physiopraxis 2021; 19(01): 6-9
DOI: 10.1055/a-1255-6727
Profession

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Akademisierung gefordert – Bündnis Therapieberufe an die Hochschulen

Die primärqualifizierende hochschulische Ausbildung für die angehenden Therapeuten in Deutschland zu etablieren – das ist das Ziel des Bündnisses Therapieberufe an die Hochschulen. Es hat sich 2019 gegründet und zu ihm gehören acht große Verbände der Heilmittelbranche: Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten (IFK), Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK), Verband Physikalische Therapie (VPT), Deutscher Verband der Ergotherapeuten (DVE), Deutscher Bundesverband für Logopädie (dbl), Verbund für Ausbildung und Studium in den Therapieberufen (VAST), Fachbereichstag Therapiewissenschaften und der Hochschulverbund Gesundheitsfachberufe (HVG).

Auf seiner Internetseite www.buendnis-therapieberufe.de sind weitere Informationen zum Bündnis zu finden, zum Beispiel die kürzlich erschienene Stellungnahme zum Eckpunktepapier „Gesamtkonzept Gesundheitsfachberufe“ (PHYSIOPRAXIS 4/20, S. 8). Darin erklären die Bündnispartner unter anderem, warum die vollständige Akademisierung für eine gute zukünftige Patientenversorgung wichtig ist und welche Bedeutung sie für die Attraktivität der Heilmittelberufe hat.

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Andreas Pfeiffer ist neuer SHV-Vorsitzender – Spitzenverband der Heilmittelerbringer

Seit dem 1. Januar 2021 hat der Spitzenverband der Heilmittelerbringer (SHV) einen neuen Vorsitzenden: Andreas Pfeiffer (Deutscher Verband der Ergotherapeuten, DVE) hat das Amt von Ute Repschläger (Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten, IFK) übernommen.

Pfeiffer blickt motiviert auf das kommende Jahr: „Wir werden das Wahljahr 2021 nutzen, um unsere aktuellen berufspolitischen Forderungen in die Politik einzubringen. Wir wollen die Politik davon überzeugen, dass im Heilmittelbereich weiter Handlungsbedarf besteht!“ Zu den Vorhaben des SHV zählen zum Beispiel eine angemessene Vergütung der Heilmittelerbringer und der Abbau von Bürokratie. Mehr Informationen zum Verband und seinen Zielen sind unter www.shv-heilmittelverbaende.de einzusehen.

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Gut informiert durch die Pandemie – Informationsseiten der WHO

Während der Coronavirus-Pandemie hat es sich gezeigt, wie wichtig es ist, stets aktuell und korrekt informiert zu sein. Eine bedeutende Informationsquelle ist dabei die Internetseite der Weltgesundheitsorganisation WHO: Unter www.who.int > „Emergencies“ > „Diseases“ > „Coronavirus disease outbreak (COVID-2019)“ findet man eine umfangreiche Sammlung an Meldungen rund um die Pandemie.

Die Rubrik „Questions and Answers“ beispielsweise bietet Interessierten Antworten auf alle möglichen Fragen: Ist COVID-19 über die Muttermilch übertragbar? Welchen Einfluss hat die Pandemie auf den Klimawandel? Welche Mund-Nasen-Bedeckung ist für Kinder geeignet? Was bedeutet es für zukünftige Mütter, schwanger und gleichzeitig an COVID-19 erkrankt zu sein?

Zudem stellt die WHO unter der Rubrik „Research and development“ die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Coronavirus zusammen. Wer zu einem bestimmten Thema Forschungsarbeiten finden möchte, kann die „COVID-19 Database“ durchsuchen, die von der Weltgesundheitsorganisationtäglich aktualisiert wird. Dabei kann man die Suchergebnisse zum Beispiel nach der Art der Studie, der Sprache, dem Themenschwerpunkt oder der Datenbank filtern, auf der die Forschungsarbeit publiziert wurde.

