Key words
MRI - staging system - carcinoma of the cervix uteri - revised FIGO classification
Einleitung
Die „Fédération Internationale de Gynécologie et d’Obstétrique“ (FIGO) -Klassifikation
zur Definition des Tumorstadiums bei einem Zervixkarzinom wurde 1958 eingeführt und
seitdem mehrfach, zuletzt 2018, überarbeitet. Die kürzlich revidierte FIGO-Klassifikation
berücksichtigt erstmals den Einsatz von Schnittbildverfahren des Beckens zur Festlegung
des primären Tumorstadiums, soweit diese verfügbar sind [1]. Für diesen Übersichtsartikel dienen Ergebnisse von Studien und Übersichtsarbeiten
sowie die S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientin mit Zervixkarzinom“
als Grundlage. Die Literaturrecherche erfolgte mittels PubMed.
Das Zervixkarzinom
Die häufigsten histologischen Typen des Zervixkarzinoms sind das verhornende bzw.
das nicht verhornende Plattenepithelkarzinom, das Adenokarzinom sowie das adenosquamöse
Karzinom [2]. In den meisten Fällen entsteht ein Zervixkarzinom auf dem Boden einer Infektion
mit High-risk-humanen Papillomaviren (HPV), wobei die Kazinogenese insgesamt multifaktoriell
ist. Es gibt wenige Fälle von HPV-negativen Zervixkarzinomen (häufiger Adenokarzinome).
Diese sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert [3]. Unter den High-risk-HPV-Subtypen spielen insbesondere die Subtypen 16 und 18 eine
zentrale Rolle, da eine Infektion mit diesen ca. 70 % der Zervixkarzinome hervorrufen
[4].
Patientinnen, die an einem Zervixkarzinom erkranken, sind bei der Erstdiagnose im
Mittel zwischen 40 und 59 Jahre alt [2]. In den letzten Jahrzehnten konnte in Deutschland eine Reduktion der Inzidenz des
invasiven Zervixkarzinoms von Rang 1 (1971) auf Rang 13 der häufigsten Malignome der
Frau beobachtet werden [5]. Grund dafür ist zum einen das seit 1971 eingeführte Krebsfrüherkennungsprogramm
mit regelmäßig durchgeführten zytologischen Abstrichen (PAP-Abstrich) im Rahmen der
Vorsorgeuntersuchungen, zum anderen spielt aber auch eine verbesserte Genitalhygiene
eine entscheidende Rolle [2]. In den nächsten Jahren ist eine weitere Reduktion der Inzidenz des Zervixkarzinoms
in Deutschland zu erwarten, da seit 2006 die HPV-Impfung für Mädchen in Deutschland
zugelassen ist [6]
[7] und ein Jahr später in die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) aufgenommen
wurde [8]. Seit 2018 empfiehlt die STIKO auch die HPV-Impfung für Jungen [9]. Weltweit gesehen ist das Zervixkarzinom mit geschätzten 570 000 Neuerkrankungsfällen
und 311 000 Todesfällen im Jahr 2018 jedoch noch immer das vierthäufigste Karzinom
der Frau und steht in Entwicklungsländern bezüglich Inzidenz und Mortalität sogar
nach dem Mammakarzinom an zweiter Stelle [10].
