Transfusionsmedizin 2020; 10(03): 130-131
DOI: 10.1055/a-1219-5543
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Kommentar

 

Grundsätzlich sollten alle Krankheitserreger, die sich im Blut befinden, auch durch Bluttransfusionen übertragbar sein. Deshalb sind in der Transfusionsmedizin NAT-Testverfahren hauptsächlich aus Blutplasma etabliert. Obwohl hier meist qualitative Nachweise ausreichen, sind diese Ansätze mithilfe geeigneter Standards sehr gut quantifizierbar. Bereits in der SARS-Epidemie 2003 konnten wir SARS-Coronavirus-RNA (Coronavirus: CoV) im Blut von chinesischen Patienten mittels Real-Time-PCR nachweisen, wenn auch in relativ geringen Konzentrationen. Eine kürzlich erschienene Arbeit hat bezüglich des Nachweises von SARS-CoV-2-RNA im Blut gezeigt, dass diese nicht mit infektiösem Virus assoziiert war [1]. Somit spielt während der derzeitigen Pandemie mit dem SARS-CoV-2 eine mögliche Übertragung durch Bluttransfusionen kaum eine Rolle. Vielmehr sind transfusionsmedizinische Einrichtungen aufgrund ihres hohen Automatisierungsgrads sehr gut geeignet, ein Klinikum oder das öffentliche Gesundheitswesen zu unterstützen, um die Kapazitäten der Testung von Abstrichen aus dem Respirationstrakt auf SARS-CoV-2-RNA zu erweitern. Da die Testung hohe Kosten verursacht und die Testkapazität nicht nur vom Vorhandensein technischer Ausrüstung, sondern auch von der Verfügbarkeit der Reagenzien abhängt, ist zumindest für den Bedarfsfall eines Wiederanstiegs der Infektionszahlen die Möglichkeit einer Pooltestung sehr interessant.

Während bei unseren sonst üblichen NAT-Testungen aus Plasma die Verdünnungseffekte im Pool je nach dessen Größe sehr gut berechnet werden können, ist das bei Nachweisen aus Abstrichtupfern (Swabs) kaum möglich. In einer früher in unserem Labor durchgeführten Studie kamen Swabs zum Nachweis von Herpes-simplex-Virus-DNA (Herpes-simplex-Virus: HSV) aus Herpes-labialis- und Herpes-genitalis-Läsionen zum Einsatz. Dieses Verfahren war sehr gut geeignet, das Vorhandensein von HSV nachzuweisen und den Virustyp (HSV-1 oder HSV-2) zu bestimmen. Die im Swab enthaltene Menge an DNA oder RNA wird neben der Konzentration am Patienten zusätzlich beeinflusst durch die Intensität der Abstrichnahme, durch die Saug- und Wiederabgabefähigkeit möglicher unterschiedlicher Swab-Materialien sowie durch die Handhabung im Labor (z. B. Ausdrücken des Eluates aus dem Swab am Röhrchenrand). Vor dem Hintergrund einer schwierigen Standardisierbarkeit z. B. der Abstrichnahme und einer kaum möglichen Berechenbarkeit von Nukleinsäurekonzentrationen im Swab und dessen Eluat(en) erschien mir der Gedanke einer Pooltestung von Abstrichmaterial auf SARS-CoV-2-RNA ziemlich absurd. Michael Schmidt et al. haben jedoch gezeigt, dass man in besonderen Situationen auch besondere Wege gehen kann. Dass diese Methode offenbar gut funktioniert, hat mich sehr überrascht. Im weiteren Pandemieverlauf kann dieses neue Poolverfahren zu einer erheblichen Kapazitätssteigerung und Kosteneffizienz beitragen.


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Autorinnen/Autoren

Prof. Dr. med. Holger Hennig

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Institut für Transfusionsmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, holger.hennig@uksh.de

Interessenkonflikt

Der Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Publication History

Article published online:
25 August 2020

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