Eine weiterer hilfreicher Bereich der WHO-Seite sind die sogenannten „Mythbusters“. Hier werden Mythen und in den Medien kursierende Falschmeldungen zum Coronavirus richtiggestellt und erklärt. Darunter findet man auch kuriose und von der WHO widerlegte Aussagen wie „Das Virus übertragt sich über Hausfliegen“ oder „Knoblauch essen schützt vor einer Infektion mit COVID-19“.

Unter https://covid19.who.int steht eine interaktive Karte zur Verfügung, mit deren Hilfe man einen schnellen Überblick über die Verbreitung des Virus über die ganze Welt erhalten kann. So kann man sich aktuelle Zahlen und Trends beispielsweise dazu anzeigen lassen, wie viele Neuinfektionen es in den letzten sieben Tagen gab oder in welchen Regionen der Welt sich die Erkrankung wie verbreitet.

Wer sich zum Thema Impfen informieren möchte, wird ebenfalls fündig. Eine ausführliche Darstellung der derzeitigen Forschungsergebnisse und Fortschritte zum COVID-19-Impfstoffen sind genauso aufgeführt wie allgemeine Erklärungen dazu, wie eine Impfung funktioniert und warum sie wichtig ist.

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Gesundheit über Klima

Eine aktuelle forsa-Umfrage hat ergeben, dass den Menschen in Deutschland die Stärkung des Gesundheitssystems wichtiger ist als der Klimaschutz. Die Befragung wurde im Auftrag des AOK-Bundesverbandes im Rahmen seiner Initiative „Stadt.Land.Gesund.“ mit rund 2.000 Personen durchgeführt. 78 Prozent der Befragten gaben an, dass sich die Bundesregierung für die Entwicklung der Gesundheitsversorgung hierzulande einsetzen soll. Noch wichtiger waren ihnen Investitionen in Schulen, Bildung und Kinderbetreuung (86 Prozent). Auf Platz drei der Dinge, die ihnen wichtig sind, gaben die befragten Personen den Klimaschutz an. Daran schlossen sich Forderungen nach dem nachhaltigen Umbau der Wirtschaft, der Belebung der Wirtschaft und dem Erhalt von Arbeitsplätzen sowie Investitionen in die Digitalisierung an. Weitere Umfrageergebnisse und Informationen zur AOK-Initiative sind hier zu finden:www.aok-bv.de > „Engagement“ >„Stadt.Land.Gesund.“.

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Burnout in der Notaufnahme – Auswirkungen der Pandemie

Burnout-Symptome sind bei Ärzten und Pflegekräften verbreitet.

Die derzeit weltweit angespannte Lage der Gesundheitsversorgung trifft nicht nur (potenzielle) Patienten, die eine Behandlung benötigen, sondern auch behandelnde Personen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Burnout-Rate unter Mitarbeitern von Notaufnahmen steigt, vor allem bei Ärzten und Krankenpflegern.

Mithilfe eines Fragebogens sammelten die Forschenden Informationen darüber, ob die betroffenen Personen während ihrer Arbeit unter coronabedingtem Stress oder Ängsten leiden. Zudem erhoben sie, welche Bewältigungsstrategien dafür zum Einsatz kommen. An der Studie nahmen 337 Probanden teil, von denen die meisten zwischen 21 und 30 Jahre alt waren. Fast die Hälfte von ihnen zeigte Anzeichen für einen mittelschweren oder schweren Burnout. Interessant ist, dass davon mehr Pflegende betroffen waren als Ärzte.

Um dem Stress entgegenzuwirken, gaben 85 Prozent an, beim Fernsehen oder beim Ansehen von Internetvideos abschalten zu können. Zudem gaben 83 Prozent an, als Ausgleich Zeit mit der Familie und Freunden zu verbringen. Die Forschenden empfehlen, den Kontakt zu Mitmenschen auch mit digitalen Medien wie Videokonferenzen aufrechtzuerhalten.

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Am J Emerg Med 2020; https://doi.org/10.1016/j.ajem.2020.10.040


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Wartezimmer ...