Im Gegensatz etwa zum Endometriumkarzinom oder zum Ovarialkarzinom wurde die lokale
Ausbreitung des Zervixkarzinoms präoperativ noch bis ins Jahr 2018 primär auf der
Grundlage von klinischen Untersuchungen festgelegt. Ursächlich dafür ist die hohe
Prävalenz des Zervixkarzinoms insbesondere in Entwicklungsländern, wo die Verfügbarkeit
von Schnittbildverfahren deutlich eingeschränkt ist, ebenso wie die relativ gute Beurteilbarkeit
des Lokalbefundes durch die klinische Untersuchung. Um ein weltweit einheitliches
Vorgehen zu ermöglichen beruhte das Staging des Zervixkarzinoms deshalb nur auf flächendeckend
verfügbaren Verfahren [11]. Dazu zählen Narkoseuntersuchungen, histologische Sicherung mittels Konisation oder
Zervixbiopsie, systematische pelvine und ggf. auch retroperitoneale Lymphonodektomie
zum Ausschluss von Lymphknotenmetastasen sowie Zystoskopie und Proktoskopie, i. v.-Pyelogramm
und Röntgen-Thorax [12]. Der Einsatz von zusätzlicher Bildgebung wie der Computertomografie (CT), der Magnetresonanztomografie
(MRT) oder der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) zum Staging des Lokalbefundes
waren anzustreben, jedoch nicht verpflichtend und die erhobenen Befunde wurden bei
der Festlegung des Tumorstadiums nicht berücksichtigt. Die klinischen Untersuchungen
sind jedoch stark untersucherabhängig, woraus in vielen Fällen eine Unterschätzung
des Tumorstadiums resultierte [13]. Da das initiale Tumorstadium jedoch der entscheidende Prognosefaktor für die Patientinnen
ist, sind das Primärstaging und die damit verbundene möglichst exakte Bestimmung der
Tumorausdehnung von großer Bedeutung. Aus diesem Grund berücksichtigt nun die 2018
überarbeitete FIGO-Klassifikation erstmals Schnittbildverfahren zur Darstellung des
Lokalbefundes bei der Festlegung des Primärstadiums. Darüber hinaus kann ein bereits
festgelegtes Tumorstadium auf Grundlage der Bildgebung angepasst werden [1].
MRT – Methode der Wahl
Die MRT ist Dank des hervorragenden Weichgewebekontrastes ein ausgezeichnetes bildgebendes
Verfahren für die Durchführung des Lokalstagings bei einem Zervixkarzinom, ebenso
wie für das Follow-up zur Evaluation des Therapieerfolgs [12]. Insbesondere gegenüber der CT ist die MRT bezüglich der Beurteilung der Stromainvasion
sowie der Infiltration von angrenzenden Strukturen und Nachbarorganen überlegen. In
Bezug auf die Parametrieninfiltration zeigt die MRT beispielsweise eine Sensitivität
von über 90 %, die CT hingegen nur eine Sensitivität von 55 %. Auch bezüglich der
Evaluation der Harnblaseninfiltration ist die MRT überlegen mit einer Spezifität von
88–91 % (MRT) gegenüber 73 % (CT) [14]
[15]. Auch eine Hybridbildgebung mittels PET/MRT zeigt in Bezug auf das Lokalstaging
keine signifikant höhere Genauigkeit in der Zuordnung des Tumors zu einem FIGO-Stadium,
ist jedoch verglichen mit der MRT deutlich weniger breit verfügbar [16]. Lediglich bezüglich der Identifikation von pelvinen und/oder retroperitonealen
Lymphknotenmetastasen oder Fernmetastasen ist die Sensitivität der MRT weiterhin der
Ganzkörper-Hybridbildgebung, wie z. B. der FDG-PET/CT, unterlegen ([Tab. 1]) [17].
Tab. 1
Diagnostische Performance bildgebender Verfahren bezüglich Parametrieninfiltration,
Harnblaseninfiltration und Lymphknotenbeteiligung bei Zervixkarzinom.
|
Parametrieninfiltration
|
Harnblaseninfiltration
|
Lymphknotenbeteiligung
|
Referenz
|
|
Sens.
|
Spez.
|
Gen.
|
Sens.
|
Spez.
|
Gen.
|
Sens.
|
Spez.
|
Gen.
|
|
CT
|
14–55 %
|
77–100 %
|
74–82 %
|
64 %
|
73 %
|
NB
|
31–57 %
|
92–97 %
|
NB
|
[14]
[16]
[17]
[19]
[38]
[39]
|
MRT
|
40–92 %
|
77–99 %
|
65–98 %
|
71–100 %
|
88–97 %
|
NB
|
37–76 %
|
83–93 %
|
77 %
|
[13]
[14]
[15]
[16]
[19]
[38]
[39]
[40]
|
PET/CT
|
NB
|
NB
|
NB
|
NB
|
NB
|
NB
|
34–82 %
|
93–100 %
|
NB
|
[17]
[19]
[38]
|
PET/MRT
|
90 %
|
94 %
|
NB
|
100 %
|
100 %
|
NB
|
83–91 %
|
90–94 %
|
87 %
|
[16]
[19]
[41]
|
NB = nicht berichtet; Sens. = Sensitivität; Spez. = Spezifität; Gen. = Genauigkeit.
