Intensivmedizin up2date 2021; 17(03): 331-352
DOI: 10.1055/a-1200-4662
Internistische Intensivmedizin

Endokrine Störungen

Otto Tschritter
,
Simone Vees
,
Michael Haap

Endokrine Störungen können als klassische endokrinologische Notfälle oder in Form von auffälligen Laborwerten in der tagtäglichen Arbeit des Intensivmediziners vorkommen. Sie zu kennen und richtig zu werten, unterstützt die Therapie und ermöglicht eine zielgerichtete Diagnostik unter Vermeidung eines überzogenen Ressourcenverbrauchs.

Kernaussagen
  • Bei Bewusstseins- und Elektrolytstörungen ohne erkennbare anderweitige Ursache muss an eine endokrinologische Erkrankung gedacht werden.

  • Schwer erkrankte Patienten mit Vigilanzstörung, Dehydratation, Fieber, Elektrolytstörungen, Hypoglykämie und Pseudoperitonismus sollten an eine Addison-Krise denken lassen.

  • Die Addison-Krise wird mit Volumen, Hydrokortison (100 mg als Bolus und 200 mg/24 h als Infusion) behandelt. Nach Oralisierung und Reduktion der Hydrokortisondosis wird die Therapie um ein Mineralokortikoid (Fludrokortison) ergänzt.

  • Eine Phäochromozytomkrise kann sich als „plötzlicher Herztod“, akute Kardiomyopathie, Laktatazidose, Multiorganversagen oder als posteriores reversibles Enzephalopathiesyndrom (PRES) mit primär neurologischen Symptomen manifestieren.

  • Phäochromozytome können sporadisch oder familiär gehäuft auftreten. Klassisch sind hypertone Krisen mit Kopfschmerzen, Schwindel, Blässe und Angstgefühl. Die Diagnostik erfolgt über die Bestimmung von Katecholaminen und Metanephrinen im 24-h-Sammelurin oder Blutplasma. Therapeutisch favorisiert ist die operative Tumorentfernung nach präoperativer α-Blockade.

  • Bei der thyreotoxischen Krise werden Schilddrüsenhormone und Katecholamine in großen Mengen freigesetzt. Auslöser sind Jodexposition bei Schilddrüsenautonomie. Die Symptome beinhalten Fieber, Bewusstseinsstörungen, Erbrechen, Diarrhöen und kardiale Symptome bis zum Schock.

  • Eine thyreotoxische Krise sollte nach erfolgreicher Rekompensation durch Thyreostatika, Volumen- und Elektrolytausgleich, Frequenzlimitierung, Konversions- und Sekretionskontrolle der Schildddrüsenhormone zeitnah chirurgisch behandelt werden.

  • Beim hypothyreoten Koma (Myxödemkoma) müssen die Patienten häufig intubiert werden. Wegen der meist gleichzeitig bestehenden Nebennierenrinden-Insuffizienz müssen zunächst Steroide gegeben werden. Danach sollte parenteral L-Thyroxin appliziert werden. Die Hyperhydratation erfordert eine Flüssigkeitsbeschränkung und Kontrollen des Volumenstatus. Bei Infektzeichen sollte großzügig eine antibiotische Therapie eingeleitet werden. Katecholamine sind wegen einer verringerten Katecholaminsensitivität nur eingeschränkt wirksam.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
25. August 2021

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