patienten mit PN konnte der Effekt der deutlichen Befundbesserung
ohne das Auftreten von Nebenwirkungen gezeigt werden [7].
In der Pathogenese der PN scheinen Th2-Lymphozyten eine wichtige Rolle zu spielen,
da erhöhte Werte von STAT6 als Marker für IL-4, IL-5 und IL-13 in der Epidermis von
PN nachgewiesen wurden. Insbesondere IL-4 und IL-13 scheinen eine Schlüsselfunktion
in der Entstehung von Pruritus darzustellen [1]. Die Dupilumab induzierte Inhibition der Th2-Immunantwort scheint somit die wesentliche
Grundlage für die Abheilung der PN darzustellen.
Inwieweit Dupilumab in der Therapie der PN auch ohne das Bestehen einer atopischen
Diathese eine effektive Therapieoption darstellt, bleibt abzuwarten. Allerdings zeigte
sich in einer Fallserie mit 16 Patienten mit atopischer und nicht-atopischer PN kein
Unterschied im Therapieansprechen [3]. Auch bei 3 weiteren Patienten mit PN ohne das Bestehen einer atopischen Dermatitis
konnte partiell eine Besserung der PN erzielt werden [8].
Die aktuellen Daten zeigen somit, dass Dupilumab eine nebenwirkungsarme und effektive
Therapie bei PN darstellt. Größere randomisierte und kontrollierte Studien mit Erhebung
validierter Outcomes sind erforderlich, um genaue Aussagen treffen zu können.