Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift 2020; 15(04): 40-45
DOI: 10.1055/a-1143-1756
Praxis
Therapie
© Karl F. Haug Verlag in Georg Thieme Verlag KG

“Ich fühle, dass ich da bin“

Marie Wortberg
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Publication Date:
05 July 2020 (online)

 

Summary

Menschen mit Traumaerfahrungen fällt es zu Beginn einer Therapie oft schwer, sich bezüglich ihres Traumas zu öffnen, weshalb in der Therapie zunächst ein Vertrauensverhältnis geschaffen wird. Im Fall von Johanna B. haben Traumaerfahrungen aus ihrer Kindheit eine Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (K-PTBS) mit dissoziativen Symptomen und Angststörungen ausgelöst. In der Therapie mit Patienten mit Traumaerfahrungen können Körperspürübungen, individuell gemischte spagyrische Mittel und Gemmotherapeutika die traumatherapeutische Begleitung unterstützen.


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Wie Spagyrik, Knospenmittel und Körperspürübungen bei TRAUMATHERAPEUTISCHER BEGLEITUNG eingesetzt werden können.

Kurz Gefasst
  1. Menschen mit Traumaerfahrungen fällt es zu Beginn einer Therapie oft schwer, sich bezüglich ihres Traumas zu öffnen, weshalb in der Therapie zunächst ein Vertrauensverhältnis geschaffen wird.

  2. Im Fall von Johanna B. haben Traumaerfahrungen aus ihrer Kindheit eine Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (K-PTBS) mit dissoziativen Symptomen und Angststörungen ausgelöst.

  3. In der Therapie mit Patienten mit Traumaerfahrungen können Körperspürübungen, individuell gemischte spagyrische Mittel und Gemmotherapeutika die traumatherapeutische Begleitung unterstützen.

Johanna B. (Name von der Redaktion geändert) meldet sich per E-Mail, um einen Termin zur Craniosacraltherapie in meiner Praxis zu vereinbaren. Sie schreibt, dass sie bereits eine Traumatherapie gemacht habe, die ihr auch sehr geholfen hatte. Dennoch gebe es Dinge in ihrem Leben, die sie gerne verändern würde, was ihr jedoch nicht gelinge. Dazu gehöre auch ihre Körperwahrnehmung. Sie habe vor vielen Dingen Angst. Außerdem formuliert sie, dass sie schon einige Versuche in Gruppen für beispielsweise Selbsterfahrung oder Entspannung unternommen habe, wobei das für sie katastrophal war, da sie dieser Art von Übungen nicht gewachsen sei. Das sei ihr immer zu viel, zu nah, zu bedrängend und zu intensiv gewesen.

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Abb. 1 Symbolbild. Quelle: Kirsten Oborny, Thieme Gruppe

Ich antworte Johanna B. per E-Mail, dass sie in meiner Praxis willkommen sei, und lade sie zu einem Erstgespräch ein, in dem sie mich und meine therapeutische Arbeit kennenlernen könne. Sie nimmt den vorgeschlagenen Termin per E-Mail an. So biete ich ihr einen niedrigschwelligen Kontaktbeginn. Für mich habe ich innerlich geprüft, ob ich mich auf die intensive Arbeit in dieser Traumabegleitung einlassen kann.

Die Art der ersten Kontaktaufnahme eines Patienten kann schon über das Geschriebene oder Gesagte hinaus Aufschluss über die Konflikte geben, die derjenige in sich trägt. Menschen mit Traumaerfahrungen fällt beispielsweise der E-Mail-Kontakt als Anfrage mit selbstgewählten Worten in der Regel leichter als eine Anfrage per Telefon. Denn Nachfragen am Telefon könnten irritieren oder sprachlos und hilflos machen. Von den traumatischen Erfahrungen selbst erzählen jedoch viele Patienten erst später mit zunehmendem Vertrauen oder auf Nachfrage. So auch Johanna B.

Erster Termin mit Johanna B.