Untersuchungstechnik
MRT-Untersuchungen im Rahmen des Primärstagings können sowohl bei einer Feldstärke
von 1,5 Tesla (T) als auch bei 3 T durchgeführt werden. Obwohl bei 3 T zumeist eine
bessere Bildqualität erreicht werden kann, unter anderem aufgrund eines signifikant
besseren Signal-zu-Rausch-Verhältnisses, lassen sich dennoch keine signifikanten Unterschiede
bezüglich der diagnostischen Genauigkeit zwischen 1,5 T und 3 T nachweisen [18]. Um die Aussagekraft der MRT-Untersuchung weiter zu verbessern, können vor der Untersuchung
eine vaginale und im Rahmen des Primärstagings zusätzlich eine rektale Füllung durchgeführt
werden (z. B. mit Ultraschallgel). Die Verabreichung von Butylscopolamin (Buscopan®) i. v. führt zu einer Minimierung der Darmperistaltik und kann dadurch zusätzlich
die Bildqualität verbessern [19]
[20].
Das Untersuchungsprotokoll bei einem primären Staging sollte unter anderem hochauflösende
T2-gewichtete Sequenzen in 3 Ebenen beinhalten. In dieser Wichtung weist die gesunde
Zervix eine charakteristische Wandschichtung auf; die Mukosa des Zervixkanals zeigt
ein stark hyperintenses, das innere fibromuskuläre Stroma ein stark hypointenses Signalverhalten.
Das äußere fibromuskuläre Stroma zeigt sich dagegen etwas signalreicher und inhomogen
aufgelockert ([Abb. 1]) [12]. Hiervon hebt sich ein Zervixkarzinom als Raumforderung mit einer intermediären
Signalintensität zwischen dem inneren und dem äußeren fibromuskulären Stroma ab ([Abb. 2]). T2-gewichtete Sequenzen eignen sich also am besten für die Abgrenzung von Tumorgewebe
gegenüber gesundem zervikalem Stroma und sind für die Beurteilung der Tumorausdehnung
entscheidend [12]
[21]. In der sagittalen Ebene lässt sich insbesondere die Ausdehnung des Tumors in den
Corpus uteri sowie in die Vagina einschätzen, die axiale Ebene eignet sich besonders
für die Beurteilung der Stromainvasion sowie der Infiltration der Parametrien [19]. Hilfreich hierfür ist die streng orthogonale (paraaxiale) Angulierung der Bildebene
zum Verlauf der Zervix; das fibromuskuläre Stroma der Zervix stellt sich so als hypointenser
Ring dar. Zeigt sich dieser Ring in der MRT intakt und weist keine Kontinuitätsunterbrechung
auf, hat die Untersuchung einen hohen negativen prädiktiven Wert hinsichtlich einer
Parametrieninfiltration ([Abb. 1]) [12]
[22].
Abb. 1 Normalbefund. In der sagittalen Ebene lässt sich die charakteristische Wandschichtung
der Zervix gut beurteilen: hyperintenses Signalverhalten der Mukosa des Zervixkanals
(weißer Pfeil), hypointenses Signalverhalten des inneren fibromuskulären Stromas (weiße
Pfeilspitze) und intermediär bis hyperintenses Signalverhalten des äußeren fibromuskulären
Stromas (*). Teilerfasst sind Harnblase (B) und Rektum (R).
Abb. 2 Zervixkarzinom FIGO-Stadium 1B. a In der sagittalen Ebene zeigt sich ein auf die Zervix beschränkter T2w-intermediärer
Tumor (T) b ohne Nachweis einer Infiltration der Parametrien in der axialen Ebene (weißer Pfeil).
