Die notwendige Absage weitgehend aller Kongresse und Fortbildungsveranstaltungen seit
dem Frühjahr dieses Jahres hat zunächst vor allem viele Fragen aufgeworfen, wie es
denn weitergehen könnte. Inzwischen sind die meisten dieser ehemaligen Groß- und Riesenevents
im digitalen Alltag angekommen. In besonders beeindruckender Form ist dies dem Deutschen
Röntgenkongress in seiner Version „RöKo Digital 2020“ gelungen. Trotz der nur kurzen
Vorbereitungszeit konnte aufgrund jahrelanger Vorarbeiten ein attraktives und umfangreiches
Programm zusammengestellt werden.
Mittlerweile kommen auch die Vorzüge eines digitalen Konzeptes mehr und mehr zum Vorschein.
Durch die zeitliche Streckung über viele Monate entfallen Parallelveranstaltungen
und die Not, sich für eine der Alternativen zu entscheiden. So erreichen beim Präsenzkongress
in der Regel Veranstaltungen in digitalen Zeiten um die 300 Teilnehmer. Während an
Großkongressen sonst nur etwa die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer
Institution teilnehmen kann, steht die Veranstaltung jetzt allen offen. Die Möglichkeit,
Fragen schriftlich zu stellen und sich nicht öffentlich gleichsam outen zu müssen,
beflügelt – wie bereits bei internationalen Veranstaltungen wie IROS, ECR und RSNA
erprobt – die Fragefreudigkeit. Und auch auf den Kongressen eher als Randgebiete gesetzte
Themen wie die Berufspolitik werden nach Umfragen durchaus nachgefragt und vermisst.
Die digitale Fortbildungsform strahlt jedoch weiter aus – auch über Großkongresse
hinaus. So war es vor Jahren noch unvorstellbar, dass etwa die Aktualisierung der
Fachkunde im Strahlenschutz digital erworben werden könnte. In Zeiten wie diesen ist
es vollständig online möglich. Und auch Mitgliederversammlungen von etwa Arbeitsgemeinschaften
der DRG und Landesverbänden des BDR erfreuen sich deutlich höheren Zuspruchs als in
rein analogen Zeiten.
Fehlt also nichts? Doch, man muss sein Zeitmanagement dem digitalen Angebot anpassen.
Ist man früher gereist, muss man heute zumindest die Zeit der Veranstaltung freihalten,
sonst geht der digitale Kongress im Alltag an einem vorbei. Und es fehlt der persönliche
Kontakt für Referenten und Teilnehmer! Für die echte interaktive Diskussion Auge in
Auge, wie sie jede wissenschaftliche Präsentation befruchtet. Für die jungen Kolleginnen
und Kollegen, die sich ins Gespräch bringen und für künftige Führungsaufgaben empfehlen
wollen. Für das Gespräch mit den Kollegen, mit denen man zum Teil jahrelang gearbeitet
hat und die man jetzt nur noch 1-mal im Jahr anlässlich einer Fortbildungsveranstaltung
trifft. Für das Gespräch zwischen Kunde und Industrievertreter, in dem auch die leisen
Zwischentöne für beide Seiten von enormem Gewicht sind. Für das berufspolitische 4-Augen-Gespräch,
um Kompromisse zwischen unterschiedlichen Interessengruppen diskret auszuloten. Und
natürlich sind nicht alle Berufs- und Altersgruppen trotz Tätigkeit in einem technischen
Fach gleichermaßen affin für die digitalen Angebote.
So bleibt als Fazit festzustellen, dass die notgedrungen erfolgte Transformation der
Kongresse und Weiterbildungsveranstaltungen für die reine Übermittlung medizinisch-sachlicher
Fortbildung weitgehend gelungen ist. Die verbliebenen Wermutstropfen für wissenschaftliche
Präsentationen, interaktive Diskussionen und berufspolitische Sondierungen müssen
in den kommenden Monaten und Jahren konstruktiven Lösungen zugeführt werden. Konzepte
hierzu gibt es inzwischen viele. Allen ist gemein, dass unser Kongress- und Fortbildungsalltag
künftig ein anderer sein wird als bis zum März 2020. Der BDR wird den Prozess weiterhin
konstruktiv begleiten und zusammen mit den übrigen beteiligten Partnern positiv gestalten.