PPH 2020; 26(05): 258
DOI: 10.1055/a-1205-7247
Rund um die Psychiatrie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für Sie gelesen: Aktuelle Studien

Jörg Kußmaul
Further Information

Publication History

Publication Date:
23 September 2020 (online)

Kushlev K, Heintzelman SJ, Lutes LD et al. Does Happiness Improve Health? Evidence From a Randomized Controlled Trial. Psychological Science 2020; 31 (7): 807–821. DOI: 10.1177/0956797620919673

Hintergrund: Für viele Menschen ist Glücklichsein ein hohes Gut. Forscher stellten sich die Frage, ob es nicht nur einen positiven psychologischen Effekt auf das Bewusstsein hat, sondern auch gleichzeitig physisch gesundheitsförderlich ist? In verschiedenen Studien wurden Zusammenhänge gefunden, die positive Auswirkungen auf das Immunsystem, die kardiovaskuläre Gesundheit und gesündere Verhaltensweisen belegen. Die Erkenntnisse zeigten in erster Linie kurzfristige positive Auswirkungen auf subjektive Indikatoren für physiologische Gesundheit. Die Evidenz war aber begrenzt, weil randomisierte kontrollierte Studien mit einer nichtklinischen Population fehlten. Die vorliegende Studie sollte diese wissenschaftliche Lücke schließen.

Methode: Diese Studie umfasste eine 3-monatige experimentelle Interventionsphase und die Analyse einer 6-monatigen randomisierten kontrollierten Studie mit 155 Erwachsenen einer Gemeinde. Untersucht wurde, wie sich eine Steigerung des subjektiven Wohlbefindens auf die körperliche Gesundheit bei einer nichtklinischen Bevölkerung auswirkt. Für die Datenerhebung wurde die Anzahl der Tage im Vormonat, an denen sich die Teilnehmer gesund oder krank fühlten, und der „Prevention’s Behavioral Risk Factor Surveillance System Questionnaire“ analysiert.

Ergebnis: Durch eine gezielte Verbesserung des subjektiven physischen und psychischen Wohlbefindens im Verlauf des Interventionsprogramms nahm die Anzahl der Krankheitstage ab. Die Forscher schließen daraus, dass eine positive Korrelation zwischen dem individuellen Wohlbefinden und der Gesundheit besteht. In der Literaturanalyse anderer Studien wurden ähnliche Ergebnisse gefunden. Es gab in dieser Studie jedoch keine Hinweise darauf, dass sich das subjektive Wohlbefinden positiv auf objektive Gesundheitsindikatoren wie BMI und Blutdruck auswirkt.

Fazit: Die Kombination aus Experimental- und Langzeitstudie veranschaulicht einen kausalen Effekt des subjektiven Wohlbefindens auf die selbsteingeschätzte körperliche Gesundheit.

Dr. Jörg Kußmaul

Lei H, Mao W, Cheong CM et al. The relationship between self-esteem and cyberbullying: A meta-analysis of children and youth students. Curr Psychol 2020; 39: 830–842. https://doi.org/10.1007/s12144-019-00407-6

Hintergrund: Die Verbreitung und Nutzung von digitalen Kommunikationsmedien, Social Media und Blogs haben einen neuen Begriff geprägt: das Cybermobbing. Es ist zu einem verbreiteten sozialen Phänomen geworden. Cybermobbing wird definiert als Verhalten von Einzelpersonen oder einer Gruppe, das andere Menschen mithilfe elektronischer Medien einen andauernden und vorsätzlichen Schaden zufügt. Es kann zu schweren Schäden der menschlichen Psyche führen und Angstzustände, Depression, ungewohnte Verhaltensweisen sowie Alkohol- und Tabakmissbrauch begünstigen. In einigen extremen Fällen kann es zu einem erhöhten Suizidrisiko führen.

Viele Forscher betrachten ein geringes Selbstwertgefühl als einen negativen Einflussfaktor, der dazu führt, dass Menschen zu Cybermobbing neigen. Das Selbstwertgefühl bezieht sich auf die Selbsteinschätzung der eigenen sozialen Rolle und hat das Potenzial, diese zu beeinflussen. Einige andere Forscher argumentieren, dass die Korrelation zwischen dem Selbstwertgefühl und Cybermobbing nicht negativ, sondern positiv ist. Das würde bedeuten, dass Personen mit einem höheren Selbstwertgefühl eher zu Cybermobbing neigen. Diese Studie hatte das Ziel, die Gesamteffektgröße für die Korrelation zwischen dem Selbstwertgefühl und Cybermobbing sowie Einflussfaktoren zu definieren.

Methode: Die Metaanalyse umfasste 61 Studien die von Januar 2008 bis März 2018 in elektronischen Datenbanken publiziert wurden und fast 50 000 Teilnehmer hatten.

Ergebnis: Es zeigt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Selbstwertgefühl und Cybermobbing-Verhalten. Die Probanden mit einem geringeren Selbstwertgefühl übten häufiger Cybermobbing gegen andere Personen aus. Darüber hinaus hat die Metaanalyse ergeben, dass verschiedene Faktoren die Korrelation beeinflussen, zum Beispiel Alter und kultureller Hintergrund. Dabei war die Stärke der Korrelation größer, wenn die Teilnehmer der asiatischen Gruppe, verglichen mit der amerikanischen und der europäischen Gruppe, zugeordnet waren.

Fazit: Gezielte Interventionen zur Stärkung des Selbstwertgefühls einer Person können das Cybermobbing-Verhalten reduzieren.

Dr. Jörg Kußmaul