Im Erstgespräch in meiner Praxis erfahre ich von Johanna B., dass sie Freude an ihrer Arbeit als Lehrerin hat, auch wenn diese sehr anstrengend für die 45-Jährige ist. Sie ist alleinstehend, hat zwei Freundinnen. Auf Fragen nach Beschwerden, Erkrankungen und Medikamenteneinnahme erzählt sie mit knappen Worten, dass sie Medikamente wegen einer chronischen Autoimmunerkrankung nehme. Sie kann auf meine Nachfrage benennen, dass sie traumatische Erfahrungen durch ihren Vater erlebt hat. Die ambulante Psychodynamische Imaginative Traumatherapie (PITT nach L. Reddemann, siehe S. 70) habe ihr vor fünf Jahren geholfen, sich durch innere Bilder besser zu beruhigen, wenn ihr Menschen zu nah kommen. Wir vereinbaren, dass wir mit Gesprächen und Selbsthilfeübungen alle 14 Tage beginnen – schrittweise, vertrauensbildend und in der therapeutischen Beziehung aufmerksam sowie Sicherheit gebend. Damit könne sie Erfahrungen mit Entspannung und Ruhe erleben.

Ich schlage ihr vor, zusammen eine Körperspürübung („Orientierung in acht Richtungen“, siehe S. 47) im Sitzen auszuprobieren. Ziel ist, sich im Hier und Jetzt zu orientieren und den eigenen sicheren Raum zu erfahren, ohne tiefer in einzelne Körperempfindungen zu gehen. Johanna B. kann diese Übung mitmachen, die Anspannung wird etwas weniger. Spontan sagt sie, dass sie es zu Hause auf dem Sofa ausprobieren möchte. Sie bestätigt, dass ihr Sofa ein guter Ort für sie sei.

Belastungen sind spürbar

Im diesem Erstgespräch mit Johanna B. ist für mich intuitiv viel Schweres und Belastendes spürbar. Es fällt Johanna B. schwer, Blickkontakt aufzunehmen und von sich zu erzählen. Es gibt immer wieder merkliches Stocken wie ein inneres Um-Erlaubnis- Fragen. Das erinnert an ein eingeschüchtertes Kind, das unter Druck steht. Ich nehme die Hinweise auf Dissoziation wahr: Als ich nach den Eltern frage, hält sie inne, der Blick verschwimmt. Ich spreche sie mit Namen an und ermutige sie, tief durchzuatmen und so zu antworten, wie es für sie jetzt passt, sei es auch durch ein Nicken. Sie erlaubt sich, sich für die Antwort Zeit zu nehmen. Der Vater ist verstorben, die Mutter lebt im Pflegeheim, der Bruder lebt mit seiner Familie in Süddeutschland.

Johanna B. wirkt sehr zurückhaltend und unsicher im Kontakt, jedoch aufmerksam, nicht verzweifelt, depressiv oder suizidal. So kann ich mich auf einen verantwortlichen therapeutischen Prozess einlassen, es geht nicht um Krisenintervention. Ihr Umgang mit Eigenverantwortung und das vorhandene psychosoziale Netz entlasten mich als ambulant tätige Therapeutin. Meine Vergewisserung, dass es keine destabilisierenden Täterkontakte mehr gibt, macht die vereinbarte therapeutische Arbeit möglich.


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Was ist im Erstgespräch wichtig?

Im ersten Kontakt frage ich vorsichtig nach Traumaerfahrungen. Es ist hilfreich für den therapeutischen Prozess, wenn diese benannt sind, ohne sie ausführlich zu schildern. Weitere Schilderungen stoppe ich und erkläre, dass wir in Ruhe vorgehen, damit wir einen sicheren Raum entwickeln können. Menschen mit Traumaerfahrungen kostet der erste Kontakt, von sich zu erzählen, oft Mut und Überwindung. Ich achte auf versteckte Andeutungen, zum Beispiel eine Atempause bei Schlüsselworten wie „Vater“, auch wenn ich hierzu erst später nachfrage. Das langsame, aufmerksame Vorgehen fördert im therapeutischen Kontakt die Vertrauensbildung, den sicheren Raum in der Therapie. So erkläre ich stets, dass ein Kopfschütteln für mich auch eine Antwort ist und dass ich alles gefragt werden kann – keine Frage wäre zu peinlich oder zu dumm. Ich erkläre, dass ich versuche möglichst klar und authentisch zu fragen und zu antworten. Ich mache also nur kurz eine Anamnese, lieber frage ich ausführlicher in der nächsten Sitzung nach. Auch diagnostische Berührungen im Rahmen der Craniosacraltherapie verschiebe ich, wenn der Patient erst für sich Sicherheit auf seinem Sessel entwickeln muss – ohne Berührung durch mich.