Dorsal: Nachweis von gesundem hypointensem Zervixstroma (*). Zur besseren Beurteilbarkeit
wurde eine vaginale (V) und rektale (R) Füllung mit Ultraschallgel vorgenommen. Teilerfasste
Harnblase (B).
Allerdings können reaktive Veränderungen des Gewebes, wie z. B. ein peritumorales
Ödem, welches ebenfalls einen Signalanstieg in den T2-gewichteten Sequenzen bedingt,
aufgrund einer dadurch überschätzten Tumorgröße zu einem Overstaging des Zervixkarzinoms
führen. Da Zervixkarzinome wie fast alle gynäkologischen Tumoren eine Diffusionsrestriktion
zeigen, können diffusionsgewichtete Sequenzen helfen, die exakte Tumorgröße/Ausdehnung
zu bestimmen und somit, durch die bessere Differenzierung von Tumorgewebe und reaktiven
Veränderungen, das Risiko des Overstagings minimieren [13]. Darüber hinaus spielen diffusionsgewichtete Sequenzen im Restaging zur Evaluation
eines Therapieerfolgs oder im Rahmen der Rezidivdiagnostik eine entscheidende Rolle.
Der zusätzliche Einsatz von intravenös verabreichtem Gadolinium-haltigem Kontrastmittel
wird in der Literatur kontrovers diskutiert, ein klarer Konsens unter den Experten
besteht nicht [13]. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass durch die intravenöse Kontrastmittelapplikation
der Kontrast zwischen Tumorgewebe und dem gesunden Zervixstroma erhöht wird, was besonders
bei sehr kleinen Tumoren hilfreich bei der Detektion sein kann [21]. Der Einsatz von dynamischen Sequenzen nach einer Kontrastmittelapplikation (DCE)
kann zusätzlich die Beurteilung einer Harnblasen- und/oder Rektuminfiltration erleichtern
[21]. Darüber hinaus spielen dynamische kontrastmittelgestützte Sequenzen eine entscheidende
Rolle bei der Differenzierung von postradiogener Fibrose und residuellem oder Rezidiv-suspektem
Tumorgewebe im Rahmen des Therapiemonitorings [23]. Studien konnten außerdem zeigen, dass mithilfe von DCE-Sequenzen eine Prädiktion
zum Therapieansprechen auf eine Radiotherapie getroffen werden kann: Tumoren mit einem
hohen prätherapeutischen Ktrans (volume transfer constant – beschreibt die Efflux-Rate von Gadolinium aus dem Blutplasma in den extravaskulären
extrazellulären Raum eines Tumors) zeigten ein signifikant besseres Ansprechen auf
die Therapie [24].
[Tab. 2] zeigt ein mögliches Untersuchungsprotokoll für ein primäres Staging bzw. ein Restaging
bei Zervixkarzinom.
Tab. 2
Vorschlag eines Untersuchungsprotokolls für das Primärstaging bei Zervixkarzinom.
Sequenzen
|
Ebenen
|
Schichtdicke
|
T2w-TSE (high-resolution)
|
sagittal
|
3 mm
|
|
parakoronal (zur Zervix)
|
3 mm
|
|
paraaxial (zur Zervix)
|
3 mm
|
T1w-TSE
|
axial, Becken inklusive Abdomen bis zum Nierenhilus zur Beurteilung der Lymphknoten
|
5 mm
|
DWI (b-Werte 50, 400, 800, 1000 s/mm²)
|
axial
|
3 mm
|
optional:
dynamische T1w-TSE fs post KM
(T1w-TSE fs post KM)
|
axial
|
3–5 mm
|
Neuerungen der überarbeiteten FIGO-Klassifikatio
Neuerungen der überarbeiteten FIGO-Klassifikatio
Folgende Anpassungen der FIGO-Klassifikation wurden durch das FIGO-Komitee für Gynäkologische
Onkologie 2018 vorgenommen [1]:
-
Bildgebende Verfahren dürfen nun als Ergänzung zur Histologie und der klinischen Untersuchung
für die Festlegung des Tumorstadiums genutzt werden.
