Berlin – Schwangere machen sich nicht nur Sorgen um ihre eigene Gesundheit, sondern
vor allem um die ihres ungeborenen Kindes. Während der Corona-Pandemie sind diese
Bedenken besonders groß. Doch nach der jetzigen – allerdings noch recht dünnen – Datenlage
spricht wenig dafür, dass gesunde werdende Mütter und ihre Föten durch das Virus gefährdeter
sind als die allgemeine Bevölkerung, darauf macht die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall
in der Medizin e. V. (DEGUM) aufmerksam. Um potenzielle Risikofaktoren für Mutter
und Kind rechtzeitig zu erkennen, rät die DEGUM dazu – während der Corona-Pandemie
ebenso wie generell – Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig wahrzunehmen. Dies gilt vor
allem für die feindiagnostischen Ultraschallkontrollen. Da sich der behandelnde Arzt
und die Schwangere bei diesen Untersuchungen sehr nahe gegenübersitzen, sollten besondere
Hygiene- und Schutzmaßnahmen gelten.
Die bisherige Datenlage von COVID-19-erkrankten Schwangeren, Entbundenen und Neugeborenen
ist noch dünn. Diesen Erkenntnissen zufolge gehören gesunde Schwangere nicht zu einer
besonderen COVID-19-Risikogruppe, denn lebensbedrohlich ist das Virus vor allem für
gesundheitlich vorbelastete und für ältere Menschen. Zudem sind Männer häufiger betroffen
als Frauen. Doch das Virus kann – ebenso wie andere Virusinfektionen – Auswirkungen
auf den Verlauf einer Schwangerschaft haben. „Wenn werdende Mütter regelmäßig an Vorsorgeuntersuchungen
und insbesondere an feindiagnostischen Ultraschalluntersuchungen teilnehmen, können
potenzielle Risikofaktoren wie ein Bluthochdruck oder ein Schwangerschaftsdiabetes
frühzeitig ausfindig gemacht werden“, so PD Dr. med. Kai-Sven Heling, Vizepräsident
der DEGUM. „Da diese Frauen dann in eine besondere Risikogruppe bezüglich COVID-19
fallen, sollte ihr Schwangerschaftsverlauf besonders engmaschig kontrolliert werden.
Sie könnten beispielsweise auch von einer Entbindung in einem Perinatalzentrum profitieren.“
Hinweise auf mögliche kindliche Fehlbildungen durch das Coronavirus seien allerdings
bisher nicht bekannt. Zudem deute die bisherige Datenlage nicht darauf hin, dass das
Virus von der Mutter auf das Ungeborene übertragen werden kann. „Allerdings sind beispielsweise
momentan schwangere Frauen in Italien und Wuhan noch an COVID-19 erkrankt. Der Krankheitsverlauf
von ihnen wird noch weiter beobachtet“, so Heling. „Daraus können möglicherweise noch
weitere Erkenntnisse gewonnen werden.“
Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft regelmäßig wahrnehmen
Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft regelmäßig wahrnehmen
Um sicherzugehen, ob mit dem Ungeborenen alles in Ordnung ist und ob bei Schwangeren
Risikofaktoren wie etwa ein Diabetes oder ein Bluthochdruck vorliegen, empfiehlt die
DEGUM werdenden Müttern – während der Corona-Pandemie ebenso wie generell – Vorsorgeuntersuchungen
in der Schwangerschaft regelmäßig wahrzunehmen. Dazu gehören auch pränatal-diagnostische
Ultraschalluntersuchungen wie die Feindiagnostik zwischen der 11. und 13. und der
große Organultraschall um die 20. Schwangerschaftswoche. „Bei der feindiagnostischen
Untersuchung um die 20. Schwangerschaftswoche können das Herz, die Arme und Beine
sowie Gehirn und Gesicht des Fötus vollständig untersucht werden. So können wir also
mit sehr hoher Gewissheit feststellen, ob mit der körperlichen Entwicklung des Ungeborenen
alles in Ordnung ist“, betont Professor Dr. med. Rabih Chaoui von der Berliner Praxis
für Pränataldiagnostik. Auch eine Untersuchung mit dem Doppler-Ultraschall sei empfehlenswert.
So könne die Blutströmung in mütterlichen und kindlichen Gefäßen kontrolliert und
somit überprüft werden, ob das Ungeborene durch die Plazenta ausreichend versorgt
wird.
Aufgrund der Corona-Pandemie führt die Berliner Praxis Untersuchungen bei Schwangeren
momentan unter besonderen Sicherheitsmaßnahmen durch. Diese sollten nach Ansicht des
Experten während der Pandemie generell bei Untersuchungen in der Schwangerschaft gelten,
um werdende Mütter bestmöglich vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen.
„Es sollten sich möglichst wenige Patientinnen gleichzeitig in der Praxis aufhalten“,
rät Chaoui. Das müsse bei der Terminplanung berücksichtigt werden. Auch ein Mindestabstand
von 2 Metern sollte im Wartezimmer und, soweit es die jeweilige Untersuchung zulässt,
möglichst auch im Untersuchungsraum eingehalten werden, um eine Ansteckung zu verhindern.
Relevant sei zudem eine gründliche Händehygiene des Arztes und der Schwangeren. Ärzte,
medizinisches Personal und nach Möglichkeit auch die Schwangere selbst sollten eine
Mund-Nasen-Schutzmaske während der Ultraschalluntersuchung tragen, denn der Infektionsschutz
von Schwangeren und Personal gelte als oberstes Gebot. Partner, Kinder oder Angehörige
könnten aus Infektionsschutzgründen nicht bei den Untersuchungen anwesend sein.
Bei COVID-19-Erkrankung besser in die Klinik
Bei COVID-19-Erkrankung besser in die Klinik
Wenn werdende Mütter an COVID-19 erkrankt sind, muss die Untersuchung bis nach der
Quarantäne verschoben werden. „Wenn eine Schwangere unter Verdacht steht, an COVID-19
erkrankt zu seien, sollte sie besser in einer klinischen Einrichtung betreut werden,
in der die behandelnden Ärzte entsprechende Schutzkleidung tragen“, betont DEGUM-Experte
Professor Dr. med. Karl Oliver Kagan, Leitung „Pränatale Medizin“ am Universitätsklinikum
Tübingen. Bei Schwangeren, bei denen kein Verdacht auf die Virusinfektion besteht,
sollten die Ultraschallkontrollen aber zum Wohl von Mutter und Kind möglichst nach
wie vor stattfinden. „Um die Schwangere und das medizinische Personal vor einer COVID-19-Infektion
bestmöglich zu schützen, sollten die Hygieneanforderungen dabei dringend eingehalten
werden“, betont Kagan abschließend.
Weiterführende Informationen:
https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/html/10.1055/a-1152-4550
Dashraath P, Lin J, Jeslyn W et al. Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Pandemic and
Pregnancy. Am J Obstet Gynecol 2020 [im Druck]
Yu N, Li W, Kang Q et al. Clinical features and obstetric and neonatal outcomes of
pregnant patients with COVID-19 in Wuhan, China: a retrospective, single-centre, descriptive
study. Lancet Infect Dis 2020 [im Druck]
Yang H, Wang C, Poon LC. Novel coronavirus infection and pregnancy. Ultrasound Obstet
Gynecol 2020; 55: 435–437
Chen H, Guo J, Wang C et al. Clinical characteristics and intrauterine vertical transmission
potential of COVID-19 infection in nine pregnant women: a retrospective review of
medical records. Lancet 2020; 395: 809–815