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Erste Ängste von Johanna B. können sich lösen

Wir beginnen auch die folgenden Therapiesitzungen mit der Orientierungsübung im Sitzen. Danach kann sie leichter Blickkontakt aufnehmen und über das sprechen, was sie bewegt.

In der zweiten Therapiesitzung berichtet Johanna B., dass sie wegen akuter Wechseljahresbeschwerden einen Arztbesuch schon lange vor sich herschiebe. Sie habe Angst und Scham, weil sie weiß, dass sie bei Arztuntersuchungen völlig hilflos reagiert: Sie versteht die Untersuchungsfragen nicht, wird stumm und starr wie kurz vor einer Ohnmacht. Dies sei ihr furchtbar peinlich. Dies sei schon als Kind so gewesen, sie wisse nicht warum. Ich wiederhole: „Ja schon als Kind haben Sie Situationen erlebt, wo sie stumm und hilflos reagiert haben“. Mit Nicken kann sie mir zustimmen, ohne weitere Erklärungen geben zu müssen. Um sich zu trauen und sicherer zu werden, erarbeiten wir in mehreren Sitzungen, wie sie sich beruhigen kann. Die freundliche Selbstberührung an der Schulter als Körperspürübung (siehe S. 47) hilft ihr in unseren Kontakten und später zu Hause, sich präsenter als erwachsener Mensch zu fühlen.

Ich rezeptiere über eine Fachapotheke das spagyrische Komplexmittel "Sicherheit außen-innen" (siehe Abschnitt "Sicherheit"). Die Apotheke versendet die Mischung direkt an Johanna B. Sie empfindet das Mittel als wohltuend. Als Vergewisserung, dass ich sie verbindlich unterstütze, biete ich ihr an, mir vor und nach dem Arztbesuch per E-Mail zu schreiben. So gestärkt traut sie sich nach zwei Sitzungen, diesen belastenden, notwendigen Arztbesuch zu bestehen. Danach kann sie benennen, dass sie als dreijähriges Kind mit Verletzungen nach Übergriffen des Vaters eine schreckliche irritierende Zeit im Krankenhaus mit vielen Untersuchungen und Medikamenten erlebt hat. Mehr darüber sprechen kann sie noch nicht.


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Weiterer Behandlungsverlauf von Johanna B.

In der dritten Therapiesitzung kann Johanna B. ihr dissoziierendes „Aus-dem-Körper-Gehen“ bei belastenden Fragen und insbesondere bei Arztbesuchen mit mir gemeinsam vorsichtig angehen. Wir üben die Selbstberührung an der Schulter als Möglichkeit, mehr bei sich zu sein. Sie berichtet von der inneren strengen, zurechtweisenden Stimme, die ihr sagt „Du darfst nichts erzählen … du bist dumm … das ist peinlich …“. In der Erleichterung, dass ich sie verstehe, kann sie dieser Stimme einen Namen geben: „die tyrannische Frau Rottenmeier“ nach dem Buch von Heidi und dem Alp-Öhi aus dem Jahre 1880 von Johanna Spyri.

In der vierten Therapiesitzung fragt sie mich, ob sie mir zwei Bilder zeigen kann, welche sie am Wochenende spontan gemalt hat: „die strenge Frau Rottenmeier“ und „Hand berührt Schulter“. Die Zeichnungen bewahre ich auf ihre Bitte in meinem Therapieschrank in der Praxis auf, zu Hause würden sie sie belasten.