-
In Stadium 1: Anpassung der Definition der mikroskopischen pathologischen Befunde
und Größenbezeichnungen, um eine Beurteilung des Zervixkarzinoms mittels Schnittbildverfahren
zu ermöglichen.
-
In den Stadien 1 bis 3: Die Beurteilung von Lymphknoten kann durch bildgebende und
histopathologische Befunde erfolgen; wenn diese als Metastasen-suspekt eingestuft
werden, wird der Fall dem Stadium 3C zugeordnet, unabhängig von der Größe und der
Ausdehnung des Tumors (mit Angabe der verwendeten Methode).
-
Bisher keine Empfehlung für einen routinemäßigen Einsatz von bildgebenden Verfahren
für das Lokalstaging eines Zervixkarzinoms; auf Grundlage von klinischen Befunden
können diese ergänzt werden.
Staging nach der neuen FIGO-Klassifikation
Staging nach der neuen FIGO-Klassifikation
Stadium 1
Der Tumor ist auf die Zervix begrenzt.
Stadium 1A
Auf die Zervix begrenztes mikroinvasives Karzinom, welches nur mikroskopisch sichtbar
ist. Die maximale Invasionstiefe beträgt < 5 mm.
Stadium 1B
Auf die Zervix begrenztes invasives Karzinom mit einer Stromainvasion von ≥ 5 mm oder
klinisch sichtbarer Tumor. Ab diesem Stadium kann eine MRT zum Lokalstaging durchgeführt
werden ([Abb. 2]).
-
1B1 klinisch sichtbarer Tumor < 2 cm oder mikroskopisch sichtbare Läsion mit einer
Invasionstiefe von ≥ 5 mm
-
1B2 invasives Karzinom mit einem Diameter von ≥ 2 cm und ≤ 4 cm
-
1B3 invasives Karzinom mit einem Diameter von ≥ 4 cm
Stadium 2
Der Tumor überschreitet die Zervix und infiltriert die oberen 2/3 der Vagina oder
die Parametrien.
Stadium 2A
Infiltration der oberen 2/3 der Vagina ([Abb. 3]).
Abb. 3 Zervixkarzinom FIGO-Stadium 2A. In der sagittalen Ebene zeigt sich ein T2w-intermediärer
Tumor (T) mit Infiltration der oberen Vagina (weißer Pfeil). Angrenzend gesundes Zervixstroma
(*). Zur besseren Beurteilbarkeit wurde eine vaginale (V) und rektale (R) Füllung
mit Ultraschallgel vorgenommen. Teilerfasste Harnblase (B).
Stadium 2B
Infiltration der Parametrien, die Beckenwand wird jedoch nicht erreicht ([Abb. 4]).
Abb. 4 Zervixkarzinom FIGO-Stadium 2B. a In der sagittalen Ebene Nachweis eines T2w-intermediären Tumors (T) mit Infiltration
der oberen Vagina (schwarze Pfeilspitze) und des Corpus uteri. b In der axialen Ebene Nachweis einer Infiltration der Parametrien rechts (weißer Pfeil).
Zur besseren Beurteilbarkeit wurde eine vaginale (V) und rektale (R) Füllung mit Ultraschallgel
vorgenommen. Teilerfasste Harnblase (B).
Stadium 3
Das Zervixkarzinom infiltriert das untere Drittel der Vagina oder die Beckenwand.
Darüber hinaus werden seit dem FIGO-Update 2018 Zervixkarzinome mit lokoregionären
Lymphknotenmetastasen, welche entweder histopathologisch oder mittels bildgebender
Verfahren identifiziert werden, dem FIGO-Stadium 3C zugeordnet.
Stadium 3A
Der Tumor breitet sich bis in das untere Drittel der Vagina aus, erreicht jedoch nicht
die Beckenwand.
