Berg B.
et al.
Development of osteoarthritis in patients with degenerative meniscal tears
treated with exercise therapy or surgery: a randomized controlled trial.
Osteoarthritis Cartilage 2020;
28: 897-906
DOI:
10.1016/j.joca.2020.01.020
Der Verlust der Meniskusfunktion steigert die Belastung des Kniegelenks, kann zur
Knorpelschädigung führen und eine Gonarthrose induzieren.
Gleichzeitig sind Meniskusrisse per se und die arthroskopische partielle
Menisektomie (APM) Risikofaktoren für die Gonarthrose. APM waren mit
einer 3-fach gesteigerten Wahrscheinlichkeit für einen Kniegelenkersatz
assoziiert. Über die langfristigen Folgen einer nichtoperativen Therapie
lagen bislang wenig Informationen vor. Die OMEX-Studie (Odense-Oslo Menisectomy
vs. Exercise Study) verglich die radiografischen und patientenbezogenen Outcomes
von jeweils 70 Patienten, die eine APM oder ein Physiotherapie-Programm mit 24
Sitzungen erhielten (12 Wochen). Die Betroffenen waren 35–60 Jahre alt,
hatten atraumatische, unilaterale Knieschmerzen und kernspintomografisch
belegte, degenerative Meniskusläsionen. 96% wiesen bei der
Erstuntersuchung keine Gonarthrose auf. Nach 2 Jahren unterschieden sich die
Progressionsraten der Behandlungstypen nicht wesentlich. 19% der
konservativen Gruppe erhielten im Verlauf eine APM. Die Autoren stellen nun die
Ergebnisse nach 5 Jahren vor.
Hauptendpunkt waren inzidente und zunehmende Randosteophyten sowie
Gelenkspaltverschmälerungen. Das Assessment erfolgte semi-quantitativ
nach einem standardisierten Protokoll (OARSI-Skala). Sekundäre Endpunkte
waren die Kellgren-Lawrance Klassifikation und der mediale fixierte Gelenkspalt.
Die Patienten erfassten mindestens wöchentlich die Beschwerden (Knee
Injury and Osteoarthritits Outcome Score KOOS, Pain Subscale). Die
KOOS-Einstufung beinhaltet Schmerzen, andere Beschwerden, die Kniefunktion bei
Sport und Freizeit sowie die gelenkassoziierte Lebensqualität.
Nach 5 Jahren lagen von 120 Teilnehmern (86%) Röntgenbilder vor.
Patienten mit Crossover wurden in der APM-Gruppe analysiert. Verglichen mit der
Physiotherapiegruppe wiesen die Patienten mit APM kein signifikant
unterschiedliches Progressionsrisiko auf:
-
Gelenkspaltverschmälerung RR 0,89 (95%-KI
0,55–1,44),
-
mediale Osteophyten RR 1,15 (95%-KI 0,79–1,68) und
-
laterale Osteophyten RR 0,77 (95%-KI 0,42–1,42).
Die weiten Konfidenzintervalle ließen den zuverlässigen
Ausschluss möglicher Unterschiede laut den Autoren nicht zu. Der
radiografische Gesamtscore belegte diese jedoch nicht (Gruppenunterschied -0,02;
95%-KI -053–0,49; p=0,93). Auch für die
sekundären Endpunkte ergaben sich keine relevanten Differenzen.
Die Prävalenzen einer radiologischen Gonarthrose betrugen in der APM-
und Physiotherapie-Gruppe 17% und 19%. Insgesamt ergaben
sich weder für die operative noch für die konservative
Strategie eindeutige Vorteile. Die Autoren interpretieren degenerative
Meniskusrisse als „preradiographic sign“ und Teil des
pathologischen Prozesses der Gonarthrose. Die Diskordanz zwischen
struktureller Schädigung und Symptomen in
Bevölkerungsstudien könne u. a. an der mangelnden
Sensitivität der Kellgren-Lawrance-Klassifikation für
frühe Veränderungen liegen.
Dr. med. Susanne Krome, Melle