Anamnese Stück für Stück vervollständigt

Mit diesen vertrauensbildenden ersten Therapiegesprächen kann ich die Anamnese vervollständigen: Johanna B. kann ihren Lebensalltag und ihre Arbeit mit viel Anstrengung bewältigen. Die sexuelle Gewalt durch den Vater vom zweiten bis zum dreizehnten Lebensjahr belastet und erschwert ihr Leben. Sie hat keine Dissoziative Identitätsstörung, keine Halluzinationen und keine akute Gesundheitsgefährdung.

Als Diagnose entsprechend der Differenzialdiagnostik zu Traumastörungen nach ICD-10 und ICD-11 formuliere ich: Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (K-PTBS, siehe S. 16) mit dissoziativen Symptomen und Angststörungen.

Konkrete Einzelheiten ihrer Traumatisierung und dramatische oder intime Symptome beschreibe ich nicht, um mich und Lesende nicht zu belasten; dies auch im Sinne eines achtsamen Umgangs mit Sekundärer Traumatisierung (siehe S. 15).

Die Traumafolgestörungen von Johanna B. umfassen viele der Symptombeschreibungen der K-PTBS in der neuen ICD-11:

  • ängstliche Gefühle und innere Verbotsstimmen über sich, über Körpervorgänge, über Gefühle zu sprechen

  • dissoziatives inneres Weggehen, heftige Unruhe bis Erstarren bei gefühlter Bedrohung

  • heftige Gefühle von Scham, Ekel, Selbstwertlosigkeit, Zeiten von innerer Aggression und Unruhe

  • Angst und Abwehr vor Berührung bis zur Erstarrung und Ohnmacht vor medizinischen Untersuchungssituationen

  • unklare bis keine Körperwahrnehmung, Ausblenden von Wissen über Körpervorgänge

  • sich geschlechtslos erleben in Kleidung und Bewegung

  • Schwierigkeiten, sich auf Menschen zu verlassen

Für Johanna B. und mich ist für den weiteren Prozess wichtig, ihre Ressourcen gemeinsam herauszufinden, immer wieder zu benennen und wertzuschätzen. Denn sie erlebt sich als minderwertig, eklig und wertlos. Mittlerweile sagt sie mit einem kleinen Schmunzeln zu sich: „Ich bin eine erwachsene Frau mit Führerschein, Mietvertrag und Humor.“

Als wichtige Ressourcen kann sie mittlerweile benennen:

  • wissbegierig, neugierig und humorvoll im Studium und Beruf

  • Radfahren, Wandern und Lesen von Biografien und Museumsbesuche in der Freizeit

  • Malen in Kursen oder für sich

  • Reisen mit einer vertrauten Freundin, Besuche beim Bruder mit Familie


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An aktuellem Erleben arbeiten

In den folgenden Monaten geht es in der Behandlung von Johanna B. noch nicht um die therapeutische Arbeit mit den traumatischen Kindheitserinnerungen im Sinne einer Traumaexposition. Wir arbeiten an ihrem aktuellen Erleben. Dazu gehört der plötzliche Tod ihrer pflegebedürftigen Mutter ein halbes Jahr nach Therapiebeginn. Die Trauer löst zwiespältige Gefühle von Abschied, Erleichterung und Schuld in ihr aus. Bei der Wohnungsauflösung holen sie belastende Kindheitserinnerung ein. Wir erarbeiten, dass in eine Kiste alle Papiere, Fotoalben und Andenken kommen, die Beunruhigung auslösen und die sie jetzt noch nicht anrühren kann.

Wichtig ist die Unterstützung für weitere notwendige Arztbesuche. In den Therapiestunden arbeitet Johanna B. an ihrer Körperwahrnehmung und dem Umgang mit angenehmen und unangenehmen sowie beunruhigenden Gefühlen. So stürzt im Behandlungsverlauf eine allgemeine schriftliche Einladung zu einer Vorsorgeuntersuchung sie in Panik und Angst. Sie braucht die Therapiestunde, um sich zu erlauben, selbst zu entscheiden, dass sie diese Untersuchung nicht möchte.

