Berlin – Schwere Verläufe der COVID-19-Erkrankung gehen mit einer Lungenentzündung
einher. Symptome wie Fieber, starker Husten und häufig auch Luftnot kennzeichnen die
Infektion. Doch wie lässt sich schnell und sicher erkennen, ob eine Pneumonie oder
eine andere Lungenerkrankung vorliegt? Gibt es möglicherweise Hinweise darauf, dass
es sich um eine Infektion mit dem Coronavirus handelt? Wie entwickelt sich die Erkrankung
im weiteren Verlauf einer stationären Behandlung? Nach Ansicht der Experten der Deutschen
Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e. V. (DEGUM) ist für diese Fragestellungen
ein Lungenultraschall ideal geeignet. Die Thoraxsonografie ist schnell und direkt
am Krankenbett einsetzbar sowie beliebig oft wiederholbar. Da nur 1 Arzt die Diagnostik
durchführt, werden zudem Kontakte zwischen Patienten und Klinikpersonal stark reduziert.
„Ein Point-of Care-Ultraschall – PoCUS – der Lunge ist ein sehr wertvolles und effektives
Instrument, um den Zustand der Lunge eines Patienten schnell und sicher einzuschätzen“,
sagt Professor Dr. med. Josef Menzel, Direktor der Medizinischen Klinik II am Klinikum
Ingolstadt und Neupräsident der DEGUM. Neben den überall verfügbaren Ultraschallsystemen
eignen sich portable Geräte, die leicht zu desinfizieren sind, hierfür besonders.
So können die Anwender Ultraschall direkt am Krankenbett einsetzen, ohne den Patienten
verlegen zu müssen. Auch die hygienischen Voraussetzungen bleiben gewahrt, da die
kleinen tragbaren Geräte für die Untersuchung in Tüten verpackt werden können. „Der
Vorteil an diesem Verfahren ist, dass der gleiche Arzt, der den Patienten aufgenommen
hat, auch die Sonografie am Bett durchführen kann – das führt zu einer erheblichen
Reduzierung weiterer Kontaktpersonen“, hebt Menzel hervor.
Der Standard sieht vor, dass Patienten mit Verdacht auf COVID-19-Pneumonie im Röntgen
oder im CT untersucht werden. Zusammen mit dem klinischen Bild des Patienten könne
der Ultraschall jedoch Weichen stellen, ob eine weitere bildgebende Untersuchung unverzüglich
erfolgen muss oder erst im Verlauf der Behandlung eingesetzt werden kann, erklärt
Menzel. „Bedenkt man, wie lange ein Patient in einer Notaufnahme auf eine Röntgen-
oder CT-Untersuchung warten muss, so liegt auch der Zeitvorteil des Ultraschalls klar
auf der Hand.“ Auch während der stationären Behandlung werden wiederholt Röntgen-Thorax-Aufnahmen
durchgeführt. Hier könne die Lungensonografie morphologische Veränderungen in der
Lunge einfach, schnell und sicher feststellen oder auch ausschließen – und so im Einzelfall
die Frequenz der Röntgen-Untersuchungen reduzieren.
Zum Einsatz des PoCUS-Lungenultraschalls bei COVID-19-Patienten gibt es bereits erste
Publikationen aus China und Italien. „Wir erhalten mithilfe der Thoraxsonografie zwar
keinen abschließenden Beweis für eine COVID-19-Pneumonie, es gibt aber klar erkennbare
Muster, die für eine Viruspneumonie sprechen. Diese typischen Veränderungen des Lungenbildes
erlauben auch eine Verlaufsbeurteilung“, erläutert Dr. Alexander Heinzmann, Leitender
Oberarzt am Klinikum am Steinenberg in Reutlingen und Leiter des Arbeitskreises Thoraxsonografie
der DEGUM. „Die DEGUM plant gerade eine Sammlung typischer Bildbefunde, die die Kolleginnen
und Kollegen demnächst auf der Homepage der DEGUM einsehen und als Orientierungshilfe
nutzen können“, ergänzt Menzel.
„Bei Patienten mit respiratorischer Insuffizienz sowie dem Verdacht auf eine Lungenentzündung
sollte immer sofort ein Lungenultraschall durchgeführt werden“, so das Fazit von Heinzmann.
Ultraschall ist frei von Strahlung, schnell, günstig und sicher – und gehört in diesen
Zeiten in jede Notaufnahme und auf jede Intensivstation, so die Experten abschließend.
Weiterführende Informationen:
Buonsenso D et al. Point-of-Care Lung Ultrasound findings in novel coronavirus disease-19
pnemoniae: a case report and potential applications during COVID-19 outbreak. Eur
Rev Med Pharmacol Sci. 2020 Mar; 24:2776-2780
Qian‑Yi Peng et al. Findings of lung ultrasonography of novel corona virus pneumonia
during the 2019–2020 epidemic. Intensive Care Med. 2020 May; 46:849-850. doi: 10.1007/s00134-020-05996-6.
Epub 2020 Mar 12.