Stadium 3B
Infiltration der Beckenwand oder der Ureteren mit konsekutiver Hydronephrose ([Abb. 5]). Per definitionem liegt einer Beckenwandinfiltration dann vor, wenn die Iliakalgefäße,
der M. obturatorius internus, der M. piriformis oder der M. levator ani infiltriert
werden.
Abb. 5 Zervixkarzinom FIGO-Stadium 3B. a In der sagittalen Ebene Nachweis eines großen T2w-intermediären Tumors (T) mit Infiltration
der oberen 2/3 der Vagina (schwarze Pfeilspitze) und des Corpus uteri. b In der koronalen Ebene Nachweis einer Ummauerung des linksseitigen distalen Ureters
(U) mit konsekutivem Harnaufstau (weißer Pfeil). Zur besseren Beurteilbarkeit wurde
eine vaginale (V) und rektale (R) Füllung mit Ultraschallgel vorgenommen. Teilerfasste
Harnblase (B).
Stadium 3C
Lymphknotenmetastasen pelvin und/oder retroperitoneal, unabhängig von der Tumorgröße
oder der Ausdehnung.
Stadium 4
Nachweis einer Organinfiltration von Harnblase und/oder Rektum oder Ausbreitung des
Tumors über die Grenzen des kleinen Beckens hinaus. Damit ein Stadium IV vorliegt,
muss das Tumorgewebe die Wandschichten von Harnblase und/oder Rektum bis zur Mukosa
durchwandern (eine Infiltration von mesorektalem Fettgewebe ist per definitionem kein
Stadium IV). Die MRT zeigt einen sehr hohen negativen prädiktiven Wert (bis 100 %)
für den Ausschluss einer Harnblasen- oder Rektuminfiltration, sodass die FIGO-Klassifikation
keine Zystoskopie oder Endoskopie vorsieht, wenn mittels MRT eine Harnblasen- oder
Rektuminfiltration ausgeschlossen wurde [25].
Stadium 4A
Infiltration von Harnblase und/oder Rektum bis zur Mukosa ([Abb. 6]).
Abb. 6 Zervixkarzinom FIGO-Stadium 4A. a In der sagittalen b und axialen Ebene Nachweis einer großen Tumorformation (T) mit Infiltration des Corpus
uteri, der gesamten Vagina, der Parametrien beidseits (schwarze Pfeilspitzen) sowie
der Harnblasenwand (BW) bis zur Mukosa (weiße Pfeile). In der Harnblase einliegender
Blasendauerkatheter (BDK). Zur besseren Beurteilbarkeit wurde eine vaginale (V) und
rektale (R) Füllung mit Ultraschallgel vorgenommen.
Stadium 4B
Vorliegen von Fernmetastasen.
Therapie des Zervixkarzinoms
Therapie des Zervixkarzinoms
Die Therapie des Zervixkarzinoms richtet sich nach dem primären Tumorstadium, den
Komorbiditäten der Patientin und einem möglichen Kinderwunsch [26]. Zusätzlich zu der Ausdehnungsdiagnostik können mithilfe der MRT weitere prognostische
Faktoren identifiziert werden, welche die Wahl der Behandlungsmethode bestimmen bzw.
beeinflussen können. So kann z. B. mithilfe von diffusionsgewichteten Sequenzen eine
Vorhersage zum Therapieansprechen auf eine Radiochemotherapie getroffen werden [27]
[28].
Als primäre Therapiemöglichkeiten stehen die operative Therapie oder eine Radio(chemo)therapie
zur Verfügung [2]. Eine Kombination aus beiden Therapieoptionen sollte aufgrund der Nebenwirkungen
vermieden werden. Bis zu einem Tumorstadium FIGO ≤ 2A steht in Deutschland die operative
Therapie im Vordergrund. Zum Einsatz kommen dabei im Stadium 1A die einfache, ab Stadium
1B die radikale Hysterektomie per Laparotomie, bei Adenokarzinomen mit beidseitiger
Salpingoovarektomie, sowie die radikale Trachelektomie als fertilitätserhaltende Methode
bei jungen Patientinnen mit Kinderwunsch. Ab dem Tumorstadium FIGO ≥ 2B steht die
primäre Radiotherapie mit perkutaner Radiatio sowie lokaler Brachytherapie und Cisplatin
als Radiosensitizer im Vordergrund [2]. Hier sollte bei prämenopausalen Patientinnen im Rahmen der Staging-Lymphonodektomie
eine Ovariopexie zur Verlagerung der Adnexe aus dem Strahlenfeld durchgeführt werden,
um eine strahlenbedingte vorzeitige Menopause zu verhindern.