Für sie bedeutsam und entlastend sind die Körperspürübungen, auch um sich selbst zu beruhigen. Unter meiner Anleitung probiert sie langsames, achtsames Gehen aus. Dies bereitet ihr im Urlaub beim Barfußgehen am Strand große Freude. Sie spürt, wie sie leichter und beschwingter gehen kann.

In den therapeutischen Gesprächen stellt sie sich aktuellen Gefühlen von Verunsicherung, Scham, Abwehr und Wertlosigkeit. Mit Unterstützung kann sie diese wahrnehmen und sich in therapeutischen Kontakt sowie durch die Selbsthilfeübungen beruhigen. In ihrer Sorge, sich nicht auf andere verlassen zu können, vergewissert sie sich immer wieder, dass ich nicht plötzlich weg bin oder den Kontakt abbreche. Sie kann ihre kindliche Angst vor dem Verlassenwerden wiedererkennen und mit mir aufarbeiten, was ihr Sicherheit gibt. Regelmäßig malt sie zu ihrem Erleben – die Bilder werden farbiger und stärker körperlich.


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„Ich bestimme.“

Diese Fortschritte machen Johanna B. Mut, auch im Alltag Erfahrungen zu machen und dabei nicht von belastenden Gefühlen überwältigt zu werden. Anstelle dessen fühlt sie sich selbstwirksam lebendiger. Sie drückt hierzu aus: „Ich fühle, dass ich da bin, dass mein Körper zu mir gehört. Ich bestimme.“

In der akuten Corona-Pandemie erlebt sie mit der sozialen Isolierung zu Hause und durch das Tragen einer Atemschutzmaske Flashbacks zu der frühen traumatischen Erfahrung „ein Kissen wird auf meinen Kopf gedrückt“. In der therapeutischen Traumaexposition mit genauerem Erzählen und Sich-Regulieren durch die Körperspürübungen gelingt Erleichterung für sie. Es folgen weitere entlastende Traumaexpositionen. Sie kann nun die Atemschutzmaske mit ruhigeren Gefühlen tragen. Für die spagyrische Begleitung in der Zeit der Traumaexposition lasse ich ein Mittel mit folgenden Anteilen (50 ml in einer Glasflasche mit Sprühkopf) zusammenstellen, um sie zusätzlich zu entlasten: Je 9 Anteile Geranium robertianum, Bellis perennis, Symphytum, Staphisagria, Rosa damascena und 5 Anteile Argentum colloidale (siehe Abschnitt „Entlastung“).

Zusätzlich nimmt sie wegen ihrer Alpträume abends und zur Nacht das Knospenmittel der Silberlinde (siehe Abschnitt „Gemmotherapie bei besonderer Belastung“).


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Spagyrische Mittel: Sicherheit und Entlastung

Spagyrische Mittel sind alkoholische Pflanzenzubereitungen, die in der Regel tropfenweise eingenommen oder auf die Mundschleimhaut gesprüht werden. Man kann einzelne Wirkprofile eines Mittels nutzen oder spezielle Komplexmittel verwenden, die entsprechende Apotheken nach eigenem Rezept zusammenstellen.

Sicherheit

Im spagyrischen Komplexmittel, das ich „Sicherheit außen-innen“ nenne, sind in 30 ml zu gleichen Teilen 14 spagyrische Mittel enthalten (Einzelmittel Fa. Phylak). Mit einigen Schlüsselwörtern zu den Einzelmitteln lässt sich das Mittel charakterisieren: Chelidonium majus – Befreiung und Erneuerung; Iris – weiter sehen; Thuja occidentalis – Leben, Kraft, Vertrauen; Rauwolfia – einen dritten Weg finden; Okoubaka – Entgiftung, Befreiung; Euphrasia – Sehen und Erkennen; Nux vomica – zurück zur Ruhe; Sambuccus nigra – Befreiung von vergangenen Belastungen; Viola tricolor – Klärung, Verständnis; Sabal serrulatum – neuer Horizont; Aralia racemosa – Atem, Inspiration; Ruta gravolens – Erneuerung; Piper methysticum – Schutz und Beruhigung und Pilocarpus – Zentralnervensystem.