... in Arztpraxen sind oft voller Patienten, die auf ihre Behandlung warten – auch wenn sie einen Termin vereinbart haben. Das birgt gerade in Zeiten wie diesen die Gefahr, sich anzustecken, und kostet unnötige Wartezeit. Die App „Wart's ab“ möchte dieses Problem lösen, indem sie Patienten in Realzeit mitteilt, wann ihr Termin tatsächlich stattfinden wird. So können sie die Zeit, bis sie an der Reihe sind, außerhalb der Praxis nutzen. Die Anwendung kann sogar berücksichtigen, wie lange es dauert, von zu Hause bis zum Behandlungsort zu gelangen. Daher ist es beispielsweise möglich, sich bis zum Arzttermin „zu Hause auszuruhen oder im Homeoffice weiterzuarbeiten", erklärt Dr. Barbara Voß von der Techniker Krankenkasse, die die Pilotphase der App in Hessen fördert. Dort wird sie zunächst bis Ende April 2021 in 60 Arztpraxen erprobt. Weitere Informationen zur Anwendung finden Interessierte unter www.warts-ab.org.

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Bundeseinheitliche Regeln notwendig – Strategiepapier der Grünen

In der Corona-Pandemie sind sich viele Bürger unsicher, wann und wo etwas erlaubt ist. Das liegt daran, dass im Grunde genommen jedes Bundesland seine eigenen Regeln aufstellt. Das führt zu uneinheitlichen Rahmenbedingungen und damit auch zu Unsicherheiten in der Bevölkerung. Das wollen die Grünen ändern: In einem Strategiepapier fordern sie Bund und Länder dazu auf, einheitliche Regeln aufzustellen.

Kern des Papiers ist der Vorschlag, fünf Risikostufen einzuführen, nach denen eine Region eingeteilt werden kann. So wäre es zum Beispiel möglich, in einer weniger betroffenen Stadt Gastronomie- und Kulturbetriebe offen zu halten. Würden die Infektionszahlen dort steigen, käme die Stadt in eine höhere Risikostufe, wodurch auch erst dann die Betriebe geschlossen werden müssten. Außerdem fordern die Grünen, die Corona-Warn-App der Bundesregierung weiterzuentwickeln und verstärkt Schnelltests durchzuführen. Weitere Infos sind hier nachzulesen: www.bit.ly/Grüne_Strategiepapier_Corona.

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In Neuseeland ...

... haben sich die Bürger für die Legalisierung der Sterbehilfe ausgesprochen. In einem Referendum wurden mehr als 65 Prozent der Stimmen für das Recht auf einen medizinisch begleiteten Suizid abgegeben. Das Ergebnis der Volksbefragung ist bindend, was heißt, dass innerhalb eines Jahres ein entsprechendes Gesetz in Kraft treten muss.

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„Der politische Wille fehlt“ – Akademische Ausbildung

Seit 2009 ist es möglich, eine grundständige Ausbildung in der Physio-, Ergotherapie und Logopädie auf Hochschulebene zu erproben. Dies macht die Modellklausel in den Berufsgesetzen möglich. Bislang war sie bis 2021 befristet. Im Referentenentwurf zum Gesundheitsversorgungsentwicklungsgesetz (GVWG) ist nun beschrieben, dass sie bis Ende 2026 verlängert werden soll – nicht unbedingt ein Grund zur Freude, meint Prof. Dr. habil. Bernhard Borgetto. Er ist der 1. Vorsitzende des Hochschulverbunds Gesundheitsfachberufe (HVG) und hat physiopraxis erklärt, warum die Verlängerung der Modellklausel ohne eine Reform der Berufsgesetze die Modellstudiengänge gefährdet.

Herr Borgetto, die Modellklausel soll um weitere fünf Jahre verlängert werden. Wie schätzt der HVG diesen Umstand ein?