Die Prognose des Zervixkarzinoms ist stark abhängig vom initialen Tumorstadium und
von der Lymphknotenbeteiligung. Bei Patientinnen ohne Lymphknotenbeteiligung beträgt
die 5-Jahres-Überlebensrate im Stadium 1A fast 100 %, in Stadium 4 jedoch nur noch
5–15 % [29]. Liegen bei einer Patientin im Stadium 1A Lymphknotenmetastasen vor, sinkt die 5-Jahres-Überlebensrate
um ca. 50 % [30].
Evaluation des Therapieerfolgs
Evaluation des Therapieerfolgs
Wie bereits zuvor erwähnt, ist die MRT neben der klinischen Untersuchung nicht nur
eine geeignete Methode für das Primärstaging vor einer Therapie, sondern spielt auch
eine zentrale Rolle in der Follow-up-Diagnostik, beispielsweise zur Evaluation des
Therapieerfolgs nach Radiochemotherapie. Entscheidend für die Identifikation von Resttumorgewebe
sind erneut die T2-gewichteten Sequenzen, in welchen Tumorgewebe mit intermediärem
bis hyperintensem Signal zur Darstellung kommt. Ein deutlicher T2w-Signalabfall dagegen
spricht für eine posttherapeutische Fibrosierung der Zervix im Rahmen einer Radio(chemo)therapie
([Abb. 7]) [31]. Auch diffusionsgewichtete Sequenzen können helfen, den Therapieerfolg zu evaluieren,
da ein zunehmender Signalverlust insbesondere in den hohen b-Werten für eine Regredienz
von vitalem Tumorgewebe spricht ([Abb. 7]), ebenso wie eine regrediente Kontrastmittelaufnahme in den kontrastmittelgestützten
Sequenzen. Einige Studien konnten darüber hinaus zeigen, dass diffusionsgewichtete
Sequenzen zudem nützliche Biomarker für die Prädiktion eines Therapieansprechens auf
eine Radiochemotherapie oder für das Therapiemonitoring während einer Radiochemotherapie
sind [32]
[33].
Abb. 7 Linke Seite: Zervixkarzinom FIGO-Stadium 2B (T) mit Infiltration der Parametrien
rechts a und Nachweis einer Diffusionsrestriktion mit hyperintensem Korrelat in den hohen
b-Werten b und Abfall des ADC-Wertes c. Rechte Seite: Nach Radiochemotherapie mit posttherapeutischer Fibrosierung (F) der
Zervix mit Signalabfall in der T2w d und regredienter Diffusionsrestriktion e, f.
Rezidivdiagnostik
Patientinnen mit einem Zervixkarzinom-Rezidiv (Lokalrezidiv oder Fernmetastasen) bilden
dieses im Mittel innerhalb von 7 bis 36 Monaten nach der Erstdiagnose aus. Die Rezidivrate
ist abhängig vom FIGO-Stadium und beträgt ca. 8–26 % [34]. Risikofaktoren für ein Lokalrezidiv sind unter anderem ein fortgeschrittenes Tumorstadium,
eine Lymphknotenbeteiligung oder die Histologie: das Adenokarzinom hat diesbezüglich
ein höheres Risiko als das Plattenepithelkarzinom [2]
[35].
Die Therapie eines Rezidivs ist unter anderem abhängig von der primär durchgeführten
Therapie und den Komorbiditäten der Patientin und reicht von der Resektion bis zu
einer Radio(chemo)therapie [2]. Die Prognose der Patientinnen mit Rezidiv ist sehr schlecht, die mittlere Überlebenszeit
beträgt gerade einmal 7 bis 17 Monate nach Diagnose des Rezidivs [34].