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Abb. 2 Die Knospen der Silberlinde (Tilia tomentosa) können als gemmotherapeutisches Mittel bei Unruhe, Angst und Spannung helfen. Quelle: Stern C. Gemmotherapie. Stuttgart: Haug; 2019
TABELLE 1

Spagyrische Mischung bei psychischen Folgen von Traumata

10

Citrus aurantium (psy-chische Verletzungen überwinden)

Vanilla (Gefühlen vertrauen), Zin-giber (Vertrauen und Sicherheit im Leben)

5

Ferrum sidereum (eige-nes Potential erkennen)

Argentum colloidale (Mut entwi-ckeln)

10

Hypericum (auf Schock und Verletzung ruhig reagieren)

Verbena (Gefühlsverletzungen lösen), Bellis perennis (sexuelle Übergriffe im Kindesalter gut ver-arbeiten), Symphytum (alte Ver-letzungen überwinden und nach vorne schauen), Geranium rober-tianum (Folgen von Schock und Traumatisierung überwinden)

5

Natrium chloratum (alte Lasten abwerfen)

 

10

Rosa damascena (ler-nen, sich der Welt der Gefühle wieder zu öff-nen)

 

10

Staphisagria (bei Folgen von Traumatisierung im Kindesalter)

Ledum (alte Verletzungen über-winden), Gelsemium (innere Sta-bilität), Aconitum (bei Angstblo-ckaden nach Schock), Arnica (sich mutig den Risiken des Lebens stellen)

Die Einnahme ist zu Beginn über eine Woche mit 3 × tgl. 3–7 Tr. empfehlenswert, später dann nach Bedarf und Absprache mehr oder weniger, gegebenenfalls über mehrere Wochen.


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Entlastung

Zur Entlastung bei schwierigen Verhaltensmustern und schweren Erinnerungen kann meine Zusammenstellung „Entlastung – Loslassen“ (Einzelmittel Fa. Phylak) helfen, die ich ebenfalls über eine Fachapotheke rezeptiere. In 30 ml sind zu gleichen Teilen 6 Einzelmittel enthalten. Auch hier lässt sich das Mittel mit einigen Schlüsselwörtern zu den Einzelmitteln charakterisieren: Iris – weiter sehen; Convallaria majalis – Öffnung zum Leben; Malva sylvestris – Mobilisierung; Nicotiana tabacum – sich den Schwierigkeiten von außen stellen; Chelidonium majus – Befreiung und Erneuerung und Tilia tomentosa – Ängstlichkeit lösen, Vertrauen.

Die Einnahme erfolgt zu Beginn über eine Woche mit 3 × tgl. 3 Tr., dann nach Bedarf und Absprache die Tropfenzahl anpassen.

Zur langfristigen Begleitung bei Menschen, die sich von den Traumafolgen psychisch sehr belastet fühlen, hat sich für mich eine weitere Rezeptur bewährt [[1]]. In Tabelle 1 sind pflanzliche und mineralische Spagyrikzubereitungen zusammengefasst, aus denen ich individuell ein Mittel zusammenstelle (Einzelmittel Fa. Heidak). Dieses bereitet wiederum eine Fachapotheke zu und verschickt es direkt an Patienten. Einzelne enthaltene Mittel können je nach Bedarf individuell ausgetauscht werden. Die charakterisierenden Schlüsselwörter beziehen sich auf das Thema Traumatisierung.

In der Auswahl der Mittel aus der Tabelle richte ich mich nach den Charakteristika, nach meinen Erfahrungen sowie nach den biografischen Themen und Anliegen. Einnahmeempfehlung: 3 × tgl. 2 Hübe auf die Mundschleimhaut über mehrere Wochen.