Die Verlängerung der Modellklausel muss man im Zusammenhang mit der anstehenden Reform der Berufsgesetze der Therapieberufe sehen. In dieser würde die Akademisierung – zumindest für einen längeren Zeitraum – verbindlich geregelt werden. Das heißt, es würde über die Frage entschieden werden, ob eine hochschulische Ausbildung als Zugang zum Beruf überhaupt eine dauerhafte Möglichkeit neben der berufsfachschulischen Ausbildung wird (die sogenannte Teilakademisierung) oder ob die hochschulische Ausbildung der alleinige Zugang zum Beruf wird (die sogenannte Vollakademisierung). Die Modellklausel dient dazu, die hochschulische Ausbildung zu erproben und zu evaluieren. Dies ist geschehen, die Evaluationen sind positiv und die primärqualifizierenden Studiengänge können als zielführend für eine zukunftsfähige und wissenschaftsbasierte Ausbildung angesehen werden.

Ein noch wichtigerer Zusammenhang besteht mit der Einführung der an sich begrüßenswerten Schulgeldfreiheit und der Ausbildungsvergütungen im Rahmen der berufsfachschulischen Ausbildung. Diese bringen die primärqualifizierenden therapeutischen Studiengänge in eine möglicherweise existenzbedrohende Schieflage, da sie hinsichtlich der finanziellen Anreize nicht mehr mit den berufsfachschulischen Ausbildungen konkurrieren können.

Worin liegen Ihrer Meinung nach die Gründe, warum es zu einer erneuten Verlängerung gekommen ist?

Das ist im Einzelnen schwer zu sagen. Es heißt, die Zeit sei zu kurz, um die Reform der Berufsgesetze noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Deshalb sei es nötig, die Modellklausel zu verlängern, ansonsten gäbe es keine gesetzliche Grundlage mehr für die Weiterführung der Modellstudiengänge. Aber ein Blick auf das aktuelle Gesetzgebungsverfahren zum Infektionsschutz zeigt doch: Wenn der politische Wille vorhanden ist, dann kann ein Gesetz auch ganz schnell verabschiedet werden. Die letzte Reform der Berufsgesetze liegt – trotz anhaltender Proteste und vorliegender Reformvorschläge – fast ein halbes Jahrhundert zurück. Es liegt doch alles vor: positive Studiengangsevaluationen, eine Transformationsstrategie und die Willensbekundung aller berufs- und wissenschaftspolitischen Akteure, sogar die der Lehrerverbände der Berufsfachschulen.

Welche Vorgehensweise schlägt der HVG vor, um eine zukunftsweisende Ausbildungslandschaft für Heilmittelerbringer zu ermöglichen?

Die Ausbildung der Therapieberufe – übrigens nicht nur für den ambulanten Sektor, sondern auch für die stationäre Rehabilitation – muss vollständig an die Hochschulen verlagert werden. Dabei sollte eine dem bisherigen Umfang entsprechende praktische Ausbildung in Verantwortung der Hochschulen erfolgen, und es müssen die Wissenschaftsentwicklung, Theoriebildung und Forschung der Therapieberufe ermöglicht werden. Dazu werden Studiengänge wie die primärqualifizierenden Modellstudiengänge benötigt. Duale Studiengänge, bei denen die praktische Ausbildung durch Ausbildungsverträge geregelt in der Verantwortung von Krankenhäusern liegt, können dies weniger gut leisten.

In einer Übergangszeit sollten Hochschulen und Berufsfachschulen miteinander in hochschulischen Studiengängen kooperieren, damit man das Personal und das Know-how der Berufsfachschulen an die Hochschulen transferieren kann. Und nicht zuletzt sollte man sicherstellen, dass man bereits ausgebildeten Therapeuten verkürzte Möglichkeiten zur wissenschaftlichen Nachqualifikation anbietet.

Die Fragen stellte Julia Mischner.

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Prof. Dr. Bernhard Borgetto von der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) setzt sich für eine ausschließlich hochschulische Ausbildung ein. Abb.: HAWK [rerif]

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Article published online:
08 January 2021

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Prof. Dr. Bernhard Borgetto von der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) setzt sich für eine ausschließlich hochschulische Ausbildung ein. Abb.: HAWK [rerif]