Pädiatrie up2date 2022; 17(03): 197-213
DOI: 10.1055/a-1199-8762
Entwicklung/Sozialpädiatrie

Teilhabe und Inklusion – Wunsch und Wirklichkeit

Ute Thyen
,
Hanna Hüttermann
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Die Entwicklung der UN-Kinderrechtskonvention hat die rechtliche Position von gesellschaftlich schwachen Gruppen wie Minderjährigen und Menschen mit Behinderungen gestärkt. Die Umsetzung in nationales Recht und Praxis haben jedoch in paradoxer Weise durch überfordernde Transitionsprozesse die Entfaltungsmöglichkeiten und die Teilhabe betroffener Kinder und Jugendlichen und ihrer Familien eingeschränkt und zu zusätzlichen Belastungen geführt.

Kernaussagen
  • Die Konventionen der Vereinten Nationen, insbesondere die Kinderrechtekonvention und die Behindertenrechtekonvention, waren die Motoren für die Weiterentwicklung des Sozialrechts in Deutschland geführt.

  • Die Ergänzung der ICD (International Classification of Diseases) durch die internationale Klassifikation für Funktionsstörungen, Behinderungen und Gesundheit (ICF) erlaubt eine Beschreibung der Teilhabe von Menschen mit Gesundheitsstörungen sowie die Benennung von positiven und negativen Kontextfaktoren.

  • Kinder und Jugendliche mit Funktionseinschränkungen und ihre Familien berichten über vielfältige Diskriminierungserfahrungen in allen Bereichen der Gesellschaft, insbesondere aber in Behörden, Verwaltungen und Leistungsträgern.

  • Die Inklusion erfordert neben der Nutzung von sozialrechtlichen Möglichkeiten durch die Betroffenen auch Transformationsprozesse in den Dienstleistungen der Leistungsträger und Leistungserbringer hin zu mehr Patientenorientierung.

  • Aus Schnittstellen im Sozialrecht müssen Nahtstellen werden.

  • Ein weiterer Bürokratieabbau ist dringend erforderlich, um die Belastungen der Familien möglichst gering zu halten.

  • Ein inklusives Schulwesen setzt gemeinsame Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern sowie pädagogischen Fachkräften voraus, damit ein ganzheitlicher, inklusiver Unterricht möglich wird.

  • Die gesetzlichen Anforderungen an Barrierefreiheit in allen öffentlichen Gebäuden, Transportwegen und Verkehrsmitteln müssen sofort erfüllt werden, wenn ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderung erreicht werden soll.

  • Die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung mit ihren Elementen der Peer-to-Peer-Beratung und der Anwaltschaft für die Belange der Menschen, die behindert werden, stärkt betroffenen Menschen und Familien den Rücken.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
10. September 2022

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