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Gemmotherapie bei besonderer Belastung

Die Knospenmittel aus der Gemmotherapie sind in meiner Erfahrung eine unkomplizierte Unterstützung – auch für Menschen, die in ihre Lebensgeschichte schon viele Medikamente eingenommen haben. Die Knospenmittel können in der Regel begleitend zu anderen Medikamenten genommen werden. Die Einnahme ist einfach: aus der Flasche mit Sprühkopf auf die Mundschleimhaut sprühen. Das unterstützt eine gute Aufnahme in den Blutkreislauf. Empfehlenswert ist ein zeitlicher Abstand zu Essen und Trinken.

Das Mittel der Wahl bei Unruhe, Angst und Spannung ist das Knospenmittel der Silberlinde (Tilia tomentosa). Diese Knospe wirkt seelentröstend. Einnahmeempfehlung: 3- bis 6-mal tgl. 2 Hübe.

Bei Ängstlichkeit und psychosomatischen Beschwerden ist das Knospenmittel der Feige (Ficus carica) – die Knospe zur Entspanntheit – eine gute Ergänzung zur Silberlinde. Empfehlenswert sind dann jeweils morgens und mittags 2 Hübe des Knospenmittels Feige, abends und zur Nacht jeweils 2 Hübe des Knospenmittel Silberlinde.

Bei starken Stressbelastungen und Erschöpfung empfehle ich zur Anregung und Stressresistenz morgens und mittags das Knospenmittel des Mammutbaums (Sequoia gigantea), jeweils 2 Hübe. Und abends und zur Nacht das Knospenmittel der Silberlinde jeweils 2 Hübe.

Verwendet man Knospenmittel als Tropfen zur oralen Einnahme, passt man die Dosis entsprechend an.


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Schritt für Schritt bergauf für Johanna B.

In den nächsten Monaten, wenn sie sich stabiler fühlt, möchte sie mit meiner Hilfe die alte Strafprozessakte ihres Vaters zu ihren Verletzungen als Zweijährige lesen. Sie sagt hierzu: „Ich hatte gehofft, die Erinnerungen hören einfach auf; doch ich glaube jetzt, dass ich damit wachse!“

Sie möchte außerdem an einer Feldenkrais-Gruppe teilnehmen und sich auf meiner Behandlungsliege bei einer craniosacraltherapeutischen Behandlung entspannen können.

Ich bin froh, dass Johanna B. unsere therapeutische Beziehung und die Prozessarbeit so konstruktiv nutzen kann. Und ich weiß, dass die verbindliche Therapie ein weiteres Jahr braucht.

Dieser Artikel ist online zu finden:
http://dx.doi.org/10.1055/a-1143-1756


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HP Marie Wortberg

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Marie Wortberg ist Diplom-Psychologin, Supervisorin und Heilpraktikerin mit dem Schwerpunkt Craniosacraltherapie. 25 Jahre hat sie mit psychisch erkrankten und beeinträchtigen Menschen als Psychologin gearbeitet. Craniosacraltherapie als heilsamer Zugang zu Menschen hat vor 15 Jahren dazu geführt, dass sie sich als Heilpraktikerin niederließ. In Ihrer Heilpraxis verbindet sie craniosacrale Berührung und Pflanzenmedizin, insbesondere Spagyrik, mit ihrem psychotherapeutischen Wissen und ihrer Erfahrung.


E-Mail: marie.wortberg@web.de


Internet : www.heilpraxis-wortberg.de

No conflict of interest has been declared by the author(s).

  • Verwendete Literatur

  • 1 Fritschi J, Meier M. Spagyrik-Kompendium. CH-Küttingen: Naturana Drogerien AG; 2017

  • Verwendete Literatur

  • 1 Fritschi J, Meier M. Spagyrik-Kompendium. CH-Küttingen: Naturana Drogerien AG; 2017

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Abb. 1 Symbolbild. Quelle: Kirsten Oborny, Thieme Gruppe
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Abb. 2 Die Knospen der Silberlinde (Tilia tomentosa) können als gemmotherapeutisches Mittel bei Unruhe, Angst und Spannung helfen. Quelle: Stern C. Gemmotherapie. Stuttgart: Haug; 2019