Lokalrezidive treten in der Regel im Bereich des Vaginalstumpfes (bei Z. n. Hysterektomie
([Abb. 8])) oder im Bereich der Beckenwand auf. Besteht der klinische Verdacht auf ein lokales
Tumorrezidiv, eignet sich die MRT zur bildgebenden Diagnostik. Insbesondere kontrastmittelgestützte
Sequenzen sind hilfreich für die Detektion eines lokalen Tumorrezidivs [36]. Diffusionsgewichtete Sequenzen können helfen, ein Rezidiv, welches eine Diffusionsrestriktion
aufweist, von postradiogenen Veränderungen zu unterscheiden. Außerdem gibt es Hinweise
darauf, dass anhand der DWI eine Prädiktion zu einem möglichen Frührezidiv getroffen
werden kann: Eine Studie aus dem Jahr 2016 konnte signifikante Unterschiede der ADC-Werte
zwischen Patienten mit einem Tumorrezidiv und Patienten ohne Rezidiv während einer
Behandlung mit einer Radiochemotherapie zeigen. Bei der Patientengruppe, die ein Rezidiv
im Verlauf ausbildete, zeigten die ADC-Werte einen geringeren Anstieg während der
Therapie als bei Patienten ohne Rezidiv [37].
Abb. 8 Vaginalstumpfrezidiv bei Z. n. radikaler Hysterektomie. a In der koronalen Ebene Nachweis einer unscharf berandeten T2w-intermediären Tumorformation
(T) mit inhomogener Kontrastmittelaufnahme in der axialen Ebene b. Zur besseren Beurteilbarkeit wurde eine rektale (R) Füllung mit Ultraschallgel vorgenommen.
Teilerfasste Harnblase (B).
Schlussfolgerung
Die Bildgebung spielt inzwischen neben der klinischen Untersuchung in der primären
diagnostischen Abklärung bei Verdacht auf ein lokal fortgeschrittenes Zervixkarzinom
eine zentrale Rolle, um das Tumorausmaß und das mögliche Vorliegen von Metastasen
zu evaluieren und auf dieser Basis eine adäquate Therapie zu wählen. Die 2018 revidierte
FIGO-Klassifikation berücksichtigt nun erstmals Schnittbildverfahren zur Festlegung
des Tumorstadiums. Außerdem kann ein bereits festgelegtes Tumorstadium auf Grundlage
der erhobenen radiologischen Befunde geändert werden. Deshalb ist eine Überarbeitung
der aktuell gültigen nationalen und internationalen Leitlinien nötig, da diese die
neue FIGO-Klassifikation bisher nicht berücksichtigen.
Die MRT ist dank des hervorragenden Weichgewebekontrastes dabei die Methode der Wahl
für das lokale Tumorstaging, die Evaluation des Ansprechens auf eine Therapie und
die Detektion von Tumorrezidiven und möglichen Komplikationen. Eine MRT-Untersuchung
zum Staging eines Zervixkarzinoms sollte dabei zumindest aus triplanaren, hochauflösenden
T2-gewichteten Sequenzen, einer T1-gewichteten und einer diffusionsgewichteten Sequenz
bestehen. Optional kann eine einfache oder dynamische T1-gewichtete fettgesättigte
Sequenz nach intravenöser Kontrastmittelapplikation ergänzt werden, um ggf. kleine
Tumoren oder die Infiltration von Nachbarorganen besser detektieren zu können oder
um ein mögliches Therapieansprechen zu beurteilen. Die Evaluation posttherapeutischer
Veränderungen gelingt mithilfe von T2-gewichteten und diffusionsgewichteten Sequenzen.
In der Rezidivdiagnostik spielen v. a. kontrastmittelgestützte und diffusionsgewichtete
Sequenzen eine entscheidende Rolle; letztere können sogar ein nützlicher Biomarker
für die Prädiktion eines Frührezidivs nach einer Radiochemotherapie sein.